Protokoll der Sitzung vom 10.04.2003

Frau Ministerin Keler, 1 Euro Eigenheimzulage bringt zwischen 3 und 4 Euro an verschiedenen Steuern herein. So, wie Sie denken, das ist rein buchhalterisch. So, wie wir denken, das ist volkswirtschaftlich. Das ist der Unterschied.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Heiterkeit bei Jörg Heydorn, SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind dafür, dass das JUMP-Programm nicht weitergeführt wird. Und, Herr Ministerpräsident, erklären Sie mir doch mal bitte, wie trotz JUMP die Zahl der 20- bis 25-jährigen Arbeitslosen, trotzdem wir eine hohe Abwanderung zu verzeichnen haben, vom März 2002 bis zum März 2003 um 3.100 gewachsen ist.

(Reinhard Dankert, SPD: JUMP hätte eben noch höher sein müssen.)

Sie wissen doch genauso wie ich, dass JUMP nicht mehr und nicht weniger als ein Parkhaus für Jugendliche ist, dass das eigentlich null Effekte einbringt. Dieses Geld ist viel besser – und da stimme ich Herrn Dr. Backhaus zu, weg mit dem Programm „mv4you“ –, um ein Programm zu entwickeln und Leistungsträger im Land zu halten und sie nicht erst außer Landes gehen zu lassen. Das ist die richtige Politik!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Und da unterscheiden Sie sich beide offenkundig sehr.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin...

(Reinhard Dankert, SPD: Für den Ansatz von „mv4you“ kriegen sie eine Fachkraft im Land gehalten. Das wissen Sie auch ganz genau. Aber machen Sie ruhig!)

Wissen Sie, Herr Kollege Dankert, ich würde das Geld folgendermaßen einsetzen, weil offenbar die Arbeitsverwaltungen nicht in der Lage sind, das zu leisten. Ich würde wirklich in Unternehmen nachfragen, welche Fachkräfte brauchen sie im Land. Ich will sie nicht erst weggehen lassen. „mv4you“ geht zu den Arbeitsämtern hin und fragt, wo sind die jungen Leute hingegangen, und so weiter und so weiter.

(Regine Lück, PDS: Das sind aber 200.000, über die Sie reden, schon fünf Minuten lang.)

Nein, ich würde das im Land machen, Leistungsträger im Land halten. Gehen Sie raus zu den Unternehmen, viele suchen Fachkräfte. Beim Arbeitsamt werden sie oftmals leider nicht gemeldet. Da muss man mal fragen, was hat die Arbeitsverwaltung selber zu diesem Zustand beigetragen. Das wäre für uns, für mich der richtige Ansatz, JUMP und „mv4you“ einzusetzen, Leistungsträger im Land zu halten. Und da haben wir auch alle miteinander etwas gekonnt und machen Sie sich darauf gefasst, einen entsprechenden Antrag werden wir auch im Landtag demnächst stellen.

(Angelika Gramkow, PDS: Beim Haushalt haben Sie ihn nicht gestellt.)

Und dann können wir sehen, ob Ihr neuer Parteivorsitzender das Ernst meint mit seinen Aussagen vom Samstag in Neustrelitz oder ob das nur Säbelrasseln war.

(Beifall Dr. Armin Jäger, CDU – Regine Lück, PDS: Sie sind doch gegen arbeitsmarktpolitische Maßnahmen. Sagen Sie doch die Wahrheit!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein Herauskommen aus diesem Teufelskreis Abfahrtsspirale, raus aus der Armutsfalle schaffen nur neue Arbeitsplätze. Und ich warne davor, ich bin auch nicht für Sonderprogramme Ost, aber wir haben unterschiedliche Bedingungen zwischen den alten und den neuen Bundesländern – ich bin sehr dezidiert darauf eingegangen – und deswegen müssen wir aufpassen, dass wir unsere Interessen in und für Mecklenburg-Vorpommern wahrnehmen.

Meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, Sie haben von Engagement gesprochen. Ich würde Sie doch mal ganz herzlich bitten, mal zu überprüfen, was die BioCon Valley GmbH macht. Was sie noch nicht geschafft hat, Herr Dr. Ringstorff, ist ein Internetauftritt. Und ich kann mich erinnern, dass diese GmbH schon seit weit über zwei Jahren arbeitet. Sie haben eben davon gesprochen, dass Sie nur einen Ansprechpartner im Wirtschaftsministerium haben, haben wollen für Existenzgründungen. Herr Ministerpräsident, warum werden in der Landesregierung sechs Ansprechpartner für BioCon Valley ausgewiesen im Internet? Klären Sie doch erst mal diese Kleinigkeiten! Das sind doch aber wichtige Kleinigkeiten, die man klären muss.

Und ich denke, Sie sollten sich wirklich noch mal ganz aktiv dafür einsetzen. Über den Transrapid brauchen wir nicht mehr zu reden, der wird jetzt mit deutschen Subventionen in China gebaut,

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Fahren Sie doch hin, dann können Sie damit fahren!)

aber vielleicht ist es doch von Interesse, mit Geldern anderer europäischer Länder, dass der ITER doch in Greifswald gebaut werden kann. Und vielleicht nehmen Sie sich unseres Gedankengutes an, nehmen Sie Kernfusion als erneuerbare Energie.

Meine sehr verehrten Damen und Herren!

