Protokoll der Sitzung vom 10.04.2003

Meine Damen und Herren, die Investitionen wurden von 712 auf 536 Millionen Euro heruntergefahren. Währenddessen hat die Landesverwaltung einen Personalabbau nicht betrieben, sondern sie hat von 1997 bis 2002 sogar einen Zuwachs der Personalkosten um 5,5 Prozent zu verzeichnen.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Hört, hört!)

Meine Damen und Herren, die Lage ist bekannt, aber offenbar ist das Motto der Landesregierung „MV ruht gut“. Aber das ist ein Slogan, den wir uns nicht leisten können.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, wir haben ein Sofortprogramm zur finanziellen Rettung der Kommunen vorgelegt. Aber wenn ich heute die Debatte zum Nachtragshaushalt noch einmal Revue passieren lasse, dann habe ich eher den Eindruck, dass SPD und PDS die Kommunen offensichtlich mit ihren Programmen ruinieren wollen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Deswegen, meine Damen und Herren, darf die Infrastrukturpauschale im Jahr 2004 nicht um über 50 Millionen Euro abgesenkt werden. Das ist verkehrt. Die EFREMittel sind auch kein Ersatz, weil EFRE-Mittel nicht pro Kopf ausgereicht werden können und schon heute eine Position der Wirtschaftsförderung sind. Die Vorzüge der Investitionspauschale, das heißt, dass sie zur Komplementärfinanzierung genommen werden können, sind mit den EFRE-Mitteln nicht möglich.

Meine Damen und Herren, die Streichung der Mindestfinanzausstattung der Kommunen, angedroht vom Ministerpräsidenten... ab 2006

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

kehrt die verfassungsmäßige Verpflichtung zur Ausstattung der Kommunen mit den erforderlichen Mitteln jetzt endlich ins komplette Gegenteil.

Die Landesregierung muss auf Bundesebene endlich deutlich machen, und das habe ich heute Morgen vollkommen in der Debatte vermisst, was man gerade bei dem Punkt „Verbesserung der Kommunalfinanzen“ tun

will. Warum nicht das Niveau der Gewerbesteuerumlage wieder auf das Niveau vor der Steuerreform 2000 anheben?

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Allein der Landkreis Ludwigslust, also nicht nur die kreisfreien Städte, verliert im Jahr 2002 weit über 1 Million Euro.

(Angelika Gramkow, PDS: Aber nicht anheben, Herr Rehberg!)

Absenken, Entschuldigung, Freud’scher Versprecher. Ist hochgegangen auf 30, muss runter auf 20. – Danke schön, Frau Gramkow.

Zweitens. Die nicht abgerufenen Gelder aus dem Flutopferfonds von rund 2 Milliarden Euro müssen in Gemeinden unmittelbar für Investitionszwecke als Zuschuss zur Verfügung gestellt werden.

(Ministerin Sigrid Keler: Das klingt aber in Sachsen ganz anders!)

Drittens. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer heute noch sagt, dass das so genannte Investitionsprogramm des Bundes den Kommunen hilft, das mag noch in der einen oder anderen reichen Kommune irgendwo im Süden oder im Südwesten Deutschlands der Fall sein.

(Wolfgang Riemann, CDU: Koserow.)

Unseren Kommunen aber helfen keine Kredite, sondern echte Zuweisungen des Bundes und deswegen keine neuen Kreditprogramme, sondern die 2 Milliarden Euro aus dem Flutopferfonds, die nicht ausgegeben werden an die Kommunen, insbesondere in Ostdeutschland beziehungsweise auch an Kommunen in kulturschwachen Regionen der alten Bundesländer.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wie ernst nimmt man das eigentlich mit dem Konnexitätsprinzip beim Bund? Die Mehrbelastungen der Kommunen durch das Grundsicherungsgesetz werden nicht in voller Höhe vom Bund getragen, sondern alle Experten sagen, dass vier Fünftel der Lasten allein von den Kommunen getragen werden müssen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, sicher kann man Ja zur Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe sagen, aber die Verantwortung für die Arbeitsmarktpolitik und ihre Folgen muss beim Bund liegen und nicht auf die Kommunen abgeschoben werden.

(Sigrid Keler, SPD: Ja, das soll ja auch so sein! – Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Deswegen muss das Konnexitätsprinzip in das Grundgesetz aufgenommen werden. Die Landesregierung kann doch über den Bundesrat eine Initiative starten, wir haben das ja in der Landesverfassung stehen. Eine umfassende Gemeindefinanzreform muss dauerhafte, berechenbare und wachstumsfähige Steuerquellen für die Kommunen gewährleisten.

