Zu hinterfragen ist das Ziel, die Förderbandbreite zu erweitern. Was haben wir davon, wenn immer weniger Künstler und Kulturschaffende immer weniger Geld für ihre Projekte zur Verfügung bekommen? – Kaum etwas, meine Damen und Herren, außer dass das Klagelied der Kultur immer lauter und nachdrücklicher wird.
Also, Frau Bretschneider, auf dem von Ihnen skizzierten Weg wollen wir gerne mitgehen und die Kulturförderung neu ausrichten.
Sehr geehrte Damen und Herren, aber bei so viel Lob zum Schluss doch noch ein wenig politische Kritik, sonst hätten Sie mich hier auch nicht ernst genommen heute.
Sie wissen alle, dass dieser Kulturminister mit Kultur nicht allzu viel am Hut hat. Deswegen war die Kulturentwicklungsplanung auch nie so sein eigenes Ding gewesen. Der Ausschuss musste ihn regelrecht zum Jagen tragen. Dabei war es nicht die CDU, die in ihrer Koalitions
vereinbarung die Landeskulturentwicklungsplanung als politisches Ziel definierte, sondern es waren SPD und PDS. Bereits die zweite Legislaturperiode wird nun daran gewerkelt – mehr schlecht als recht. Wir waren nie ein Freund eines Planes. Gerade wenn wir von Kultur sprechen, von einem Plan zu sprechen, das widerspricht sich eigentlich in sich selbst. Und wenn, sehr geehrter Herr Minister, Ihre Projektgruppe 1999 bereits zu dem Ergebnis kam, dass eine Landeskulturentwicklungsplanung nicht praktikabel erscheint,
warum haben Sie nicht im Sinne der Ausführungen von Frau Bretschneider in der Kulturpolitik schon längst umgesteuert?
Ja, er hat sich heute angewöhnt, immer, wenn ich rede, den Saal zu verlassen. Das passiert mir jetzt gerade zum dritten Mal. Ich vermerke das mit Aufmerksamkeit.
Mit dem Haushalt 2002/2003 hatten wir dazu eigentlich eine gute Gelegenheit. Wir wären darüber wirklich nicht böse gewesen, aber wenn man Ihren Bericht, Herr Minister, so weiterliest, dann wird mir wirklich bange. Sie schaffen Schaltstellen, Koordinationsbüros, Sie reden, Sie reden und Sie reden – Entscheidungen werden keine getroffen. Sie wollen über eine ABM die Kulturarbeit in den Kommunen analysieren lassen, Sie wollen aus der Kulturentwicklungskonzeption ein Beschäftigungsprogramm machen. Aber, meine Damen und Herren, das ist nicht das Ziel. Wir wollen nicht in erster Linie die Kulturarbeit der Kommunen unterstützen, das ist nämlich nicht unsere Aufgabe. Und – ich will hier wieder an Frau Bretschneider anknüpfen, das ist auch unsere Position – wir wollen und müssen als Land definieren, was wir fördern wollen.
Und, Herr Kauffold, Ihr Ministerium kennt die Struktur. In zwölf Jahren sind doch bei Ihnen so viele Förderanträge eingegangen, dass Sie wissen, welche Strukturen wir haben. Was wir bis heute nicht geschafft haben, ist die Tatsache, dass wir neben den Theatern bestrebt sind, alles und jeden zu fördern.
Und darum kommen jedes Jahr die Musikschulen und nun auch die Filmleute. Wer ist es denn dann nächstes Jahr? Alle wollen nicht unbedingt mehr, meine Damen und Herren, sie wollen Verlässlichkeit und Planbarkeit.
Dann können sie auch damit leben, dass eventuell einmal Entscheidungen gegen den einen oder anderen getroffen werden.
Herr Friese, ich möchte eine klare Entscheidung, was wir fördern und wie wir es fördern, damit die Kulturschaffenden im Land endlich Klarheit darüber haben, wie sie zukünftig arbeiten können.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Peter Ritter, PDS: Das beinhaltet doch, was wir nicht fördern und wen wir nicht fördern.)
Aber nicht in jedem Jahr anders, meine Damen und Herren, gerade so, wie die Antragslage bei der Projektförderung liegt.
Und somit hat eine Kulturentwicklungskonzeption natürlich und zwingend mit der Kulturförderrichtlinie zu tun. Die, meine Damen und Herren, muss grundlegend überarbeitet werden, wenn wir uns auf bestimmte Schwerpunkte der Kulturförderung verständigen. Diesen Prozess, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, möchte ich aber nicht von einem Kulturminister umgesetzt bekommen, der wenig für die Kultur übrig hat und sich nicht gerade durch Entscheidungsfreude ausgezeichnet hat. Für ein Schulgesetz benötigte er vier Jahre, für ein Hochschulgesetz benötigte er vier Jahre.
