Es ist schon toll, dass ein Giftmüllskandal seine Aktenschließung erfährt durch eine schlichte Erklärung an Eides statt. Und ich erinnere mich sehr gut: Die damalige führende CDU-Fraktion hat sich dieser Erklärung bedenkenlos und vollmundig angeschlossen.
Ich frage Sie, meine Damen und Herren Abgeordnete: Hat man nichts dazugelernt? Zwischen 1976 und 2001 liegen 25 Jahre – ein Vierteljahrhundert. Wie langsam die Mühlen mahlen, zeigt das so genannte Seveso-Richtlinien-Paket der EU von 1996, das 2000 in Deutschland und nun auch in Mecklenburg-Vorpommern umgesetzt ist entsprechend für bestimmte Landeszuständigkeiten; endlich umgesetzt, kann man sagen, siehe Tagesordnungspunkt 4 der heutigen Sitzung – Gesetzesverabschiedung.
Wir sollten in diesem Zusammenhang auch nicht vergessen, dass eine Deponie mit Sonderabfällen – und darum handelt es sich ja hier – immer einem Reaktor gleicht. Und ein solcher Reaktor ist nun einmal ein komplexes und ein kompliziertes System, in dem chemische, physikalisch-chemische, biochemische Reaktionen ablaufen und auch Kettenreaktionen. Wir wissen nicht im Einzelnen, was sich im Inneren eines solchen Reaktors abspielt. Die gläserne Deponie, die Herr Jelen uns einst versprach, die gibt es nicht, die kann es auch nicht geben in diesem Sinne, was aber nicht heißen soll, dass die Deponie Schönberg-Ihlenberg eine Blackbox sei. Das kann man wahrlich auch nicht sagen. Immerhin brachten Recherchen, Bohrungen und Messungen zahlreiche Aufhellungen. Und wir haben als Landtag dazu auch unseren Teil beigetragen, indem wir nämlich die Finanzierung für aufwendige Bohr- und Messprogramme sowie Recherchen mit sichergestellt haben.
Bei den erneut unter Punkt 4 angesprochenen Müllimporten italienischer Herkunft spielen betriebswirtschaftliche und beschäftigungspolitische Elemente eine große Rolle. Auch dieses hat die CDU aus der ersten Wahlperiode mit zu verantworten. Ich freue mich, dass bei den Kollegen der CDU-Fraktion ein konstruktiver Sinneswandel erkennbar ist.
Meine Damen und Herren! Der Abfallnotstand in Kampanien, vielleicht auch in Italien überhaupt, ist keine Überraschung. Der dortige Notstand ist seit Jahren bekannt und resultiert aus der Ignoranz gegenüber EU-Richtlinien und Fehlplanungen. Im Fall von Entwicklungsländern sprechen wir dann immer großspurig von Hilfe zur Selbsthilfe oder von Druckmitteln zur Durchsetzung vernünftiger Richtlinien und Vorschriften. Was ist im Fall Italien? Mir sträuben sich die Haare, denn was geschieht nun im Fall der Importe? Eines dürfte doch wohl uns allen klar sein: Unsere Müllimporte sanieren den dortzulande herrschenden Notstand nicht. Will man diese Importe verstetigen?
Für mich ergeben sich in der Konsequenz folgende Forderungen: Transparenz des gesamten Geschehens, und zwar von den Deklarationen in Italien – und Herr Minister Methling ist darauf eingegangen, das finde ich gut – über Menge und Qualität, über die Transportmittel, bis zur Ein
lagerung, zur Beprobung der Anlieferungen und der Ablagerungen, aber vor allem nachweisliche Kontrollen und Kontrollen der Kontrollen.
Des Weiteren steht die Frage, wie mit den künftigen Wünschen von Anbietern zur Einlagerung umzugehen ist. Kompromisse sind hier wie der Müll selbst, mit einem Wort gesagt, faul.
Zu den Punkten 1 bis 3 des Antrages, meine Damen und Herren, kann ich mich kurz fassen. Dem Informationsbedarf auch hinsichtlich einer breiten und interessierten Öffentlichkeit ist entsprechend parlamentarischen Kontrollmechanismen durch die Landesregierung nachzukommen.
Die Fraktion der SPD stimmt dem vorliegenden Antrag auf Drucksache 3/2397 zu unter der Berücksichtigung, dass der letzte Satz in der Begründung Ihres Antrages nicht mehr sachgerecht ist. Darauf wurde auch schon verwiesen. Hier sind Sie mit Ihrem Zitat nicht auf dem Laufenden, aber das lässt sich ja vielleicht noch nachholen. – Ich danke Ihnen fürs Zuhören.
(Angelika Peters, SPD: Man sprüht es, man streut es nicht! – Heiterkeit und Zuruf von Dr. Henning Klostermann, SPD)
Und deshalb sind wir ganz einfach skeptisch in all diesen Dingen und berechtigterweise nicht nur, weil die CDU in der Opposition ist, denn bereits im Dezember 1999 hat meine Fraktion einen Berichtsantrag zur Situation der Ihlenberger Abfallgesellschaft und der Gesellschaft für Abfall und Altlasten innerhalb des Abfallwirtschaftssystems im Land Mecklenburg-Vorpommern eingebracht. Schon damals haben wir auf die Unzulänglichkeiten des Abfallwirtschaftsplanes und die desolate Abfallpolitik des Landes verwiesen.
