Protokoll der Sitzung vom 01.02.2001

Antrag der Fraktion der CDU: Besetzung des Amtes des Vizepräsidenten des Landesrechnungshofs – Drucksache 3/1818 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Caffier von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Lassen Sie mich gleich zu Beginn feststellen,

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

dass sich in der Frage der Besetzung der Position des Vizepräsidenten des Landesrechnungshofes keine der hier vertretenen Fraktionen – ich betone ausdrücklich: keine der hier vertretenen Fraktionen – und damit auch leider der Landtag insgesamt ein Ruhmesblatt an die Schulter heften kann.

Es kann nicht als Erfolgsgeschichte der Zusammenarbeit der Verfassungsorgane betrachtet werden, wenn wir es gemeinsam nicht geschafft haben, eine Stelle zu besetzen, die seit Juni 1997 vakant ist, eine Stelle, von der zumindest bis heute noch niemand gesagt hat, dass sie überflüssig sei und deshalb gegebenenfalls wegfallen könnte.

(Präsident Hinrich Kuessner übernimmt den Vorsitz.)

Im Gegenteil, seit 1997 hat es Versuche gegeben, den Rechnungshof wieder vollständig handlungsfähig zu machen. Diese Versuche sind gescheitert.

Selbst ich, der ich teilweise an den Gesprächen über die Besetzung dieser Stelle regelmäßig beteiligt gewesen bin, kann ehrlich gesagt noch nicht einmal genau feststellen, wo denn nun überhaupt die unüberbrückbaren Probleme liegen oder gelegen haben. Sind es die hohen Stellenanforderungen? Ist es die unglaublich politische Brisanz, die in dieser Position liegt? Sind es die komplizierten Rahmenbedingungen, die zu einem Vorschlag und zur Wahl führen? Oder ist es die Zweidrittelmehrheit?

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Vielleicht ein wenig von allem, und das alles ein wenig gepaart mit mecklenburgischer und vorpommerscher Sturheit.

Der Landesrechnungshof ist ein Verfassungsorgan des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Er muss unabhängig agieren. Der Landesrechnungshof muss deshalb arbeitsfähig und vollständig besetzt sein. Es ist richtig, die Unabhängigkeit dieses Gremiums unter anderem dadurch zu sichern, dass der Vizepräsident und der Präsident zur Wahl einer Zweidrittelmehrheit bedürfen. Ich meine, dass die Rahmenbedingungen, die wir ja selbst geschaffen haben, soweit in Ordnung sind. Trotzdem kommen wir nicht weiter. Wir haben, wie das bei derartigen Personalien die Regel ist, gemeinsam versucht, in den Personalangelegenheiten angemessenen diskreten Gesprächen eine Lösung zu erreichen. Dies ist zumindest bis zum heutigen Tag noch nicht gelungen.

Deshalb haben wir uns heute entschlossen, aus der Diskussion im kleinen Kreis hinauszugehen und die Diskussion in der Öffentlichkeit des Plenums dieses Hauses zu führen, denn wir sind aus meiner Sicht an einem Punkt angekommen, an dem wir uns fragen müssen, ob es so weitergehen kann. Und da kann ich nur klar sagen: So kann es und darf es nicht weitergehen!

Lassen Sie mich dies begründen: Die Diskussion um die Besetzung dieser offenen Position hat nämlich ein Niveau erreicht, das ich nicht für angemessen halte. Wir reden – dies sei noch einmal erwähnt – um die Sicherung der Unabhängigkeit eines Verfassungsorgans. Wir reden daneben auch um das Ansehen der möglichen Bewerber und zuletzt auch über unser eigenes Ansehen. Und das Ganze ist aus meiner Sicht schwer beschädigt, schwer beschädigt aus zwei Gründen:

erstens wegen des langen Zeitraums, in dem es nicht gelungen ist, in unterschiedlichen Mehrheitssituationen einen mehrheitsfähigen Kandidaten zu präsentieren,

zweitens aufgrund der aus meiner Sicht unsäglichen Verquickung der Position des Vizepräsidenten des Landesrechnungshofes mit gegebenenfalls anderen eventuell wahltaktischen Interessen.