1. Wir müssen in die Zukunft investieren und um jeden Arbeitsplatz kämpfen.

2. Der Zugang zum Arbeitsmarkt muss verbessert werden.

Natürlich halte ich das, was der sächsische Wirtschaftsund Arbeitsminister Gillo auf den Tisch gelegt hat, für interessant und für diskutierenswert. Ich halte überhaupt nichts von den Clement-Vorschlägen, die sind viel zu kurz gegriffen. Wenn Sie heute oder gestern Abend sich mal wirklich ernsthaft auf dem Jahresempfang der IHK mit Unternehmern unterhalten haben, da haben viele gesagt, ich stelle eben nicht den Sechsten ein, ich stelle nicht den Siebenten ein, sondern lasse meine Leute Überstunden schruppen, denn ich muss die Angst haben, in einem halben Jahr habe ich Auftragsflaute und dann habe ich ein Problem vor dem Arbeitsgericht. Wir sagen, Abfindung oder Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmer, das erleichtert ihnen den Zugang zum Arbeitsmarkt. Und ich bin froh darüber, dass wir die 400- und 800-Euro-Minijobs haben,

(Zuruf von Regine Lück, PDS)

denn das bringt die Möglichkeit für viele, gerade in unserem Saisonland, dass wir hier Menschen in Arbeit kriegen. Wir brauchen Leistungsanreize. Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, was wir nicht brauchen, ist, dass ständig die Leistungsträger, die Arbeitnehmer, zur Kasse gebeten werden. Wir brauchen letztendlich Vertrauen zu den Menschen, denn wir als Staat dürfen uns nicht anmaßen, alles für sie zu regeln.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wissen Sie, wenn Sie hier den Zwischenruf „Sprechblasen“ vorgenommen haben, Frau Schildt, ich habe für Sie auch noch die 144 Seiten unseres Wahlprogrammes. Sie können dezidiert nachlesen, was wir zur Flexibilisierung des Arbeitsmarktes meinen. Wir sind schon immer dafür eingetreten, mehr Eigenvorsorge, mehr Selbstbehalt bei der Krankenversicherung vorzunehmen. Wir sind seit Jahren dafür eingetreten, dass wir uns in der Rentenversicherung mehr privat versichern müssen, aber nicht so wie bei dem Flop mit der Riester-Rente. Aber wofür wir nicht sind, und das hat Schröder völlig am 14. März unterlassen und dazu hat Ihr Ministerpräsident heute keine Stellung genommen: Wie wirken sich die Vorschläge spezifisch unter den Bedingungen des Landes Mecklenburg-Vorpommern aus mit einer Arbeitslosigkeit von fast 22 Prozent, mit einer dramatisch hohen Abwanderungsrate und mit dieser Wirtschaftsentwicklung? Von Wachstum kann ich bei minus 0,2 Prozent nicht sprechen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden häufiger in der Zukunft, weil Deutschland in Bewegung ist, weil Deutschland im Wandel ist, Themen, die bundespolitisch interessant sind, auf die Tagesordnung setzen, denn die Menschen in diesem Land wollen wissen, wie die Parteien die Interessen für die Bürger wahrnehmen. Ein blankes Nachreden von Reformplänen eines Bundeskanzlers, das reicht uns nicht aus, sondern die Interessen unseres Landes, unserer Bürger einzubringen, dazu sind wir gewählt worden. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Danke, Herr Rehberg.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete der SPD-Fraktion Herr Dr. Till Backhaus.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Herr Rehberg, Sie haben wieder viel gesagt und aus meiner Sicht jedenfalls frei nach dem Motto gesprochen: Ohne Ziel, die Richtung stimmt. Das ist für mich jedenfalls deutlich geworden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Angelika Gramkow, PDS)

Und, Herr Rehberg, Sie haben ja gestern – und damit will ich auch gleich beginnen – auf der Veranstaltung des Städte- und Gemeindetages Ihre Thesen vorgestellt. Wenn ich mir das heute anschaue – und wir haben uns ja heute Nacht, Sie haben es ja deutlich gemacht, mit dem Vermittlungsausschussergebnis auseinander gesetzt –, dann stimmt die Richtung, die Sie hier proklamieren, und zwar geht es bergab, kein Geld für die Kommunen. Wenn Sie das heute Nacht als positives Ergebnis deklarieren,

(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU)

ja, dann müssen Sie den Gemeinden, den Kommunen in Deutschland erklären, den Landräten und den Bürgermeistern, dass sie 10 Milliarden weniger in ihre Kassen bekommen.

(Wolfgang Riemann, CDU: Da bin ich ja mal gespannt, wie Sie nachher bei unserem Antrag stimmen, Herr Backhaus. – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Das ist die Wahrheit! Das ist die Wahrheit!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Und, Herr Rehberg, wenn man sich den Schuldenberg ansieht, den Sie nun mal auch mit aufgetürmt haben.

(Zuruf von Jörg Heydorn, SPD)

Sie haben ja richtigerweise, ich will das ausdrücklich betonen, Sie haben ja richtigerweise gesagt, dass Sie nicht bei null begonnen haben, nicht bei null, dann ist es richtig, dass Sie diesem Land Mecklenburg-Vorpommern einen Schuldenberg aufgetürmt haben und wir innerhalb dieser Landesregierung ein Schuldenvolumen aufgenommen haben.

(Harry Glawe, CDU: Sie waren nie dabei. Sie haben ja nie mitregiert. Hören Sie doch auf, Herr Backhaus!)

Sie haben innerhalb einer Legislaturperiode genau das Schuldenvolumen aufgebaut,

(Harry Glawe, CDU: Das nimmt Ihnen doch keiner mehr ab!)

das wir in zwei Legislaturperioden umgesetzt haben,

(Harry Glawe, CDU: Das nimmt Ihnen doch keiner mehr ab!)

und damit haben Sie letzten Endes mit dazu beigetragen, dass dieses Land fast handlungsunfähig ist. So ist es!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Heiterkeit bei Eckhardt Rehberg, CDU)

Und ich will auch sachlich versuchen,