waltschaft Verfassungsinstitutionen. Und da kann man, bevor allzu leichtfertig Vorwürfe wie Untreue und illegale Parteienfinanzierung erhoben werden, den entsprechenden Respekt erwarten. Ein Landtagsabgeordneter ist auch im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft vom Volk unmittelbar gewählter Repräsentant. Er ist Volksvertreter und man kann darum nicht mit ihm umspringen, wie man will. Und darum pochen sowohl die Beschlüsse zur Immunität wie zur Öffentlichkeitsarbeit auf die Respektierung des verfassungsrechtlichen Status der Abgeordneten und der Fraktionen als parlamentarische Gliederung. Da werden wir als Abgeordnete und Fraktionen, wie man so sagt, keine Luft heranlassen. Dazu gehört, dass wir uns auch von keiner Staatsanwaltschaft der Welt vorschreiben lassen werden, ob und wie wir gedenken, Öffentlichkeitsarbeit durchzuführen, und wofür wir im Einzelnen die entsprechenden Mittel der Fraktionen verausgaben.
Drittens, es geht, so meine ich, von den Beschlüssen eine Botschaft an den Justizminister aus, die schlicht und einfach lautet: Herr Minister, pfeifen Sie die Staatsanwälte zurück! Denn die eingeleiteten Verfahren sind abenteuerlich und dubios und sie sind auch nicht mit Bauchschmerzen oder in Grenzen vertretbar.
Eines hat mich in dem Zusammenhang schon gewundert, dass nämlich dem Ministerium überhaupt nicht daran gelegen war, dem zuständigen Ausschuss die Prüfung der Schlüssigkeit der Anklagen beziehungsweise des Tatverdachts zu ermöglichen. Natürlich lag keinem Abgeordneten des Ausschusses daran, über Staatsanwälte ein Tribunal abzuhalten. Aber warum sollte man denn, so frage ich, nicht die Staatsanwälte näher befragen, was sie sich denn bei der Abfassung der Anklage beziehungsweise bei der Begründung des Tatverdachts gedacht haben. Und es lag doch schließlich dem Ausschuss, der die Beschlussempfehlung auszuarbeiten hatte, lediglich ein dürres Schreiben der Staatsanwaltschaft von sage und schreibe eineinhalb Seiten vor, die faktisch überhaupt keine juristische Subsumtion erkennen ließen.
Und wer auch nur ein bisschen Ahnung hat, weiß doch, wie rechtlich kompliziert ein Untreuevorwurf ist. Wenn der sich dann auch noch gegen Landtagsabgeordnete richtet und sich gegenständlich auf das weite Feld der legalen Öffentlichkeitsarbeit bezieht, dann ist das schlicht und einfach abenteuerlich. Das geht doch bereits los mit der enormen Schwierigkeit, den Vermögensnachteil beziehungsweise die Vermögensschädigung nachzuweisen, wenn die Fraktion über die Verausgabung eigener, ihr gehörender Mittel entscheidet.
Meine Damen und Herren, wie soll denn der Vorsatz, die vorsätzliche Verletzung von Treuepflichten, worum es bei Paragraph 266 StGB geht, begründet werden? Wie soll denn das gehen? Es lag doch ein Fraktionsbeschluss vor. Und schließlich ist dem Schreiben überhaupt nicht zu entnehmen, ob die Staatsanwaltschaft, was unverzichtbar ist, den Vorwurf an den Verfassungsvorgaben zum Abgeordneten- und Fraktionsstatus, zur Ausstattung und Autonomie von Fraktionen, zur Chancengleichheit der Opposition und am übrigen Parlamentsrecht geprüft und erwogen hat. Der Begriff „Indemnität“ kommt beispielsweise in dem Schreiben überhaupt nicht vor. Indemnität, das wurde schon gesagt, schützt aber den Abgeordneten vor strafrechtlichen Verfolgungen für Äußerungen im Parlament und auch für Entscheidungen, an denen er beteiligt war. Die Schweriner Staatsanwaltschaft will aber den Abgeordneten daraus, an der entsprechenden Entschei
dung über Öffentlichkeitsarbeit teilgenommen zu haben, den Strick drehen, wie man so sagt. Kurzum, sehr geehrter Herr Minister, es hätte genügend Grund für eine Diskussion oder für mehrere Diskussionen mit der Staatsanwaltschaft gegeben.
