Protokoll der Sitzung vom 27.06.2001

(Dr. Ulrich Born, CDU: Wer sind denn die Geberländer?)

war die Aussage Ihrer Rede.

(Unruhe bei Friedbert Grams, CDU, und Wolfgang Riemann, CDU)

Es passt Ihnen eben nicht, dass die finanziellen Rahmenbedingungen für die Entwicklung des Landes Mecklenburg-Vorpommern bis zum Jahr 2020 gesichert sind und eine solide Ausgangsbasis bilden,

(Wolfgang Riemann, CDU: Wissen Sie das wirklich, Frau Gramkow?)

um Fragen der Entwicklung unseres Landes hier weiter miteinander zu diskutieren.

(Lutz Brauer, CDU: Sie haben nicht ordentlich zugehört.)

Es passt Ihnen nicht, meine Damen und Herren von der CDU, dass damit die Chance gegeben ist, das finanzpolitische Chaos, was Sie nämlich mit Ihrer Ausgabenpolitik

(Beifall Karsten Neumann, PDS)

in den letzten acht Jahren in diesem Land voll zu verantworten haben, …

(Wolfgang Riemann, CDU: Sie wollten doch immer noch mehr, Frau Gramkow.)

15 Milliarden Mark Schulden!

(Wolfgang Riemann, CDU: Fünf Milliarden wollten Sie mehr. – Dr. Gerhard Bartels, PDS: Sie glauben immer noch an Ihre Märchen, ne?! – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Die 15 Milliarden Mark Schulden können Sie nicht wegreden

(Beifall Peter Ritter, PDS)

und die Belastung von mindestens 1 Milliarde Mark Zinsen, die die Handlungsspielräume des Landes radikal eingeschränkt haben.

(Beifall Karsten Neumann, PDS – Dr. Ulrich Born, CDU: Wenn es nach Ihnen ge- gangen wäre, hätten wir ein bisschen mehr Schul- den gemacht. – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Das ist das finanzpolitische Chaos, wo uns jetzt die Gelegenheit gegeben wird, durch die Solidarität auch der Altbundesländer etwas abzubauen und mit Haushaltskonsolidierung ohne zusätzliche Einschnitte in diesen Bereichen umzugehen. Ich hätte von Ihnen erwartet, dass zumindest diese Art von Selbstkritik hier auch eine Rolle spielen würde.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS – Dr. Ulrich Born, CDU: Wären wir Ihren Anträgen gefolgt, hätten wir mehr Schulden gemacht, wären die Schulden viel höher.)

Lassen Sie mich noch ein Wort sagen: Natürlich ist uns die Situation auf dem Arbeitsmarkt bewusst, aber wenn Sie immer wieder das Jahr 1998 zitieren, dann sagen Sie dazu, dass wir zu diesem Zeitpunkt 35.000 Menschen mehr hatten in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen – das waren nicht nur Kohl-ABM –, dass wir heute diese Situation haben, dass die Arbeitslosigkeit trotzdem noch so hoch ist. Aber die Ursachen liegen nicht nur in den letzten

drei Jahren. Auch das gehört zur Ehrlichkeit in diesem Haus.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS – Dr. Ulrich Born, CDU: Sie haben aber auch versprochen, das alles zu bessern. – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Und genau aus diesen Gründen mag man vielleicht der sächsischen Regierung hier etwas zurechnen. Ich will eingestehen, im Chor der ostdeutschen Länder haben sich die ostdeutschen Länder zum ersten Mal nicht parteipolitisch auseinander treiben lassen. Aber ich denke, hier ist klarzuziehen, dass die Verhandlungen in den letzten zwei Jahren gerade aus der Sicht von Mecklenburg-Vorpommern positiv beeinflusst sind und auch positiv geendet haben.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Dr. Gerhard Bartels, PDS)

Insofern ist dieses Ergebnis für die PDS-Landtagsfraktion ausgesprochen akzeptabel. Es sichert die finanzpolitischen Rahmenbedingungen und ist ein faires Angebot des Bundes und auch gerade der alten Länder, und hier sage ich Geber- und Nehmerländer.

