Ja, Frau Koburger kann Ihnen dazu Näheres sagen und ich meine schon, dass es wirklich ein etwas schäbiges Spiel ist, was Sie da betreiben mit dieser sensiblen Frage.
Ansonsten werte ich Ihren Gesetzentwurf zunächst als Versuch, Ihre Halbzeitbilanz noch etwas aufzubessern. Ich kann das nachempfinden, auch Fleiß soll ja belohnt werden, aber wie es so heißt: Es kommt nicht so sehr darauf an, wie laut die Biene brummt, sondern wie viel Honig sie bringt.
(Harry Glawe, CDU: Biene Maja. – Heiterkeit bei Annegrit Koburger, PDS – Dr. Armin Jäger, CDU: Können Sie mal zur Sache sprechen?!)
Ich könnte Ihnen zugute halten, dass Sie sich mit der Wahl eines neuen Justizministers die Frage nach der Abgrenzung der Verantwortung zwischen Sozial- und Justizministerium gestellt haben und daraus sozusagen der Gesetzentwurf entstanden ist. Das ist allerdings für die CDU-Fraktion offensichtlich nicht der Ausgangspunkt.
In der Problembeschreibung zum Gesetzentwurf wird ja bekanntlich an die Spitze gestellt, ich zitiere: „Die wiederholten Ausbrüche von verurteilten Straftätern nach §§ 63 und 64 Strafgesetzbuch haben auch nach In-Kraft-Treten des 2. PsychKGÄndG M-V erhebliche Mängel in der inneren Organisation der Forensischen Psychiatrien in Mecklenburg-Vorpommern offenbart.“
Daneben wird auf die aufgeteilte Fachaufsicht zwischen dem Sozialministerium und den Landkreisen und kreisfreien Städten verwiesen. Bei dieser Ausgangslage muss ich Sie, meine Damen und Herren der CDU, im Zusammenhang mit dem vorgelegten Artikelgesetz zum Maßregelvollzug tatsächlich noch mal an Eckpunkte der Vorgeschichte erinnern.
In der Landtagssitzung am 17. Dezember 1999 wurde der CDU-Antrag „Führungsdefizite anläßlich des Ausbruchs zweier Straftäter aus der Fachklinik für Forensische Psychiatrie Ueckermünde am 30.10.1999“ behandelt. Zum Zeitpunkt der Beratung waren zwei Insassen der Ueckermünder Anstalt entwichen. Die Oppositionsfraktion ritt mit dem Antrag eine von inzwischen mehreren Attacken gegen die Sozialministerin. Sie schlussfolgerte damals scharfsinnig, dass das Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke des Landes Mecklenburg-Vorpommern – kurz PsychKG – die Situation maßgeblich verursacht habe, also ihr eigenes Gesetz.
(Wolfgang Riemann, CDU: Die fehlerhafte Durchsetzung, Herr Schoenenburg. – Zuruf von Annegrit Koburger, PDS)
Ansonsten will ich über die damals sehr emotional geführte Debatte nichts sagen. Ich stelle nur fest: Offensichtlich als Reaktion auf die Debatte im Dezember 1999 hat die CDU-Fraktion einen Gesetzentwurf eingebracht und die Koalitionsfraktionen haben auch einen Gesetzentwurf eingebracht. Beide Gesetzentwürfe wurden in der 34. Sitzung des Landtages am 2. Februar dieses Jahres behandelt. Wir hatten eine sachliche Debatte beider Gesetzentwürfe in der Ersten Lesung und es gab eine einstimmige Beschlussfassung nach der Zweiten Lesung. Also die Frage ist: Wo liegt das Problem?
(Wolfgang Riemann, CDU: Bei Mausi. – Barbara Borchardt, PDS: Sie hat einen Namen! – Angelika Gramkow, PDS: Herr Riemann, das ist ihr Kosename. Den sollten Sie nicht verwenden!)