Nun hat allerdings die Staatsanwaltschaft ein Problem, wie sie künftig das Verfahren beerdigen will. Denn es ist doch wohl klar, dass sie jedenfalls von den beteiligten 1 8 Abgeordneten niemanden auf die Anklagebank bringen dürfte. Wie will man aber um die nachwirkende Indemnität herumkommen? Ebenso ist es mehr als fragwürdig, die CDU-Fraktion von der Bestrafung von vornherein freizustellen, nur weil dort kein entsprechender Beschluss über die Schaltung von zwei Anzeigen zustande kam. Es ist doch wohl mehr als albern, sich dafür dort strafrechtlich an einer Mitarbeiterin schadlos halten zu wollen. Der Widersinn ist: Wer einen ordentlichen Fraktionsbeschluss fasst, wie die SPD es getan hat, wird bestraft. Wer die Mittel ohne irgendeinen Beschluss ausgibt, bleibt straflos. Wo ist denn da die Logik der Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft, frage ich mich allen Ernstes, meine Damen und Herren und Herr Minister!
Eines ist aber im Ergebnis der bisherigen Diskussion auch klar geworden: Der Landtag braucht in seinem Abgeordnetengesetz eine noch klarere Beschreibung der Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen. Und die Pauschalerlaubnis in der Geschäftsordnung für die Staatsanwaltschaft, gegen Abgeordnete ermitteln zu können, muss zumindest mit klaren Schranken versehen werden. Das wird dieser Landtag in dieser Wahlperiode sicher nicht mehr leisten, aber das dürfte eine Aufgabe sein, die der kommende Landtag ganz zuerst, nämlich bevor er seine Geschäftsordnung in Kraft setzt, zu leisten hat. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Entscheidungen zur Immunität sind getroffen. Die Debatte um die Entschließung des Landtages zur Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen ist deshalb eine Debatte um zukünftiges Handeln, um die zukünftige Handhabung in diesem schwierigen Bereich. Ich begrüße das sehr.
Es kann nicht sein, dass Paragraph 51 Absatz 2 Abgeordnetengesetz ausdrücklich zulässt, dass die Fraktionen die Öffentlichkeit über ihre Arbeit informieren, der einzelne Abgeordnete sich bei Ausübung dieses Rechts aber dem Vorwurf strafbaren Handelns aussetzt. Das Problem liegt darin, dass eben nur sehr schwer abzugrenzen ist, was ist erlaubte Information der Öffentlichkeit über die Arbeit der Fraktionen und was nicht mehr.
Der Vorsitzende des Rechtsausschusses hat von einer Grauzone gesprochen, einer Grauzone übrigens, die überall in Deutschland besteht und allen Länderparlamenten die Arbeit schwer macht, weil die Parlamentarier nicht sicher sein können, was sie dürfen und was nicht. Dass es diese Grauzone gibt, geht auch klar aus dem Gutachten der überparteilichen Landtagsverwaltung hervor. Das können wir auch nicht hinwegdiskutieren. Diese Grauzone muss bereinigt werden. Wir brauchen eine eindeutige
Klärung, die alle Zweifel endgültig und unmissverständlich ausräumt, und zwar für ganz Deutschland, für alle Parlamente.
Zu einer solchen Klärung werden sicherlich die Erörterungen und Überlegungen der Konferenz der 16 Landtagspräsidenten zu diesem Thema beitragen,
vor allem dann, wenn es, wie dies offenbar geplant ist, einen Dialog und eine Rückkoppelung mit den 16 Rechnungshofpräsidenten gibt, die sich seit längerem mit diesen Fragen beschäftigen. In diesem Zusammenhang begrüße ich auch die heutige Entschließung des Landtages Mecklenburg-Vorpommern als einen wichtigen Schritt in diese Richtung.
Meine Damen und Herren, es geht um eine politische Frage, die der Gesetzgeber entscheiden kann. Die Politik sollte die Beantwortung dieser Frage deshalb nicht den Gerichten überlassen, wie dies bei schwierigen Fragen manchmal gern geschieht.
Ich meine, das sollten die Parlamentarier selbst entscheiden. Ich persönlich würde es begrüßen, wenn es dabei eine Lösung gäbe, die selbstverständlich im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben dem gewandelten Verständnis von der Rolle der Fraktionen Rechnung tragen würde. Die Fraktionen müssen möglichst weitgehend die Möglichkeit erhalten, den Bürgerinnen und Bürgern, die sie als Vertreter in das Parlament entsandt haben, öffentlich Rechenschaft über ihre Arbeit zu geben. So weit zur Frage der Öffentlichkeitsarbeit.
