Protokoll der Sitzung vom 01.02.2001

Natürlich ist das eine Riesenschweinerei, Herr Bräunig.

(Erhard Bräunig, SPD: Und Sie unterstellen uns, dass wir uns darüber freuen.)

Dann stehen Sie doch mal auf und sagen was dagegen und bejubeln nicht die rot-grüne Rentenreform! Das ist doch der Punkt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Sie sind doch hier komplett mundtot, wenn es die Belange des Ostens betrifft. Da sagen Sie gar nichts. Zur Bundeswehr kommen wir ja noch.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Zuruf von Reinhardt Thomas, CDU)

Herr Kollege Schlotmann, wie sieht denn der gesellschaftliche Konsens aus zur rot-grünen Rentenreform? Wie sieht er denn wirklich aus?

Walter Hirrlinger, Präsident des Sozialverbandes VDK: „Unter der Führung der SPD und mit Billigung der Gewerkschaften hat man 18 Millionen Rentnern die Hauptlast aufgebürdet.“

Frau Engelen-Kefer vom DGB: „Die Regelungen zur Altersversorgung für Frauen sind die Schwachstelle der Reform.“

(Georg Nolte, CDU: Genau so ist es.)

Herr Ruland vom Verband der Deutschen Rentenversicherungsträger: „Bei der Hinterbliebenenrente gibt es Härten, die man auf Dauer nicht durchhalten wird.“

Der Bundesverband Deutscher Banken und der Zentrale Kreditausschuss sprechen hinsichtlich der Ausgestaltung der Zertifizierung für die freiwillige Versicherung von Regelungen, die zu völlig praxisfernen Ergebnissen führen und den Finanzplatz Deutschland schädigen.

Übrigens, Herr Koplin, Sie müssen neben den Belastungen für Länder und Kommunen, was die private Altersvorsorge betrifft, noch die angekündigten 3.000 zusätzlichen Stellen bei der Finanzverwaltung dazurechnen. Wenn Sie da einen Bruttoaufwand zwischen 80.000 und 100.000 DM pro Stelle ausrechnen, dann können Sie mal ganz schnell die Zahl errechnen, was die private Altersvorsorge in der Finanzverwaltung noch an Aufwand brin

gen wird. Übrigens gibt es elf Kriterien, die geprüft werden müssen.

Und dann zitiere ich unseren Landkreistag: „Mit großer Sorge haben die Landkreise in Mecklenburg-Vorpommern Kenntnis genommen von den Absichten der Regierungskoalition auf Bundesebene, über das Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung die Landkreise und kreisfreien Städte zu Trägern der Grundsicherung zu erklären.“

(Harry Glawe, CDU: Ja, das ist unerhört.)

„Gegen dieses Vorhaben sprechen nicht nur verfassungsrechtliche Bedenken. Eine solche Aufgabenzuweisung würde zudem zu weiteren, bisher nicht zu überblickenden finanziellen Belastungen der Landkreise und kreisfreien Städte führen, für die keine Eigenfinanzmittel zur Verfügung stehen.“ Aber wie ich hier Rot-Rot kenne, werden Sie ja alles im kommunalen Finanzausgleich

(Harry Glawe, CDU: Alles mit 2,5 Milliarden abgedeckelt.)

zur Kombination und zum Ausgleich für die Kreise und Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern wie in den vergangenen zwei Jahren zur Verfügung stellen.

(Wolfgang Riemann, CDU: Zur Ver- fügung deckeln, müsste man sagen.)

Meine Damen und Herren, ist das ein guter Kompromiss bei diesen kritischen Stimmen vom Sozialverband über den DGB bis zum Bundesverband Deutscher Banken? Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Rentenreform, das ist keine Reform. Das ist mehr als ein Rückschritt und wird auch, so meine ich, nicht wegweisend für die Zukunft sein.

Übrigens, was ist denn, Herr Kollege Schlotmann, mit dem noch in diesem Jahr zu erwartenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts über die nachgelagerte Besteuerung der Renten? In der Schublade bei Herrn Eichel soll ja alles liegen. Aber ich finde es nicht, Herr Friese, in der Rentenreform. Was machen Sie denn, wenn Karlsruhe sich für die nachgelagerte Besteuerung entscheidet?

(Wolfgang Riemann, CDU: Dann machen sie eine Reform der Reform.)

