Protokoll der Sitzung vom 31.01.2001

„Wieso nehmt Ihr diese Leute, die täglich in den Theatern eine harte Arbeit erbringen, von dem aus, was Ihr verhandelt? Das ist die erste Frage, die nach der ungeheuren Portion Ungerechtigkeit.“

(Harry Glawe, CDU: Wo ist denn die Schlussfolgerung jetzt?)

Nun warten Sie doch ab! Herr Glawe, seien Sie nicht immer so ungeduldig.

(Harry Glawe, CDU: Ich sollte zuhören, jetzt will ich die Antwort haben.)

Die kommt schon noch.

(Steffie Schnoor, CDU: Wir haben noch so viel Zeit! Bis wir alle Theater schließen, haben wir noch so viel Zeit!)

Ach, Frau Schnoor, wie viel Zeit hatten Sie denn?

(Steffie Schnoor, CDU: Zwei, drei, vier Jahre Zeit, Herr Bartels. – Zurufe von Norbert Baunach, SPD, und Harry Glawe, CDU)

Wissen Sie, Ihre Reden von heute finde ich immer richtig begeisternd. Wir können uns gerne mal die Protokolle

angucken, als wir in anderen Konstellationen miteinander über diese Probleme geredet haben.

(Unruhe bei Steffie Schnoor, CDU – Harry Glawe, CDU: Jetzt die Antwort!)

Herr Glawe, darf ich noch reden, was ich will?

(Dr. Armin Jäger, CDU: Aber ja!)

Sie werfen uns immer vor, dass wir der Opposition den Mund verbieten. Also bitte!

(Harry Glawe, CDU: Ich sollte zuhören und jetzt sollen Sie die Antwort geben. – Zurufe von Dr. Armin Jäger, CDU, und Jörg Vierkant, CDU)

Ja, was Sie wollen, ist nicht so wichtig.

(Harry Glawe, CDU: Jetzt reden wir vom Geld. Jetzt reden wir vom Geld.)

Klar ist in der Expertise, auch das wurde gesagt, dass bei der Realisierung der in den Regionen erarbeiteten Vorstellungen bis 2004 eine relative Stabilität von Qualität gesichert werden kann.

(Angelika Gramkow, PDS: Ja, Sie reden ja nur vom Geld, sagen aber nicht, wo es herkommt. Das ist Ihr einziger Ansatz.)

Ich sagte bewusst, relativ. Wenn wir danach mittel- und langfristig sichere Konzepte haben wollen, dann müssen wir spätestens heute anfangen zu arbeiten.

(Harry Glawe, CDU: Aha, heute, ab jetzt. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Dazu brauchen wir Diskussionen mit zwei Prämissen.

(Harry Glawe, CDU: Also heute ist Startschuss. – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Ich habe nicht gesagt, auch wenn es die CDU gerne hören möchte, dass wir noch nicht angefangen hätten. Sie haben vorher wieder nicht zugehört, Herr Glawe,

(Harry Glawe, CDU: Was?)

als darüber geredet wurde, was alles schon passiert ist in den letzten anderthalb Jahren.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, ja, die Theater schließen, das merken wir.)

Die erste Prämisse: Jeder Vorschlag sollte eine echte Chance in der Diskussion haben,

(Harry Glawe, CDU: Der Theater- donner wird immer größer.)

auch die Chance des begründeten Verwerfens. Alle Beteiligten sollten für eine Auseinandersetzung offen sein, auch für eine Auseinandersetzung mit dem Undenkbaren. Ich will das an einem Beispiel sagen. Ich kann mir heute eigentlich kein Argument vorstellen, das zur Aufhebung des 4-Standorte-Konzeptes führen könnte. Aber wir müssen bereit sein, auch darüber zu reden.

Ich will zum Schluss, um das deutlich zu machen – Frau Präsidentin, ich komme gleich zum Schluss –, zwei Dinge sagen. Zum einen sind die Vorschläge, die in der Expertise genannt sind, diskussionswürdig. Darüber muss diskutiert werden, auch wenn ich mir eine Vorpommersche

Landestheater GmbH heute nicht vorstellen kann. Es muss darüber geredet werden. Warum sollte man nicht dem Ratschlag der Expertise folgen, dass das Land eben doch stärker wieder auch gestaltend eingreift? Ich mache einen Vorschlag, wissend, dass ich dafür von einigen Leuten in der Luft zerrissen werde, trotzdem bringe ich einen Vorschlag einfach in die Diskussion ein.

(Harry Glawe, CDU: Ja, ab jetzt geht es ja los.)

Warum sollten wir in diesem Land nicht ein Landessinfonieorchester haben in Landesträgerschaft?

(Beifall Dr. Armin Jäger, CDU, Steffie Schnoor, CDU, und Angelika Gramkow, PDS – Steffie Schnoor, CDU: Beifall!)

Darüber müsste man, denke ich, diskutieren.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Ich kann das jetzt hier nicht ausführen, auch aus Zeitgründen.

(Harry Glawe, CDU: Das war jetzt der Startschuss! Nun haben wir es gehört! – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Aber auch damit wäre wieder Gestaltung für das Land vorhanden. Und dass wir dann natürlich zu den Themen, für die es kein Tabu geben darf, auch die Frage der Aufhebung der Deckelung stellen müssen, ist keine Frage.

(Steffie Schnoor, CDU: Bravo!)

Wenn ich sage, es gibt kein Tabu, dann meine ich das auch so. – Danke.

(Unruhe bei den Abgeordneten – Beifall Andreas Bluhm, PDS – Steffie Schnoor, CDU: Bravo!)

Vielen Dank, Herr Dr. Bartels.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Friese von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Den Theatern und Orchestern in unserem Lande geht es wie den meisten staatlichen und kommunalen Einrichtungen: Sie leisten hervorragende Arbeit bei ständiger Präsenz von finanzieller Not. Zu einer realistischen Wahrnehmung der Situation an unseren Theatern gehört die Anerkennung, dass nach nicht leichten Konsolidierungsprozessen, die in der Regel Reduzierungen bei Personal waren, die Personalkosten auch heute noch den Theatern und Orchestern schwer zu schaffen machen. 85 Prozent der Kosten an unseren Theatern und im Orchester sind Personalkosten.

Meine Damen und Herren, wenn wir hier über die wichtige Frage von Theatern und Orchestern reden, können wir dieses nicht losgelöst tun – jedenfalls wir Sozialdemokraten wollen das nicht – von dem Grundanliegen unserer Politik für dieses Land, das heißt Konsolidierung der Finanzen für dieses Land. Wir können den Weg in die Schuldenfalle, der zu Beginn der neunziger Jahre eingeschlagen wurde, nicht fortsetzen. Wir müssen auf allen Wegen uns darum bemühen, die Möglichkeiten des Landes und die Aufgaben des Landes mit seinen finanziellen Möglichkeiten in Übereinstimmung zu bringen. Und nur wenn man diesen Grundgedanken anerkannt und ehrlich zum Maßstab für alle Politikbereiche macht,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Na prima. Was ist denn mit den Ministerien?)

muss man dieses gerechterweise auch für den Kulturbereich tun. Wir Sozialdemokraten wollen dieses.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Erst mal bei sich selber.)

Zu einer realistischen Wahrnehmung der Situation an unseren Theatern gehört ebenfalls die Feststellung, dass unsere Theater in ihrem Selbstverständnis als Stätten der Hochkultur keinen Schaden genommen haben. Wer will, dass dieses so bleibt –