Protokoll der Sitzung vom 17.10.2001

den ist, richtig, dass sie sozusagen eine Kostenpauschale erhalten als Aufgabenträger für das gesamte Parlament. Ich denke, auch das ist notwendig und auch das ist richtig. Und drittens will ich sagen, wir haben versucht, etwas von dem Geruch wegzunehmen, dass die Parlamentarier doch immer sozusagen diejenigen sind, die sich selbst bedienen. Wir haben nämlich hier entschieden in der Diätenfrage nicht für diese Legislaturperiode, sondern für die nächste, damit wir es unseren Kollegen, die dann sozusagen hier sitzen, auch nicht so schwer machen, vernünftige Entscheidungen in dieser Frage zu treffen.

Das waren Grundüberlegungen, von denen wir ausgegangen sind, und ich denke, es ist das erste Mal in den elf Jahren, dass es eine relativ große Übereinstimmung gibt. Auch da zeigt sich, dass es manchmal Bewegungen gibt, die man nicht unbedingt annehmen muss, wenn man das Parlament nur von draußen sieht. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS und einzelnen Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Schoenenburg.

Ich schließe die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Abgeordneten Reinhard Dankert, Lorenz Caffier und Dr. Arnold Schoenenburg auf Drucksache 3/2350 zur federführenden Beratung an den Rechtsausschuss und zur Mitberatung an den Finanzausschuss zu überweisen. Wer stimmt diesem Überweisungsvorschlag zu? – Danke. Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Vorschlag einstimmig angenommen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und PDS)

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 11: Beratung der Unterrichtung durch die Landesregierung – Landesaktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, auf Drucksache 3/2294.

Unterrichtung durch die Landesregierung: Landesaktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen – Drucksache 3/2294 –

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 90 Minuten vereinbart. Dazu gibt es keinen Widerspruch, dann eröffne ich die Aussprache.

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Staszak für die SPD-Fraktion.

Das werden keine 90 Minuten.

(Ministerin Sigrid Keler: Das ist lieb.)

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern hat als zweites Bundesland einen Aktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen beschlossen.

(Beifall Heidemarie Beyer, SPD, und Angelika Gramkow, PDS)

Gemeinsam mit dem Aktionsplan der Bundesregierung liegt damit ein Gesamtkonzept zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen auf verschiedenen Ebenen vor. Die Landesregierung setzt mit diesem Aktionsplan einen wichtigen politischen Schwerpunkt für die nächsten

Jahre. An der Erarbeitung des Aktionsplanes waren gemäß des Antrages dieses Hohen Hauses alle Fraktionen beteiligt, damit meine ich vorrangig die frauenpolitischen Sprecherinnen der Fraktionen und ich möchte hier auch die Mitglieder des Innenausschusses noch mal nennen, weil diese sich sehr engagiert parteiübergreifend eingesetzt haben für diesen Plan.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD, PDS und Renate Holznagel, CDU)

Ich denke, dieses war ein sehr gutes Beispiel, meine Damen und Herren, für parteiübergreifende Arbeit, nämlich erfolgreich an einer Sache zu arbeiten.

(Reinhard Dankert, SPD: Ja.)

Außer ihnen hat die Arbeitsgemeinschaft der Frauenhäuser mitgearbeitet, die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten, der Landesfrauenrat von Mecklenburg-Vorpommern und das Interventionsprojekt CORA, kontra Gewalt gegen Frauen und Mädchen.

Schwerpunktmäßig wird der Aktionsplan umzusetzen sein in den Bereichen Justiz, Innen, Soziales und Bildung. Auch die Minister dieser Ressorts haben sich sehr dafür eingesetzt. Wenn ich sage, dass ein politischer Schwerpunkt für die nächsten Jahre gesetzt wurde, heißt das, dass der Aktionsplan sowohl Ziele enthält, die kurzfristig umzusetzen sind, aber auch solche, die erst langfristig umsetzbar sind, weil sie vor allem Bewusstsein verändern müssen, und das ist oft ein langwieriger Prozess. Zu den kurzfristig umzusetzenden Maßnahmen gehört die Änderung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes. Darüber haben wir heute ja schon genug gehört und wir haben es heute beschlossen.