Also, meine Damen und Herren, wenn Frau Bretschneider im Bildungsausschuss derart konsensfähige Vorschläge unterbreitet, dann sollte sich der neue Bildungsausschuss im Herbst so schnell wie möglich dieser Aufgabe annehmen. Und da Frau Bretschneider bei der SPD ja einen vorderen Listenplatz einnimmt, wird sie diesen Prozess bestimmt aktiv begleiten wollen. Ich wünsche ihr, dem Bildungsausschuss und dem Hohen Hause viel Erfolg dabei, doch eine Kulturkonzeption und eine Kulturförderrichtlinie auf den Weg zu bringen, die die Kultur unseres Landes wirklich unterstützen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die kulturpolitisch bedeutsamen Debatten für die Länder und für den Bund in den nächsten Jahren finden seit gut einem Jahr in Berlin statt – im Bundeskanzleramt durch den Staatsminister für Kultur und Medien und auf der Ministerpräsidentenebene der Länder durch die Ministerpräsidenten selber. Beide Ebenen reden über eine zeitgemäße Ausgestaltung des Kulturföderalismus in Deutschland. Ich halte diese Debatte für so wichtig, dass ich dazu hier im Landtag etwas sagen möchte.
Der Bund vertritt die Meinung, dass es eine nationale Verantwortung für die Kultur gebe, der die Politik künftig stärker als bisher gerecht werden müsse. Diese nationale Verantwortung für die Kultur schließe, so der Bund, eine gestaltende Kulturpolitik des Bundes ein. Die Ministerpräsidenten wollen dieses Thema nur im Zusammenhang mit der Frage einer zeitgleichen Verständigung über die Einrichtung einer gemeinsamen Kulturstiftung des Bundes und der Länder sowie im Rahmen des Gesamtzusammenhangs der Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung erörtern. Beide Seiten haben dazu Standpunkte ausgetauscht, beide gegenseitig abgewogen, bestätigt und zum Teil auch verworfen.
Die Landesparlamente sind bisher in diese Neuordnung der Kulturzuständigkeit zwischen Bund und Ländern nicht eingebunden, die Kommunen ebenfalls nicht. Ich halte dieses für problematisch und möchte deshalb von hieraus anregen, dass auch die Landtage sich in diese Debatte einbringen. Ich begrüße die Debatte, weil Kulturförderung
des Bundes in unserem Land, und ich glaube, auch in den anderen neuen Bundesländern, weniger als Einschränkung unserer Hoheit als vielmehr als Hilfe bei der Erhaltung unserer Kulturlandschaft verstanden wird. Reiche Bundesländer, auch Geberländer genannt, mögen dieses anders sehen. Ich sage für die SPD-Fraktion ganz klar: Für den Erhalt der kulturellen Infrastruktur in den neuen Bundesländern wird der Umfang der Bundesförderung entscheidend, ja unverzichtbar bleiben. Ich komme darauf konkret zurück.
Die Debatte zum Kulturföderalismus muss geführt werden. Inzwischen haben auch die Fraktionen von SPD, CDU und FDP im Deutschen Bundestag Anträge zum Kulturföderalismus eingebracht. Die Förderung des Bundes für kulturelle Aufgaben und damit die Betonung der Kultur für das Leben einer Gesellschaft, die nicht nur gewinnorientiert im materiellen Sinne ist, sondern auch werteorientiert, diese Bundeskulturpolitik war in der Zeit des Bundeskanzlers Helmut Kohl zu oft fünftes Rad am Wagen. Sie war marginal und Artikel 35 des Einigungsvertrages, der verlangt, dass nach der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten die Kultur in den neuen Bundesländern keinen Schaden nehmen darf, war bis 1998 ein Bekenntnis mit wenig Folgen.
Dieses sah auch der Bundesrat so. Er stellte in seiner Stellungnahme zum Bundeshaushalt bereits im Jahre 1995 fest, ich zitiere: „Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Mittel für Kulturförderung deutlich zu erhöhen. Die aufgebrachten Mittel reichen bei weitem nicht aus, um den Bestand der kulturellen Einrichtung von gesamtstaatlicher Bedeutung in den Ländern zu sichern.“ Mit der Übernahme der Regierungsverantwortung durch die SPD auf Bundesebene im Jahre ’98 wurden daraus Konsequenzen gezogen. Rot-Grün erklärte, ich zitiere: „Kulturpolitik des Landes besteht künftig nicht mehr nur in einer fiskalisch ausgerichteten Kontrolle. Sie wird auch in inhaltlicher und in fachlicher Hinsicht parlamentarisch begleitet und mitgestaltet.“ So der neue Staatssekretär für Kultur und Medien.
