(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Außerdem sind wir arbeitgeberfreundlich. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)
Bei aller Korrektheit, Herr Seidel, muss ich feststellen: Ich hatte am Anfang der Rede gesagt, okay, Herr Seidel, mit Ihnen kann man sich wieder mal korrekt und vernünftig auseinander setzen.
Aber dann haben Sie voll ins Fettnäpfchen getreten, was mich zu einem sehr unanständigen Zwischenruf verleitete. Ich weiß nicht, ob es ins Protokoll aufgenommen wurde. Ich bitte, mich da zu entschuldigen,
Sie bedienen diese Klischees aus den alten Bildungszeiten der alten Bundesländer so was von hundertprozentig,
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Das machen die Mitarbeiter dort in der Fraktion.)
(Jürgen Seidel, CDU: Nun argumentieren Sie doch bitte einmal! Lassen Sie doch mal den Unsinn! – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Er argumentiert doch! – Jürgen Seidel, CDU: Das ist doch aber keine Art zu argumentieren!)
Dem Missbrauch wird Tür und Tor geöffnet, unsinnige Veranstaltungen. Wir haben doch gerade im Gesetzentwurf festgelegt, dass das Anerkennungsverfahren in Bildungsveranstaltungen dazu führen wird, dass die Bezahlung einer Veranstaltung nach dem Motto „Häkeln gegen Rechts“ im Bildungszentrum auf den Bahamas eben verhindert wird. Was Sie dort erzählen, ist Vergangenheit. Das ist eine Kritik, die auch wir völlig anbringen an den alten Bildungsfreistellungsgesetzen,
Sie haben auch sehr richtig gesagt, Herr Seidel, die Wirtschaftsorganisationen lehnen es ab. Ich lege wert darauf, dass „Organisationen“ unterstrichen wird. Reden Sie mal mit Unternehmern, die sehen das durchaus differenziert.
Was sagt denn der kleine Krauter, wenn er jetzt mal eine Woche Bildungsurlaub für einen Schweißerlehrgang bezahlt bekommt? Das hat er bisher nicht bekommen. Fragen Sie den doch mal und nicht die Wirtschaftsverbände, die in trockenen Tüchern sitzen!
Chancengleichheit. Natürlich ist es richtig, Herr Seidel, dass wegen eines Bildungsfreistellungsgesetzes kein Jugendlicher hier bleibt. Das ist so eine Unterstellung
(Dr. Ulrich Born, CDU: Fragen Sie doch mal Ihre Kollegin! – Jürgen Seidel, CDU: Aber das hat doch Frau Beyer erwähnt! Das haben wir doch nicht gesagt.)
Steigt wirklich die individuelle Weiterbildungsbereitschaft? Das werden wir sehen. Dieses Gesetz ist ein Angebot. Zur Belastung habe ich schon etwas gesagt. Und über das Beschäftigungsprogramm für Rechtsanwälte, sollte – ich betone wirklich, sollte – uns da tatsächlich irgendwo ein Fehler unterlaufen sein im Entwurf, dann lassen Sie es uns im Ausschuss begradigen. Sollte, ich betone es noch einmal.
Zum Schluss warfen Sie uns vor, dieses Gesetz wäre ideologisiert und wäre aus ideologischen Gründen gemacht. Ich hatte erst die Hoffnung, dass Sie sich frei von Ideologie hier verhalten, aber zum Schluss haben Sie doch dieses Klischee bedient und haben völlig ideologisiert Ihr Ablehnungsbegehren begründet. Es ist hier mehrfach gesagt worden, ich wiederhole es aber gerne: Es ist ein völlig neues Gesetz, einmalig in der BRD. Ich denke, auch deswegen ist der finanzielle Deckel gerechtfertigt, meine Damen und Herren, denn wir wollen wissen, wie es damit losgeht. Die Rahmenbedingungen sind inzwischen gegeben worden. Das ist auch neu für unser Bildungsfreistellungsgesetz, das hatten alle anderen Bildungsfreistellungsgesetze nicht auszuhalten. Wir haben ein Bundesverfassungsgerichtsurteil von 1997 bezüglich der Freistellung für die Ehrenämter und auch das in der Landesverfassung inzwischen verankerte Konnexitätsprinzip, deswegen die komplette Entschädigung für Arbeitsgeber. Das kommt insbesondere den kleinen Unternehmen und den Kommunen zugute.
