Protokoll der Sitzung vom 27.06.2001

Meine Damen und Herren! Übrigens, das soll ab dem Jahr 2004 sowieso überprüft werden. Aber warum denn nicht sofort? Warum nicht die Initiative ergreifen, damit die Wohlstandsschere zwischen West und Ost, die ja immer weiter auseinander geht – und alle Konjunkturprognosen deuten darauf hin –, eben nicht mehr weiter auseinander geht?!

Und, Herr Ministerpräsident, das erwarte ich von Ihnen in einem Land, das neben Sachsen-Anhalt in allen wichtigen Teilbereichen die rote Laterne im Osten Deutschlands vor sich her trägt: Sehen Sie zu, dass die rote Laterne dunkler wird, dann haben Sie den Menschen in diesem Land geholfen!

(Angelika Gramkow, PDS: Aber bei denen geht das Licht aus und das wollen wir nicht.)

Und, meine Damen und Herren, noch etwas, Herr Ministerpräsident, auch das gehört zur Wahrheit dazu: Die 20,6 Milliarden DM von heute, was sind die denn im Jahr 2005 wert? Haben Sie das mal nachgerechnet? Haben Sie mal die 20,6 Milliarden DM diskontiert? Sie sind nur noch 18 Milliarden DM wert. Das heißt, das sind doch alles Preise von heute.

(Angelika Gramkow, PDS: Das sind dann aber auch nur 9 Milliarden Euro.)

Und warum haben Sie sich denn nicht nachdrücklicher dafür eingesetzt, dass es 338 Milliarden DM in 15 Jahren werden? Denn das sind nach Preisen von heute echte 300 Milliarden DM. Und noch einmal mein Hinweis: Der Soli wird wachsen. Die 22,3 Milliarden DM werden wachsen, deutlich wachsen.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Also ich erinnere mich nur, dass die Mitglieder der CDU dem ehemaligen Bundeskanzler Kohl mehrere Millionen geschenkt haben.)

Wissen Sie, Herr Kollege Schoenenburg, ich bin heute noch froh, dass 1993 der Soli I und das föderale Konsolidierungspaket unter Helmut Kohl und Theo Waigel geschnürt worden sind, denn diese waren damals eine wichtige Ausgangsbasis. Herr Ministerpräsident hat gesagt, er ist auf die letzten zehn Jahre stolz, und die Grundlage für den Aufbau Ost der letzten zehn Jahre war der Soli I aus dem Jahr 1993.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Deswegen haben wir auch die Schlusslichtlaterne.)

Meine Damen und Herren! Zu begrüßen ist, dass die bisher zweckgebundenen IFG-Mittel in den Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen eingereiht werden und damit zweckungebundenen Charakter haben. Dies bedeutet aber nichts anderes, als dass den Ländern zukünftig eine größere Verantwortung für eine zukunftsgerichtete Verwendung der Gelder zukommt.

Was das bei einer rot-roten Landesregierung heißt, wird man sehen. Wer sich aber den Verwendungsmissbrauch der Mittel aus den Fördertöpfen der EU anschaut, die eben nicht zusätzlich für die Zukunftsentwicklung des Landes, sondern zur Haushaltskonsolidierung verwandt werden, der muss weiter mit dem Schlimmsten rechnen. Aber vielleicht ist das ganz gut so. Sie werden nicht mehr wie bisher alle möglichen Dritten für das Scheitern ihrer ideologisch motivierten Politik verantwortlich machen können, sondern in voller Haftung klar Rechenschaft ablegen müssen, was Sie mit dem Geld wofür getan haben. Dann werden auch die Bayern wieder sehr genau wissen wollen, was wir aus unseren Möglichkeiten gemacht haben.

Und ich bin schon sehr gespannt, Frau Finanzministerin Keler, wie Sie zukünftig mit den KIP-Mitteln umgehen werden, ob Sie die Finanzausstattung der Gemeinden weiterhin als haushaltspolitischen Restposten behandeln werden. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie beginnend mit dem Doppelhaushalt 2002/2003 deutlich werden lassen, wohin die Reise geht. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie die zusätzlichen Mittel, die sich aus einer erhöhten Berücksichtigung der kommunalen Finanzkraft von dann 64 Prozent statt bislang 50 Prozent ergeben voll den Kommunen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleiches zugute kommen lassen und nicht einfach in der Landeskasse verschwinden lassen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ich erwarte von Ihnen ferner, dass Sie eine Nachfolgeregelung für die KIP-Richtlinie vorlegen, die eine breite investive Verwendung der Gelder ermöglichen wird, und dass der Eigenanteil der Kommunen von zehn Prozent deutlich abgesenkt wird. Und ich erwarte von Ihnen, dass Sie dem Landtag deutlich machen, wie Sie einem weiteren Einwohnerverlust Mecklenburg-Vorpommerns begegnen wollen. Auf der einen Seite beklagen Sie die dünne Besiedlung und bekommen dafür zusätzliche Gelder, was auch in Ordnung ist, aber dann sagen Sie mal, wie es weitergeht, meine Damen und Herren, das werden wir mal sehen.

