(Harry Glawe, CDU: Dann fangen Sie jetzt mal an damit, dann fangen Sie mal an damit! – Zuruf von Kerstin Fiedler, CDU)
Wissen Sie, Herr Glawe, was sollen die Leute, was sollen die Gäste davon denken, wenn wir hier wieder anfangen und so tun, als ob wir die Ritterrüstung anhaben?!
(Harry Glawe, CDU: Dann fangen Sie doch bitte mal an, etwas vorzutragen und nicht immer nur Populismus zu machen!)
Jawohl, es ist so, seit dem 14. März werden zum Glück innenpolitische Debatten in Deutschland wieder gehalten und von den Inhalten der Regierungserklärung Agenda 2010 spricht das Land, sprechen die Menschen in Deutschland. Es gab zu der Schröder-Rede, das ist richtig, unterschiedliche Erwartungen und es ist eben ausdrücklich nicht die Aufkündigung des Sozialstaates, so, wie Sie es hier deutlich machen wollten. Nein, wir Sozialdemokraten sind die Reformpartei,
wir sind die Partei, die alles daransetzen wird, soziale Gerechtigkeit durchzusetzen. Das ist unser Grundsatz.
Die Botschaft lautet, wir wollen Wohlstand sichern und die Substanz, Herr Rehberg, des Sozialstaates garantieren. Das ist im Übrigen die Hauptaufgabe, die wir anzupacken haben, und zwar gemeinsam. Gemeinsam!
Nachdem sowohl die Arbeitgeberverbände als auch die Gewerkschaften leider – leider, betone ich – eine Rückkehr ins Bündnis für Arbeit jeweils für sich ausgeschlossen haben, war es ein notwendiges, ja, ein vorausschauendes notwendiges Machtwort des Kanzlers, das er vorgelegt hat. Die Zeit ist reif und war absolut reif. Gerhard Schröder hat vorgelegt und alle anderen müssen gesellschaftlich jetzt auch darüber diskutieren und die Kräfte müssen sich daran reiben. Ich weiß, es gibt zum Teil natürlich heftige Kritik. Zum Innehalten ist es aber auch nicht an der Zeit, sondern auch in den eigenen Reihen innerhalb der Partei und in den Gewerkschaften müssen
wir darüber diskutieren. Ich nehme diese Kritik sehr ernst, aber ich wende mich ausdrücklich dagegen, das Kind gleich wieder mit dem Bade auszuschütten, alles zu zerreden, bevor die konkreten Formulierungen und Gesetzestexte nun auf dem Tisch liegen.
Und ich nehme auch Ihren Antrag ernst, Herr Rehberg, wirklich, aber wenn man sich das mal durchliest, was da an Substanz einer Opposition in diesem Antrag formuliert ist, dann geht das gegen null oder es liegt unter null.
Ich meine auch, wir werden alles sehr genau prüfen müssen. Bis zum Sommer werden drei große Komplexe in Gesetzesform gegossen sein. Die Gesundheits- und Strukturreform, die Gemeindefinanzen einschließlich der Arbeitslosen- und Sozialhilfe sowie der ganz große Bereich – dazu haben Sie ja im Übrigen wieder überhaupt nichts gesagt –, der ganz große Bereich des Mittelstandes für Wachstum, Handwerksordnung, Arbeitsmarkt und Arbeitsrecht – dazu haben Sie im Wesentlichen überhaupt nichts gesagt.
Wenn die Eckpunkte dafür fertig sind, dann geht es ins Detail. Und das müssen wir auch diskutieren. Für die SPD-Fraktion kann ich hier ausdrücklich sagen, dass wir diesen Diskussionsprozess führen werden, und zwar mit den Menschen – Herr Rehberg, vielleicht hören Sie zu –, und, wenn es sein muss, auch auf den Marktplätzen.
Im Übrigen hat die Opposition wirklich auch die Aufgabe – auch das hätten Sie zitieren können –, nämlich nach der Verfassung, Alternativen aufzuzeigen. Für mich ist das nicht deutlich geworden. Es tut mir Leid, Herr Jäger.
Die Debatte, die Sie uns heute mit Ihrem Antrag aufzwingen wollen, Herr Rehberg, ist allerdings auch zum großen Teil eine Art von Populismus. Mangels eigener Konzepte flüchten Sie sich nämlich ins Allgemeine und befassen dieses Hohe Haus wieder einmal mit einem Gemisch aus Verunsicherungen – Verunsicherungen, betone ich ausdrücklich –, Besserwisserei und auch Selbstgerechtigkeit. Das sind Sie ja auch nicht anders gewohnt.
Und ich hatte wirklich auch die Hoffnung, dass substantiell etwas passiert. Ich weiß auch gar nicht genau, ob ich mich mit den einzelnen Themen von Ihnen auseinander setzen soll oder lieber gleich bei Edmund Stoiber nachlesen sollte. Ich werde Ihnen das auch noch mal darstellen. Es ist auch so schwer festzustellen, wer bei Ihnen innerhalb der CDU eigentlich noch die Erste Geige spielt.
Ist es nun eigentlich Herr Stoiber, ist es Herr Koch, Herr Merz oder vielleicht doch Frau Merkel? Gerade Ihre Parteivorsitzende ist ja zurzeit nicht nur wegen der schlimmen Kriegsäußerungen sogar innerparteilich sehr stark unter Druck. Auch die Forderungen nach einer – und das gerade für Mecklenburg-Vorpommern und die neuen Bundesländer, das muss man sich mal auf der Zunge zergehen
das soll man sich mal in Mecklenburg-Vorpommern überlegen! Die Leute haben sowieso kein Geld und dann werden sie auch noch ausgeschlossen erst mal für die ersten vier Wochen. Was soll denn so was?!
Oder die Rentenkürzung für Kinderlose verdeutlicht doch, dass die CDU-Vorsitzende tatsächlich krampfhaft versucht, die Meinungsführerschaft in den eigenen Reihen erst mal zurückzugewinnen. Das muss man doch wohl auch mal sagen. Schriftlich im Übrigen gibt es von der CDU bis jetzt ja gar nichts, außer von Herrn Stoiber innerhalb seines 40-Punkte-Programmes, das er ja vorgelegt hatte.
Ich habe ja auch zur Kenntnis genommen, sehr geehrter Herr Rehberg, dass Sie gleichermaßen jetzt Kritik geäußert haben. Es stellt sich nur die Frage: Warum haben Sie so lange geschwiegen oder sind Sie eigentlich gar kein Mitglied mehr im Kompetenzteam von Herrn Stoiber?
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU und Dr. Margret Seemann, SPD)
(Unruhe bei Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Genau so handeln Sie ja auch, Herr Backhaus.)
Die Stoiber’sche Linie war doch damals keine andere als heute im Wahlkampf. Zu dem, was Deutschland und erst recht die neuen Länder erwarten würde, wenn die CDU oder die CSU auch noch das Sagen hätten, hier nur eine kleine Auswahl: Aufhebung des Prinzips des Flächentarifvertrages, meine Damen und Herren, indem die Tarifparteien ohne Zustimmung der Tarifparteien Haustarife abschließen können.
Zum großen Teil haben wir das im Übrigen leider schon in Mecklenburg-Vorpommern. Das ist auch die Realität. Die Arbeitslosenhilfe wird gestrichen, wenn es nach Ihnen geht.
(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU, und Eckhardt Rehberg, CDU – Harry Glawe, CDU: Was ist denn mit Ihnen los, Herr Backhaus?! Wer hat Ihnen das alles aufgeschrieben?)