(Harry Glawe, CDU: Pflege zu vermei- den vor allen Dingen. Das ist wichtig. – Zuruf von Dr. Arnold Schoenenburg, PDS)
Jedes Gesetz in der Pflege hat dieses Ziel, Pflege zu vermeiden, aktivierende Pflege zu betreiben, damit die Menschen eben wieder selbständig arbeiten, leben können, so, wie der Kollege Rißmann das an einem Beispiel aus Berlin vorgetragen hat. Aber Sie alle, die sich mit diesem Thema beschäftigen, wissen, dass aktivierende Pflege gar nicht möglich ist, dass die Rahmenbedingungen derart schlecht geworden sind, dass aktivierende Pflege nicht mehr möglich ist.
Und mir machen sehr viel Sorgen die Berichte in den Medien. Nicht nur der Beitrag im Norddeutschen Rundfunk unter der Überschrift „Das Elend vom Altwerden“ oder die Berichterstattung des ZDF in der Sendung „Frontal 21“ zeigen uns, wie menschenunwürdig, ja, wie katastrophal die Zustände in den Heimen sind. Wir werden auch noch zu dem anderen Antrag...
(Torsten Koplin, PDS: Keine Verall- gemeinerungen! Keine Verallgemeine- rungen! – Dr. Margret Seemann, SPD: Von welchen Heimen reden Sie?)
Na, dann schauen Sie sich die Sendung an! Und ich gebe Ihnen gerne mal die schriftliche Zusammenstellung, wie hier durchaus vermutet werden kann, dass Menschen sterben, weil sie nicht versorgt werden.
(Torsten Koplin, PDS: Aber nicht diese Kliniken. Das müssen Sie auch unterscheiden. – Dr. Margret Seemann, SPD: Welcher Zusam- menhang besteht zu dem Thema?)
Wir kommen auch noch mal auf die Differenzen zwischen Ost und West. Ich sage Ihnen, die Situation in den
Pflegeheimen ist katastrophal. Ich sage Ihnen auch, wenn Sie sich die Beiträge angucken und in den Medien genau nachlesen, stellen Sie einen Unterschied zwischen Ost und West fest. Wer sich persönlich die Mühe macht, einmal in die Heime zu gehen, wird feststellen, dass es hier eine ganz andere Situation gibt. Wir werden zum anderen Antrag, der nach diesem Tagesordnungspunkt kommt, noch ausführlich darauf eingehen. Aber das zeigt, dass wir vor Herausforderungen stehen.
(Dr. Margret Seemann, SPD: Waren Sie schon einmal in einem Heim, Herr Albrecht? Ich fasse es ja nicht!)
Frau Kollegin Dr. Seemann, in den letzten drei Wochen habe ich eine Vielzahl von Heimen besucht. Ich werde darauf nachher noch mal eingehen und Ihnen erzählen, was mir dort berichtet worden ist.
(Dr. Margret Seemann, SPD: Fragen Sie mal Frau Nehring-Kleedehn! Mit der war ich letzte Woche unterwegs. Also ich fasse das ja nicht! – Zuruf von Harry Glawe, CDU)
Ich finde das ja auch begeisterungswürdig, dass Sie sich auch mal auf den Weg machen und die Betroffenen fragen.
Aber lassen Sie uns zurückkommen zu diesem speziellen Fall der geriatrischen Altersheilkunde. Das Ziel ist natürlich hier die aktivierende Pflege, natürlich zu helfen, dass sie wieder reinkommen in den Alltag. Die derzeitige Situation haben wir hier auch beschrieben, ich will sie noch mal kurz wiedergeben: Der Patient geht zu seinem Hausarzt. Es wird eine Rehabilitationsbedürftigkeit festgestellt. Aber hier kann nicht, wie in dem Fall vom Kollegen Rißmann beschrieben, der Patient entscheiden, Frau Dr. Seemann, dass er in eine Einrichtung geht, wie in eine Rehabilitationsklinik. Er muss in ein Akutkrankenhaus eingewiesen werden. Er muss zunächst einmal dort behandelt werden, um dann in den Genuss dieser Behandlung zu kommen. Das sind Auswirkungen des Geriatriekonzeptes und das sind die Dinge, die wir kritisieren und verändert wissen wollen.