(Andreas Bluhm, PDS: Wie stellen Sie sich das denn vor?!)

Auch das, Herr Bluhm, gehört zur Glaubwürdigkeit.

(Sylvia Bretschneider, SPD: Das ist jetzt momen- tan nicht opportun. – Wolfgang Riemann, CDU: Da gibt es Vorschläge, Herr Bluhm, die Sie abgelehnt haben im letzten Haushalt.)

Wer bundesweit zusätzliche Mittel wegen der dünnen Besiedlung einfordert, der kann doch nicht im kommunalen Finanzausgleich des Landes ab dem 1. Januar 2002 den Flächenfaktor zu Lasten des Einwohnerfaktors verringern. Und dafür, Herr Bluhm, haben auch Sie mit die Hand gehoben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das kann doch nicht wahr sein! Das ist eine unglaubwürdige Politik, die Sie hier betreiben.

Ich begrüße ausdrücklich die vereinbarten Überlegungen hinsichtlich der Entflechtung der Gemeinschaftsaufgaben und Mischfinanzierungen. Meine Damen und Herren, vor einigen Monaten bin ich dort wegen dieser Meinung noch hart kritisiert worden. Christdemokraten standen immer in der ersten Reihe, wenn es darum ging, das Subsidiaritätsprinzip auch in die politische Wirklichkeit umzusetzen. Da befürworten wir eine Stärkung der Länderkompetenz im Bereich der Regional- und Strukturpolitik und hoffen, dass Sie sich, Herr Ministerpräsident, in der entsprechenden Arbeitsgruppe auch einbringen werden und konstruktive Vorschläge machen.

Meine Damen und Herren, wahr ist, wir haben für den Länderfinanzausgleich und den Korb I des Solidarpaktes jetzt Planungssicherheit, und das ist gut so. Über die Unwägbarkeiten der Vereinbarung zum Korb II habe ich bereits etwas gesagt und ich hoffe sehr, dass meine Skepsis sich diesbezüglich in Zukunft als unbegründet erweisen wird.

Für uns als Landespolitiker wird die Verantwortung durch die getroffenen Vereinbarungen größer. Die Fraktion der CDU ist sich dieser Verantwortung bewusst und wir werden ihr gerecht werden. Wir erwarten, dass die Landesregierung dies ebenfalls tut. Die Zeit, Herr Ministerpräsident, der Alibis, dass Sie nicht so können, wie Sie wollen, weil Sie bürokratisch überreguliert sind in dem Bund-Länder-Mischfinanzierungsprogramm, beim Investitionsfördergesetz, ist nun vorbei. Jetzt kommt es auf einen Wettbewerb der besseren Konzepte, der besseren Ideen an.

Wir als CDU haben Lösungen geboten, wir werden Lösungen bieten und ich fordere Sie ganz eindringlich auf,

Herr Ministerpräsident, nehmen Sie Ihre größere Freiheit als Landesregierung nicht dazu, Landesmittel zu substituieren, sondern Ihre Möglichkeiten für die Zukunft des Landes wirklich zu nutzen, damit Mecklenburg-Vorpommern zehn weitere erfolgreiche Jahre vor sich hat, denn Sie haben gesagt, Mecklenburg-Vorpommern hatte zehn erfolgreiche Jahre. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Sie erlauben noch die Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Peters? (Zustim- mung)

Bitte sehr, Frau Peters.

Herr Rehberg, Sie haben gerade mit einer Lautstärke das Ergebnis zum Aufbau Ost ziemlich schlechtgeredet.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Was?!)

Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass gerade Herr Biedenkopf …

(Zurufe von einzelnen Abgeordneten der CDU: Frage!)

Eine Frage, Frau Peters!

Nehmen Sie bitte zur Kenntnis oder geben Sie mir Recht, dass es stimmt, dass Herr Biedenkopf gesagt hat, die Generation der heute Verantwortlichen habe die Grundlagen dafür gesichert, dass der Aufbau Ost erfolgreich abgeschlossen werden kann? Also es wurde nicht schlechtgeredet, so, wie Sie das hier anfangs darlegen wollten.

Zweite Frage: Das Gießkannenförderprinzip. Auch da haben Sie Kritik geübt und es wurde gesagt, dass nach Ihrer Meinung oder nach Meinung vieler Fachleute das abgeschafft gehört. Es geht hier um die Zielgrößen für die Investitionen. Halten Sie die Fachleute Stoiber, Teufel und zum Beispiel Koch sowie Biedenkopf, die dem zugestimmt haben, nicht auch für Fachleute? Sind Sie der Meinung, dass die sich da geirrt haben, als sie dem zugestimmt haben?

