nämlich eine öffentliche Diskussion anzuregen und das Problem in die Köpfe unserer Menschen zu bringen. Nur, meine Damen und Herren, eine Fraktion hat daran keinen Anteil,
nimmt nicht einmal an diesen Beratungen teil. Nicht etwa, weil diese Fraktion meint, es bedürfe dieser Arbeit der Enquetekommission nicht – ich wiederhole, ich freue mich über die Klarstellung von Herrn Dr. Born –, nein, der einzige Grund, warum Sie, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, nicht an der Arbeit der Enquetekommission teilnehmen, ist, dass Sie nicht den Vorsitz in dieser Enquetekommission stellen.
In Ihrer Klage vor dem Landesverfassungsgericht berufen Sie sich maßgeblich auf eine Auslegung des Rechtsausschusses aus dem Jahre 1993. Damals, und das ist völlig unstreitig, war der Rechtsausschuss in Auslegung des Paragraphen 8 der Geschäftsordnung zu dem Ergebnis gekommen, dass erstens Sonderausschüsse und Enquetekommissionen im Sinne des Paragraphen 8 Absatz 2 unserer Geschäftsordnung eine gemeinsame Fallgruppe bilden und zweitens, dass in jeder Fallgruppe eine gesonderte Zählweise beim Zugriffsverfahren gelte. Weil es in dieser Wahlperiode bereits einen Sonderaus
schuss gegeben habe, leiten Sie nun ab, dass jetzt der CDU als der zweitstärksten Fraktion das Zugriffsrecht für diese Enquetekommission zustehe. So haben Sie auch vor dem Landesverfassungsgericht vorgetragen. Nur, meine Damen und Herren, dieses ist nicht einmal die halbe Wahrheit und Sie haben weder der Öffentlichkeit noch dem Landesverfassungsgericht Folgendes mitgeteilt – blicken wir zurück, ich spreche jetzt den Punkt an, den Herr Dr. Born auch bereits ausgeführt hat –, nämlich dass im Rahmen der Einsetzung der Enquetekommission „Leben in der DDR, Leben nach 1989 – Aufarbeitung und Versöhnung“ der Rechtsausschuss in seiner Funktion als Geschäftsordnungsausschuss in seiner achten Sitzung am 7. Mai 1995
Entschuldigung, am 17. Mai 1995 – schönen Dank –, zu dem Ergebnis gelangt ist, dass für die Besetzung des Vorsitzes und des Stellvertreters einer Enquetekommission keine Regelung in unserer Geschäftsordnung vorhanden ist. Der Landtag hat insofern seine Organisationsgewalt, war frei und konnte Geschäftsordnungsregelungen treffen. Unterschrift Helmrich, seinerzeit Vorsitzender des Rechtsausschusses.
Herr Dr. Born, Ihre Argumentation in dieser Sache überzeugt uns wenig. Wenn Sie so überzeugt sind von dieser Auslegung, die Sie hier vorgetragen haben, frage ich, warum Sie diesen gesamten Komplex und diesen Zusammenhang nicht in Ihrer Klageschrift an das Landesverfassungsgericht erwähnt haben.
(Dr. Armin Jäger, CDU: Weil das nicht maßgeblich ist. – Dr. Ulrich Born, CDU: Weil das keine Bedeutung hat.)
Ich halte diesen Punkt für sehr maßgebend und wir werden sehen, ob das Landesverfassungsgericht, Herr Dr. Jäger, ihn auch für maßgeblich hält. Ich stelle nur fest, dass Herr Dr. Born dieser Auslegung hier sehr viel Zeit eingeräumt hat.
Mit dieser Auslegung des Rechtsausschusses vom 17. Mai 1995 hat der Rechtsausschuss seine Auslegung zum Paragraphen 8 Geschäftsordnung von 1993 insoweit korrigiert und aufgegeben, soweit die Enquetekommission betroffen war. Ich deute diese Auslegung von 1995 des Rechtsausschusses zu dieser Frage, die zeitlich nach der Auslegung des Rechtsausschusses des Jahres 1993 natürlich liegt und auf die Sie sich so gern berufen, in folgender Weise:
1. Es gibt zur Frage der Besetzung des Vorsitzes in Enquetekommissionen keine geschäftsordnungsmäßigen Regelungen.
Wenn es in dem Protokoll des Rechtsausschusses des Jahres 1995 heißt, dass die Auslegung gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen erfolgt ist, heißt dieses ja nicht, dass dies schon damals gegen Ihre Stimmen gewesen wäre. Im Gegenteil, diese Auslegung des Rechtsausschusses des Jahres 1995 ist mit den Stimmen der CDU und den Stimmen der SPD zustande gekommen. Wir stehen auch dazu.
Heute wollen Sie, meine Damen und Herren, so habe ich den Eindruck, davon nichts mehr wissen. Sie greifen immer nur das heraus, scheint mir, was Sie wollen, gleichgültig, ob Sie damit der Öffentlichkeit die Wahrheit sagen oder nicht. Ich will es an dieser Stelle einmal ganz vorsichtig und zurückhaltend ausdrücken: Sie haben diesen Umstand dem Landesverfassungsgericht ganz bewusst vorenthalten. Verfolgen Sie damit das Ziel, das Landesverfassungsgericht unvollständig über den tatsächlichen Sachverhalt zu informieren und einen falschen Eindruck entstehen zu lassen? Sie von der CDU und die Fraktionen von SPD und PDS kennen diese Auslegung. Wie soll dieses das Landesverfassungsgericht kennen? Diese Auslegung ist niemals öffentlich als Anlage zur Geschäftsordnung veröffentlicht worden.
