Und zum Zweiten: Sie sagen, wir instrumentalisieren das Thema ABM. Dazu muss ich einfach ausführen, die Situation bei den ABM-Gesellschaften ist so, wie sie ist. Und im Moment ist sie konfus. Ich habe mehrere Briefe bekommen – wir haben ja auch einen Schriftwechsel gehabt, danke auch für die Antwort –, da waren Menschen in der Tat in einer Situation, die für sie erst mal neu war, mit der sie nicht fertig wurden, und das sollten wir auch sehr ernst nehmen. Ich habe gerade gestern noch mal eine Situationsdarstellung bei der IPSE in Neustrelitz bekommen. Das ist ja der größte Arbeitgeber, leider, muss man sagen, dort in der Ecke. Dort ist eine ähnlich schwierige Situation. Also, instrumentalisieren oder nicht – Fakt ist, das sind Probleme, und ich denke, es ist richtig, dass wir darüber sprechen.
Ich will jetzt auch gar nicht weiter über die Zahlen referieren, die hat Kollege Glawe genannt. Ich denke, wir sollten uns auch diese Rituale ersparen. Wissen Sie, wir bringen dann mal den Vergleich von 1998 zu heute, dann sagen Sie was von Wahlkampf-ABM in 1998, das bringt es alles nicht. Aber Fakt ist doch eins: Es hat sich in der Tat in den letzten Jahren auf dem Arbeitsmarkt nichts getan. Wir müssen das nüchtern konstatieren und daraus
auch unsere Konsequenzen ziehen. Und, meine Damen und Herren, wenn ich das so sage, dass sich nichts getan hat, dann ist das eben einfach die Situation, die trotz öffentlichen Beschäftigungssektors, man könnte vielleicht auch sagen, die mit öffentlichem Beschäftigungssektor, die trotz BioCon Valley, die trotz Superergebnissen bei den Steigerungsraten im verarbeitenden Gewerbe gegenwärtig besteht. Das ist die Situation.
Und im Übrigen – das will ich auch klar sagen, selbst wenn ich weiß, ich habe in den früheren Jahren auch Prozente ganz gern genutzt – muss man natürlich nüchtern erkennen, dass uns diese Prozentspielereien gerade mit dem verarbeitenden Gewerbe überhaupt nicht weiterhelfen. Was hilft es uns, wenn wir da groß erzählen – der Ministerpräsident macht das immer wieder –, wir sind in Deutschland die Weltmeister beim Zuwachs im verarbeitenden Gewerbe,
und vergessen zu sagen, auf ganz niedrigem Niveau, und draußen gehen die Betriebe reihenweise Pleite?! Das versteht doch keiner. Also insofern, denke ich, ist es doch wohl wichtig – und das verstehe ich unter diesem Antrag, da kann man gerne über diese einzelnen Punkte reden, das ist, glaube ich, gar nicht so das Thema, da könnten wir gerne noch viel mehr zusammentragen –, ist es doch richtig, eine Analyse des Arbeitsmarktes zu machen und darauf aufbauend eine Grundsatzdiskussion zu führen, wie denn die Strategie der Landesregierung zum Hauptproblem unserer Tage – Sie sagen, Sie beschäftigen sich damit von morgens bis abends, das kann ich mir auch vorstellen –, nämlich die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, für die Zukunft aussehen muss.
Meine Damen und Herren, dies wird doch immer wichtiger, wenn wir uns vor Augen halten, welche Rückschläge wir gegenwärtig erleben. Und ich will Sie doch nur an die Dinge erinnern, die wir gemeinsam durchleben, ich könnte auch sagen, durchleiden. Das Thema mit der Bahn AG, das haben wir hier schon öfter besprochen, ist doch eine, ich will das Wort Katastrophe jetzt mal weglassen, aber eine schwierige Situation für MecklenburgVorpommern und die wird bestimmt nicht besser – das behaupte ich einfach – in den nächsten Monaten. Oder nehmen Sie – ja, man muss es doch einfach sagen – die Kahlschlagmaßnahmen bei der Schließung der Bundeswehrstandorte. Das ist doch wohl eine ganz schwierige Situation speziell für einige Bereiche in Mecklenburg-Vorpommern. Oder nehmen Sie das, was sich heute hier vor den Toren des Landtages abgespielt hat, die BSE-Problematik. Zugegeben, wir wissen auch alle nicht so recht, wo dort anzusetzen ist, aber das wird uns zumindest in den nächsten Monaten Arbeitsplätze kosten. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.