Wir reden immer von der Sozialpflichtigkeit des Eigentums. Stimmt, aber das gesamtgesellschaftliche Interesse darf nicht durch egoistisches Eigeninteresse einer bestimmten Gruppe unterlaufen werden. Auch das ist richtig. Interessant ist in dem Zusammenhang, das Gesetz wurde schon kritisiert, als es noch nicht einmal den jetzt vorliegenden Entwurf gab. Man hat nur aufgrund ideologischer Verklemmung argumentiert. Das dürfte jetzt schwer
fallen. Allerdings hat Herr Seidel bewiesen, dass es ihm sehr leicht gefallen ist. Aber gut, das ist sein Problem. Dieses Gesetz, und das sage ich jetzt abschließend, ist ein Angebot. Entscheiden wird der Realitätssinn von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Wir gehen jedenfalls offen in die Anhörung.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir ein paar Worte zu Herrn Seidels Beitrag.
Herr Seidel, wenn Sie hier einzelne Paragraphen zitieren, dann bitte schön auch vollständig, denn der Paragraph 6 sagt nicht nur, dass der Anspruch bei Beantragung vier Wochen vorher bestätigt werden sollte, sondern er sagt auch, dass der Arbeitgeber diesen im Nachhinein noch versagen kann, wenn betriebliche Anforderungen, die damals nicht vorhanden waren, dem entgegenstehen. Also auch diese Möglichkeit ist drin. Ich denke, das sollten wir der Ehrlichkeit halber auch sagen.
Beides haben wir ganz gründlich bedacht, indem wir gesagt haben, wir brauchen eine Sicherheit für den Arbeitgeber und den Arbeitnehmer, deswegen den Zeitraum von vier Wochen. Natürlich kann es sein, dass sich betriebliche Veränderungen einstellen, die nicht vorhersehbar waren, und darauf müssen wir reagieren und deswegen ist es im Gesetzentwurf auch so drin. Also, bitte schön, dann vollständig!
(Jürgen Seidel, CDU: Aber wer beurteilt denn die dringenden Fälle? Aber wer beurteilt denn die dringenden Fälle?)
Wir können sicherlich im Ausschuss noch mal ganz konkret debattieren, was darunter zu verstehen ist. Da gehe ich ja mit. Aber ich möchte darauf hinweisen, dass wir das schon geregelt haben, und nicht nur diesen einen Paragraphen, den einen Absatz, den Sie hier zitiert haben, einfach nur der Ehrlichkeit halber.
Vor gut einem halben Jahr haben wir, SPD und PDS, den ersten Entwurf zum Bildungsfreistellungsgesetz als Diskussionsgrundlage an Vereine und Verbände, Gewerkschaften, die Vereinigung der Unternehmerverbände und einzelne Unternehmen übergeben mit der Bitte um Stellungnahme und Änderungsvorschläge. Die Resonanz war erstaunlich. Viele schickten uns ihre Stellungnahmen zu, machten Änderungsvorschläge, wiesen uns auf Probleme hin, luden uns zu Gesprächsrunden beziehungsweise Einzelgesprächen ein. Für dieses Interesse, die Unterstützung und die gegebenen Hinweise möchte ich mich an dieser Stelle im Namen meiner Fraktion recht herzlich bedanken.