Ausdruck dieser Kulturpolitik nach Innen war die Berufung eines Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und Medien beim Bundeskanzler und auf der parlamentarischen Ebene die Einrichtung eines Ausschusses für Kultur und Medien auf der Seite des Bundestages. Diesen gab es bisher nicht. Aber die Bundesregierung ließ es nicht bei diesen Berufungen. Sie schuf neue rechtliche Grundlagen, die auch im Land Mecklenburg-Vorpommern bereits Wirkung entfaltet haben und diese weiter entfalten werden:
Ich darf kurz benennen das Künstlersozialversicherungsgesetz. Mit der Novellierung dieses Gesetzes sind jetzt selbständige Künstler und Publizisten besser als bisher sozial abgesichert. Wichtig an diesem Gesetz: Der Bund gewährt künftig einen Zuschuss zur Künstlersozialkasse und garantiert so die Funktionsfähigkeit dieser Kassen.
Ich nenne das Urheberrecht. Die Reform des Urheberrechts sichert den Urhebern und ausübenden Künstlern einen gesetzlichen Anspruch auf angemessene Vergütung und verschafft gleichzeitig den Verwertern die notwendige Rechtssicherheit.
Ich nenne drittens die Buchpreisbindung. Gegen die Absicht der Europäischen Kommission konnte durch den entschiedenen Einsatz der Bundesregierung die
Buchpreisbindung in Deutschland aufrechterhalten werden. Die EU-Kommission akzeptiert jetzt, dass die Buchpreisbindung im Rahmen nationaler Regelungen erfolgen kann.
Ich nenne weiterhin die Besteuerung selbständiger ausländischer Künstlerinnen und Künstler, deren Steuern wir herabgesenkt haben mit dem Ergebnis, dass diese Erhöhung, die unter der Regierung Kohl 1996 vorgenommen wurde, zu einer Reduzierung ausländischer Künstlerkontakte um ein Drittel geführt hat. Dieses haben wir korrigiert.
Ich nenne schließlich die Reform des steuerrechtlichen Teils des Stiftungsrechtes und die Gründung der Kulturstiftung des Bundes.
Meine Damen und Herren, die Länder haben den Anstoß der Bundesregierung zur Debatte über den Kulturföderalismus aufgenommen. Auf der Ebene der Regierungschefs arbeitet eine AG zur Systematisierung und Entflechtung der Kulturförderung und der Kulturstiftung der Länder. Der Stand der Gespräche zwischen dem Bund und den Ländern ist hier angelangt, ich zitiere aus den Besprechungen vom 13.06. diesen Jahres: „Gleichzeitig bleibt aber auch zwischen Bund und Ländern bei diesem Vorhaben ein grundsätzlicher Dissens bestehen. Der Bund nimmt im Kulturbereich ungeschrieben kraft Kompetenz, kraft Natur der Sache und damit einer mehr oder weniger umfassend eigenen Zuständigkeit für kulturelle Aufgaben von nationaler und internationaler, regionaler und landesübergreifender Bedeutung für sich in Anspruch.“ Die Länder widersprechen diesem zum Teil heftig, zum Teil aber auch weniger heftig.
Meine Damen und Herren, ich bin der festen Überzeugung, wir müssen in der Bundesrepublik Deutschland im politischen Raum in den nächsten Jahren über das Problem des Föderalismus grundsätzlich neu nachdenken. Wenn Sie alleine auf die Diskussion um die PISA-Studie schauen. Wie hier Föderalisten sich dagegen wehren, zu einheitlichen Bewertungen oder zu gemeinsamen Standards über die Bundesgrenzen hinweg zu kommen, halte ich für falsch. Diese Debatte wird dazu führen, dass wir den Föderalismus neu ausgestalten. Als Innenpolitiker sage ich, die Zuständigkeit von Bundes- oder regionalen Sicherheitsbehörden und Ämtern ist mitunter auch ein Hindernis bei der Bekämpfung von Kriminalität und bei der V e r f o lgung von entsprechender Kriminalität. Auch hier müssen wir darüber nachdenken, wie wir zu einer Neuordnung und einer Neudefinition des Föderalismus kommen. Und schließlich glaube ich, dass wir die Frage des Föderalismus auch unter dem Gesichtspunkt, wie kann und soll der Bund sich in den Ländern kulturell engagieren, neu definieren müssen.
