Protokoll der Sitzung vom 13.12.2001

Herr Helmrich, diese besonderen Versäumnisse, die Sie da, was die Berichtspflicht angeht, offenbar im Hause hinterlassen haben, sind möglicherweise doch auch darauf zurückzuführen, dass Sie vielleicht die Rechtslage nicht so sehr gut kennen.

(Georg Nolte, CDU: Da war die Staats- anwaltschaft noch gar nicht so weit.)

Natürlich hält der Generalstaatsanwalt weiter an seiner Berichtspflicht fest, wenn die Dinge zum Gericht gegangen sind. Das ist doch einer der Gründe, weshalb die Staatsanwaltschaft immer wieder nachfragt, warum ist das Verfahren, das ich als Staatsanwaltschaft für besonders wichtig halte, noch nicht eröffnet. Und bei wichtigen Verfahren wird mir als Justizminister natürlich selbstverständlich darüber berichtet, was auf diese Anfragen an Antworten gekommen ist. Deshalb ist es wichtig und deshalb lässt es sich auch nicht einfach vom Tisch wischen, dass der Generalstaatsanwalt, der frühere, der hier in höchsten Tönen gelobt worden ist

(Siegfried Friese, SPD: Wer war denn das eigentlich?)

und der sich leider auch in der Presse öffentlich zu diesem Verfahren geäußert hat, dass der dieses Verfahren aus der Berichtspflicht herausgenommen hat. Meine Damen und Herren, wir müssen uns, wenn wir über dieses Verfahren reden, dann doch auch an die Tatsachen halten.

Was ich sonst noch sagen möchte, Herr Helmrich,

(Wolfgang Riemann, CDU: Das werden wir über- prüfen, was Sie eben gesagt haben. Da werden Sie die Hosen noch runterlassen müssen. – Siegfried Friese, SPD: Das ist ein Niveau! Das ist ein Niveau! – Zuruf von Angelika Peters, SPD)

ist die Frage, was ist in diesem Verfahren tatsächlich gelaufen. Was ist tatsächlich gelaufen? Wem ist ein Vorwurf zu machen? Diese Frage wird im Moment von dem stärksten Untersuchungsgremium, das wir haben, von dem schärfsten, geprüft, nämlich von der Staatsanwaltschaft. Und, Herr Helmrich, ich möchte nicht, dass Sie hier im Hohen Hause eine Legende aufbauen, dass Sie so tun, als ob ich als Minister nicht bereit wäre, Ihnen im Ausschuss zu allen wichtigen Fragen Rede und Antwort zu stehen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Die Wahrheit ist, dass Sie zu diesem Verfahren keine Fragen gestellt haben. Die Wahrheit ist weiter, dass das, was Sie jetzt als wichtig hier vortragen, nämlich die 15 Stellen, dass Sie dies nicht zum Anlass genommen haben, mit dem Minister im Ausschuss die Personalsituation zu erörtern. Und ich wiederhole noch einmal: Ich halte das, was Sie hier tun, was die 15 Stellen angeht, nicht für seriös und nicht für ernst.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Es mag sein, dass wir in früheren Zeiten auch schon einmal in einem Nachtragshaushalt mehrere Stellen bewilligt haben als Haus hier,

(Herbert Helmrich, CDU: Aber?)

aber nicht einen Tag nach Beschluss des Haushaltes und immer nur, wenn inzwischen besondere Gründe eingetreten waren. Das ist doch selbstverständlich.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Sie haben eben davon gesprochen, wir müssten hier die Justizgewährleistungspflicht überprüfen.

Herr Minister, gestatten Sie eine Anfrage des Abgeordneten Helmrich?

Nein. Der Herr Helmrich hatte im Ausschuss jede Gelegenheit, mich ganz viel zu befragen.

(Harry Glawe, CDU: Das ist unerhört! – Dr. Ulrich Born, CDU: Das will die Öffentlichkeit wissen, was hier los ist.)

Vielleicht muss ich auch Herrn Born noch einmal aufklären. Wenn es Vorwürfe gibt – und die schwersten Vorwürfe, die man einem Richter machen kann, ist Strafvereitelung –,

(Zuruf von Herbert Helmrich, CDU)

wenn es solche Vorwürfe gibt, dann werden die selbstverständlich...

(Herbert Helmrich, CDU: Die kommen von uns nicht. Das ist ausgeschlossen. Die kommen von uns nicht.)

