Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 15: Beratung der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU – Qualität der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen im Land Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 3/1414.
Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU: Qualität der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen im Land Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 3/1414 –
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.
rung von Kindern in Tageseinrichtungen im Land Mecklenburg-Vorpommern“ war das Thema der Großen Anfrage der CDU-Landtagsfraktion, die heute zur Debatte steht. Worum geht es letzten Endes in unserem Land? Es geht darum, dass wir weiter die Diskussion zur Qualität führen, zu den Betriebskosten, aber auch über die Zukunft von Krippe, Kindergarten und Hort. Die vorgelegten Zahlen sind auf der einen Seite eindrucksvoll, auf der anderen Seite ist es aber auch so, dass sich daraus viele Fragen ergeben.
Bevor ich direkt einsteige, will ich zwei Dinge nennen. Wir haben Problemkreise zu bewältigen, die sich einerseits auf Mehrkosten durch Tarifsteigerung und Ökosteuer bewegen, auf der anderen Seite haben wir das Problem oder auch die positive Tatsache, dass eine erhöhte Inanspruchnahme von Krippen- und Kindergartenplätzen zu verzeichnen ist.
Hier gibt es aber auch gleich Probleme. Wenn man sich erstens die Betriebskostenverordnung ansieht, geht man zurzeit davon aus, dass Personalkosten nur um ein Prozent gesteigert werden dürfen, andererseits wissen wir, dass Tarifverträge ganz anders aussehen. Der zweite Fakt ist, dass die Sachkosten und die sich daraus ergebenden Betriebskosten nur einen Zuschlag von 0,7 Prozent erhalten. Das ist sozusagen die große Sorge der freien Träger und auch der Kommunen, dass sie letzten Endes auf den Kosten sitzen bleiben. Der Ausweg heißt dann Beitragserhöhung und Beteiligung der Eltern. Zu all diesen Dingen müssen, denke ich, in naher Zukunft Antworten gefunden werden.
Ein weiteres Problemfeld will ich noch anschneiden. Es geht auch darum, in der Fläche darüber nachzudenken, ob es richtiger ist, Tagesmütter zu haben, die drei Kinder betreuen, oder ob es richtiger ist, sechs Kinder zu betreuen wie in der Kita. Die Antwort muss gegeben werden. In besonderer Weise muss hier auch das Wahlrecht der Eltern beachtet werden.
Wenn man sich die Dinge insgesamt ansieht, ergeben sich aus der Großen Anfrage weitere Fragen. In besonderer Weise ist der Trend zu erkennen, dass sich die kommunalen Träger nach und nach aus dieser Trägerschaft verabschieden und versuchen, freie Träger oder andere zu finden, die die Aufgabe auf Dauer übernehmen. Das hat damit zu tun, dass in der Betriebskostenregelung festgeschrieben ist, dass der Landesanteil 30 Prozent beträgt, der Elternanteil 30 Prozent und der kommunale Anteil sich bei 40 Prozent bewegt. In der Realität sieht es etwas anders aus. Oftmals bleiben die Kommunen auf den Kosten sitzen und sie versuchen jetzt, freie Träger zu finden, die zu den derzeitigen Regelungen, die das Land vorsieht, diese Kosten kostendeckend tragen. Insgesamt, denke ich, wird es dazu große Diskussionen geben. Sie wissen, dass es auf dem Klageweg derzeitig passiert. Die Antwort steht noch aus, aber immerhin.
Meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion hat Ihnen mit der Großen Anfrage die Chance gegeben, im Kindertagesstättenbereich eine Bestandsaufnahme vorzunehmen. Sie haben diese Chance aus unserer Sicht nur teilweise wahrgenommen. Viele Daten sind nicht so aussagekräftig, dass man sie absolut miteinander vergleichen kann und zu absoluten Ergebnissen kommt. Aber auf der anderen Seite sage ich auch, wir haben damit einen Beitrag und die ersten Daten erhalten, über die wir weiter diskutieren müssen.
In besonderer Weise müssen wir auch darüber diskutieren, ob das Gezerre zwischen Sozialministerium und Finanzministerium um die neue Betriebskostenverordnung nicht langsam groteske Züge angenommen hat. Wer nicht weiß, wie es vor Ort in den Einrichtungen aussieht, der kann auch nicht beurteilen, welche Kosten Träger zu schultern haben und wie ausgleichend dabei hin und her gerechnet wird. Durchschnittliche Betriebskosten bewirken eben nur Durchschnitt und nichts anderes. Sie sind nicht auf die einzelnen Betriebskosten in den Regionen oder auch in den Kommunen oder bei den freien Trägern abgestellt. Dazu müssen wir in naher Zukunft andere Antworten haben, als wir sie zurzeit geben.
