Bei den Musikschulen haben wir nur einen Teil der Mittel korrigieren können. Auch ich sage, wir hätten uns mehr gewünscht. Aber aufgrund dieser Situation und auch der Enge des Haushaltes im Bildungsministerium war leider nicht mehr drin.
Ebenfalls wünschenswert wäre natürlich die Aufstockung der familienfördernden Beratungen, wie Sie sie gefordert haben, oder vielleicht auch die Zuweisung für Investitionen beim Innenministerium.
Aber, eine globale Minderausgabe festzuschreiben und zu sagen: Landesregierung, ihr spart zwar 15 Millionen Euro bei den sächlichen Verwaltungsausgaben ein, das finden wir gar nicht so schlecht, auf der anderen Seite müsst ihr aber noch mehr einsparen, wie ihr das macht, ist allerdings eure Sache, aber wir nehmen das Geld schon mal und geben es aus,
(Wolfgang Riemann, CDU: Das machen wir ja nicht, das machen wir ja nicht, Frau Gramkow. Zählen Sie doch mal zusammen!)
das ist eine Mogelpackung und zeugt nicht, Herr Riemann, von der Verantwortung, dass wir hier im Parlament die Gesetzgeber sind, da wir Haushaltshoheit haben. Wir müssen dann auch gemeinsam entscheiden, wo und auf welcher Seite sollen denn diese 30 oder 40 Millionen Euro weggenommen werden, was soll nicht mehr im Land realisiert werden, damit wir auf der anderen Seite Wohltaten, wie Sie es hier machen, verteilen können.
(Beifall Rudolf Borchert, SPD, und Regine Lück, PDS – Bernd Schubert, CDU: Das ist doch dringend notwendig.)
Nach der Debatte – und insbesondere den wortreichen Ankündigungen Ihres Fraktionsvorsitzenden – hätte ich natürlich einen Antrag erwartet, der lautet: Die Mittel, die wir für die Kampagne „mv4you“ ausgeben, die müssen wir eigentlich reduzieren, weil Sie ja vorhin gesagt haben, die Mittel brauchten wir eher, um eine Imagekampagne für dieses Land zu machen, um neue Programme gegen die Jugendarbeitslosigkeit aufzulegen. Oder wir haben ja auch gehört, dass man eventuell darüber nachdenken kann, diese Mittel, die ja so umfangreich sind, für ein neues Fachkräfteprogramm zu realisieren. Erstens haben Sie keinen Antrag gestellt und zweitens glaube ich, haben Sie selbst erkannt, auf welchem Glatteis Sie sich bewegen.
Die Kampagne – Betreuung von jungen Menschen, die unser Land verlassen, weil sie mit diesem Land noch etwas zu tun haben –, diese kostet im Jahr 2003 143.000 Euro. Das ist im Vergleich zu manchen Maßnahmen wenig. Das ist viel für das Engagement dieses Landes, das es damit zeigt, wir haben ein Interesse daran, dass ihr den Kontakt zu Mecklenburg-Vorpommern haltet und dass ihr, wenn ihr zurückkommen wollt, darüber auch eine Möglichkeit bekommt, zumindest darüber nachzudenken, wie dieses geschehen kann. Schaffen Sie es ruhig ab! Aber mit 143.000 Euro alle Programme, die Sie hier heute dargestellt haben, finanzieren zu wollen, das ist ebenfalls eine Mogelpackung.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, dem vorgelegten Nachtragshaushalt zuzustimmen. Wir wissen alle, dass die Maisteuerschätzung und dann eine Novembersteuerschätzung kommt. Wir wissen heute noch nicht, was sie bringen wird. Wir haben heute Nacht mitbekommen, dass über die Veränderungen im Vermittlungsausschuss, höchstwahrscheinlich auch für unser Land Mehreinnahmen realisiert werden sollen, die allerdings – aufgrund der dreifachen Neuverschuldung, die wir geplant haben – meiner Ansicht nach nur zur Senkung der Nettokreditaufnahme eingesetzt werden sollten. Sie wissen auch, dass wir Vorsorge getroffen haben, falls es dazu kommt, dass wir neuerlich Einsparungen in Höhe von 50 Millionen Euro vornehmen müssen, wo wir eventuell auch Forderungsverkäufe realisieren wollen.