Also, Frau Peters, ich gebe Ihnen gerne meine Rede noch mal in schriftlicher Form. Ich habe mich fast an den Redetext gehalten. Ich habe begrüßt – und das tue ich ausdrücklich noch einmal – die Regelungen im Länderfinanzausgleich sowohl für die Geber- als auch für die Nehmerländer. Und MecklenburgVorpommern erhält mehr Geld. Das habe ich heute begrüßt, das habe ich gestern begrüßt und ich habe es Sonntag sofort begrüßt.

(Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)

Ich begrüße auch die definitiven Regelungen im Korb I des Solidarpaktes II. Was ich kritisiere, das ist der Korb II, der überhaupt keine Planungssicherheit enthält und der auch keine fassbaren verbalen Definitionen im Ergebnisprotokoll hat. Auch das kann ich Ihnen gerne kopieren und zustellen. Und was ich besonders kritisiere, das ist die Schönrederei des Ministerpräsidenten in den letzten drei Jahren.

Die Wohlstandsschere zwischen West und Ost und insbesondere in Mecklenburg-Vorpommern auch zu den

Ländern wie Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz, die am Ende des Bruttosozialproduktes der westdeutschen Flächenländer liegen, ist weiter geworden. Die Schere pro Kopf des Bruttosozialproduktes in Mecklenburg-Vorpommern zu den wirtschaftlich schwächsten Ländern Westdeutschlands ist deutlich weiter seit 1998 auseinander gegangen. Und deswegen habe ich den Herrn Ministerpräsidenten aufgefordert, sich endlich kritisch mit Beschlüssen der Bundesregierung und dem Bundeshaushalt auseinander zu setzen. Wenn Sie sich einmal die Ökosteuer und die Riester’sche Rentenreform angucken: Der Osten kommt bei allen am schlechtesten weg, deutlich schlechter.

Deswegen, und jetzt schlage ich die Brücke zur zweiten Frage, den Experten, die ich meinte, geht es nur um die Investitionszulage, Frau Peters, um nichts anderes, um den Punkt 11 im Korb II, in dem es heißt, dass es zu prüfen sei, wie die aufbaupolitischen Zielsetzungen der I-Zulage über das Jahr 2004 hinaus erhalten werden sollen.

Und jetzt ein kleiner Exkurs. Ich weiß, was das heißt, wenn ich sage, dass dieser Rechtsanspruch für alle wegfällt. Die 4,6 Milliarden DM werden ja von den Finanzämtern gezahlt. Dass die bei der GA-Förderung zum Höchstfördersatz mit eingerechnet werden, das ist mir wohl bewusst. Wenn ich den Höchstfördersatz bei der GA-Förderung, bei der gewerblichen Förderung dann erreichen will, muss ich mehr Landesmittel zur Verfügung stellen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, genau.)

Das ist mir schon bewusst. Also es ist nicht so, dass ich nicht weiß, worüber ich rede, aber alle Wirtschaftsforschungsinstitute sagen seit Jahren, die I-Zulage ist ja der Satz für die Sonderabschreibung, in Teilbereichen zumindest, dass dies eine echte Gießkannenförderung ist, weil es alle bekommen. Und deswegen mein Ansatz, wenn Herr Ringstorff und Frau Keler schon sagen, die Finanzierungsvorschläge von Bernhard Vogel sind unseriös, dann sollen sie doch an diesen Punkt gehen und sagen, wir wollen in den inhaltlichen Punkten, die Bernhard Vogel vorgeschlagen hat, diese Finanzierung nehmen, denn den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, die Städtebauförderung sowie die Stärkung der kommunalen Finanzkraft kann man doch nur positiv begleiten. Also weg von der Gießkanne, hin zum zielgerichteten Projekt! – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das Wort hat die Vorsitzende der PDS-Fraktion Frau Gramkow. Bitte sehr, Frau Gramkow.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin geneigt bei dieser Diskussion zu sagen, und vielleicht verstehen mich da dann doch nur die Fachleute, ein Maßstäbegesetz wird es auch noch geben, denn darum ging es ja eigentlich, dass wir ein Maßstäbegesetz verabschieden und daraus schlussfolgernd den neuen Finanzausgleich stricken. Die Ministerpräsidenten haben am Wochenende den Kuchen für die nächsten Jahre verteilt und Mecklenburg-Vorpommern, und darüber freut sich auch die PDS-Fraktion, hat nicht nur Krümel abbekommen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Und, Herr Rehberg, dass Ihnen das nicht passt,

(Dr. Ulrich Born, CDU: Wer sind denn die Geberländer?)