Und anders als mit diesen wahltaktischen Interessen kann ich die Präsentation, zumindest des letzten Kandidaten, nicht benennen. Es gab keinerlei Versuche, vor dem Vorschlag des Kandidaten Herrn zu Jeddeloh Gespräche zu führen, um eine Zweidrittelmehrheit in diesem Hohen Hause sicherzustellen.

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Das ist nicht wahr!)

Für unsere Fraktion kann ich nur reden.

Es gab vor Benennung des Vorschlages keinerlei Versuche, mit der betroffenen Behörde Kontakt aufzunehmen. Es gab keine Prüfung der formalen und persönlichen

Einstellungsvoraussetzungen, so dass der Präsident des Landtages den Vorschlag der Landesregierung aufgrund dieses Mangels zunächst zurückweisen musste. Es gab danach eine Entscheidung des Beamtenausschusses, die negativ ausfiel, und somit Bewerber, Vorschlagenden und Rechnungshof sowie letztendlich auch uns als Landtag Schaden zufügte.

Es gibt stattdessen den Bericht des Landesrechnungshofes für das Haushaltsjahr 2000, der für die Stadt Neubrandenburg feststellte, dass es erheblichen Klärungsbedarf hinsichtlich der Finanzierung und der Abwicklung des Projektes einer Therme gibt. Es gibt eine Prüfung darüber, inwieweit der Bürgermeister dieser Stadt gegen das Haushaltsrecht verstoßen hat – insofern auch ein negatives Prüfvotum des Landesrechnungshofes.

Wer in dieser Situation den Betroffenen zum Kandidaten für einen Wechsel zum Landesrechnungshof vorschlägt, muss sich den Vorwurf zumindest gefallen lassen, niedere Motive zu haben. Selbst wenn Sie vorschlagen und meinen, Herr zu Jeddeloh sei der beste Mann, dann hätte abgewartet werden können, bis sich unter Umständen die Vorwürfe aufheben, denn unter Zeitdruck, das zeigt die Entwicklung seit Juni 1997, haben wir uns seit der Besetzung des Postens eben bis zum heutigen Tag niemals setzen lassen.

Und ich denke auch, eine Klage wäre unterblieben, wenn man in dieser Richtung Gespräche geführt hätte. Aber nein, es sollte auf Teufel komm raus durchgejagt werden! Dabei war allen bekannt, dass wir eine Zweidrittelmehrheit benötigen. So geht es nicht! Genau aus diesen Gründen wird ja eine Zweidrittelmehrheit verlangt, damit die, ich nenne sie einmal, niederen Motive eben nicht zur Geltung kommen. Deshalb finde ich es sogar bedauerlich, dass es der Landesbeamtenausschuss gewesen ist, der festgestellt hat, dass die Kandidatur Herrn zu Jeddelohs nicht möglich ist.

(Ministerin Sigrid Keler: Das hat er nicht festgestellt.)

Ich hätte es ehrlich gesagt lieber gesehen, wir hätten hier über diesen Antrag abgestimmt und er wäre dann gescheitert. Das hätte wahrscheinlich dafür gesorgt, dass wir hier eine lehrreiche Aktion erleben. Aber bei aller parteipolitischer Auseinandersetzung, die wir hier führen, wir müssen lernen, wir alle müssen lernen, dass wir zum Wohl unseres Landes zusammenarbeiten müssen, wo es nötig ist. Das ist bei Sachfragen, wie beispielsweise bei der BMW-Bewerbung und der Schaffung der haushaltsrechtlichen Voraussetzungen für die Bewerbung, passiert. Dies war ebenfalls in Sachen Haushaltsrecht bei der Bewältigung der Werftenkrise so. Das ist leider in vielen Fragen nicht so. Auch das liegt nicht nur an einer Seite hier im Haus. Hier müssen wir alle lernfähig sein. Und das muss dort auch so sein, wo Zweidrittelmehrheiten in Personalfragen vorgesehen sind. Das haben wir geschafft bei der Wahl der Verfassungsrichter des Landes MecklenburgVorpommern. Das haben wir geschafft bei der bisherigen Spitze des Landesrechnungshofes.