(Heiterkeit bei Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Sie sind ganz schön streng. – Heiterkeit bei Ministerin Dr. Martina Bunge)

Mecklenburg-Vorpommern ist damit auch das erste Bundesland, das sein Sicherheits- und Ordnungsgesetz dahin gehend geändert hat, dass eine Eingriffsbefugnis für die Polizei aufgenommen wurde, die es ermöglicht, Täter bei häuslicher Gewalt aus der Wohnung zu verweisen. Frau Koburger hat darüber heute schon referiert. Das ist ein ganz wichtiges politisches Signal, denn es wird Gewalt geächtet und gegen sie von Seiten des Staates mit Entschiedenheit vorgegangen, auch wenn sie sich in der häuslichen Sphäre ereignet. Das Einschreiten der Exekutive macht deutlich, dass der Staat den Gewalttäter für die von ihm ausgehende Gewalt verantwortlich macht. Der Staat sanktioniert die Gewalttätigkeit von Tätern, auch in ihrer eigenen Wohnung.

Für die betroffenen Opfer ist es sehr wichtig, dass die zeitliche Höchstdauer sowohl einer Wegweisung als auch eines Betretungsverbotes auf vierzehn Tage ausgedehnt wurde. So hat das Opfer vierzehn Tage Zeit oder zur Verfügung, sich über die Schutzmöglichkeiten, die insbesondere infolge des Gewaltschutzgesetzes zur Verfügung stehen, zu informieren. Es kann den Entschluss fassen, davon Gebrauch zu machen und die entsprechende richterliche Entscheidung herbeiführen.

(Vizepräsidentin Renate Holznagel übernimmt den Vorsitz.)

Weitere Maßnahmen des Aktionsplanes, die kurzfristig umzusetzen sind, sind die Schaffung von Sonderdezerna

ten in allen Staatsanwaltschaften, die Fortbildung der Staatsanwälte, die Einrichtung von Zeuginnenzimmern, die Erarbeitung eines Leitfadens für die Landespolizei zum Umgang mit Fällen häuslicher Gewalt – die Polizei ist überhaupt ein sehr wichtiger Partner und wir haben mit der Polizei schon gute Erfahrungen in dieser Hinsicht gemacht – sowie der Erlass einer Verwaltungsvorschrift zum Ausländerrecht und einer Durchführungsbestimmung zum Paragraphen 19 Ausländergesetz. In Rostock hat es bereits weitgehende Schulungen der Polizei zu diesem Thema gegeben. Ab diesem Jahr wird diese Weiterbildung in der Landespolizeischule in Güstrow fortgesetzt werden. Trotzdem ist gerade die Fortbildung von allen mit diesem Thema befassten Berufsgruppen sehr schwierig und langwierig. Die Sensibilisierung beginnt im Kindergarten und muss in der Schule fortgesetzt werden.

(Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Die armen Kinder, ne?

Deshalb sollen verstärkt Projekte zur Stärkung des Selbstbildes von Mädchen in Kindereinrichtungen, Schulen, aber auch Projekte in der Jungenarbeit, in denen Rollenbilder hinterfragt werden, gefördert werden. Das Thema Gewalt muss in die Rahmenlehrpläne der Schulen eingebunden werden.

(Harry Glawe, CDU: Sehr gut.)

Ebenso wichtig ist es, verstärkt Weiterbildungsmöglichkeiten für Eltern anzubieten

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

in Bezug auf gewaltfreie Erziehung. Da können Sie dann teilnehmen, Herr Dankert.

Bereits in diesem Jahr werden an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Güstrow Fortbildungen für die Bereiche Polizei, Justiz, für Jugend-, Sozial- und Gesundheitsämter und soziale Einrichtungen sowie für Berufe im Bildungs- und Gesundheitswesen angeboten.

(Beifall Heidemarie Beyer, SPD)

Langfristig muss die Problematik aber auch in die Ausbildung der eben genannten Berufsgruppen aufgenommen werden. Da aber gerade diese Maßnahmen erst langfristig wirken werden, ist weiterhin die Förderung von Hilfsstrukturen wie Frauenhäuser, Notruf- und Beratungsstellen nötig.

Neu sind die Interventionsstellen, mit deren Aufbau ich in diesem Jahr begonnen habe. Damit Frauen als Opfer von häuslicher Gewalt die vorhandenen Möglichkeiten des Polizeirechts und des Straf- und Zivilrechts für sich nutzen können, brauchen sie qualifizierte psychosoziale Beratung, Begleitung und rechtliche Informationen aus einer Hand. Der Ansatz solcher Interventionsstellen geht damit weit über den Ansatz des allgemeinen Opferschutzes hinaus. Er beinhaltet zusätzlich zur opferorientierten Beratung das Einfordern von täterbezogenen Interventionen und die Kooperation und Vernetzung aller involvierten staatlichen und nichtstaatlichen Institutionen. Die Interventionsstellen erhalten damit ihre besondere Bedeutung als Drehscheibe zwischen der Anlaufstelle für die von Gewalt betroffenen Frauen und deren Kinder und der Schnittstelle zu den anderen damit befassten Institutionen.

