Protokoll der Sitzung vom 26.06.2002

Das Wort hat der Vorsitzende der CDU-Fraktion Herr Rehberg. Bitte sehr, Herr Rehberg.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! In der „Schweriner Volkszeitung“ vom 20. Juni 2002 stand die Aussage der PDS-Fraktionsvorsitzenden, dass sie das vorliegende Gesetz für eines der modernsten Hochschulgesetze in Deutschland halte.

(Angelika Gramkow, PDS: Das sage ich heute noch mal, Herr Rehberg.)

Meine Damen und Herren, das ist es nicht.

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Na wenn Sie das sagen, Herr Rehberg!)

In einigen wenigen Tagen wird eine Studie des Stifterverbandes der Wissenschaft erscheinen, in der alle Hochschulgesetze der Länder auf Herz und Nieren geprüft werden. Entgegen Ihrer Behauptung, Frau Gramkow, ist das Hochschulgesetz von Mecklenburg-Vorpommern nicht im ersten Drittel der Hochschulgesetze Deutschlands vertreten,

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Angelika Gramkow, PDS: Das, was wir heute verabschieden?! – Zuruf von Andreas Bluhm, PDS)

so, wie auch Mecklenburg-Vorpommern nicht im ersten Drittel der Länder vertreten ist, die bei PISA sehr gut abgeschnitten haben.

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Noch gibt es das Gesetz gar nicht. Das beschließen wir heute erst, Herr Rehberg. Das kann gar nicht bewertet worden sein.)

Sie haben sich, Herr Kollege Bartels, den Entwurf der Landesregierung vorgenommen.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Angelika Gramkow, PDS: Das ist aber Pech! – Dr. Gerhard Bartels, PDS: Da sind Sie einfach nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Haben Sie das noch nicht bemerkt?! Ich sag nachher noch was dazu.)

Sehen Sie mal, es ist ja schon bemerkenswert, wie Sie selber über den Entwurf der Landesregierung lachen.

(Heidemarie Beyer, SPD: Nee, wir lachen über Sie. – Dr. Gerhard Bartels, PDS: Wir lachen über Sie, Herr Rehberg. Sie machen hier die Witzfigur.)

Meine Damen und Herren, das ist genau das Gleiche, wie auch Mecklenburg-Vorpommern nicht im ersten Drittel bei PISA abgeschnitten hat, sondern im unteren Drittel.

(Heiterkeit und Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Andreas Bluhm, PDS: Na, da gucken Sie mal in die SVZ von heute, Herr Rehberg!)

In der modernen Kommunikation spricht man vom Selbstbild und vom Fremdbild einer Person oder einer Gruppe.

(Zuruf von Barbara Borchardt, PDS)

Ihr Selbstbild ist, dass das vorliegende Hochschulgesetz eines der modernsten Deutschlands ist. Das Fremdbild sagt, nein, es ist es nicht. Das Selbstbild des Bildungsministers sagt, dass wir mit Unterrichtsausfall und Klassengrößen im mittleren Feld Deutschlands liegen. Das Fremdbild sagt aber, Mecklenburg-Vorpommern liegt auf Platz 11 von 14 der in der PISA-Studie gewerteten Bundesländer in der Königsdisziplin, dem Lesen.

Meine Damen und Herren, Ihr Selbstbild stimmt nicht.

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Hauptsache, Ihres stimmt!)

Sie sind zu weit weg von dem, was die Menschen im Land bewegt. Sie sind zu weit weg von dem, was diese Zeit wirklich braucht, was die Hochschulen in einem strukturschwachen Land in einer globalisierten Wissenswelt wirklich brauchen. Und Sie werden genau das heute wieder versuchen. Sie werden mit vielen schönen Worten den Studenten, Professoren, wissenschaftlichen Mitarbeitern, Laboranten und vielen anderen Mitarbeitern an den Hochschulen versuchen klar zu machen, dass dieses Hochschulgesetz ein modernes ist,

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Haben Sie die Stel- lungnahme von Herrn Wildenhain nicht gelesen?)

ein Gesetz, das den Hochschulen Autonomie und Freiheit gibt, ein Gesetz, das für die Hochschulen zukunftsweisend ist.

Und wenn der Rektor der Universität Rostock Professor Wildenhain am Montag meint, die Hochschulen könnten mit dem Gesetz leben, dann können sie damit leben, weil sie es satt haben,

(Heiterkeit bei Dr. Gerhard Bartels, PDS)

unter der politischen Entscheidungsmüdigkeit die Leidtragenden zu sein.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Volker Schlotmann, SPD: Glauben Sie das wirklich, was Sie hier erzählen?!)