Meine Damen und Herren, ich will darauf im Einzelnen nicht eingehen, zumal das eine sehr komplizierte Debatte ist, wenn man auf das Grundgesetz verweist. Dort ist ja festgeschrieben, was der Bund kann und was er nicht kann. Es schweigt das Grundgesetz aber auch und verlangt die Ausgestaltung durch den Bundes- und den Landesgesetzgeber.
Meine Damen und Herren, der Bund engagiert sich auf eine Art und Weise, die man für den Erhalt der Kultur in unserem Land nur beispielhaft nennen kann. Ich nenne hier das Projekt „Programm in den neuen Bundesländern“, wo in den Jahren von 1998 bis 2000 alleine 30 Millionen in unser Land geflossen sind, die jeweils von den
Ländern und von den Kommunen auch kofinanziert sind. Ich darf daran erinnern, dass von dieser Bundeskulturförderung das Staatstheater Schwerin profitiert hat, der Mecklenburg-Vorpommern Film e. V., die Stiftung Meeresmuseum Stralsund, die Philharmonie in Neubrandenburg, die Landesbibliothek in Schwerin, das Landesarchiv, das Schloss Bröllin, das Theater Vorpommern, das Kommunale Kino Neubrandenburg und, und, und.
Was ich sagen will, ist dieses, meine Damen und Herren, und da möchte ich den Minister für Kultur ausdrücklich ermutigen: Bleiben Sie in Ihrem Bestreben unerschrocken und hart, dass der Bund sich für die Kultur in den neuen Bundesländern, in Mecklenburg-Vorpommern engagieren soll! Folgen Sie hier nicht den reichen, den Geberländern, die den Bund zurückdrängen wollen! Die können dieses gerne tun. Wir sollten dieses nicht tun, wir brauchen den Bund ganz einfach zum Erhalt der kulturellen Infrastruktur.
Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen sagen, dass Vorpommern zum großen Teil von dieser Bundesförderung profitiert hat. Alleine das Pommersche Landesmuseum in Greifswald wäre ohne finanzielle Unterstützung des Bundes nicht möglich gewesen, ebenso das Meeresmuseum Stralsund. Diese beiden Leuchttürme können nur strahlen, weil der Bund sich engagiert hat. Und als Mecklenburger freue ich mich, dass der Bundeskanzler persönlich sich mit Schreiben an den Ministerpräsidenten vom Mai diesen Jahres für das in Planung befindliche Ozeaneum des Meeresmuseums Stralsund ausgesprochen hat und zu gemeinsamen Beratungen des Bundes mit dem Land über Möglichkeiten zur Finanzierung dieses großartigen Projektes eingeladen hat.
Mein Kollege aus Vorpommern klatscht Beifall. Ich sage Ihnen, ich freue mich auch als Mecklenburger, dass so ein Leuchtturm neu in unserem Lande entsteht.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich am Schluss Folgendes sagen: Ich möchte die Debatte nutzen, um, wie bereits angesprochen, unserer Landesregierung den Rücken zu stärken für die schwierigen Gespräche einerseits mit den anderen Bundesländern und mit dem Bund über das Engagement des Bundes in den neuen Ländern. Ich bitte den Minister zu prüfen, ob wir mit den zwei Leuchttürmen, die wir haben, bereits genug bedient sind oder ob nicht die Möglichkeit besteht, dass man ihnen noch den einen oder anderen Leuchtturm beifügen kann. Ich bitte die Landesregierung, die Körbe I und II – der Minister weiß, was damit gemeint ist – daraufhin zu prüfen, ob Mecklenburg-Vorpommern hier bei bestehenden Einrichtungen nicht unterrepräsentiert ist und ob die Möglichkeit besteht, hier Veränderungen im Sinne von mehr Ansiedlungen dieser Institutionen in Zukunft hier in Mecklenburg-Vorpommern zu erreichen.
Ich frage: Muss es dabei bleiben, dass, und ich zitiere jetzt: „bundeszentrale Einrichtungen fremder Volksgruppen und Glaubensgemeinschaften von heimatlosen Ausländern“, so dieser Titel, wie zum Beispiel Vietnamesen in Hannover verbleiben, oder könnten diese nicht nach Mecklenburg-Vorpommern verlagert werden? Mecklenburg-Vorpommern, die Menschen hier haben ja reiche Erfahrungen im Umgang mit den Sorgen und auch mit den Freuden der vietnamesischen Menschen. Und ich frage: Muss die zentrale Organisation polnischstämmiger Gruppen, zum Beispiel der Bund der Polen in Recklinghausen,