(Ministerin Sigrid Keler: Wer waren denn die zwei Drittel?)

Und wir müssen das auch schaffen bei der Benennung der kommenden Spitze und des aktuell vakanten Postens des Vizepräsidenten des Landesrechnungshofes. Ich meine, das ist möglich, das muss möglich sein. Damit es

besser möglich wird, ist zunächst ein wenig Einsicht erforderlich und zum anderen aus meiner Sicht vielleicht ein wenig verbesserte Technik, denn seien wir ehrlich: Die Besetzung dieser Position ist auch aufgrund der notwendigen Rahmenbedingungen, die ich eingangs nannte, nicht ganz einfach. Ich beispielsweise, als Parlamentarischer Geschäftsführer, sehe mich nicht in der Lage, zweifelsfrei zu prüfen, welche Bewerber für so ein Amt in Frage kommen und welche nicht. Ich weiß nicht, wie es den anderen Kollegen hier in diesem Hohen Hause geht.

Deshalb fände ich es gut, wenn wir überlegten, ob wir nicht vor das Vorschlagsrecht der Fraktion eine Ausschreibung der Position einführten. Wir können uns dann doch darüber unterhalten, wo diese Ausschreibung federführend vorgenommen wird – hier beim Landtag, bei der Landesregierung oder sogar beim Rechnungshof oder beim Landesbeamtenausschuss. Es wird dann geprüft, inwieweit die eingehenden Bewerbungen den persönlichen, fachlichen und sachlichen Voraussetzungen entsprechen, so dass ein Bewerberpool vorhanden ist, aus dem ein Kandidat oder eine Kandidatin ausgewählt werden kann. Und aus diesem Pool entwickeln dann die Fraktionen ihren Vorschlag, den sie der Landesregierung unterbreiten, damit sie diesen danach wieder an den Landtag zur Abstimmung verweist. Ich meine, das würde uns helfen, eine Entscheidungsfindung zu erleichtern. Wohlgemerkt: erleichtern! Eine Entscheidung abnehmen würde uns dieser Weg jedoch nicht, denn auch dann wird es immer noch notwendig sein, dass wir beachten, dass wir eine Zweidrittelmehrheit benötigen, dass wir uns also einigen müssen in diesem Haus. Und dazu bedarf es schlicht und einfach einer gewissen Vernunft. Zu dieser Vernunft, meine Damen und Herren Abgeordnete, müssen wir zurückkehren. Da hilft es nicht, emotional zu reagieren, wie das beispielsweise auch nach der Entscheidung des Landesbeamtenausschusses teilweise gewesen ist. Anstatt diese Entscheidung nun als letztes Ausrufezeichen zu nehmen, sich in Ruhe zusammenzusetzen, um zu überlegen, was jetzt weiter zu geschehen hat, wurde erneut mit heftigsten Angriffen hin und her in der Öffentlichkeit diskutiert. Ich persönlich fand das so überflüssig wie einen Kropf, überflüssig auch deshalb, diese Bemerkung gestatten Sie mir abschließend, weil ich es wirklich zehn Jahre nach der Einheit für nicht mehr wahnsinnig aktuell halte, zwischen ostdeutscher und westdeutscher Geburtsurkunde zu unterscheiden, und das schon gar nicht dann, wenn ich hier erstmalig unterscheide. Denn ich finde es schon etwas dramatisch, wenn beim Blick auf ein anderes Verfassungsorgan Maßstäbe hinsichtlich der Ost-West-Diskussion angesetzt werden, die bei der Besetzung der eigenen Posten des eigenen Verfassungsorgans nicht gelten.