Das Ziel, ohne Minus für unser Land aus diesen Verhandlungen zu gehen, das haben wir geschafft und auch wir wollen uns ausdrücklich bei der Finanzministerin und ihrem Haus bedanken. Und was Temperament bei Frauen, insbesondere bei einer Finanzministerin so ausmacht, hat ja wohl der Zuschlag auf der Ziellinie bewiesen. Dafür ausdrücklich danke schön!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Wir haben also somit für das Jahr 2005 fast die gleiche Ausgangsbasis. Berücksichtigt man die Steuern, die wir gegenwärtig einnehmen, bezüglich der Steuerschätzung dieses Jahres und der Planungsdaten, dann haben wir einen Zuschlag von fast 80 Millionen. In diesem Zusammenhang bewerten wir natürlich ausdrücklich positiv, es ist hier mehrmals gesagt, die Einrechnung der kommunalen Finanzkraft mit jetzt 64 Prozent statt 50 Prozent und natürlich die Berücksichtigung der Dünnbesiedlung Mecklenburg-Vorpommerns mit einer höheren Einwohnerwertung. Und hier, das sage ich auch, hat der Bundeskanzler mit Hilfe der Länder sein Versprechen eingelöst. Wir sind froh, dass der Solidarpakt II bis zum 31.12.2019 gesichert ist. Die finanziellen Bedingungen für die ostdeutschen Länder sind damit stabilisiert.

(Vizepräsidentin Renate Holznagel übernimmt den Vorsitz.)

Aber wir übersehen auch nicht, dass wir mit einer degressiven Ausgestaltung des Solidarpaktes unter Zugzwang geraten. Die Entwicklung unserer eigenen Wirtschaftskraft und der Steuereinnahmen bis 2020 wird unsicher sein. Also ist es Aufgabe der Landesregierung und des gesetzgebenden Parlamentes, diese Schere, die sich ergeben könnte, auszugleichen, und das geht nur, wenn wir die Wirtschaftskraft des Landes stärken.

(Wolfgang Riemann, CDU: Indem man Großbetriebe enteignet.)

Dabei kommt es uns entgegen, und ich will das auch ausdrücklich begrüßen, dass wir zukünftig die Mittel aus dem Investitionsfördergesetz Ost zur freien Verfügung,

und ich sage, aber klar investiv einsetzen können. Da wird es schon interessant werden, wie dann auch die CDU mit den memmenhaften Tönen vom Gießkannenprinzip in der Frage der kommunalen Selbstverwaltung umgehen wird.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Künftig ist das Korsett damit für investive Mittel im Land nicht mehr ganz so eng, aber die Luft bleibt trotzdem knapp. Wir können also tief durchatmen, aber das, was wirtschaftlich notwendig ist, darauf müssen wir reagieren. Ich will hier nicht falsch verstanden werden: Eine Hängematte ist das Verhandlungsergebnis für MecklenburgVorpommern lange nicht. Wir müssen im Land darüber reden, wie wir mit den Forderungen zur Einhaltung der Maastricht-Kriterien umgehen, wie wir das Wirtschaftswachstum beschleunigen können, um so auch höhere Steuereinnahmen zu gewährleisten, letztendlich um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, und den Kurs der Haushaltskonsolidierung fortsetzen. Es wird darauf ankommen, dass wir als Land die so genannten Fortschrittsberichte, die jedes Jahr von uns jetzt abgefordert werden, sehr ernst nehmen,

(Wolfgang Riemann, CDU: Und nicht beschönigen.)