Meine Damen und Herren! Viele Dinge, die heute auf die Kita-Landschaft wirken, hat Frau Marquardt auf den Weg gebracht. Die Auswirkungen sind nicht alle glücklich. Wir erleben sie heute immer wieder. Fragwürdig ist auch die Auffassung des Sozialministeriums hinsichtlich der Trägerstrukturen, die, wie in der Anfrage deutlich zu sehen ist, nicht klar erkannt wurden. In besonderer Weise ist festzustellen, dass einmal nur kommunale Träger genannt werden und dann nur freie. Meine Damen und Herren, ich denke, so kann man die Dinge nicht weiter gestalten. Wir brauchen da wirklich detailliertere Angaben, um zu erkennen, wie viel Trägervielfalt im Land tatsächlich vorhanden ist. Meine Damen und Herren, eine Zahl ist allerdings wohl richtig, das ist die Zahl 55,65 Prozent. 55,65 Prozent aller Einrichtungen sind zurzeit noch in kommunaler Trägerschaft, aber die Tendenz ist rückläufig.
Ihre völlige Ahnungslosigkeit spiegelt die Antwort auf die Frage nach dem Versorgungsgrad mit Kita-Plätzen im ländlichen Raum wider. Allein aus der Tatsache heraus, dass in allen Landkreisen durch die Kita Überkapazitäten vorgehalten werden, schließen Sie eine qualitativ und quantitativ ausreichende Versorgung des ländlichen Raumes mit Kindertagesstätten. Tatsache ist jedoch, dass aufgrund zunehmender langer Wege für die Kinder und ihre Eltern festgestellt werden muss, dass mehr und mehr Eltern selbst den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz nicht mehr wahrnehmen. Von Überkapazitäten auf eine ausreichende Qualität zu schließen, begründet eine solche Annahme wohl nicht. In besonderer Weise, denke ich, müssen, wenn wir schon bei Überkapazitäten sind, folgende Fragen beantwortet werden: Wo liegen sie? Liegen sie mehr im Hortbereich? Liegen sie mehr im Kindergartenbereich? Oder liegen sie direkt bei den Kleinsten in den Kita-Einrichtungen?
Meine Damen und Herren! Ein weiteres wichtiges Thema ist die Frage nach dem Sanierungsbedarf für die Einrichtungen. Beim Sozialministerium sind zurzeit 3,6 Millionen DM beantragt. Die Träger außerhalb der Kommunen bezifferten ihren Sanierungsbedarf in der vergangenen Woche auf 51,3 Millionen DM. Das bezieht sich auf rund 320 Kindereinrichtungen. Wir haben aber über 1.000 im Land. Hier können Sie also hochrechnen, welch ein Bedarf noch zu schultern ist, wenn man insgesamt vernünftige Strukturen haben will und nicht immer DDRStrukturen glorifiziert, die in besonderer Weise eigentlich dazu beitragen, dass die Betriebskosten in erheblichen Höhen auszuweisen sind. Dies hat ja auch Frau Sozialministerin Bunge anerkannt, indem sie schnell mal erklärt hat, man könnte sich vorstellen, 1 Million DM Heizkostenzuschuss zu zahlen, ohne dass dafür eine Mark im Haushalt steht. Aber immerhin ist es ja so, Ankündigungspolitik ist auch Politik, und das macht diese rot-rote Regierung in besonderer Weise so erfolgreich.
Es ist doch so. Sie sind ja nun einer der Vertreter, die das in besonderer Weise zugegebenermaßen auch nicht ungeschickt machen.
Ich möchte auf einen weiteren Widerspruch hinweisen und damit einmal mehr die mangelnde Qualität der Antworten durch Argumente untersetzen. Es wurde die Frage nach der Entwicklung der Gruppengrößen gestellt. In der Antwort weisen Sie auf die im Kita-Gesetz verankerten Gruppengrößen hin und bezeichnen diese als durchschnittliche Gruppengrößen. Wie ist das denn zu verstehen? In der Interpretation dieser Antwort muss ich davon ausgehen, dass es Träger gibt, die massiv gegen das Gesetz verstoßen, indem sie Gruppengrößen zulassen, die weit jenseits der zulässigen Gruppengrößen liegen. Sind die Jugendämter dagegen eingeschritten beziehungsweise schreiten Sie dagegen ein? Das wäre die Frage, die sich daraus ergibt.
Ich kann mich noch sehr gut an Debatten in diesem Landtag zur Integration Behinderter erinnern. Ein Integrationsfördergesetz wollte die PDS einmal, dann wollte sie es nicht mehr und nun muss der Integrationsförderrat als Feigenblatt für die Inkompetenz der PDS herhalten.
