Protokoll der Sitzung vom 21.09.2001

(Heiterkeit bei Siegfried Friese, SPD)

der die Auffassungen des Herrn Thomas Ihrerseits begleitet hat. Offensichtlich ist nicht jeder der Ansicht, vor allem der nicht, meine Damen und Herren, der sich einmal selber mit den Beamten draußen im Lande unterhält.

Unser Ziel ist es – ich sage es gern auch noch einmal –, eine leistungsstarke, moderne und bürgernahe Polizei in diesem Lande zu entwickeln.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

Seit ich Ihnen allen, auch den Damen und Herren der Opposition, den Kabinettsbeschluss vom 18. April 2000 persönlich übersendet habe – es handelte sich um die Eckpunkte zur qualitativen Entwicklung der Landespolizei –, h aben wir bereits eine Vielzahl von Entscheidungen umgesetzt. Wir haben die Aus- und Fortbildung der Polizei am Standort Güstrow konzentriert und modernisiert, wir haben das Laufbahnrecht reformiert, wir haben die Dienstposten neu bewertet und wir haben Organisationsveränderungen beschlossen. Sie haben das Polizeiorganisationsgesetz verabschiedet, die Verabschiedung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes steht, wie ich hoffe, unmittelbar bevor. Für die Polizeiorganisation bleibt nach wie vor unser Motto: „Schlanke Führung, breite Basis“.

Diese Vorhaben, meine Damen und Herren, bleiben natürlich nicht ohne öffentliche und vor allem auch nicht ohne interne Resonanz. Mich erreichen eine Vielzahl von Briefen. Ich habe sogar festgestellt – ich weiß nicht, ob es Ihnen auch so ging –, dass die Anzahl der Leserbriefe in den Zeitungen steigt. Man höre und staune! Ob das zufällig so ist, Herr Böttger?

(Gerd Böttger, PDS: Nee, das ist nicht zufällig.)

Man macht sich so seine Gedanken.

(Gerd Böttger, PDS: Ja, na sicher. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Man macht sich so seine Gedanken.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU und PDS)

Ich will Ihnen, Herr Dr. Jäger, gern Einblick...

(Gerd Böttger, PDS: Ich war’s nicht!)

Wie bitte?

(Gerd Böttger, PDS: Ich war’s nicht! – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Ich betone an dieser Stelle noch einmal, dass ich heute auch nichts Neues sagen werde. Herr Dr. Jäger, ich freue mich, dass es mir möglich ist, noch einmal das darzulegen,

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

was ich seit Jahren hier und draußen im Lande zu den Zielen, die die Polizeiorganisation und die Polizeibeamten in diesem Lande insgesamt erreichen sollten, zum Ausdruck gebracht habe. Aber zuvor will ich Ihnen gerne noch Einblick in die Schreiben geben, die mich derzeit erreichen. So bedankt sich der Bürgermeister der Stadt Barth, Herr Löttge, CDU-Mitglied, bei mir und führt aus, ich zitiere: „Unserer Auffassung nach werden die neuen Strukturen maßgeblich dazu beitragen, mehr Polizei in die Fläche zu bringen und die öffentliche Sicherheit nachhaltig weiter zu erhöhen.“ Aus der Sicht der Stadt Barth ist das so dargelegt.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

In der Presse erscheinen zustimmende und ablehnende Artikel, wie wir gesehen haben. Die SVZ titelt am 7. September unter der Überschrift „Straffe Führung, flexibler Einsatz“, die „Ostsee-Zeitung“ einen Tag vorher „Polizei erhöht Streifendienst“. Andere sind skeptischer, meine Damen und Herren.

Ich will Ihnen auch noch einmal darlegen, worum es im Kern der Veranstaltung geht. Wie Herr Thomas schon sagte, haben wir in Mecklenburg-Vorpommern die höchste Kriminalitätsbelastung aller Flächenbundesländer: mehr als 10.000 Straftaten auf 100.000 Einwohner, ein Verhältnis von 1 zu 10. Wir haben eine unterdurchschnittliche Aufklärungsquote der Straftaten von etwas über 50 Prozent. Wir haben die unsichersten Straßen im Bundesgebiet: 204 Getötete auf 1 Million Einwohner, circa 380 Getötete pro Jahr, im Durchschnitt ein Getöteter pro Tag – meine Damen und Herren, leider, leider der absolute Spitzenwert im Bundesgebiet! Im Übrigen ist das auch eine Frage des Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern, die wir hier zu beachten haben.

Meine Damen und Herren, wir haben, wie Herr Thomas auch schon festgestellt hat, die meisten Polizeibeamten, nämlich die höchste Polizeidichte bezogen auf die Ein

wohnerzahl der Flächenbundesländer. Und das wird auch in den nächsten Jahren dezidiert so bleiben.