Meine Damen und Herren, zu einer Debatte um zukünftige Handhabungen gehört auch die Frage: Wie halten wir es in Zukunft mit der Staatsanwaltschaft? Die Staatsanwaltschaft ist für ihr Vorgehen in diesem Einzelfall hart kritisiert worden. Das muss die Justiz vertragen. Sie, Herr Helmrich, haben auch Kritik am Minister geäußert, darauf will ich gerne eingehen.
Sie haben gesagt, es bleibe das Geheimnis des Ministers, weshalb ich den Staatsanwälten keine Aussagegenehmigung erteilt hätte. Also, es geht nicht um eine Aussagegenehmigung. Der Rechtsausschuss ist kein Untersuchungsausschuss. Es geht darum, wen ich als Minister zu einer bestimmten Erörterung mitbringe. Ich hätte das von mir aus nicht angesprochen, warum es selbstverständlich keine Diskussion um Einzelheiten der Ermittlungen geben kann. Um Einzelheiten der Ermittlungen! Es geht doch nicht nur um eine abstrakte Rechtsfrage. Das mag bei der SPD-Fraktion so sein, die den gesamten Sachverhalt offen gelegt hat und die übrigens die betreffenden Rechtsausschussmitglieder in der Sitzung des Rechtsausschusses durch andere Mitglieder ersetzt hat.
Das ist bei der CDU-Fraktion anders. Da weiß die Staatsanwaltschaft nicht, wer verantwortlich war. Das können also auch Mitglieder des Rechtsausschusses sein. Unter diesen Umständen können wir doch nicht Einzelheiten des tatsächlichen Ablaufs mit den zuständigen
Staatsanwälten diskutieren, diskutieren ganz offenkundig mit dem Ziel, die Staatsanwälte zu überzeugen, die Ermittlungen nicht fortzuführen. Also, das geht nicht!
(Dr. Armin Jäger, CDU: Ach! – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Das war ja wohl auch nicht die Absicht des Rechtsausschusses.)
Ich selbst und der Generalstaatsanwalt haben selbstverständlich zur Verfügung gestanden für alle allgemein rechtlichen Fragen, alle politischen Fragen. Ich bitte Sie da auch, hier heute keinen falschen Eindruck zu erwecken.
Und, Herr Helmrich, was Ihre Rede sonst angeht: Ich versuche, mir einmal Ihre Kritik vorzustellen, die Sie hier sicherlich mit dem gleichen Schwung vorgetragen hätten, nur in die andere Richtung, wenn der Justizminister frühzeitig den Staatsanwälten untersagt hätte, über Ermittlungen gegen 18 seiner Parteifreunde nachzudenken.
Meine Damen und Herren, ich weiß aus vielen Gesprächen mit Einzelnen von Ihnen, wie sehr Sie betroffen sind von den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft, die Sie als völlig unberechtigt, als verletzend und als Eingriff in die Rechte der ersten Gewalt empfinden. Ich habe dafür volles Verständnis. Alle, die sich mit diesem Verfahren beschäftigt haben, wissen ja, dass es zu den Rechtsfragen, um die es hier geht, durchaus unterschiedliche Auffassungen gibt.
Wie sollen wir also in Zukunft damit umgehen, wenn Staatsanwälte eine Rechtsauffassung vertreten, die umstritten ist, die vielleicht sogar nicht einmal der Mehrheit der vertretenen Auffassungen entspricht? Meine Damen und Herren, wie bei der Frage der Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen möchte ich auch hier nicht, dass Mecklenburg-Vorpommern aus dem Geleitzug der anderen 15 Länder und des Bundes ausschert.
Auch dieses Problem haben nicht wir allein. In der rechtlichen Diskussion der letzten Wochen um die Frage der Immunität ist immer wieder die so genannte PofallaEntscheidung des Bundesverfassungsgerichts erwähnt und besprochen worden.
In diesem Fall aus Nordrhein-Westfalen ging es ebenfalls um das Vorgehen von Staatsanwälten gegen einen Abgeordneten. Mein nordrhein-westfälischer Kollege Dieckmann hat die Erfahrungen aus diesem Fall und die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts dazu zum Anlass genommen, für die Zukunft die allgemeinen Grundsätze schriftlich niederzulegen, in welchem Maße Staatsanwälte in ihrer fachlichen Bewertung der Kontrolle unterliegen, unter welchen Voraussetzungen der Generalstaatsanwalt eine Sache an sich ziehen und selbst entscheiden soll und in welchen Fällen eine Weisung des Ministers im Einzelfall geboten ist. Diese Grundsätze sind veröffentlicht in der „Deutschen Richterzeitung“, Februar 2002, Seite 43. Lassen Sie mich nur einige wenige Sätze daraus zitieren, Frau Präsidentin, mit Ihrer Erlaubnis:
„1. Die Staatsanwaltschaften nehmen im Staatsgefüge eine Sonderstellung ein. Sie stehen – bildlich gesprochen – zwischen Exekutive und Judikative.
