Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich eine Vorabbemerkung machen. Ich werde jetzt über Realitäten reden, nicht über ein Papier vom Oktober 2001, sondern über den tatsächlichen Gegenstand der heutigen Debatte, nämlich die Beschlussempfehlung.
Ich gehe einmal davon aus, dass auch dem Landtag ein bisschen Kultur nicht schaden sollte. Deshalb möchte ich meinen Beitrag heute mit einem Gedicht von Christian Morgenstern beginnen, das seit langem zu meinen Lieblingstexten gehört:
Palmström, etwas schon an Jahren, wird an einer Straßenbeuge und von einem Kraftfahrzeuge überfahren.
Wie war (spricht er, sich erhebend und entschlossen weiterlebend) möglich, wie dies Unglück, ja –: daß es überhaupt geschah?
Ist die Staatskunst anzuklagen in Bezug auf Kraftfahrwagen? Gab die Polizeivorschrift hier dem Fahrer freie Trift?
Oder war vielmehr verboten hier Lebendige zu Toten umzuwandeln – kurz und schlicht: Durfte hier der Kutscher nicht –?
Eingehüllt in feuchte Tücher, prüft er die Gesetzesbücher und ist alsobald im klaren: Wagen durften dort nicht fahren!
Und er kommt zu dem Ergebnis: Nur ein Traum war das Erlebnis. Weil so schließt er messerscharf, nicht sein kann, was nicht sein darf.
Wer die heute gesprochenen, die gedruckten und anderswie zu verfolgenden Kaffeesatzlesereien unserer – ich zitiere eine CDU-Formel partiell – „trägen und mutlosen“ Opposition zum Hochschulgesetz in den letzten Wochen und Monaten zur Kenntnis genommen hat,
wird sich sicher nicht wundern, warum ich ausgerechnet auf dieses Gedicht von Morgenstern gekommen bin. Die CDU im Allgemeinen und Frau Schnoor im Besonderen tönen und schreiben doch seit längerem darüber, dass es in dieser Legislaturperiode dieses moderne Gesetz nicht mehr geben wird. Nun stehen sie da mit ihrer Hellseherei und rufen, das ist nicht so, weil, getreu nach Morgenstern, nicht sein kann, was nach Meinung der CDU nicht sein darf.
Und, meine Damen und Herren, obwohl es eigentlich nicht meine Art ist und die inhaltlichen Fragen des neuen Gesetzes viel wesentlicher sind, möchte ich doch an ausgewählten Ereignissen verdeutlichen, wie die CDU ihre ach so konstruktive Oppositionsarbeit eigentlich gestaltet.
Frau Schnoor hat in der Ersten Lesung des vorliegenden Gesetzentwurfes ihre Hoffnung ausgedrückt, „dass dieses Hochschulgesetz nicht so in Kraft tritt, wie es hier heute als Entwurf vorliegt“. Ende des Zitats. Übrigens haben Dr. Rißmann und ich der verehrten Frau Kollegin schon damals versichert, dass sie da ganz ruhig sein könne – aber dies nur am Rande. Frau Schnoor beendete ihre Ausführungen dann mit folgenden Aussagen: „Wir werden den Entwurf gründlich beraten und, meine Damen und Herren, wir werden uns Zeit dafür nehmen.“ Und dann etwas später: „Und ich bitte Sie einfach, lassen Sie uns im Ausschuss gemeinsam daran arbeiten, hier an dieser Stelle ein Gesetz zu schaffen, das die Zukunft des Landes sichert. Wir werden der Überweisung zustimmen.“ Ende des Zitats.
In ihren damaligen Ausführungen machte Frau Schnoor auch kenntlich, dass sie sehr wohl einige Unterlagen des
Anhörungsverfahrens auf Regierungsebene sowie das ministerielle Protokoll der Auswertung dieses Verfahrens kannte. Schon aus diesen Unterlagen wurden viele prinzipielle Kritiken von Seiten der Hochschulen sehr deutlich. Die CDU sollte also nicht so tun, als sei sie von den Ergebnissen der Anhörungen total überrascht. Die CDU brauchte diese gespielte Überraschung aber, um ihren Antrag zur Zurückziehung des Entwurfes durch die Regierung in Verleugnung der eigenen Aussagen in der Ersten Lesung wenigstens scheinbar begründen zu können.