Allerdings werden bei uns die Polizeibeamten am schlechtesten bezahlt. Zwei Drittel aller Beamten sind im mittleren Dienst. Ich habe unmittelbar nach meiner Amtsübernahme entschieden, den Direktstudiengang Polizeibeamte für den gehobenen Polizeidienst in unserem Lande einzuführen,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das freut die Beamten im höheren Dienst.)

natürlich mit dem Ziel, die Qualität und damit auch die Bezahlung der Polizeibeamten zu verbessern. Aber, wie gesagt, meine vier Amtsvorgänger meinten, der mittlere Dienst sei ausreichend für den Polizisten.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Daraus mussten Schlussfolgerungen gezogen werden. Die Rahmenbedingungen polizeilicher Arbeit mussten insgesamt verändert werden, damit die Qualität der polizeilichen Arbeit sich spürbar besser entwickeln lässt. Wir wissen, dass der einzelne Beamte sehr fleißig und sehr emsig bei der Arbeit ist, aber unter dem Strich erlaubt es die derzeitige Organisationsstruktur nicht, dass wir uns insgesamt im Ländervergleich darstellen können. Deshalb, meine Damen und Herren, hat die Landesregierung die Eckpunkte zur qualitativen Entwicklung der Landespolizei beschlossen. Diese verfolgen dezidiert das Ziel, ich sage es noch einmal, eine moderne, leistungsstarke und bürgernahe Polizei zu entwickeln. Deshalb war jetzt auch – in der Phase sind wir gerade – die Organisation der Landespolizei fortzuentwickeln. Für die anstehenden Organisationsveränderungen in den Inspektionen heißt das mehr Qualität in der polizeilichen Sachbearbeitung, Entlastung des Vollzugsdienstes von vollzugsfremden Aufgaben,

(Wolfgang Riemann, CDU: Das sehen die Polizisten vor Ort aber anders.)

eine höhere Präsenz, Herr Thomas, eine höhere Präsenz

(Dr. Armin Jäger, CDU: Da bin ich mal gespannt.)

der Polizei auf der Straße und weiterhin eine intensivere Verkehrsüberwachung.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Und wir werden keine, ich sage es auch noch einmal an dieser Stelle, keine Polizeistationen im Rahmen dieser Organisationsentwicklung schließen.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Nun lautet die Frage: Wie wollen wir denn diese Ziele erreichen? Ich lege es Ihnen noch einmal dar: Wir bauen Hierarchieebenen ab

(Dr. Armin Jäger, CDU: Sie bauen eine neue auf.)

nach dem Motto „Schlanke Führung, breite Basis“ und ersetzen die abzubauenden Hierarchieebenen durch Führungsstrukturen, die effizienter sind als je zuvor. Polizeiinspektionen, die sich innerhalb der Grenzen eines Landkreises befinden, werden grundsätzlich zusammengelegt. So stand es auch schon im Gesetz, das ich sozusagen übernommen habe.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Es wurde nur nicht gehandelt, Herr Dr. Jäger, warum auch immer,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Aus Vernunft! Aus Vernunft!)

ich kann es nicht beantworten. Und der Landkreis Nordwestmecklenburg und die Hansestadt Wismar gehen darüber hinaus auf deren Vorschlag sogar noch einen Schritt weiter und führen die gesamte Polizei aus der Stadt heraus.

Führungsfunktionen innerhalb der Polizeistationen entfallen durch die Revierbildung. Das bedeutet für viele bisherige Stationsleiter, dass sie sich wieder einordnen müssen ins Glied. Das ist aber, wenn Sie so wollen, die Konkretion des Mottos „Schlanke Führung, breite Basis“.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

Und – da gebe ich Ihnen Recht, Herr Thomas – die Überzeugungsarbeit, dass dieser Schritt notwendig ist, die ist noch in einzelnen Fällen zu leisten. Da haben Sie völlig Recht. Aber ich gehe davon aus, dass die Chancen auch denjenigen, die sich von der Leitung ins Glied zurückstellen müssen, deutlicher werden als je zuvor, wenn wir die Dinge, die zu entscheiden sind, umgesetzt haben.

Insgesamt verringert sich die Anzahl der Polizeibeamten, die für Führungsaufgaben erforderlich sind. Damit werden mehr Beamte für vollzugspolizeiliche Tätigkeiten im Streifendienst und in der Einsatzbewältigung gewonnen. Wir werden Verkehrsüberwachungsaufgaben mit den erforderlichen technischen Ausstattungen in die Polizeiinspektionen verlagern.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Genau das ist falsch.)

Herr Dr. Jäger, hören Sie doch erst mal zu!

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, das ist falsch.)

Hören Sie doch erst mal zu! Dass Sie alles durch die schwarze Brille sehen,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Nee, nee! – Zuruf von Annegrit Koburger, PDS)