Und von daher, meine ich, ist es doch richtig, immer ausgehend von einer Analyse, von einem Bericht über den Arbeitsmarkt auch zu – man könnte es so bezeichnen – einem ganzheitlichen Konzept der Landesregierung zu kommen. Ich will dazu ein paar Vorschläge unterbreiten, aber überhaupt keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben, sondern nur mal Gedanken in die Diskussion werfen, was wir denn vielleicht tun müssten. Sie werden mir sicherlich in vielem sagen, machen wir schon, aber deswegen ist es vielleicht doch gestattet, das mal zu nennen:
Erstens, und ich spreche für unsere Fraktion, sind wir ganz klar für die Stärkung des ersten Arbeitsmarktes und
übrigens, Herr Minister Holter, so gesehen natürlich auch dafür, dass Arbeitsmarktinstrumente so unternehmensnah wie möglich eingesetzt werden. Das haben wir immer gesagt und da haben Sie unsere Unterstützung in jedem Fall. Insofern, glaube ich, müssen Sie uns auch dankbar sein, dass die Diskussion stattfindet und Sie noch mal Gelegenheit haben, hier heute Ihre Gedanken, die man vielleicht hätte mal ein bisschen früher in der Öffentlichkeit darstellen sollen, so auszusprechen.
Zweitens meinen wir, dass wir Arbeitsplätze brauchen, das ist manchmal eine etwas bittere Wahrheit, die man – ich habe kein besseres Wort, ich bitte um Nachsicht – vielleicht mit etwas einfacheren Arbeiten umschreiben könnte, die aber auch Lebensunterhalt sichern müssen und letztlich auch bezahlbar sind. Insofern plädiere ich noch mal nachdrücklich für einen Modellversuch mit dem Kombilohn. Andere Länder machen das. Warum machen wir nicht mal einen Versuch, wenigstens in diesem Bereich, gerade was Dienstleistungen betrifft, Menschen eine Perspektive zu geben?
Drittens. Wir fordern mehr Professionalität bei Unternehmensansiedlungen in Mecklenburg-Vorpommern. Leider müssen wir ja nun davon ausgehen, dass Transrapid und Airbus vergeigt sind, und bei einer möglichen BMWAnsiedlung steht unser Land erneut vor großen Herausforderungen. Man kann nur hoffen, dass wir hier ein besseres Ergebnis hinkriegen für Mecklenburg-Vorpommern,
denten ansprechen, er ist aber gerade nicht da. Herr Ministerpräsident, sorgen Sie bitte dafür, dass diese Bundesregierung das Land Mecklenburg-Vorpommern wirksam unterstützt. Ich muss sagen, meine Erkenntnis gerade aus den aktuellen Entscheidungen ist doch die – und die teilen inzwischen viele Menschen –, dass eine Bundesregierung, die in Eggesin und in Stavenhagen den Bundeswehrstandort schließt, kein Herz für dieses Land hat.
Fünftens. Lassen Sie uns zurückkehren zu einer wirtschaftsfreundlichen Politik! Das hat nichts mit einer Politik zu tun, wo man Unternehmern goldene Wege bauen will. Darum geht es gar nicht. Wir brauchen die Arbeitsplätze, die diese Unternehmer schaffen können, insofern auch eine wirtschaftsfreundliche Politik, ohne eben ein Bildungsfreistellungsgesetz, zu dem die Wirtschaft ganz klar sagt, dieses von Ihnen als Wirtschaftsförderung bezeichnete Gesetz wollen wir nicht, ganz klar gesagt in diesem Raum, oder ohne eine Verbandsklage. Ich will nur solche Stichworte herausgreifen, die sicherlich nicht im Sinne von wirtschaftlicher Entwicklung in diesem Land sind.