und es sind genügend Beispiele von Ihren Kollegen, von der Ministerin hier genannt worden, die darauf hindeuten, dass es hier einen starken Veränderungsbedarf gibt –, dann sollten Sie das nicht einfach von der Tagesordnung wischen, indem Sie den Antrag ablehnen mit dem Hinweis, er enthält keine konkreten Hinweise, keine konkreten konzeptionellen Ansätze.
Frau Ministerin, gerade das ist ja das Interessante an dem Antrag, er gibt Ihnen den Handlungsspielraum, hier zu entscheiden. Es wäre ja traurig, wenn jetzt die Opposition Ihnen noch Punkt für Punkt aufzählen muss, was Sie zu tun haben, um diese Probleme zu beseitigen. Dann frage ich mich, wozu wir hier noch ein Sozialministerium haben.
Der Hinweis auf die Selbstverwaltung, Frau Ministerin, ist auch ein Zeichen, das nicht optimistisch stimmt. Sie haben eine Verantwortung wahrzunehmen, Sie haben Ihre Aufsichtspflicht wahrzunehmen.
Und Sie selbst haben die Probleme beschrieben. Und der Hinweis auf wohlformulierte Gesetze und mögliche rechtliche Probleme, wenn sie noch deutlicher werden, der tröstet nicht, der hilft den Menschen auch nicht. Es ist nicht so, dass Sie mit dem Finger auf den Knopf drücken müssen und können. Das ist wohl wahr.
Aber ich wiederhole noch mal das, was ich in Zwischenrufen artikuliert habe: Einmal mit der Faust auf den Tisch hauen und sagen: Einigt euch!
Ich sage Ihnen bei aller Kritik an Ihrem ehemaligen Herrn Azzola das, was die Leute mir draußen sagen,
dass das wenigstens mal einer war, der mit der Faust auf den Tisch gehauen hat. Das ist die Fähigkeit, die Ihnen verloren gegangen ist oder die Sie nie hatten. Es hilft den Betroffenen überhaupt nicht.
(Heiterkeit bei Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Ach, es wird doch immer das beklagt, was man gerade nicht hat.)
Hören Sie ein paar Minuten zu! Sie können ja gerne noch darauf eingehen. Wir haben ja noch ein paar Minuten Zeit, darüber zu diskutieren.
(Dr. Martina Bunge, PDS: Ich war acht Jahre Opposition, mit konstruktiven Vor- schlägen. Ich weiß, was Opposition ist.)
Ja, aber Sie haben doch als Opposition nicht ernsthaft Punkt für Punkt den Ministern diktiert, was sie zu tun haben.
Und sich hier hinzustellen und von uns zu verlangen, wir hätten konzeptionelle Arbeit hier zu leisten,
(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Herr Albrecht, Sie meinen doch nicht ernsthaft, dass wir sozusagen mit der Forderung mit der Faust auf den Tisch hauen können?!)
wissen Sie, da verkennen Sie die Aufgabe des Parlamentes, Frau Ministerin. Ich glaube, da muss ich Ihnen keinen Unterricht erteilen.
Meine Damen und Herren, auch bei der Frage des Alters, müssen die Menschen 75 sein, liegen wir nicht auseinander. Sie haben das hervorragend beschrieben, was wir hier gemeinsam ändern wollen.
Und deshalb entzieht sich das meiner Kenntnis, warum es nun wirklich Gründe gibt, diesen Antrag abzulehnen. Sie selbst haben gesagt, er kommt zu spät. Sie selbst haben auch deutlich gemacht, Frau Ministerin, dass hier im Bereich der Pflegekassen ein Monopol herrscht. Ausschließlich die AOK hat hier die Patienten eingewiesen.
Sie haben eindeutig formuliert, welches Monopol hier herrscht, und insbesondere Sie sind an dieser Stelle gefragt.