2. Staatsanwälte sind dem Legalitätsprinzip verpflichtet, d. h. dem Verfolgungszwang gegen jeden Verdächtigen ohne Ansehen der Person. Sie sollen dementsprechend frei ermitteln.
3. Die Staatsanwälte … sind inhaltlich unabhängig. Ihnen und nicht dem Justizministerium obliegt die Entscheidungshoheit über die Ermittlungen.
4. Staatsanwälte unterliegen einer dreistufigen Aufsicht und Leitung: durch ihren Behördenleiter, durch den Generalstaatsanwalt und durch das Justizministerium. …
5. Das Justizministerium ist in diesem abgestuften Weisungssystem mit seinem sog. externen Weisungsrecht die letzte Instanz. Vorgeschaltet sind gleichsam als staatsanwaltschaftliche Selbstkontrolle die internen Aufsichts- und Weisungsrechte des Leitenden Oberstaatsanwalts als Behördenleiter und vor allem die des Generalstaatsanwalts als vorgesetzte Behörde.
6. Auf allen drei Stufen ist die unüberschreitbare Grenze für das Aufsichts- und Weisungsrecht das Legalitätsprinzip. Dieses begrenzt das Weisungsrecht kompromisslos.
… Fachaufsicht ist die Kontrolle der Richtigkeit der Dienstausübung – keinesfalls eine politische Kontrolle. Eine Weisung kommt deshalb … nur in dem Fall in Betracht, dass der zuständige Generalstaatsanwalt gegen eine rechtsfehlerhafte staatsanwaltschaftliche Sachbehandlung zu Unrecht nicht einschreitet.
10. Eine Weisung erginge auf jeden Fall nur in schriftlicher Form. Dies dient der Überprüfbarkeit und Transparenz. Adressat wäre stets der Generalstaatsanwalt als die zuständige Stelle im Instanzenzug. Dieser hätte die Weisung des politisch verantwortlichen Ministers seinerseits zunächst auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. …“
Meine Damen und Herren, soweit ich sehe, entsprechen diese Grundsätze dem, wie auch alle übrigen Bundesländer, wenn auch ohne ausdrückliche schriftliche Festlegung, verfahren und wie auch bei uns bisher verfahren worden ist. Ich selbst halte das nach wie vor für überzeugend. Ich meine, wir sollten im Rechtsausschuss darüber sprechen, ob wir ebenfalls eine entsprechende förmliche Richtlinie oder modifizierte förmliche Richtlinie verabschieden. Ich würde mich freuen, wenn wir im Dialog zu einer allgemein akzeptierten Handhabung kommen würden. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die jetzige Aussprache ist ja eigentlich nur einer der möglichen Endpunkte einer bisher auch schon in der Öffentlichkeit vollzogenen Auseinandersetzung. Es sind uns, den Mitgliedern des Landtages Mecklenburg-Vorpommern, auch öffentliche Hinweise, auch öffentliche Vorhaltungen, auch Befremdlichkeiten mit auf den Weg gegeben worden, die sich vielleicht kleiden lassen in die Problemlage: Warum igelt ihr euch mit den Beschlüssen, die wir im vergangenen Tagesordnungspunkt gefasst haben, sozusagen ein? Habt ihr eine Furcht vor Strafverfolgung? Ein reines Gewissen kann
Darauf ist Folgendes zu sagen: Der Herr Justizminister hatte ziemlich am Anfang, als diese Auseinandersetzung öffentlich geführt wurde, eine Pressemitteilung herausgegeben, die – ich zitiere das jetzt nicht, sondern sage das so, wie ich das aufgefasst habe – Folgendes besagt: Das Parlament hat in den Gerichten nichts zu suchen. Das gilt aber nur in ihrer doppelten Funktion und Aussage, nämlich dass die Parlamentarier und das Parlament als Ganzes in die Gerichte nicht hineinzureden haben. Andererseits kann das Parlament als Ganzes in der Regel und vernünftigerweise auch nicht Gegenstand einer gerichtlichen Strafverfolgung sein. Ich möchte das ausdrücklich festgestellt wissen.