Davon steht in Ihrem Antrag nichts, Herr Riemann. Ich habe diesen Sachverhalt deshalb noch mal ausführlich rekapituliert, um zu folgenden Schlussfolgerungen zu kommen:
Auch die CDU-Fraktion hat als Reaktion auf die bekannten Vorkommnisse in Ueckermünde und die daraufhin durchgeführten Untersuchungen und Analysen von Schwachstellen als den entscheidenden Lösungsansatz angesehen, das PsychKG unseres Landes in der beschlossenen Weise zu ändern und auszugestalten. Zu keiner Zeit waren Sie bisher der Meinung, dass ein anderes Gesetz her müsse. Wir meinen – und da stimme ich mit dem Justizminister voll überein –, die im PsychKG getroffenen Regelungen zum Maßregelvollzug müssen konsequent umgesetzt werden und das ist jetzt die Aufgabe.
Darüber hinaus ist die neue Kompetenzverteilung zwischen Justiz- und Sozialministerium zu fassen, da aber ist es wenig hilfreich, wenn ein neues Maßregelvollzugsgesetz erarbeitet werden soll. Das ist doch purer Aktionismus und reine Profilierungssucht.
Die neue Kompetenzverteilung zwischen den betreffenden Ministerien könnte als kleine bescheidene Änderung des PsychKG erfolgen und da warten wir auf den Vorschlag der Regierung. Ich bin sehr erfreut, dass die Regierung aktiv und schnell reagiert und handelt.
Ich will allerdings nicht verhehlen, dass rein gesetzestechnisch sicher der von der CDU vorgeschlagene Weg möglich wäre. Der bisherige Konsens über ein einheitliches PsychKG ging meines Erachtens aber zu Recht davon aus, dass auch bei Straftätern, die in Einrichtungen der Psychiatrie eingewiesen werden, ihre psychische Krankheit zu betonen und nicht vordergründig ein Bild von unheimlichen Monstern zu malen sei. Es ist auch wenig hilfreich, das Sicherheitsbedürfnis der Einwohnerinnen und Einwohner und Therapieerfordernisse gegenüberzustellen und nach bedauerlichen Vorkommnissen stets nur nach Verschärfung von Sicherheitsvorkehrungen und nach Perfektionierung der Überwachung und Kontrolle zu rufen. Das ist die alte Leier, Herr Thomas, die ich von Ihnen bei allen Vorfällen, die wir im Land – ob zur Psychiatrie, ob in Gefängnissen des Landes – immer wieder gehört haben, und das bringt uns nicht weiter.
Ich sehe, dass ein Gesetzentwurf, der in einer Ausgliederung des Maßregelvollzugs aus dem PsychKG ein Allheilmittel sieht, objektiv diese Linie der Gegenüberstellung von Therapie und Sicherheitsbedürfnissen bedient – und nur dies.
Noch ein abschließendes Wort zum großen Interesse – in Anführungsstrichen – der CDU am Maßregelvollzug. Ich zitiere aus einer Zuschrift aus dem Zentrum für psychosoziale Medizin, Forensische Psychiatrie des Klinikums Stralsund vom 12. Oktober 2000, unterzeichnet vom Chefarzt.
