Protokoll der Sitzung vom 30.05.2002

(Peter Ritter, PDS: Er kommt mit Friedenstaube. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Liebe Kollegen! Die Aussagen sind im Wesentlichen alle schon getätigt worden. Sicherlich sind die Betrachtungsweisen zu dem Gesamtthema unterschiedlich. Das ist auch korrekt so. Dass die PDSFraktion eine andere Auffassung als die CDU und zu Teilen auch, glaube ich, die SPD zum Thema Bundeswehr hat, ist kein Geheimnis. Aber ich glaube, das ist in diesem Fall auch nicht das Thema, über das wir philosophieren sollten,

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Eben, machen wir ja auch gar nicht.)

sondern hier geht es um einen Standort innerhalb unserer Region.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Wir sind doch für den freien Himmel.)

Und da haben sich schon viele Bürger und auch der Kreistag von Mecklenburg-Strelitz vor kurzem einstimmig ausgesprochen, dass sie den Standort für ungeeignet halten, was das Thema Bombodrom betrifft.

Dass wir noch viele wirtschaftliche Probleme zu überwinden haben, ist kein Geheimnis, aber in dieser Region wächst ein kleines Pflänzchen, das heißt Tourismus, und das sollte auch weiterwachsen.

(Beifall Dr. Ulrich Born, CDU)

Und deshalb, glaube ich, soll man ihm eine Chance geben. Deshalb ist es wichtig, dass sich das, was wir mal mit einem Raumordnungsverfahren, was wir mit den gesetzgeberischen Mitteln und auch mit den Fördermitteln, die wir dort eingesetzt haben, begonnen haben, in der Form weiterentwickeln kann. Ich warne allerdings davor, dass wir mit den Ausführungen Erwartungen wecken, die wir zum Teil nicht erfüllen können, denn letztendlich ist derzeit das Land Mecklenburg-Vorpommern am Verfahren nicht beteiligt, weil es außerhalb des Landes Mecklenburg-Vorpommern liegt. Deswegen sollen wir das auch ganz deutlich sagen und jetzt nicht irgendwelche Leute hier positionieren, was zum Beispiel den Innenminister so betrifft, auch die Möglichkeiten seiner Handlungen sind relativ begrenzt.

Und da haben auch die Bürgerinnen und Bürger und auch die Kommunen in den Regionen überhaupt kein Verständnis, dass die Luftlinie uns trennt an Entscheidungsprozessen, die die Region betreffen. Und auch die KyritzRuppiner Heide ist letztendlich im Gebiet der Mecklenburgischen Seenplatte. Die Mecklenburgische Seenplatte bezieht sich eben nicht nur auf Mecklenburg-Vorpommern, sondern ich habe innerhalb meines Tourismusverbandes auch Gemeinden, die aus dem Land Brandenburg sind. Deswegen ist es überhaupt nicht nachvollziehbar, warum gerade beim Anhörungsverfahren die betroffenen Gemeinden, in dem Fall beispielsweise Mirow oder auch Rechlin, und die beiden Landkreise Mecklenburg-Strelitz und Müritz nicht die Chance erhalten, die Bedenken, die hier von allen vorgetragen worden sind und die ja in gleicher Form auch in der Region vorliegen, zu äußern. Ich bin mit meinen Kollegen, auch mit Herrn Dr. Born als Vertreter des Arbeitskreises Wirtschaft unserer Fraktion, übereinstimmend der Auffassung, dass dies nicht der Fall sein kann, dass wir so in den Regionen berücksichtig werden.

Deswegen bitte ich die Landesregierung noch einmal, alle Möglichkeiten auszuloten, wie wir unsere Bedenken – und hier geht es nur um die Bedenken, denn die Entscheidungen müssen letztendlich über einen Abwägungsprozess nachher durch andere getroffen werden – dementsprechend einbringen können. Da ist der Brief, der gemeinsam mit den Gebietskörperschaften und dem Innenministerium erarbeitet wurde, sicherlich ein guter und wichtiger Schritt. Aber ich glaube, wir sollten noch einmal prüfen, ob wir uns in das Anhörungsverfahren gegebenenfalls sogar einklagen können oder sollten, denn ich halte es für wichtig, dass die Inhalte, die der Innenminister in dem Schreiben schon aufgeführt hat, bei

der Abwägung wirklich auch zum Tragen kommen. Schließlich sind Mecklenburg-Strelitz und die MüritzRegion nachher gleichermaßen von der Entwicklung des Bombodroms betroffen. Und deswegen bitte ich, dass wir dem Minister mit einer möglichst breiten Zustimmung auch in der Verhandlungsposition zu diesem Antrag den Rücken stärken. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS und Dr. Ulrich Born, CDU)

Danke schön, Herr Caffier.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Borchert von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als einer der Antragsteller komme ich aus einem Landkreis, der durch die Errichtung eines Luft- und Bodenschießplatzes in der Küritz-Ruppiner Heide direkt betroffen ist.

