Protokoll der Sitzung vom 15.11.2000

(Angelika Gramkow, PDS: Da versteht er das aber auch nicht.)

Ich bin ja nur zu meinem Fachgebiet dabei.

(Heiterkeit bei Wolfgang Riemann, CDU: Ach, Sie sind für den Haushalt gar nicht zuständig als stellvertretender Ministerpräsident?)

Ach, ich bin für vieles zuständig.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Herr Riemann, wissen Sie, ich bin für vieles zuständig. Ich bin auch für den Haushalt mit zuständig. Das ist doch ganz klar. Ich entziehe mich doch gar nicht der Verantwortung.

(Wolfgang Riemann, CDU: Herr Timm ist nicht für die Kommunalfinanzen zuständig und so weiter! – Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)

Und dann werden wir hier über Bildungsfragen diskutieren.

(Lutz Brauer, CDU: Führ ihn doch nicht aufs Glatteis!)

Aber Herr Riemann interessiert sich ja nicht für Argumente, sondern er will ja hier nur stören. Deswegen sage ich, lassen Sie am Freitag im Finanzausschuss die Endberatung stattfinden,

(Dr. Ulrich Born, CDU: Jugendsofortprogramm.)

dann werden Sie sehen, wie diese Frage angegangen wird.

Ich möchte hier sagen, dass es mit diesem Bildungsfreistellungsgesetz auch um die kleinen und mittelständischen Betriebe geht, die eben nicht in der Lage sind – das ist wohl, glaube ich, der deutliche Unterschied auch zu den Bundesländern wie Bayern und Baden-Württemberg –, ein eigenes Fortbildungsprogramm anzubieten, da sie hier für die Personalentwicklung natürlich eine Chance sehen, indem tatsächlich modern und erstmalig bei voller Lohnerstattung dieser Bildungsfreistellungsanspruch realisiert wird. Und das ist faktisch ein Geschenk, welches hier von den Koalitionsfraktionen unterbreitet wird an die Wirtschaft.

(Beifall Heike Lorenz, PDS)

Insofern wird auch dem Argument „Wirtschaftsfeindlichkeit“ hier ganz klar entgegengehalten.

Ich meine, es geht neben der arbeitsplatzbezogenen Weiterbildung auch um politische Weiterbildung und die Weiterbildung zur Wahrnehmung von Ehrenämtern. Das ist bereits angesprochen worden. Das stellt einen wichtigen Teil dar. Wir sind uns sicherlich einig darüber, dass ohne engagierte ehrenamtliche Tätigkeit vieler Bürgerinnen und Bürger eine wichtige gemeinnützige Arbeit für unsere Gesellschaft nicht abgedeckt werden kann.

(Wolfgang Riemann, CDU: Dann müssen Sie ja morgen unserem Antrag zustimmen.)

Aber die Frage steht ja: Wie bereiten wir die Bürgerinnen und Bürger vor und befähigen sie, ihre ehrenamtliche Tätigkeit auszuüben? Und das auch angesichts der knappen Kassen, die uns ja nun immer, Herr Riemann, in der Diskussion begleiten.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Jugendsofortprogramm, 10 Millionen.)

Ich meine, nur soziales Engagement vieler für unsere Gesellschaft bringt uns voran auf dem Weg zu einer solidarischen Gesellschaft. Ohne ehrenamtliche Arbeit wür

den wir abgleiten in eine kalte Ellenbogengesellschaft. Freiwilliges und unbezahltes Engagement verbindet gesellschaftliche Sinnhaftigkeit mit eigener Lebensfreude. Der Einzelne gibt der Gesellschaft etwas und erhält so soziale Kompetenz. Aber es ist nun mal so, dass eben nur ein geringer Teil der ehrenamtlich Tätigen dafür Kenntnisse und Fertigkeiten aus dem eigenen Berufsfeld nutzen kann. Daher ist es nur logisch, auch diese Freistellung im Bildungsfreistellungsgesetz entsprechend mit anzubieten.

Mit diesem hier vorliegenden Gesetzentwurf haben die Koalitionspartner ihrerseits auf wirtschaftliche Bedürfnisse reagiert. Sie haben sich zum Ehrenamt bekannt und eine handfeste Entscheidung getroffen, die sich sehen lassen kann. Daher möchte ich betonen, dass ich diesen Gesetzesentwurf ausdrücklich unterstütze. Die Koalitionsfraktionen haben damit einen fortschrittlichen Gesetzentwurf vorgelegt, denn in den bereits bestehenden Gesetzen zu diesen Fragen wurde erst in zwei Bundesländern das Ehrenamt in das Gesetz integriert, während in verschiedenen anderen Bundesländern noch Bestrebungen zur Novellierung in dieser Hinsicht laufen. Aber immerhin: Es laufen Bestrebungen zur Novellierung.

Sie wissen, dass das Jahr 2001 das Internationale Jahr des Ehrenamtes ist, und deswegen meine ich, gerade am Vorabend des Jahres 2001 kommt dieses Bildungsfreistellungsgesetz, Herr Seidel, zum richtigen Zeitpunkt.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Es ist also wichtig, hier ein Signal zu setzen.

