Protokoll der Sitzung vom 24.09.2001

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: Ja. – Zuruf von Dr. Arnold Schoenenburg, PDS)

Drittens. Die Ausschreibung erfolgte zwei Monate später am 30. November 1999 im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft sowie im Amtsblatt Mecklenburg-Vorpommern.

Viertens. Zur gleichen Zeit, nämlich im November 1999, bewarb sich der damalige geschäftsführende Gesellschafter der BBJ, Herr Ronald Klinger, im Arbeitsministerium als Grundsatzreferent in der Arbeitsabteilung. Ronald Klinger wurde auf Minister Holters Veranlassung eingestellt, wie der Arbeitsminister gegenüber der SVZ selbst zugegeben hat. Ich denke, das gilt nach wie vor. Auf PDSVeranstaltungen hätte Herr Minister Holter den Herrn Klinger als kompetenten Fachmann kennen gelernt.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: Jaja. – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Fünftens. Am 6./7. Januar 2000 findet dann eine von...

(Gerd Böttger, PDS: Nicht nur die CDU hat Kompetenz. – Zuruf von Dr. Arnold Schoenenburg, PDS – Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU und PDS – Glocke des Präsidenten – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Fünftens. Am 6./7. Januar 2000 findet dann eine von BBJ organisierte Reise des Arbeitsministers nach Dänemark statt.

(Wolfgang Riemann, CDU: Lustreisen.)

Begleitet wurde Herr Minister Holter unter anderem vom zweiten BBJ-Geschäftsführer. Ich gehe einmal davon aus, ohne der Antwort auf unsere diesbezügliche Kleine Anfrage vorgreifen zu wollen, dass für die BBJ die kleine Reise durchaus nützlich war.

(Wolfgang Riemann, CDU: Ja, ja. Alles in Ordnung, Herr Ministerpräsident!)

Sechstens. Am 21. Januar 2000 wandte sich dann der Aufsichtsratsvorsitzende der BBJ, Herr Peter Deutschland, immer noch DGB-Vorsitzender Nord, schriftlich an den Minister und an den Staatssekretär und wies darauf hin, dass über den 31. Januar 2000 hinaus in den vier BBJ-Regionalbüros kein Personal und so weiter vorgehalten werden könne und das Personal entlassen werden müsse – sprich: BBJ war pleite –, es sei denn, es wird ihnen unter die Arme gegriffen.

Siebtens. Und siehe da, nur drei Tage später wurde die Ausschreibung mit den letzten drei von insgesamt 15 Bewerbern aufgehoben. Was für ein glücklicher Zufall!

Achtens. Weiter verhandelt wurde dann mit zwei Bietern, wobei der dritte, die IABG, ohne Begründung aus dem Verfahren regelrecht rausgeworfen wurde.

Neuntens. Zwischendurch wurde, das will ich nicht vergessen zu erwähnen, da die Ausschreibung nicht rechtzeitig durchgeführt worden ist, eben mal ein Überbrückungsvertrag, ich wiederhole, ein Überbrückungsvertrag mit der BBJ gemacht,

(Reinhardt Thomas, CDU: Das ist doch nicht zu glauben!)

und zwar für den Januar 2000 – Kosten: 238.000 DM –,

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

unterschrieben am 28. Dezember 1999, wieder nach dem Motto „Geld spielt keine Rolle – Hauptsache, es nützt der BBJ“! Ich möchte darauf hinweisen, der Vertrag lief offiziell am 31.12.1999 aus. Und ein solcher Überbrückungsvertrag sollte etwa nicht den Ausgang des Vergabeverfahrens präjudizieren? Wollen Sie uns das ehrlich hier verkaufen?

(Dr. Armin Jäger, CDU: Eben.)

Das können Sie jemandem erzählen, der sich die Hose mit der Kneifzange zumacht, aber nicht dem frei gewählten Parlament.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Eckhardt Rehberg, CDU: Richtig. – Reinhardt Thomas, CDU: Das kann er nur seiner eigenen Fraktion erzählen.)

Zehntens. Ferner möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass das Verfahren zur Bewertung der Anbieter in der Form geändert worden ist, dass kostenrelevante Faktoren

zurückgestellt worden sind. Dazu heißt es wörtlich im Innenrevisionsbericht: „Die Änderung des Bewertungsverfahrens erscheint zweifelhaft und könnte Gegenstand der Kritik sein.“ Ja, das kann man wohl sagen.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Elftens. Das alles lief – und auch das möchte ich betonen – im stillen Kämmerlein ab. Und wenn die Prüfer Glück hatten, fanden sie sogar ein paar handschriftliche Notizen zu dem Vorgang.

Zwölftens. Am 1. Februar 2000 trat Herr Klinger seinen Dienst im Arbeitsministerium an und am 4. Februar 2000 gab es dann ein Happy End für die anscheinend angeschlagene BBJ, nämlich den Zuschlag. Am 8. Februar wurde der Vertrag unterzeichnet.