Die Nordgrenze des geplanten Truppenübungsplatzes befindet sich nur zwei Kilometer Luftlinie entfernt vom südlichen Teil des Landkreises Müritz, der damit also unmittelbar in der Ein- und Ausflugsschneise liegen würde. Die Anzahl von Tiefflügen, verbunden mit großem Fluglärm und Schadstoffausstoß, würde zu einer erheblichen Belastung von Mensch und Natur führen. Besonders beeinträchtigt wäre zum Beispiel der nach nationalen und internationalen Bestimmungen geschützte Müritz-Nationalpark, mit ihm geschützte Vogel- und Pflanzenarten.

Neben einer erheblichen Verschlechterung der Lebensqualität der in der Region lebenden Menschen besteht außerdem die große Gefahr, das wurde von meinen Vorrednern angesprochen, dass ein bisher erfolgreicher Tourismusschwerpunktraum unseres Landes in seiner Existenz gefährdet wäre. Der Tourismus ist in unserer Region bekannterweise ein prosperierender Wirtschaftszweig. Über 550 Millionen Euro – sowohl privater Kapitaleinsatz als auch öffentliche Mittel – wurden seit 1990 in die Tourismuswirtschaft unserer Region investiert. Über 2.000 Dauerarbeitsplätze konnten geschaffen werden. Am bekanntesten ist sicherlich Land Fleesensee mit rund 1.700 Betten, dem ersten Robinson Club in Deutschland mit einer Investitionssumme von circa 200 Millionen Euro. Betroffen wären aber nicht nur vorhandene Einrichtungen. Weitere Vorhaben, die sich in der Planung befinden und weitere Arbeitsplätze bringen könnten, würden in Frage gestellt.

Argumente gegen den Luft-/Bodenschießplatz gibt es also sehr viele, so dass man ihn eigentlich nur bedingungslos und kompromisslos ablehnen kann.

(Beifall Lieselotte Prehn, PDS, und Monty Schädel, PDS)

Argumente für das geplante Projekt sind bisher kaum bekannt. Die Bundeswehr hüllt sich in Schweigen. Ich kann daraus nur die Schlussfolgerung ziehen, dass der geplante Bombenabwurfplatz nicht zwingend für den Erhalt der Einsatzfähigkeit der Bundeswehr benötigt wird.

(Peter Ritter, PDS: Das ist sehr richtig.)

Jedenfalls fehlt mir bis heute der Nachweis der unbedingten Notwendigkeit, der eine derartige Arbeitsplatzvernichtung und Naturzerstörung auch nur ansatzweise – auch nur ansatzweise! – rechtfertigen könnte.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS und Heinz Müller, SPD)

Das hat im Übrigen nichts mit meiner grundsätzlichen Haltung zur Bundeswehr zu tun, deren Notwendigkeit für die Verteidigung unseres Landes entsprechend dem Verfassungsauftrag für mich außer Frage steht.

(Peter Ritter, PDS: Für Verteidigung braucht man doch keine Tiefflüge.)

Verfassungsauftrag ist Landesverteidigung. Und dieses Thema hat aus meiner Sicht auch gar nichts damit zu tun. Ja, Herr Caffier, da haben wir völlige Übereinstimmung.

Meine Damen und Herren, ich finde es bedauerlich, dass mein Kollege Dr. Seite, CDU-Landtagsabgeordneter im Landkreis Müritz, dem Gruppenantrag,

(Peter Ritter, PDS: Weil er nie da ist.)

das vermute ich mal, aus technischen Problemen nicht beitreten konnte,

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Ist er überhaupt noch Abgeordneter?)

aus Zeitgründen.

(Sylvia Bretschneider, SPD: Den ha- ben wir doch schon lange nicht mehr gesehen. Wo ist der eigentlich?)