Prozessverschleppung, was soll das denn heißen? Was meinen Sie denn damit? Es hat doch selbstverständlich eine subjektive Komponente, dass Sie sagen, hier ist mit Absicht ein Prozess verschleppt worden.

(Herbert Helmrich, CDU: Es können ja andere daran beteiligt sein.)

Dieser Vorwurf wird selbstverständlich geprüft. Und unsere Staatsanwälte und unsere Gerichte, Herr Born, das wird Ihnen ja bekannt sein, arbeiten nur selten hinter verschlossenen Türen.

(Herbert Helmrich, CDU: Weil eine Anzeige von außen gekommen ist, nicht weil Sie selbst überprüfen.)

Das, was da ermittelt wird, wird selbstverständlich der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

(Herbert Helmrich, CDU: Weil eine Anzeige von außen gekommen ist, nicht weil Sie selbst überprüfen.)

Und ich hoffe, Sie erwarten nicht ernsthaft, dass sich der Justizminister dieses Landes in öffentlicher Verhandlung dazu äußert, wie wohl ein bestimmtes Ermittlungsverfahren ausgehen wird. Das können Sie nicht ernsthaft von mir erwarten.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Herbert Helmrich, CDU: Habe ich auch nicht. – Dr. Ulrich Born, CDU: Wir verlangen von Ihnen eine Erklärung, warum das so lange verschleppt worden ist. Sie haben hier Rede und Antwort zu stehen!)

Herr Minister, gestatten Sie eine Anfrage des Abgeordneten Riemann?

Ich würde sehr gern das zu Ende bringen, was ich sagen möchte. Schauen wir mal, wie es danach aussieht.

Ich habe eben gesagt, dass ich es ablehne, bei der Frage, wie wir mit Lichtenhagen umgehen,

(Minister Till Backhaus: Herr Born geht einfach. Er war doch auch beteiligt.)

was Lichtenhagen für dieses Land bedeutet, Herr Born,

(Siegfried Friese, SPD: Herr Born hat keine Zeit mehr.)

dies mit einer Haushaltsdebatte zu verbinden, die ganz offenkundig nicht ernst gemeint ist. Aber nachdem Herr Helmrich hier das eine oder andere aus meiner Sicht Abenteuerliche gesagt hat, denke ich, dass es angezeigt ist, dass ich auch der Öffentlichkeit, die hier ist, und diesem Hohen Hause einige Worte zur Personalsituation der Richterschaft in diesem Lande sage.

Meine Damen und Herren! Der Ausgangspunkt der Regierung und, ich denke, auch der Regierungsfraktionen ist völlig klar: Dieses Land kann sich an den Gerichten und Staatsanwaltschaften nicht mehr an Personal leisten als das, was knapp, aber ausreichend ist.

(Wolfgang Riemann, CDU: Ja.)

Dass unsere Stellenausstattung ausreichend ist, müsste der Vorsitzende des Finanzausschusses wissen. Er müsste auch wissen, dass diese Stellenausstattung im Ländervergleich sogar einen guten Mittelplatz einnimmt.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Das wird in diesem Lande von niemandem bezweifelt, der sich mit der Materie auskennt. Problematisch ist allein, und das ist bei Ihnen in dürren Worten angeklungen, dass in den letzten Jahren aufgrund der unterschiedlichsten Umstände nicht immer 100 Prozent an Deck waren, sondern in manchen Zeiten im Durchschnitt nur zwischen 80 und 90 Prozent.

(Herbert Helmrich, CDU: Im Schnitt 92, habe ich gesagt.)

Diese Quote – ich habe 96 gesagt – ergibt sich daraus, dass die Stellen zwar zu 100 Prozent besetzt sind, aber nicht jeder, der eine Stelle inne hat, auch im Gericht Dienst tut,

(Harry Glawe, CDU: Sie haben zwischen 80 und 90 gesagt.)

sondern dass manche Richterin oder zunehmend zum Glück auch mancher Richter sich im Erziehungsurlaub befindet.

(Herbert Helmrich, CDU, und Wolfgang Riemann, CDU: Oder abgeordnet ins Justizministerium.)

Diese fehlenden Richterinnen und Richter...

Das ist alles in die Quote einberechnet.

... können auch nicht durch befristet eingestellte Aushilfskräfte zeitweilig ersetzt werden, wie dies in anderen Bereichen der Verwaltung möglich ist, sondern, dass wissen Sie, Richter müssen immer auf Lebenszeit eingestellt werden.