Protokoll der Sitzung vom 18.10.2000

dass Sie dann sagen, wir wollen das nicht einmal in die Ausschüsse überweisen, sondern uns reicht eine bloße Ankündigung aus.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Nicht alles haben wir angenommen, aber einiges ist hängen geblieben.)

Herr Dr. Schoenenburg, da ich Sie ja nun auch schon ein paar Jahre hier im Parlament erlebe, merke ich, dass ich also mal wieder den Nerv getroffen habe,

(Heiterkeit bei Dr. Christian Beckmann, CDU)

denn sonst sind Sie immer sehr ruhig

(Ministerin Sigrid Keler: Oh nee, das stimmt nicht!)

und gehen auch mal spazieren zwischendurch. Aber wenn es darum geht, dass Sie offensichtlich hier beim Parlamentsverständnis Schwächen aufweisen, dann werden Sie sehr schnell unruhig.

(Heiterkeit bei Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Möchten Sie denn, dass ich rausgehe?)

Also die Zahl Ihrer Zwischenrufe zeigt mir das. Das Problem ist nur, die Lautsprecheranlage ist so eingestellt, dass man das alles nicht so leicht mitkriegt.

(Heiterkeit bei Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Das steht ja dann im Protokoll.)

Ich kann es dann nur nachlesen. Ich mache aber gern mal eine Pause, dann kann ich das hören und gehe auch gern darauf ein. Also, Herr Dr. Schoenenburg, ich glaube nicht, dass das die richtige Art ist, mit einem solchen Problem umzugehen.

Und, Frau Kollegin Koburger, Ihnen möchte ich nur in Erinnerung rufen – das ist vielleicht aus Ihrem Gedächtnis geraten, da die wohl amtierende oder auch nichtamtierende, aber jedenfalls offiziell zuständige Ministerin ja nicht in der Nähe ist –, das Chaos in Ihrem Verantwortungsbereich, im Verantwortungsbereich der Ministerin ging munter weiter, und zwar nach der Gesetzesänderung im März, und das keineswegs, weil irgendwelche nachgeordneten Bediensteten sich nicht so verhalten hätten, wie sie es hätten tun sollen, sondern weil die Ministerin ihrer politischen Verantwortung, ihrer Aufsichtspflicht, und das haben die Ausschusssitzungen eindeutig nachgewiesen, in keiner Weise nachgekommen ist:

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Annegrit Koburger, PDS: Das ist nicht nach- gewiesen. Da waren Sie gar nicht da! – Zuruf von Heike Lorenz, PDS)

1. keine Videoanlage

2. keine Bewegungsmelder

3. Ausleuchtung funktionierte nicht

Und dafür allein die Fachaufsicht. Sie haben es immer wieder versucht zu bestreiten, aber selbst die Ministerin konnte es nicht mehr bestreiten, nachdem nun für sie unglücklicherweise der Herr Staatssekretär in der Sitzung neben ihr saß und dann die Differenzen sehr deutlich wurden.

(Heike Lorenz, PDS: Welche Anhörung meinen Sie denn?)

Hierfür hat sie allein nach dem Gesetzeswortlaut die Fachaufsicht, niemand sonst. Und dieser Fachaufsicht ist sie nicht nachgekommen. Deshalb sind wir erst einmal froh, dass jetzt jemand dafür zuständig ist, der zumindest die Voraussetzungen dafür mitbringt, dass das in Zukunft anders gehandhabt wird. Nur es zeigt eben auch, und das haben die Ausführungen des Ministers bestätigt, dass es nicht ausreicht, was bisher im PsychKG stand, sondern dass weitere gesetzliche Änderungen dringend erforderlich sind.

(Heike Lorenz, PDS: Wenn man mit Personen nicht zufrieden ist, macht man keine Gesetzesänderung.)

Die Frage ist allein:

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Hoffentlich ver- langen Sie nicht, Herr Born, dass der Justizminis- ter künftig sein Bett in Ueckermünde aufstellt.)

Regelt man das im PsychKG durch Änderungen oder durch ein eigenständiges Gesetz? Sie können das sehr gern so machen, dass Sie entsprechende Vorschläge einfach in Erster Lesung schon ablehnen

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Das machen wir ja nicht.)

und dann darauf vertrauen, dass irgendwann ein Gesetzentwurf der Regierung kommt.

Ich will nur feststellen, wie wandlungsfähig Sie sind, Herr Dr. Schoenenburg. Das ist also wirklich schon sehr bemerkenswert. Ihre Gläubigkeit, zumindest was diese Regierung angeht, hat ja doch erstaunliche Ausmaße angenommen.

(Heiterkeit bei Dr. Arnold Schoenenburg, PDS)

Ich kann Ihnen nur sagen, wir wollen erst einmal die Fakten sehen. Wir wollen einen Gesetzeswortlaut haben, dann kann man sich darüber unterhalten. Bis jetzt liegt ausschließlich ein konkreter Vorschlag der CDU-Fraktion vor. Nur den kann man beraten, nicht etwas, was erst einmal angekündigt ist.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Aber den wollen wir nicht beraten.)