Aber auch das Land ist gefordert. Der den Kommunen zustehende Anteil an den Gesamteinnahmen nach Paragraph 5 Absätze 1 und 2 FAG muss angemessen angehoben und die Mindestfinanzausstattung entsprechend erhöht werden. Die Investitionspauschale des Landes darf nicht gekürzt werden.

(Beifall Dr. Ulrich Born, CDU)

Drittens. Wie haben Sie das genannt, Frau Gramkow: „Spielwiese des Innenministers“?

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, das fand ich aber niedlich. – Angelika Gramkow, PDS: Ja!)

Ich werde Sie gerne zitieren, wenn die eine oder andere Kommune nicht mehr die Eigenmittel für ein wichtiges Investitionsprojekt im kommunalen Bereich aufbringen kann.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, so ist das! So ist das! – Angelika Gramkow, PDS: Fragen Sie mal, was gefördert worden ist!)

Wissen Sie,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, das kann ich Ihnen sagen! Sogar ganz genau!)

dann bin ich lieber dafür, dass Herr Timm eine Spielwiese hat, dass ein Radweg gebaut wird und dass eine Schule saniert wird, als dass die 6,9 Millionen Euro gestrichen werden. Dann lieber Spielwiesen für den Innenminister.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, wenn Sie wirklich planen, wie der Presse zu entnehmen war, mit der Novellierung des FAG dem kreisangehörigen Raum Geld wegzunehmen und den kreisfreien Städten zuzuschieben, ob Sie da 6 Millionen Euro nehmen, 12 oder 14 Millionen Euro, das hilft niemandem. Ich kann Sie nur dringend auffordern, novellieren Sie das FAG so, dass die Finanzmisere nicht unter dem Motto läuft: Auch ein Huhn mit abgeschlagenem Kopf läuft noch ein paar Meter! Das heißt, packen Sie noch etwas obendrauf, anders geht es nämlich nicht!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wissen Sie, was mittlerweile auch schmerzlich ist, und zwar, dass sich die beiden kommunalen Landesverbände auf den so genannten Gleichmäßigkeitsgrundsatz einlassen und auf die Verbundquote verzichten. Und um irgendwelchen Legenden vorzubeugen, wenn wir heute noch eine Verbundquote von 28 Prozent hätten, heute im Jahr 2003, dann würden wir eine Finanzausgleichsmasse von 1 Milliarde 445,9 Millionen Euro haben. Das sind 167 Millionen Euro, also etwa gute 235 Millionen Deutsche Mark mehr.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn Sie mal die letzten Jahre mit Ihrer so genannten Mindestgarantie zusammenrechnen, wenn Sie bei 28 Prozent geblieben wäre, dann würden Sie weit über eine halbe Milliarde Euro kommen, die Sie den Kommunen vorenthalten haben. Das ist die Wahrheit!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Die PDS hat ja mal von über 30 gesprochen.)

Darauf gehe ich gar nicht ein, denn wenn wir die 30 genommen hätten, dann wären wir über 200 Millionen Euro allein für 2003 gekommen. Aber das ist doch keine verlässliche Politik.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, die kommunalen Landesverbände ärgern sich schon heute, dass sie sich auf diesen Deal eingelassen haben. Deswegen brauchen wir für das nächste Jahr 100 Millio

nen Euro mehr, 50 Millionen Euro für die Infrastrukturpauschale und 50 Millionen Euro mehr in der Mindestfinanzgarantie.

Meine Damen und Herren, haben Sie sich schon einmal angeguckt, wie die Relationen bei der Personalausstattung zwischen Kommunen und Land wirklich sind? Ich muss sagen, ich nehme den Hut ab vor den Kommunen, die,

(Zuruf von Ministerpräsident Dr. Harald Ringstorff)

Herr Ministerpräsident, da Sie so schön dazwischenrufen,

(Siegfried Friese, SPD: Wir haben nichts verstanden!)

bei 18,5 bei den Vollzeitbeschäftigten auf 1.000 Einwohner liegen. Falls Ihnen das nicht bekannt sein sollte, das sind nur 2,3 über dem Bundesdurchschnitt. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 16,2. Sie liegen als Landesregierung um 10 über Schleswig-Holstein. Das heißt, Sie haben eine Personalausstattung – Angaben des Statistischen Bundesamtes, die letzten aktuellen – von 31,1 pro 1.000 Einwohner und Schleswig-Holstein hat 21,4.

(Sigrid Keler, SPD: Das ist doch falsch!)