Ich möchte diese Diskussion hier nicht vertiefen, weil ich sie, wie gesagt, für nicht angemessen halte. Auch dieses Verhalten sollten wir hinterfragen und aus meiner Sicht am besten unterlassen. Deshalb auch hier: Mehr Vernunft als bisher zu zeigen gilt für alle. Und weil wir alle vernünftig sein wollen, denke ich zumindest, könnten wir heute hier einen ersten Schritt machen, indem wir diesem Antrag zustimmen und gegebenenfalls dieses Verfahren der Ausschreibung, was uns letztendlich der Entscheidung nachher nicht entbindet, wählen, um endlich das Kapitel Vizepräsident, Wahl eines Vizepräsidenten und letztendlich auch Bestellung in diesem Landtag einem guten Ende zukommen zu lassen.

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Darf es auch eine Vizepräsidentin sein?)

Entschuldigung, natürlich darf es auch eine Vizepräsidentin sein. – Danke.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Dankert von der SPD-Fraktion. Bitte sehr, Herr Dankert.

(Wolfgang Riemann, CDU: So lang ist die Rede wohl auch nicht, wie ich sehe.)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Kürze meiner Rede ist keine Missachtung des Landesrechnungshofes und schon gar nicht des hohen Amtes des Vizepräsidenten, das möchte ich vorwegstellen.

Und auch wenn Herr Caffier ganz geschickt argumentiert hat und immer nur mit Andeutungen gekommen ist, wissen wir doch alle, was gemeint ist. Auch aus diesem Grunde möchte ich meine Rede kurz halten und mich auf das Wesentliche konzentrieren.

Wir alle wissen, dass nach Artikel 68 Absatz 2 unserer Landesverfassung der Präsident und der Vizepräsident des Landesrechnungshofes mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder gewählt wird und vom Ministerpräsidenten ernannt wird. Damals, bei der ersten Inthronisierung, galt noch die einfache Mehrheit. Die hatten Sie zusammen mit der FDP übrigens auch so knapp mit einer Stimme.

Die Mehrheitsverhältnisse für eine Zweidrittelmehrheit sind in diesem Hause …

(Wolfgang Riemann, CDU: Da galt aber die Verfassung noch nicht.)

Das ist okay, Herr Riemann.

(Wolfgang Riemann, CDU: Das muss man dazusagen.)

Ja, das ist richtig. Ich konstatiere ganz sachlich.

Die Mehrheitsverhältnisse in diesem Hause sind hinlänglich bekannt. Zur Wahl des Präsidenten und des Vizepräsidenten des Landesrechnungshofes ist immer auch mindestens eine Stimme der CDU erforderlich, wenn man einmal von der derzeitigen Konstellation ausgeht. Und hier, meine Damen und Herren, das kann ich Ihnen nicht ersparen, liegt der Hase im Pfeffer. Das Amt des Vizepräsidenten hätte schon längst besetzt werden können, da stimme ich Ihnen zu, Herr Caffier, allerdings nur, wenn die Opposition die Einigung nicht regelmäßig blockiert hätte. Es fanden genügend diskrete Gespräche zu mehreren Personen statt. Auch das, glaube ich, ist bekannt. Mehr will ich hierzu nicht sagen, um auch Personen nicht zu beschädigen.

Der Antrag der Fraktion der CDU auf dieser Drucksache 3/1818 ist ein weiterer erfolgloser Versuch, dieses Haus mit überflüssigen Verfahrensfragen zu befassen, denn erstens ist der CDU der aktuelle Sachstand des Verfahrens bekannt und zweitens wird diese Stellenaus

schreibung auch ohne Ihren Antrag als eine von möglichen Varianten geprüft. Dazu brauchen wir Ihren Antrag also nicht. Das Beste ist allerdings, meine Damen und Herren von der Opposition, Sie würden in diesem Fall Ihre Blockadepolitik aufgeben.

(Eckhardt Rehberg, CDU: Das ist nicht zu glauben!)

Vielen Dank.