Und Arbeitsgruppen, Frau Koburger, die haben Sie genug gehabt in der Vergangenheit. Die haben nur dazu geführt, dass immer mehr Leute ausgebrochen sind. Das nützt gar nichts, sondern hier müssen klare Verantwortlichkeiten her. Die regelt der Gesetzentwurf der CDUFraktion. Und wie gesagt, ich denke, es ist Aufgabe des Parlamentes, sich mit konkreten Entwürfen zu befassen und nicht mit Ankündigungen darauf zu vertrauen, dass dann irgendwann eine Arbeitsgruppe etwas beschließt. Deshalb unser Vorschlag, diesen Gesetzentwurf in die zuständigen Ausschüsse zu überweisen, damit dann dort sachlich darüber diskutiert werden kann. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ich schließe die Aussprache.

Im Rahmen der Debatte zum laufenden Tagesordnungspunkt ist von der Fraktion der CDU beantragt worden, den Gesetzentwurf auf Drucksache 3/1529 entsprechend der Empfehlung des Ältestenrates zur federführenden Beratung an den Rechtsausschuss und zur Mitberatung an den Innen-, Finanz- sowie Sozialausschuss zu überweisen. Sei

tens der Fraktion der PDS ist eine Überweisung abgelehnt worden.

Da der Antrag auf Überweisung vorgeht, lasse ich zunächst darüber abstimmen. Wer dem Antrag auf Überweisung des Gesetzentwurfes der Fraktion der CDU auf Drucksache 3/1529 in die Ausschüsse, die ich schon benannt habe, zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Der Überweisungsvorschlag ist mit den Stimmen der SPD- und PDSFraktion gegen die Stimmen der CDU-Fraktion abgelehnt. Der Gesetzentwurf wird nach angemessener Zeit zur Zweiten Lesung erneut auf die Tagesordnung gesetzt. So besagt es unsere Geschäftsordnung.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 7: Beratung der Unterrichtung durch die Landesregierung – Bericht zur Vermeidung und Behebung von Wohnungslosigkeit, Drucksache 3/1417.

Unterrichtung durch die Landesregierung: Bericht zur Vermeidung und Behebung von Wohnungslosigkeit – Drucksache 3/1417 –

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Schier von der SPD-Fraktion. Bitte sehr, Herr Schier.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Der vorgelegte Bericht der Landesregierung macht deutlich, dass das Problem der Wohnungslosigkeit in unserem Lande nicht auf mangelnden Wohnraum zurückzuführen ist. Die Zahlen belegen, dass es inzwischen ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Zahl der Haushalte und der verfügbaren Wohnungen gibt. So standen im vergangenen Jahr 825.766 Wohnungen den rund 797.600 Privathaushalten zur Verfügung. Zusätzliche Wohnungsbauprogramme sind aus diesem Grunde jedenfalls nicht erforderlich. Der Wohnungsmarkt bleibt vor allem für jene Menschen angespannt, deren wirtschaftliche Möglichkeiten durch Arbeitslosigkeit und reale Einkommenseinbußen erschöpft sind.

Meine Damen und Herren, der Bericht zeigt aber deutlich, dass die Wohnungssicherung und Beratung im Vorfeld des Wohnungsverlustes insgesamt verstärkt werden muss. Unsere Städte und Gemeinden leisten bereits heute sehr viel bei der Bekämpfung von Wohnungslosigkeit. Sie sind gefordert, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um Obdachlosen oder vom Verlust ihrer Wohnung bedrohten Menschen bei der Überwindung ihrer Probleme zu helfen.

Der Bericht zeigt aber auch, dass unsere Kommunen die Fachkompetenz in den Beratungsstellen und Ämtern weiter ausbauen müssen. Das im Bericht erwähnte Fachstellenprinzip, mit dem durch eine zentrale örtliche Fachstelle aktiv und präventiv statt reaktiv und verwaltend mit der Wohnungsnotproblematik umgegangen wird, hat gute Lösungsansätze. Hier wird es sich lohnen, auf die Erfahrungen des nordrhein-westfälischen Landesprogrammes mit dem Titel „Wohnungslosigkeit vermeiden – dauerhaftes Wohnen sichern“ zurückzugreifen.

Meine Damen und Herren, ich denke, dass wir angesichts der dortigen Erfahrungen prüfen sollten, nach der

vorliegenden Analyse der Wohnungslosigkeit als zweiten Schritt ein ähnliches Konzept in unserem Land aufzulegen. Dieses Konzept sollte das Ziel haben, Wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen und auch gerade diejenigen, die nicht von sich aus Hilfe suchen, besser als bisher zu unterstützen. Es sollte aber ebenfalls die Kommunen, die freien Träger, die Wohlfahrtsverbände und auch die privaten Träger bei der Weiterentwicklung zeitgemäßer und bedarfsgerechter Hilfsangebote unterstützen.

Meine Damen und Herren, in der Kürze der Zeit habe ich versucht deutlich zu machen, dass die Wohnungslosigkeit in unserem Land weniger mit den Instrumenten der Wohnungspolitik als vielmehr mit den Möglichkeiten der Sozialpolitik beseitigt werden kann. Deshalb wird meine Fraktionskollegin Frau Dr. Seemann auf die sozialen Aspekte im Anschluss näher eingehen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Glawe von der CDU-Fraktion. Bitte sehr, Herr Glawe.

(Wolfgang Riemann, CDU: Großkampftag. – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Oh, auch wohnungspolitischer Sprecher?)

Jaja, alles.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Ich möchte mich zuerst bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Sozialministeriums für den ehrlichen Bericht bedanken, der im Ergebnis nur detailliert sein kann, da die Datenlage doch sehr unterschiedlich ist und die Ausgangsbewertung damals, als PDS und SPD diesen Antrag formuliert haben, eine andere war.