Also was schreibt er dort? „Wir meinen, dass eine Gesetzesänderung zum jetzigen Zeitpunkt von niemandem ernsthaft unter fachlichen Gesichtspunkten gewollt sein kann, es sei denn zur eigenen politischen Profilierung. Zum Beispiel“ – Hören Sie genau hin, meine Damen und Herren von der CDU! –
„haben wir an der hiesigen Klinik seit über zwei Jahren einen Klinikbeirat, in dem zu arbeiten der CDU-Sozialexperte“ – Wer das wohl ist?! – „auch seine Bereitschaft erklärte, bisher aber lediglich ein einziges Mal an einer Sitzung teilnahm, und das auch nur, um den CDU-Entwurf für das zweite Änderungsgesetz vorzustellen. Sinnvollerweise sollte, wenn der Landesgesetzgeber eine Änderung oder Neuschaffung von Gesetzen tatsächlich für erforderlich hält, dann auf breiter Basis und unter Einbeziehung von Fachleuten und Experten eine Diskussion erfolgen, in deren Ergebnis dann eine eventuelle Änderung auch von längerem Bestand ist. Schnelles und populistisches Agieren ohne Sachkunde dient nicht einer Verbesserung und der jetzt vorgelegte Entwurf ist nicht geeignet, eine solche herbeizuführen.“
Ich glaube, dem ist nichts hinzuzusetzen. Deswegen, weil das so ist, lehnt meine Fraktion die Überweisung des Gesetzesentwurfes in die Ausschüsse ab.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Maßregelvollzug – die CDU hat ein Gesetz vorgelegt und ich will Ihnen die Überlegungen vortragen, auf wessen Grundlage die Dinge mal entstanden sind.
Wir haben ein Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke in Mecklenburg-Vorpommern. Sie haben richtig bemerkt, das hat die CDU auf den Weg gebracht. Es war auch völlig richtig von der CDU, denn immerhin sagt der Bundesgesetzgeber, das Landesrecht regelt die Dinge für die einzelnen Länder. Und da sind wir, denke ich, doch auf einem gutem Wege.
Wir haben uns im vorigen Jahr dazu entschlossen, das Psychischkrankengesetz zu ändern. Und ich will Sie noch mal drauf hinweisen, wir haben voriges Jahr im Dezember unsere Änderungsanträge vorgetragen. Sie haben das dann, glaube ich, erst im Januar oder Februar getan, im Januar, glaube ich. Und ich will ausdrücklich feststellen, dass wir dort sehr viele Dinge gemeinsam betrachtet haben. Unter diesem Eindruck haben wir ja auch im April die Änderungen sozusagen durchgesetzt. Was aber dann nicht passiert ist durch die Landesregierung, ist Folgendes: Das Gesetz war geändert, auch die Zuständigkeiten für die Ämter, für die Gesundheitsämter in den Landkreisen und kreisfreien Städten, waren gegeben. Die Landesregierung hat nur nichts umgesetzt.
(Annegrit Koburger, PDS: Das hat die Frau Ministerin mehrfach hier erörtert. Da hat sie sich bei Ihnen bedankt.)
Frau Koburger, nehmen Sie doch bitte zur Kenntnis, die Fakten sind andere. Wir sind doch dadurch wieder aufgeschreckt worden, dass erneute Ausbrüche und eine Vergewaltigung stattgefunden haben.
Und in diesem Zuge wurde festgestellt, dass das Sozialministerium erst nach diesen erneuten Vorkommnissen sozusagen Abstimmungsgespräche mit den zuständigen Gesundheitsämtern in den Landkreisen und kreisfreien Städten aufgenommen hat. Das ist eine Tatsache. Tatsache war es auch, dass der 10-Punkte-Plan, den Frau Bunge, glaube ich, am 16. Dezember vorigen Jahres vorgestellt hat, auch nicht umgesetzt worden ist. Das sind die technischen Fragen.
Und jetzt kommen wir zu dem, was der Minister gesagt hat. Wir müssen dazu kommen, dass verlässliche Dinge auf den Weg gebracht werden. Es kann eben nicht sein, wie es in der letzten Vergangenheit gewesen ist, dass Sozialministerium, Justizministerium, LKA und Vollstreckungsbehörden aneinander vorbei agieren, sich nicht abstimmen und die sicherheitsrelevanten Dinge in den Einrichtungen unterschiedlich bewerten. Das ist die Wahrheit. Auch wenn es Ihnen nicht gefällt, so ist es gewesen. Daraufhin hat der Ministerpräsident ja auch konsequenterweise gesagt, wir schaffen ein neuntes Ministerium.
(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Es ist kein neues Ministerium geschaffen worden. Sie schei- nen das nicht zu wissen. – Dr. Ulrich Born, CDU: Aber wir haben einen neuen Minister.)