Dreizehntens. Das Angebot der BBJ lag für den Zeitraum bis 2003 immer noch 2,44 Millionen DM über dem Angebot vom LFI, obwohl es nochmals um 2,734 Millionen DM reduziert worden ist. Das heißt, das ursprüngliche Angebot von BBJ lag über 5 Millionen DM höher als das vom LFI. Eine Begründung für die trotzdem bestehende höhere Wirtschaftlichkeit wurde, wie bereits erwähnt, nicht gegeben –

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Das stimmt gar nicht.)

wie wohl auch, das frage ich Sie.

Vierzehntens. Da wundert es auch niemanden mehr, dass die hausinternen Prüfer ganz nüchtern sachlich anmerken: „Ein Protokoll oder ein Vermerk über die Entscheidung aufgrund der Bewertung liegt derzeit nicht vor.“

(Eckhardt Rehberg, CDU: Wann liegt es denn vor, Herr Holter? Wann liegt es denn vor?)

Wozu muss man das denn auch noch begründen? Wer will aufgrund der Fakten noch ernsthaft daran zweifeln, dass von Anfang an klar war, BBJ sollte den Auftrag bekommen?

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja sicher.)

Wollen Sie, Herr Minister Holter, uns allen Ernstes immer noch weismachen, dass die Ausschreibung etwas anderes war als reine Makulatur?

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

Wollen Sie auch heute noch immer ernsthaft bestreiten, dass dafür getrickst und gemauschelt wurde, in einer Weise, dass sich die Balken im Arbeitsministerium gebogen haben müssen?

Interessant ist in diesem Zusammenhang, wie EU-Kontrolleure im März 2000 alte Verträge mit der BBJ einschätzten. Auch das ist ordnungsgemäß im Bericht der Innenrevision vermerkt. Das Preis-Leistungs-Verhältnis des Vertrages mit der BBJ wurde als dürftig eingeschätzt. BBJ, Augen zu und durch – so kann man die Sache auf den Punkt bringen.

(Reinhardt Thomas, CDU: Hört, hört!)

Alle Warnungen, die Hände von dieser Firma zu lassen, wurden in den Wind geschlagen, obwohl diese zahlreich waren.

Mein Kollege Herr Fraktionsvorsitzender Rehberg hat darauf hingewiesen, was gerade heute wieder nachzulesen ist. Ist es etwa frei erfunden, wenn der „Spiegel“ in

seiner heutigen Ausgabe berichtet, im Arbeitsministerium habe es ausreichend aktenkundige Hinweise gegeben, dass sich die BBJ nicht immer an Recht und Gesetz hält? Da ist von Vertrauensbruch und Empfehlungen, die Zusammenarbeit zu beenden, die Rede.

(Reinhardt Thomas, CDU: Alles Steuergelder!)

Nicht zuletzt sollte man sich, wenn Millionenaufträge vergeben werden, umfassend über die Geschäftspraktiken der Anbieter kundig machen. Ich bin immer davon ausgegangen, dass das selbstverständlich ist. So weit hätten Sie, Herr Minister Holter, aber gar nicht gucken müssen. 1997 gab es in Brandenburg einen Untersuchungsausschuss,

(Reinhardt Thomas, CDU: Richtig.)

bei dem die BBJ eine herausragende Rolle gespielt hat. Die Vorgehensweise der BBJ verläuft immer nach dem gleichen Strickmuster. Auch in Brandenburg wechselte eine Gesellschafterin der BBJ als Referatsleiterin ins Sozialministerium und sorgte mit einer auf BBJ zugeschnittenen Ausschreibung für eine Auftragsvergabe an BBJ,

(Reinhardt Thomas, CDU: Also war das Vorsatz! Unbedingt!)

obwohl das BBJ-Angebot 1,2 Millionen DM über dem niedrigsten Angebot lag. Im „Spiegel“ heißt es wörtlich, und der bezieht sich dabei auf den Brandenburger Landesrechnungshof: „Das Ministerium habe nicht nur gegen grundlegende Bestimmungen verstoßen, sondern den gesamten Ausschreibungsvorgang ad absurdum geführt.“ Das kommt mir sehr bekannt vor, die Parallelen sind doch wirklich unübersehbar.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Reinhardt Thomas, CDU: Ja, genau so ist das.)

Dass das ein Kreislauf ist, bei dem sich das Arbeitsministerium immer mehr in die vollständige Abhängigkeit der BBJ begibt, muss kaum noch hinzugefügt werden.

(Zurufe von Dr. Armin Jäger, CDU, und Reinhardt Thomas, CDU)

Die BBJ hat auch das neue Arbeitsprogramm, dass das AQMV im nächsten Jahr ablösen soll, geschrieben. Auch dieses Programm ist offenkundig auf die Bedürfnisse der Beraterfirma BBJ zugeschnitten. Meinen Sie wirklich, Herr Minister Holter, es sei das Arbeitsministerium, das die Richtlinien der Arbeitsmarktpolitik in unserem Land vorgibt, oder erkennen Sie nicht wenigstens heute, dass augenscheinlich die Richtlinien der Arbeitsmarktpolitik in Mecklenburg-Vorpommern durch eine international operierende Unternehmensgruppe bestimmt werden, die in erster Linie nur ihre eigenen Ziele vertritt?!