Sechstens. Meine Damen und Herren, lassen Sie ab von dem unsäglichen Sparkurs im Bildungsbereich! Hier muss im Gegensatz zu den vergangenen Jahren wieder mehr Geld in die Hand genommen werden. Ich denke, solche Schlagzeilen, wie wir sie in den letzten Tagen lesen konnten: „Jeder Vierte bricht die Berufsausbildung in Mecklenburg-Vorpommern ab“ oder „Jeder Zehnte ver
lässt die Schule ohne Abschluss“, die schreien doch förmlich nach Veränderungen und die werden nicht gehen ohne Geld. Das wissen wir alle.
Siebtens. Die nach wie vor zu konstatierende Abwanderung jüngerer Menschen, insbesondere eben auch aktiver Menschen, insbesondere auch Frauen aus Mecklenburg-Vorpommern nimmt bedrohliche Ausmaße für das Land an. Hier brauchen wir ein nachhaltiges Konzept, um diesem Trend zu begegnen. Ich weiß wohl, dass das nicht einfach ist. Das ist mir wohl klar. Und auch hier kann ich sagen, Herr Minister Holter, Sie haben hier und da ja mal Gedanken geäußert, das ist richtig, da ist vieles richtig, würde ich auch unterschreiben, aber ich meine, hier muss es auch wirklich zu konzeptionellen Überlegungen kommen, die letztlich auch in entsprechendem Regierungshandeln deutlich werden.
Meine Damen und Herren, ich denke, es ist dringend erforderlich, dass auf der Basis einer nüchternen Analyse die Situation mit nachhaltigen Konzepten in MecklenburgVorpommern angegangen wird. Und ich glaube, hier braucht es in der Tat auch eine Zusammenarbeit von Regierung und Opposition. Und so verstehe ich unseren Antrag hier heute, was dieses Thema betrifft. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Schweizer Moralist Hilty sagte 1905: „Das größte Unglück, das es gibt, ist ein Leben ohne Arbeit. Die Arbeitslosen sind in der Tat die wahren Unglücklichen in dieser Welt.“
Blicke ich zurück, habe ich immer den Eindruck, dass alle über das Problem redeten und so taten, als sei die Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit das Thema Nummer 1. Aber was war wirklich in der Vergangenheit? War es wirklich so? Ich denke, nein. Insbesondere in der Zeit der Kohl-Regierung war es wohl eher so, dass man die Arbeitslosen bekämpft hat und nicht die Arbeitslosigkeit.
Ich meine die berühmt-berüchtigte Novellierung des Arbeitsförderungsrechtes, in dem die Zumutbarkeitsvoraussetzungen vor allen Dingen für Frauen und Langzeitarbeitslose verschärft, die Senkung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe verankert sowie die Anrechnung von Abfindungen und das Arbeitslosengeld festgelegt wurden. Ein weiteres Beispiel ist die Novellierung des Bundessozialhilfegesetzes, in dem die Absenkung der Sozialhilfe auf bis zu 20 Prozent bei Nichtannahme von Arbeit verankert wurde. Und all das wurde begleitet von einer öffentlichen Missbrauchsdebatte, die zu einer Stigmatisierung der Betroffenen führte.
Ich will an dieser Stelle auch nicht verhehlen, dass wir diesbezüglich auch mit den Anstrengungen der rot-grünen Bundesregierung nicht zufrieden sind. Ich komme an anderer Stelle darauf zurück.
In diesem Zusammenhang nur ein Stichwort: die Abschaffung der originären Arbeitslosenhilfe im letzten Jahr. Die jetzige Landesregierung und die Koalitionsfraktionen messen der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit eine große Bedeutung zu. Ich weiß, meine Damen und Herren von der CDU, dass Sie diese Bemühungen nicht anerkennen wollen.