Vieles von dem, was uns an Hinweisen, Fragen und Anregungen mit auf den Weg gegeben wurde, haben wir im vorliegenden Entwurf berücksichtigt. Einige inhaltliche Ansätze mussten nach genauer Prüfung verändert beziehungsweise ganz aus dem Entwurf genommen werden,
so zum Beispiel die Gewährleistung des Rechtsanspruchs auch für Arbeitslose. Leider konnten wir diesen Ansatz nicht aufrecht erhalten, weil er durch die Bundesgesetzgebung abgedeckt ist. Wir werden dies aber in die vor uns stehende Diskussion zur Novellierung des SGB III einbringen. Oder die Frage der Belastung der Unternehmen mit den Kosten, die Anerkennung von bestehenden Regelungen in Tarifverträgen beziehungsweise anderen Betriebsvereinbarungen für die berufliche Bildung.
Ich will auch nicht verhehlen, dass es neben dem Zuspruch für ein solches Gesetz auch Auffassungen gab und noch immer gibt, die eine generelle Ablehnung beinhalten. Im Wesentlichen wurde und wird uns vorgehalten, dass die Einführung eines solchen Gesetzes nicht zeitgemäß sei, die Koalition damit die Wirtschaft ruiniere und vieles andere mehr. Konkrete Belege für diese Vorwürfe gab es aber zu keiner Zeit.
Ich bin auch nach wie vor davon überzeugt, dass dieses Gesetz in einer Zeit, wo wir alle über den Anspruch des lebenslangen Lernens reden, wo sich durch die politischen Veränderungen in der Welt gewaltige Umbrüche in der Gesellschaft in einem vorher nie gekannten Tempo verändern, wo die Gesellschaft auf das ehrenamtliche Engagement des Einzelnen nicht mehr verzichten kann, aktueller denn je ist. Es gibt wohl kaum noch eine Rede eines Politikers, egal auf welcher Ebene und von welcher Partei, in der die Bedeutung der Bildung und Weiterbildung nicht hervorgehoben wird, und das nicht nur im Bereich der Bildung für unsere Kinder und Jugendlichen, sondern auch für die Älteren. Gerhard Schröder hat diese Diskussion einmal mit den Worten zusammengefasst: „Die Zukunft unseres Landes hängt vom Wissen ab.“ Das gilt wohl auch für unser Land.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Für die PDS-Fraktion stand von Anfang an die Freistellung für die gesellschaftspolitische Bildung und zur Qualifizierung für das Ehrenamt im Mittelpunkt der Diskussion. Im Rahmen der gesellschaftspolitischen Weiterbildung wollen wir die Fähigkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fördern, um politische Zusammenhänge zu beurteilen und politische und gesellschaftliche Aufgaben wahrzunehmen. Dass hier ein dringender Handlungsbedarf besteht, wird wohl niemand bestreiten. Das haben uns auch die Unternehmen bestätigt.
Wie oft hören wir, dass wir in einer Mediengesellschaft leben. In unterschiedlicher Art und Weise müssen unsere Bürgerinnen und Bürger sich Informationen filtern und ordnen. Die Vielfalt des Angebots bringt es mit sich, dass wir alle lernen müssen, damit umzugehen. Oder denken wir an die Entwicklung innerhalb der Europäischen Union, die Einführung des Euro, die damit verbundenen Ängste unserer Bürgerinnen und Bürger, Ängste, die zum Teil auch aus Unwissenheit entstanden sind. Es sollte doch in unser aller Interesse sein, hier im Rahmen von Bildungsangeboten etwas zu tun. Oder sehen wir uns die Nutzung der demokratischen Möglichkeiten durch die Bürgerinnen und Bürger an, die Beteiligung an Wahlen und die Bereitschaft, selbst Verantwortung zu übernehmen.
Seit Wochen und Monaten diskutieren wir über die Ursachen von Rechtsradikalismus und Fremdenfeindlichkeit. Eine Ursache ist sicherlich mangelndes Wissen über rechtliche Rahmenbedingungen für Ausländerinnen und