Dann können Sie Ihre ganze so genannte Rentenreform nehmen, in den Papierkorb schmeißen und eine völlig neue machen. Das ist nämlich mehr als substantiell, dieses Urteil.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, und warum eigentlich dieses Theater über die private Altersvorsorge? Was ist, wenn ich mir in jungen Jahren Eigentum schaffe, damit ich im Alter eben keine Miete mehr bezahlen muss? Auch das ist heute gesetzlich nicht klar geregelt. Und Georg Nolte hat schon etwas zum Bestandsschutz der Altverträge gesagt. Völlige Unklarheit, völlige Verunsicherung! Und deswegen ist es ein desaströser Zustand, hier 22 verschiedene Entwürfe zur Rentenreform auf den Tisch zu legen. Warum kann ich mich denn nicht frei entscheiden, ob ich mir Eigentum schaffe im Immobilienbereich, es selber nutze und das meine Altersvorsorge ist? Warum muss das hier geregelt werden? Und deswegen, Herr Koplin, wollten wir eine einfachere private Altersvorsorge haben. Warum kann ich mich nicht mit 35, 40 entscheiden, ich will eben im Augenblick keine zwangsweise pri

vate Altersvorsorge betreiben, sondern ich will mein Häuschen bauen? Ich wende mein Geld dafür auf. Sie kennen nur eins: Regeln, Regeln ohne Ende. Eine andere Ideologie kennen Sie nicht.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Schlotmann, ich will Ihnen, auch Herrn Koplin, und da habe ich Sie nicht gehört, Folgendes zeigen: Das ist das Fahndungsplakat

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Richtig! Jawohl!)

aus dem Jahre 1998 mit der Überschrift „Sozialräuber“, vom DGB entworfen, die PDS hat es nachgedruckt. Man hat dann dem einen oder anderen noch eine Fuhre Mist vors Wahlkreisbüro gekarrt.

(Barbara Borchardt, PDS: Und Eis.)

Und ich habe da keine kritische Stimme von Sozialdemokraten oder Kolleginnen und Kollegen der PDS zu diesem Plakat gehört. Nicht eine einzige kritische Stimme!

(Siegfried Friese, SPD: Ihr Plakat wurde von CDU-Mitgliedern kritisiert.)

Über politischen Stil kann man sich immer streiten, aber,

(Heiterkeit und Unruhe bei einzelnen Abge- ordneten der CDU – Siegfried Friese, SPD: Von Ihren eigenen Parteimitgliedern wurde Ihr Plakat kritisiert.)

aber, Herr Friese,

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU – Siegfried Friese, SPD: Das ist eine andere Sache. – Heiterkeit bei ein- zelnen Abgeordneten der CDU)

Herr Friese, …

(Unruhe bei Abgeordneten der CDU und einzelnen Abgeordneten der SPD)

Ich fasse das noch mal in aller Ruhe zusammen. Schröder vor der Wahl: Wir wollen für die jetzige Arbeitnehmergeneration im Prinzip alles so lassen, wie es ist.

(Zuruf von Erhard Bräunig, SPD)

Deren Renten sind durch die Beitragsfinanzierung sicher.

(Heiterkeit bei Wolfgang Riemann, CDU: Die waren völlig ahnungslos.)

Nächste Aussage: das Versprechen, dass die Renten auch in Zukunft entsprechend der Nettolohnentwicklung steigen würden,

(Siegfried Friese, SPD: Die Hinter- lassenschaft von Ihnen ist das alles.)

das Versprechen, entsprechend der Inflationsrate in dem Jahr anstatt 1,6 Prozent nur 0,6 Prozent. Und das Dritte: Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts steht vor der Tür. Ein Urteil wird erwartet, aber die entsprechenden Pläne werden nicht umgesetzt. Und, meine Damen und Herren von der SPD, was hat Herr Schröder eigentlich zur Ökosteuer gesagt? Mehr als sechs Pfennig?

(Wolfgang Riemann, CDU: Basta! Basta! – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Mit mir nicht mehr! Basta! Schluss! Aus! Basta!

(Harry Glawe, CDU: „Basta“ hat er zu anderen gesagt.)

Wissen Sie, wen man so oft im politischen Bereich beim Lügen, beim Wortbruch ertappt, der muss auch mal ein –