Allenfalls beiläufig ist sie in der Chronik des Landtages der zweiten Wahlperiode erwähnt. Es wäre Ihre Pflicht gewesen, meine Damen und Herren von der CDU, das Gericht auch darüber zu informieren. Das haben Sie unterlassen.
(Unruhe und Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: Die Antworten sind ihm wohl nicht aufgeschrieben worden?!)
Meine Damen und Herren von der CDU! Sie haben dies erwähnt, Herr Dr. Born, ich bin der gleichen Meinung, man sollte die Geschäftsordnung dieses Hohen Hauses nicht immer so auslegen, wie man es gerade für seine eigenen politischen Zwecke braucht.
(Dr. Armin Jäger, CDU: Das haben Sie doch gerade getan! – Dr. Ulrich Born, CDU: Sie als Vorsitzender des Innenausschusses haben offiziell angefragt im Rechtsausschuss! – Zuruf von Dieter Markhoff, CDU)
(Unruhe bei Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Sie machen als Ausschussvorsitzender genau das Gegen- teil von dem, was Sie hier vorgetragen haben. – Glocke der Vizepräsidentin)
Meine Damen und Herren, für uns liegt der sachliche Grund dafür, dass die Enquetekommission ihren Vorsitz selber wählen lassen soll, in Wesen und Funktion einer Enquetekommission. Lassen Sie mich dazu Folgendes vor diesem Hohen Hause sagen: Für uns ist eine Enquete
kommission nicht gleichzusetzen mit den üblichen parlamentarischen Gremien, insbesondere ständigen Ausschüssen.
(Dr. Ulrich Born, CDU: Warum haben Sie dann beim Rechtsausschuss angefragt, Herr Ausschussvorsitzender?)
Für uns ist die Arbeit von Enquetekommissionen, bei denen man den Sachverstand externer Dritter einbeziehen kann, von großer Bedeutung. So, wie es richtig und wichtig ist, bei vorliegenden Gesetzentwürfen oder Anträgen in den Ausschüssen Expertengespräche und Anhörungen durchzuführen, umso wichtiger ist es, diesen Sachverstand von Experten bereits in die Vorbereitung von Entscheidungen einzubeziehen. Wir stehen dazu, externe Dritte in solche Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Wir stehen natürlich auch dazu in der täglichen Arbeit. Wir hatten gehofft, dass Sie auch im Falle der Enquetekommission diesem externen Sachverstand den ihm gebührenden Platz einräumen wollen mit allem, was dazugehört, einschließlich der Rechte, die man diesen Mitgliedern zubilligen möchte.
Wir halten dieses für den richtigen Weg und deshalb muss die Einbeziehung dieser Externen auch im Organisationsstreit, im Organisationsrecht ihren Widerhall finden. Deshalb haben wir der Enquetekommission das Recht eingeräumt, sich selbst eine Geschäftsordnung zu geben.
Die CDU argumentiert in ihrer Klage, dass gerade weil die externen Sachverständigen, die nicht Mitglieder des Landtages sind, mitarbeiten und in der Kommission sogar in der Mehrheit sind, gerade deshalb der Landtag hätte die Geschäftsordnungsbefugnis nicht an die Kommission delegieren dürfen. Herr Dr. Born hat dieses eben auch noch mal vorgetragen.
Ich, meine Damen und Herren, halte dieses für falsch. Gerade umgekehrt wird ein Schuh draus. Wenn man nicht will, dass es von Anfang an Kommissionsmitglieder erster und zweiter Ordnung gibt, dann muss man gerade solche Regelungen schaffen, dass alle Kommissionsmitglieder mit gleichen Rechten ausgestattet sind. Die SPD-Fraktion will diese Gleichheit gleichsam als Grundsatz unserer parlamentarischen Arbeit.
Meine Damen und Herren, die Experten, die wir aufgrund ihres Sachverstandes haben wollen, sind doch kein Feigenblatt, um letztlich Entscheidungen vorzubereiten, die wir uns schon im geheimen Kämmerlein ausgedacht haben. Glauben Sie ernsthaft, Sachverständige mit hoher Reputation zu finden, wenn sie diesen mitteilen, dass sie durchaus mitbestimmen können, aber nicht bei der allerwichtigsten Frage, nämlich der Besetzung des Vorsitzes? Der soll nach Ihrer Meinung ohne die Sachverständigen vergeben werden.
(Dr. Armin Jäger, CDU: Weil es ein Land- tagsausschuss ist. – Dr. Ulrich Born, CDU: Ja, weil es ein Gremium des Landtages ist.)
Die SPD-Fraktion ist der Ansicht, dass ihr als der stärksten Fraktion der Vorsitz in dieser Enquetekommission zugestanden hätte. Dieser Punkt ist für die Klage vor dem Landesverfassungsgericht wichtig,