(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Was? Was? – Peter Ritter, PDS: Ich denke, wir sind erfolg- reich?! – Kerstin Kassner, PDS: Das klingt gar nicht gefällig. – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Das gefällt uns nicht. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS)
Aber immerhin, meine Damen und Herren, verlassen Sie sich drauf, ich werde den Integrationsförderrat demnächst anrufen und ihn auf die Integrationspraxis behinderter Kinder in Kindertagesstätten aufmerksam machen, denn Einzelintegration von behinderten Kindern ist in Mecklenburg-Vorpommern die Ausnahme.
Hören Sie doch mal zu, Dr. Schoenenburg! Ich habe Sie gerade gelobt. Dann müssen Sie auch mal ein bisschen zuhören können.
(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Ja, eben! Des- wegen gefällt mir ja auch Ihre Kritik überhaupt nicht. – Heiterkeit bei Peter Ritter, PDS – Zuruf von Kerstin Kassner, PDS)
Genau. Können wir mal definieren. Gehen wir noch mal nach Moskau beide und dann erzählen Sie mir das mal.
(Barbara Borchardt, PDS: Was war denn die Wahrheit, das Lob oder das andere? – Peter Ritter, PDS: Aber immerhin, er will mitkommen!)
örtliche Integration von Kindern in Mecklenburg-Vorpommern möglich zu machen und nicht nur Integration in Sondereinrichtungen. Darum, denke ich, muss zukünftig gerungen werden.
Meine Damen und Herren! Kindertagesstätten sind Einrichtungen zur Betreuung von Kindern in der Zeit, in der die Eltern einer beruflichen Tätigkeit nachgehen oder Beschäftigung, wie auch immer. Betreuung heißt aber nicht Aufbewahrung, sondern pädagogisch ausgerichtete Betreuung. Zu dieser gehört auch die Elternarbeit. Aber die Forderungen und Standards, die auch das KitaGesetz erhebt, stehen im krassen Gegensatz zur Ermittlung der durchschnittlichen Betriebskosten, denn dort wird ein Personalschlüssel zur Grundlage der Berechnung gelegt, der objektiv Elternarbeit massiv einschränkt beziehungsweise gar nicht zulässt. Verschärfend wirkt die Bereinigung der tatsächlichen Kosten auf der Basis der Erzieher-Kind-Relation. Elternarbeit ist objektiv nicht möglich und daher muss man der Landesregierung bei der Methode der Ermittlung der durchschnittlichen Betriebskosten auch vorwerfen, dass sie wieder einmal eine sinnvolle familienpolitische Maßnahme konterkariert, da nur das Buchhalterdenken von Frau Keler – und nur das – in diesem Lande zählt. Das ist bedauerlich und ich weiß genau, wohin der Weg führt.
Der Fraktionsvorsitzende Herr Schlotmann hat Anfang der Woche angekündigt, wenn die SPD eine umfassende Gesetzesnovelle im Kindertagesstättenbereich ankündigt, dann kann das nur heißen, dass Frau Keler für ihre Fraktion ein Dekret erlassen hat.
(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Oooh! – Peter Ritter, PDS: Dekret für den Frieden. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS)
Sie soll dafür sorgen, dass die Landesbeiträge auf der Grundlage eines novellierten Gesetzes zu deckeln sind. Das bedeutet eine Mehrbelastung der Eltern und der Träger und damit wird zwangsläufig neben dem Verlust des Landeserziehungsgeldes der Verlust weiterer familienpolitischer Maßnahmen in Kauf genommen.
Meine Damen und Herren! Ich komme nicht umhin, auch an dieser Stelle einige Worte zum bereits erwähnten Gezerre um die Betriebskostenverordnung für das kommende Jahr zu verlieren. Der Staatssekretär im Sozialministerium Professor Azzola legte einen Entwurf für eine Betriebskostenverordnung vor, der ein Defizit von 8 bis 12 Millionen DM ausweist. Ich erinnere noch mal an den Haushaltsansatz. Er belief sich auf 129 Millionen DM. Frau Keler hat dann gesagt, 3 Millionen DM kommen dazu, das andere kriegen wir nicht hin. Das heißt also, wir haben ein Defizit, wenn man es maximal nimmt, von 9 Millionen DM, und wenn man es minimal nimmt, von 6 Millionen DM. Ich bin gespannt darauf, wie die Landesregierung diesen
Spagat in der Haushaltsdebatte zum Haushalt 2001 noch hinbekommt, weil sie immer darauf Wert legt, dass sie einen soliden Haushalt vorlegt. Wir sagen Ihnen, Frau Keler: Dieser Haushalt ist nicht so solide, wie Sie ihn verkaufen wollen.
Meine Damen und Herren, eins hat Sie auch noch getroffen, und darauf habe ich schon ein paarmal hingewiesen: Sie haben ja großspurig das Landeserziehungsgeld abgeschafft
und jetzt erreicht Sie genau das, was Sie nicht wollten. Jetzt bringen die Eltern ihre Kinder mit eineinhalb und zwei Jahren zur Betreuung in die Kindertagesstätten und damit …