Leider wurde dieser Antrag damals abgelehnt. Wir sehen heute schon ein kleines Entgegenkommen. Dafür an dieser Stelle herzlichen Dank.
Die damaligen Aussagen von Ihnen, Herr Methling, ich zitiere: „Die Deponiemengen werden massiv zurückgehen, und wer bestehen will, sollte nicht nur seine Kräfte darauf konzentrieren, jede Tonne Müll für seine Deponie zu akquirieren, sondern sich schnell und nachhaltig darauf orientieren, wettbewerbsfähige Abfallbehandlungs- und Verwertungstechnologien zu entwickeln... und entsprechende Vorverträge mit Entsorgungsträgern zu schließen, um sich so rechtzeitig am Markt zu etablieren.“
Nun haben wir heute von Ihnen gehört, wie Sie zurückliegend dem Problem begegnet sind. Die Terminkette macht uns nur nachdenklich. Und deshalb, meine ich, sind Ihre Zitate wohl auf dem Ihlenberg nicht gelandet. Warum müssen wir sonst heute Müll aus Italien herbeikarren?
Während Prognosen von Fachleuten der Abfallwirtschaft darauf verweisen, dass ab 2005 für mindestens 1,5 Millionen Tonnen Siedlungsabfälle Behandlungskapazitäten fehlen werden, gibt es in unserem Bundesland erst Planungen für die Errichtung von Abfallbehandlungsanlagen. Ob diese Planungen dann letztendlich umgesetzt werden – Herr Minister, ich hoffe es sehr, auch in Ihrem Interesse –, das hängt allein von der Entwicklung des Abfallaufkommens und der Preisentwicklung auf dem Markt für Siedlungsabfälle unter anderem mit ab. Zurzeit – Sie haben es gesagt – ist mir nur die Anlage im Kreis Ludwigslust als einigermaßen gesichert bekannt.
(Minister Dr. Wolfgang Methling: Ja, das kann ja auch nicht anders sein. – Zuruf von Minister Till Backhaus)
Ab Juli 2005 werden die Preise für die Behandlung von Siedlungsabfällen aber schlagartig explodieren
und damit selbstverständlich auch die Gebühren für die Gebührenzahler, Frau Muth. Dass der von Ihnen propagierte freie Wettbewerb auf dem Abfallmarkt zu einem ruinösen Preiskampf zwischen den Deponien unseres Landes führen wird, haben wir Ihnen schon 1999 prophezeit.
(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Sind Sie etwa ge- gen Wettbewerb? – Caterina Muth, PDS: Und? – Zuruf von Minister Dr. Wolfgang Methling)
Im Gegenteil, aber Dumpingpreise – und die Werften lassen grüßen – geben uns natürlich in dieser Frage auch wiederum Recht.
Da werden Ausschreibungsfristen verlängert, weil die IAG nicht in der Lage ist, ein fristgerechtes Angebot abzugeben. Als Begründung müssen die veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen herhalten. Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren der Landesregierung, mit dieser Begründung können Sie jede Ausschreibung und Vergabe bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben, denn die rechtlichen Rahmenbedingungen der Abfallwirtschaft, wie Frau Holznagel bereits ausführte, sind auch heute keineswegs gesichert. Klar aber ist schon heute, dass im Ergebnis der Ausschreibung der Siedlungsabfälle von Bad Doberan und Güstrow die unterlegene Partei ein Vergabeprüfverfahren einleiten wird. Das ist uns jedenfalls so weit bekannt.
(Minister Till Backhaus: Ach so! IM’s, was?! Da habt Ihr wohl ein paar IM’s sitzen, was?! – Zuruf von Minister Dr. Wolfgang Methling)
(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Nicht, dass der Präsident hier einschreiten muss. – Zuruf von Peter Ritter, PDS)
Hierfür tragen Sie die Verantwortung, Herr Methling, Sie und Ihre Geschäftsführer, die auf dem Ihlenberg tätig sind.
Das oft beschworene Abfallzentrum Ihlenberg ist unter den gegenwärtigen Voraussetzungen bis heute nicht wettbewerbsfähig. Muss deshalb italienischer Hausmüll zu Dumpingpreisen importiert werden, fragen wir uns.
Das Einzige, was bisher geschafft wurde, das Gutachten zur Ermittlung der Rekultivierungs- und Nachsorgeverpflichtung der Deponie Ihlenberg, ist meines Erachtens, unseres Erachtens nach zu schön. Beweis ist die Reduzierung der Rückstellung von 34 DM auf 33 DM je Tonne. Wenn aber der Ihlenberg, wie es bereits die berühmten Spatzen von den Dächern pfeifen, nicht den Zuschlag für die Mengen der Landkreise Güstrow und Bad Doberan erhält, zerplatzen Träume von der Errichtung einer Abfallbehandlungsanlage wie Seifenblasen und die Deponie steht möglicherweise vor einem finanziellen Kollaps.