denn das ist, was alle Länder im Länderfinanzausgleich von uns wissen wollen. Dabei sind solche Fragen zu beantworten wie diese: Wie soll sich die Entwicklung der Infrastruktur in unserem Land weiterentwickeln? Wie können wir die Situation auf dem Arbeitsmarkt bekämpfen? Und wie schaffen wir es, zusätzliche Arbeits-, Ausbildungs- und letztendlich Lebensplätze für Menschen in unserem Land zu entwickeln? Wie kann die Wirtschaftskraft so gestaltet werden, dass wir tatsächlich im Jahr 2020 einen selbstragenden Aufschwung realisieren können und letztendlich die Nettoneuverschuldung herunterfahren, um die finanziellen Handlungsspielräume des Landes zu sichern? Da interessiert mich: Was heißt es denn in unserem Haus, ernsthaft die Infrastrukturlücke zu schließen? Zusätzliche Straßenkilometer? Oder auch Investitionen in Bildungs-, Kultur- und Jugendeinrichtungen? Das sind doch die Fragen, liebe Kolleginnen und Kollegen, denen wir uns jetzt ernsthaft ohne den Druck der finanziellen Zukunft in unserem Land widmen könnten, und wir sollten es tun. Ich erwarte sehr spannende Diskussionen um die Prioritäten, um die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass wir tatsächlich im Jahr 2020 auf eigenen Füßen stehen können. Wir haben nur diese eine Chance. Einen Solidarpakt III, da sind wir uns wohl alle einig, wird es in dieser Art nicht noch einmal geben.

Es ist bekannt, meine Damen und Herren, dass wir als PDS mit eigenen Positionen und Änderungsvorschlägen zum Maßstäbegesetz und zum Finanzausgleich uns in die Debatte eingebracht haben. Dabei wurden wir von der Landesregierung jederzeit umfassend und aktuell zum Stand der Verhandlungen informiert, auch dafür, für diese Zusammenarbeit, möchte ich mich ausdrücklich bedanken.

Unsere Vorstellungen zur Ausgestaltung eines neuen Länderfinanzausgleiches und des Maßstäbegesetzes gingen dabei selbstverständlich weiter als das, was die Länder ändern wollten. Dennoch waren diese Vorschläge nicht weltfremd und wir werden sie auch in die zukünftige Debatte um eine neue Finanzverfassung, die notwendigerweise da ist, um die Veränderung des zukünftigen

Finanzausgleiches, die Ausgestaltung von Mischfinanzierungen und so weiter einbringen. Ich denke aber, dass die Angleichung der Lebensverhältnisse für eine wesentliche qualitative Anforderung an den Finanzausgleich einfach die Ausgangsbedingung ist und sie deshalb einem Maßstäbegesetz voranzustellen wäre. Allein die Finanzkraft der Länder auszugleichen reicht keinesfalls aus, um dem Ansatz des Grundgesetzes gerecht zu werden, einheitliche Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland zu schaffen. Ich denke, hier haben wir Diskussionsbedarf. Hier wird es vor allen Dingen darum gehen, dass die Fachleute miteinander streiten, dass man auch in dieser Frage zur Frage des Föderalismus unterschiedliche Positionen haben kann, die wir miteinander ausstreiten sollen. Auf alle Fälle haben wir hier, dank auch der Verhandlungsergebnisse Mecklenburg-Vorpommerns, ein solides Ergebnis, um gemeinsam für die Gestaltung der Zukunft in Mecklenburg-Vorpommern, ich sage, nicht nur finanzpolitisch an die Arbeit zu gehen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD)

Danke, Frau Gramkow.

Das Wort hat jetzt die Finanzministerin Frau Keler.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Weil Herr Rehberg keine Argumente hatte, ging er über die Dörfer.

(Wolfgang Riemann, CDU: Ach! – Zuruf aus der SPD: Über die sächsischen.)

Herr Rehberg, nur mal so zu Ihrer Information:

(Wolfgang Riemann, CDU: Nichts gegen die Dörfer, Frau Keler! – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Na, na!)

Der Bevölkerungsrückgang innerhalb Ostdeutschlands ist von allen Bundesländern, mal von Brandenburg abgesehen, die durch den Berlin-Effekt ein Plus haben, bei uns am niedrigsten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS – Wolfgang Riemann, CDU: Das stimmt nicht! Das stimmt nicht, Frau Keler! Nach Sachsen-Anhalt am zweitgrößten.)

Das Wirtschaftswachstum, Stand 1998 – hier in Mecklenburg-Vorpommern hatten wir das Schlusslicht. Inzwischen sind wir ein ganzes Stück vorangekommen.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Zweitletzter! – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Immerhin was! – Wolfgang Riemann, CDU: Sachsen-Anhalt haben wir noch.)