Und nun etwas zu den Finanzen. Ganz klar ist, dass ein solches Gesetz Haushaltsmittel verlangt. Das Wirtschaftsministerium hat sich bereit erklärt, 300.000 DM für die berufliche Weiterbildung zur Verfügung zu stellen. Mein Ministerium wird 300.000 DM für die politische Weiterbildung und die Weiterbildung zur Wahrnehmung von Ehrenämtern einbringen. Das ist angesichts der immer knapper werdenden Mittel eine große Herausforderung für beide Häuser,

(Beifall Heike Lorenz, PDS – Wolfgang Riemann, CDU: Und was wird mit dem Sozialressort, mit dem Jugendbereich?)

für das Wirtschaftsministerium und für mein Ministerium. Ich bin der Auffassung, wir als Koalition erfüllen zielstrebig unsere Koalitionsvereinbarung. Man kann uns nicht vorwerfen, dass wir nicht an der Umsetzung der Koalitionsvereinbarung arbeiten.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Im Unter- schied zu den CDU-geführten damals. – Dr. Ulrich Born, CDU: Und wie ist das mit den Kosten für den öffentlichen Dienst? Wie decken Sie die ab?)

Da wird Punkt für Punkt umgesetzt. Natürlich gibt es Regelungen im Landesbeamtengesetz und in anderen Gesetzlichkeiten, wie solche Fragen abzudecken sind.

Zum vorliegenden Gesetzesentwurf – Herr Seidel hat das ja schon dezidiert vorgeführt – gibt es natürlich Pro und Kontra. Das ist natürlich, und die Ausschussberatungen werden auch dazu dienen, dieses Pro und Kontra abzuwägen. Ich meine, wenn das Gesetz verabschiedet ist – woran ich nicht zweifle –, werden wir uns sicherlich in einem Jahr oder eineinhalb Jahren wieder unterhalten. Ich meine, es ist wichtig, es dann zu analysieren, denn, meine

Damen und Herren, es kommt einerseits auf das Gesetz an, aber es kommt auch auf den Alltag an. Und darauf bin ich gespannt. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Sehr gut. – Wolfgang Riemann, CDU: Ja, der Alltag hat ihn heute eingeholt.)

Vielen Dank, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Dankert von der SPD-Fraktion.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Präsidentin! Ich glaube, ich kann mir die staatstragenden Teile meiner Rede sparen. Über die Wichtigkeit und Notwendigkeit der Aneignung von Kenntnissen und Fähigkeiten ist genug gesagt worden. Auch der DGB ist sehr oft zitiert worden, dann darf ich das ausnahmsweise mal sein lassen.

(Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)

Ich denke, an diesen großen Aufgaben, die in der Weiterbildung, in der Fortbildung, in der Qualifizierung stehen, leistet das Gesetz seinen Anteil – vielleicht kann man das untersetzen, einen kleinen, aber feinen Anteil an dieser Problematik.

Die Verabschiedung dieses Gesetzes, der Minister hat es gesagt, ist eigentlich längst überfällig. Bereits seit der großen Koalition gibt es Bemühungen der SPD, Bildungsfreistellung wie in vielen anderen Bundesländern gesetzlich zu regeln. Mit dem vorliegenden Entwurf hat unserer Meinung nach die Koalition einen Kompromiss gefunden, der den wirtschafts- und beschäftigungspolitischen Rahmenbedingungen unseres Landes Rechnung tragen soll.

Und nun zu einigen häufig vorgetragenen Argumenten der Kritiker, das Gesetz belastet die Arbeitgeber.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Ja.)

Wir haben uns ja schon im Zwiegespräch darauf geeinigt, natürlich belastet es die Arbeitgeber, und zwar der von den Arbeitnehmern erarbeitete Gewinn, wenn sie in der Woche weg sind, fällt weg.

(Jürgen Seidel, CDU: Nicht nur! Nicht nur! Da sind ja auch Fixkosten zum Beispiel dabei.)

Das ist doch ganz klar. Und Sie haben weitere Ausführungen dazu gemacht. Aber dagegenrechnen muss man ja auch den Gewinn, der durch berufliche Bildung in dieser Woche erworben wird, denn davon profitiert ja auch wieder der Arbeitgeber. Und wenn Sie gerade, Herr Seidel, vorher kritisieren, dass ja indirekt die 600.000 DM vielleicht zu wenig wären, dann geht doch nur im ungünstigsten Fall auf 600.000 DM Lohnkosten, und zwar BruttoArbeitgeberanteil, der Wirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern der Gewinn flöten. Im ungünstigsten Fall!

(Jürgen Seidel, CDU: Das ist doch nicht wahr! Nicht nur der Gewinn.)

Meine Damen und Herren, und ob das auch eine Belastung ist, die unsere Wirtschaft nicht schon tragen kann, darüber können wir gerne auch in den Ausschüssen noch einmal diskutieren.

Ein zweites Argument, was immer vorgetragen wurde, ist – und, Herr Seidel, Sie haben sich da getreu an die

Argumentationslinie gehalten, da muss ich Ihnen ein Kompliment machen –, wir machen ja schon genug Bildung. Natürlich, aber man kann alles noch ein wenig besser machen.

(Jürgen Seidel, CDU: Ja, nach dem Motto...)

Herr Seidel, Sie haben selber gesagt, das Gesetz kommt im Moment noch nicht richtig und wir brauchen noch Zeit. Ich sag’s ganz deutlich: Was meinen Sie, warum wir den Ausgleichsanspruch für die Firmen in den Gesetzentwurf hineingenommen haben? Genau deswegen, weil wir sagen, es ist hier im Lande nötig, die Arbeitgeber zu entlasten, weil sie noch nicht so weit sind wie ihre Kollegen in den alten Bundesländern.