Dass Frau Schnoor dann den Antrag selbst zurückzog, ist nur ein weiteres Indiz für ihren ziemlich hilflosen Umgang mit dem Gesetzentwurf.
Den vorläufigen Höhepunkt der im Kaffeesatzlesen endenden Hochschulpolitik der CDU stellt die Presseerklärung von Frau Schnoor vom 11.06.2002 dar. Der Minister ist schon darauf eingegangen. Hier sieht Frau Schnoor hellsichtig, wie sie immer ist, voraus, weil ja nicht sein kann, was nicht sein darf, „dass auch auf der morgigen Sitzung des Bildungsausschusses keine abschließende Beratung des Gesetzes möglich sein wird“. Ende des Zitats. Wie realitätsnah sind doch die christdemokratischen Prophezeiungen!
In der Presseerklärung werden die Regierungsfraktionen dann unter Hinweis auf die angeblich fehlende Verbesserungsfähigkeit des Gesetzentwurfes aufgefordert, „konsequent (zu) sein und die parlamentarische Farce (zu) beenden. Lieber ein Ende mit Schrecken als Schrecken ohne Ende“. Ende des Zitats. Mein Eindruck auf der angeblich so ergebnislosen Ausschusssitzung am 12.06.2002 war allerdings ein Schrecken ohne Ende bei der CDU, weil die Regierungsfraktionen doch ein Ergebnis zustande gebracht hatten.
Am Ende der Presseerklärung kündigt die CDU dann an, dass Professor Kohler gleich nach den Wahlen ein modernes Hochschulgesetz verfassen wird. Mit dem heutigen Tag hat sich diese Aufgabe ja dann erledigt
und ich hoffe, dass Professor Kohler, nachdem sich dann das so genannte Kompetenzteam auch erledigt haben wird, wieder etwas mehr Zeit für hochschulpolitische Streitgespräche mit mir hat.
Die waren in den vergangenen sechs Jahren durchaus anregend und produktiv, auch wenn es einige Grundpositionen gibt, Herr Riemann, in denen wir uns gegenseitig nicht überzeugen werden.
(Peter Ritter, PDS: Es ist komisch, dass Sie da nicht drin sind, Herr Riemann. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD, PDS und Wolfgang Riemann, CDU – Zuruf von Friedbert Grams, CDU)
Und ich will deutlich zu diesen Positionen einiges sagen und das will ich hier auch ganz deutlich tun.
Die PDS wird niemals der Privatisierung unserer Hochschulklinika zustimmen und auch die Privatisierung der staatlichen Hochschulen, sei es auch als Bestandteil einer
Und das erkenne ich ganz deutlich, dass das der CDU nicht passt, wurde heute auch deutlich, aber selbst da vermeidet die CDU klare Aussagen, ich komme gleich noch mal darauf zurück.
Und eine weitere Grundposition will ich hier auch deutlich sagen: Die PDS wird ebenfalls niemals der generellen Einführung von Studiengebühren zustimmen. Es wäre für mich schon einmal sehr interessant, von der CDU Aussagen zu derartigen elementaren hochschulpolitischen Grundsatzfragen zu erfahren. Meine diesbezüglichen Hoffnungen wurden leider auch heute enttäuscht. Gehen Sie doch mal nach Greifswald, Herr Rehberg oder Frau Schnoor, und erklären Sie, dass Sie die Privatisierung des Hochschulklinikums in Greifswald wollen!
In den heftigen Diskussionen 1999 haben Sie sich vor klaren Aussagen gedrückt. Bis heute gibt es dazu keine klare Aussage der CDU,
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Andreas Bluhm, PDS: So ist es. – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)
Stattdessen finden sich dann gedruckte Hellsehereien wieder. Frau Gramkow hat auf die Hochglanzbroschüre schon hingewiesen. Dort finden sich unter der Überschrift „So geht es mit Mecklenburg-Vorpommern wieder voran“ unter dem Stichwort „Hochschulpolitik“ folgende von der CDU genannte Notwendigkeiten:
richtig, liebe CDU, steht bereits im Regierungsentwurf und natürlich auch in der Fassung der Beschlussempfehlung.
(Beifall Rudolf Borchert, SPD, und Angelika Gramkow, PDS – Wolfgang Riemann, CDU: Aber immer noch mit goldenen Zügeln.)