Durch die enge Zusammenarbeit der Interventionsstellen mit der Polizei erscheint es sinnvoll, ihren regionalen Einzugsbereich den Polizeidirektionen in Mecklenburg

Vorpommern anzugleichen. Die Interventionsstellen werden vor allem auf die Vernetzung in der Region und die Realisierung der Kooperation zwischen den Institutionen, die vor Ort mit der Bekämpfung von häuslicher Gewalt befasst sind, hinwirken. Dazu gehören die Polizei, die Justiz, die Ämter und die Beratungs- und Schutzeinrichtungen. Außerdem muss von den Interventionsstellen eine aufsuchende Beratung für die Frauen, die in ihren Wohnungen zurückgeblieben sind, organisiert werden. Um bei Maßnahmen zur Verbesserung der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen den Änderungsbedarf zu ermitteln und den Erfolg zu überprüfen, müssen aussagekräftige, vor allem vergleichbare geschlechtsspezifische Statistiken geführt werden. Das gilt für sehr viele Bereiche, vor allem für die Polizei, die Justiz und die verschiedenen Ämter in den Kommunen, die Jugendämter, Gesundheitsämter und Sozialämter.

Meine Damen und Herren, wir sehen, der Aktionsplan zielt auf eine strukturelle Veränderung. Bisherige Maßnahmen haben zwar den Opfern geholfen, aber Ursachen der Gewalt gegen Frauen und Kinder wurden nicht beseitigt. Deshalb gehören zum Gesamtkonzept sowohl die Beseitigung der strukturellen Ungleichheit von Frauen und Männern als auch die spezifischen Maßnahmen bei der Bekämpfung der Gewalt, die Sensibilisierung der Öffentlichkeit, die Einbeziehung der Thematik in die Aus- und Fortbildung verschiedener Berufsgruppen, die Unterstützung von Hilfsstrukturen, der Erlass von Verwaltungsvorschriften und Gesetzesänderungen, so, wie ich es eben beschrieben habe.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Nicht so müde!

Ziel ist es, ein Klima herzustellen, in dem Gewalt gegen Frauen und Kinder geächtet wird, Opfer effektiv geschützt und Täter zur Rechenschaft gezogen werden.

Meine Damen und Herren, mit der Bekämpfung von häuslicher Gewalt wird auch ein entscheidender Beitrag zur Gewaltprävention geleistet. Das kriminologische Forschungsinstitut in Niedersachsen führte im Jahre 1998 drei umfangreiche Untersuchungen zum Thema Jugendgewalt durch. Die Ergebnisse lassen zweierlei erkennen, zum einen wachsende Ethnisierung der Gewaltkonflikte, zum anderen familiäre Gewalt als Quelle jugendlicher Gewaltbereitschaft. Jugendliche, die in ihrer Kindheit oder aber auch als Jugendliche von ihren Eltern geschlagen oder misshandelt wurden, werden erheblich häufiger selbst gewalttätig als nicht geschlagene junge Menschen. Konfliktlösungsmuster werden in der Familie erlernt und wir sehen, dass solche familiären Gewalterfahrungen beträchtlich die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass die betroffenen Jugendlichen selbst Gewalt ausüben. Das ist ein Grund für die Gewalttätigkeit von Jugendlichen heute.

(Volker Schlotmann, SPD: Auch.)

Auch. Ja, ich habe ja gesagt, einer.

Die Bekämpfung von häuslicher Gewalt ist damit also eine Bekämpfung von Gewalt allgemein, zu der auch dieser Aktionsplan einen entscheidenden Beitrag leistet.

Die Umsetzung des Aktionsplanes wird in den verschiedenen Bereichen erfolgen: Im Innenministerium die Umsetzung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes, die Aus- und Fortbildung der Polizei, im Justizministerium die

Veränderungen bei den Staatsanwaltschaften und Gerichten, im Sozialministerium müssen die Projekte zur Mädchen- und Jungenarbeit sowie die Männerberatung angesiedelt werden und im Bildungsministerium geht es um die Einbringung der Thematik in die Unterrichtsinhalte.