Allerdings muss ich schon sagen – gerade auch als ehemaliger Ministerpräsident unseres Landes und natürlich betroffener Landtagsabgeordneter aus dem Landkreis Müritz –,

(Peter Ritter, PDS: Da hat er doch seine Anne- marie vorgeschoben mit ‘nem Leserbrief.)

nach meiner Meinung hätte er heute hier sein müssen, um an der Debatte teilzunehmen und seine Position deutlich zu machen. Meine Erwartung wäre auch gewesen, dass er sich unserem Antrag anschließen könnte.

Bedanken möchte ich mich ebenfalls ausdrücklich bei der Aktionsgemeinschaft „Freier Himmel“. Denn, man muss sich mal vorstellen, erst gegründet am 30. Januar 2002, also Anfang diesen Jahres, haben Frau Lange, Herr Schneider und deren Mitstreiter es geschafft, inzwischen schon über 140 Mitglieder zu organisieren, die mit großem Engagement hervorragende Arbeit leisten. Dazu gehört vor allem eine wirkungsvolle Öffentlichkeitsarbeit. Die Wasserdemo am 1. Mai in Mirow und die Aktivitäten heute und viele andere machen es, glaube ich, deutlich. Ich möchte hier aber auch die Gelegenheit nutzen und aufrufen, dass sich möglichst viele Menschen, möglichst viele Verbände, Vereine, Organisationen der Aktionsgemeinschaft anschließen und damit natürlich diese Basis, die wir brauchen, verbreitern. Denn eins ist uns klar, einfach wird es nicht.

Denn wenn wir heute den vorliegenden Antrag beschließen, steht zwar die Landesregierung in der Pflicht, mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln die Errichtung des Luft- und Bodenschießplatzes in der KüritzRuppiner Heide zu verhindern, aber die Zeit dieser Legislaturperiode ist nicht mehr lange. Wir werden bis zum 2 7. Juni noch einen Bericht über geleistete Aktivitäten erhalten. Und ich möchte an dieser Stelle schon mal deutlich sagen, dass für mich die Aktivitäten unseres Innenministers Dr. Gottfried Timm bisher durchaus lobenswert sind.

Nichtsdestotrotz, auch wenn in dieser Legislaturperiode nicht mehr viel Zeit ist und unsere Landesregierung hier nicht mehr viel Handlungsspielraum hat, ist der politische Wille des heutigen Landtages für mich durchaus bereits auch eine Weichenstellung und eine Verpflichtung für die Position des neuen Landtages, der neuen Landesregierung, gegenüber der neuen Bundesregierung entsprechend Druck zu machen.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Und gegenüber der neuen Bundeswehr.)

Nach den Wahlen im September wird eine neue Bundesregierung die Entscheidung treffen. Herr Schoenenburg, Sie glauben doch nicht im Ernst, dass in dieser Legislaturperiode zu diesem Thema noch eine Entscheidung getroffen wird.

Ich möchte nur darauf verweisen, wir haben praktisch die Anhörung in den nächsten Tagen.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Seien Sie mal nicht so bierernst, Herr Borchert! – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Ah ja! Herr Schoenenburg, ich sehe, wir sind uns im Grundsatz, in der Sache einig. Ich wollte damit nur noch mal klarstellen, nach den Wahlen im September wird die neue Bundesregierung eine Entscheidung treffen. Ich hoffe natürlich sehr, dass diese Entscheidung im Interesse unseres Landes, aber vor allem im Interesse unserer Menschen in der Müritz-Strelitzer Region getroffen wird. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD)

Danke schön, Herr Borchert.

Um das Wort hat noch mal der Innenminister Herr Dr. Timm gebeten. Bitte, Herr Dr. Timm.

(Andreas Bluhm, PDS: Na dann können wir ja auch noch mal. – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Jetzt rede ich auch noch mal. Ich bin gegen Tiefflug. – Heiterkeit bei Angelika Gramkow, PDS)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Position der Landesregierung ist allen hinreichend bekannt. Ich habe in der Märzsitzung des Landtages ausführlich in der Debatte diese Position dargelegt. Ich habe Ihnen auch das Schreiben zur Kenntnis gegeben, das ich an den Bundesverteidigungsminister Scharping in dieser Angelegenheit geschrieben habe.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Und? Zuckt er sich oder nicht?)

Das Schreiben ist Ihnen bekannt, Herr Schoenenburg. Das Schreiben ist vor allem auch der Bürgerinitiative bekannt.