Meine Damen und Herren, vier Jahre, Professor Kauffold, haben Sie gebraucht, um den Hochschulen ein neues Gesetz zu geben. Ein Jahr davon haben Sie Mecklenburg-Vorpommern im Zustand des permanenten Rechtsbruchs gehalten, weil Sie das Hochschulrahmengesetz von 1998 nicht im Rahmen der gesetzlichen Fristen umgesetzt haben. Das ist ein bezeichnendes Rechtsverständnis einer Landesregierung und der regierungstragenden Parteien.

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Also wenn Ihnen nicht mehr einfällt zu dem Thema!)

Wildenhain sagt aber auch, dieses Gesetz sei nicht der große Wurf.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Na weil er auch nicht von der CDU ist. Das ist doch ganz klar.)

Ist es auch nicht, da das Verständnis dieser Landesregierung und der Regierungsfraktionen von Autonomie und Freiheit

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Sie müssen selbst da noch maulen, wo Sie nichts zu maulen haben.)

immer noch zu sehr mit der Schlossstraße, also dem Finanzministerium, verknüpft ist, als mit den Begriffsdefinitionen von Autonomie und Freiheit, die sich die jetzige Hochschulreformdebatte

(Zuruf von Dr. Gerhard Bartels, PDS)

europaweit zu eigen gemacht hat. Das hat damit nichts, aber auch gar nichts zu tun.

Meine Damen und Herren, das ist die Dimension, um die es zuerst geht: Europa. Europa und nicht Mecklenburg-Vorpommern! Die Welt und nicht Mecklenburg-Vorpommern! Wir haben es an anderer Stelle schon mehrfach deutlich gemacht, für die Welt und für Europa sind die sechs Hochschulen in Mecklenburg-Vorpommern entbehrlich. Aber für Mecklenburg-Vorpommern sind sie lebenswichtig, überlebenswichtig.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Die Bologna-Erklärung von 1999 setzte Maßstäbe für die Entwicklung eines europäischen Hochschulraumes. Aber was in diesem Land betrieben wird, ist eine kleinkarierte Hochschulpolitik ohne Visionen und ohne Mut. Was in diesem Land betrieben wird, ist die Degradierung der Hochschulen zu Ausbildungsstätten, zu Schulen.

(Andreas Bluhm, PDS: Nun reden Sie mal das Land noch ganz schlecht!)

Mecklenburg-Vorpommern wird mit diesem Hochschulgesetz nicht anziehender, einladender für Wissenschaftler aus Europa oder aus der Welt.

Mecklenburg-Vorpommern vergibt heute eine große Chance, weil Sie, die Koalition, nicht geschaut haben, was die anderen Bundesländer machen,

(Unruhe und Heiterkeit bei einzelnen Abge- ordneten der PDS – Andreas Bluhm, PDS: Lesen Sie mal den „Focus“ und den „Spiegel“. Da sieht das ganz anders aus!)

welche Entwicklung Europa nimmt. Ich will dies an einem simplen Beispiel deutlich machen. In MecklenburgVorpommern werden die Hochschulen auch künftig rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts sein, ohne, meine Damen und Herren, ohne Ausnahme. Das Hochschulrahmengesetz lässt Ausnahmen zu, wovon zum Beispiel Niedersachsen zukünftig Gebrauch machen wird und seine Hochschulen in Stiftungen umwandelt,

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Und das passt Ihnen nun gar nicht. Aber das werden Sie auch nicht ändern.)

man höre, um die Wirtschaftlichkeit der Einrichtungen zu erhöhen. Das wird in Mecklenburg-Vorpommern nicht möglich sein, wenn wir als CDU dies im Herbst nicht schleunigst ändern.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Immer los! – Dr. Gerhard Bartels, PDS: Sagen Sie doch deut- lich, dass Sie die Privatisierung der staatlichen Hochschulen wollen! Sprechen Sie es doch mal aus und reden Sie nicht drum rum! – Barbara Borchardt, PDS: So mutig ist er nicht.)

Dieses simple Beispiel im Vergleich mit einem ebenfalls sozialdemokratisch geführten Land zeigt, dass SPD und PDS in Mecklenburg-Vorpommern nicht willens waren, die Rahmensetzungen des Hochschulrahmengesetzes vollständig auszuschöpfen.

(Beifall Steffie Schnoor, CDU – Angelika Gramkow, PDS: Stimmt, wir wollen nicht privatisieren, Herr Rehberg. Das stimmt.)

Einmal mehr wird deutlich, dass dieses Land nicht schlecht ist und wir es nicht schlechtreden, Sie aber es vier Jahre schlecht regiert haben und noch schlecht regieren. Das sieht man an diesem Gesetz.

(Dr. Gerhard Bartels, PDS, und Barbara Borchardt, PDS: Jaja.)