Nein, ich gebe Ihnen Recht. Wir haben alle keinen Grund, uns zurückzulehnen und mit den bisher erreichten Ergebnissen zufrieden zu sein. Das sind wir auch nicht.
162.998 Betroffene in unserem Land sind nach den jüngsten Angaben arbeitslos. Das sind 162.998 zu viel. Ihnen Hilfe und Unterstützung zu geben, insbesondere durch eine existenzsichernde Arbeit, sollte im Mittelpunkt all unserer Bemühungen stehen. Doch, meine Damen und Herren von der CDU, mit einer Berichterstattung, wie im Antrag gefordert, erreichen wir dieses Ziel wohl auch nicht. Angesichts der öffentlichen Debatte um die Diskussion über die Fortführung der verstärkten Förderung für ABM waren wir gar nicht überrascht, dass Sie dieses Thema auf die Tagesordnung brachten.
Aber, wie so oft, Sie fangen großartig an, lassen ganz schnell nach und enden in einer CDU-typischen Inkonsequenz. Nicht die Fortführung der Förderung durch das Land ist Ihr Ziel, das würde Ihnen wohl auch zu weit gehen, nein, Sie fordern zum x-ten Mal ein Bekenntnis der Regierung zum ersten Arbeitsmarkt und die Haltung zum so genannten zweiten Arbeitsmarkt. Wieder wollen Sie in der Öffentlichkeit den Eindruck erwecken, diese Regierung und die Koalitionsfraktionen stärken in erster Linie den so genannten zweiten Arbeitsmarkt.
(Lutz Brauer, CDU, und Jürgen Seidel, CDU: Den dritten. – Harry Glawe, CDU: Den dritten. Kennen Sie den nicht?)
Ich möchte Sie daran erinnern, dass die Regierung auf Antrag der Koalitionsfraktionen einen ausführlichen Bericht zur Weiterentwicklung der arbeitsmarktpolitischen Programme unter Berücksichtigung der Zielstellung der Europäischen Union vorgelegt hat. Diesen Bericht haben Sie erhalten. Vielleicht wäre es sinnvoll, sich einmal mit diesem Bericht zu befassen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die PDS hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass die vorhandenen arbeitsmarktpolitischen Instrumente nur begrenzt geeignet sind, die Massenarbeitslosigkeit zu bekämpfen. Aber, und das wissen wir auch, das müssen wir auch zur Kenntnis nehmen, wir müssen im Interesse der Betroffenen diese Instrumente nutzen.
Beispielhaft für die geringen Wirkungsmöglichkeiten arbeitsmarktpolitischer Instrumente ist insbesondere bei ABM die so genannte Brückenfunktion. Um Unterstellun
gen gleich vorzubeugen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den unterschiedlichsten Projekten leisteten und leisten eine gute Arbeit, die insbesondere in den Regionen unverzichtbar geworden ist. Aber eine Brückenfunktion zum so genannten ersten Arbeitsmarkt haben sie wohl kaum. Eine Brücke führt doch wohl immer zu einem Ufer. Dieses Ufer ist für viele, die schon eine ABM-Karriere hinter sich haben, nicht zu sehen. Und die Ursachen sind uns doch allen bekannt. Nach wie vor geht der Konjunkturaufschwung, verbunden mit der Schaffung von Arbeitsplätzen, an den neuen Bundesländern vorbei.
Ja, wir haben zu wenige Unternehmen in unserem Land. Fachkräfte verlassen unser Land, weil sie woanders mehr verdienen. Die Kaufkraft ist zu gering, die Menschen können angebotene Dienstleistungen kaum in Anspruch nehmen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Diskussion in den letzten Wochen hat uns aus meiner Sicht eines bestätigt: Wir kommen an der Schaffung eines öffentlich geförderten Beschäftigungssektors nicht vorbei.