Ich sage es noch einmal: Der Nachtragshaushalt gibt keinen Anlass dazu, eine Entwarnung in finanzpolitischer Hinsicht zu geben! Haushalt ist die in Zahlen gegossene Politik. Damit kann nur das, was hier drin steckt, auch letzten Endes realisiert werden. Ich sage noch einmal, dieser Haushalt ist fair, er ist solide im Interesse des Landes aufgestellt! Ich bedanke mich ausdrücklich für die Unterstützung der Kolleginnen und Kollegen des Finanzministeriums, der Fachministerien, letztendlich auch für die Zusammenarbeit in den Ausschüssen und auch für die Begleitung des Rechnungshofes. Geben Sie Ihre Zustimmung, damit das Geld in Mecklenburg-Vorpommern auch fließen kann!
Jetzt hat die Finanzministerin des Landes Frau Keler um das Wort gebeten. Bitte schön, Frau Ministerin, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In meiner Einbringungsrede zur Ersten Lesung des Nachtragshaushalts 2003 habe ich die Grundzüge dieses Nachtragshaushalts dargelegt. Wir haben auch heute schon einiges dazu gehört und ich will Sie nicht mit Wiederholungen langweilen. Ich will mich stattdessen darauf konzentrieren, die gedanklichen Leitlinien, die der Finanzpolitik der Landesregierung zugrunde liegen, hervorzuheben. Ich beginne mit einer offenen und ehrlichen Bestandsaufnahme. Dabei werde ich mich nicht auf das laufende Jahr beschränken, sondern den Bogen zu dem vor uns liegenden Doppelhaushalt 2004/2005 und der Fortschreibung der Finanzplanung schlagen.
Seit dem Frühjahr 2000, also in den vergangenen drei Jahren, ist an den deutschen Börsen Kapital im Umfang von 700 Milliarden Euro vernichtet worden. Meine Damen und Herren, das entspricht dem Haushalt des Landes Mecklenburg-Vorpommern für die kommenden einhundert Jahre.
Ein so gewaltiger wirtschaftlicher Einbruch hat naturgemäß dramatische Auswirkungen auf die Steuereinnahmen. Das, Herr Rehberg, ist der Hauptgrund für den Steuereinbruch bei der Körperschaftssteuer.
Die Konsequenzen für die Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen sind bekannt. Keine Gebietskörperschaft ist ohne gravierende zusätzliche Defizite und Kreditaufnahmen davongekommen. Die Finanzminister in Hessen und Sachsen stehen vor vergleichbaren Problemen wie wir hier in Mecklenburg-Vorpommern. Das ist für niemanden ein Trost, sollte aber eine Mahnung sein, auf die gemeinsamen Probleme nicht mit billiger Polemik zu reagieren.
Wir wissen außerdem, dass der Krieg im Irak, jenseits aller damit verbundenen menschlichen Tragödien, auch die wirtschaftliche Lage und damit die Situation der Haushalte weiter verschärfen wird. Mindestens genauso gravierend ist die Beobachtung, dass die sozialen Sicherungssysteme aus wirtschaftlichen und demokratischen Gründen ins Ungleichgewicht geraten sind.
Bundesfinanzminister Hans Eichel hat in seiner Rede in Schwerin kürzlich zu Recht gesagt, dass die kommenden Generationen nicht bereit sein werden, gleichzeitig die Rentenlasten für eine wachsende Anzahl älterer Mitbürger zu tragen und die Schulden abzuzahlen, die wir in der Gegenwart anhäufen. Herr Dr. von Storch, da gebe ich Ihnen Recht, aber ich komme nachher noch einmal auf Ihre Antwort zurück.
In allen ostdeutschen Ländern haben wir außerdem mit dem Problem zu kämpfen, dass der Aufholprozess nicht so vorangeht, wie wir das in den neunziger Jahren alle erhofft haben. Viele unserer Unternehmen sind unterfinanziert und können die notwendigen Erweiterungs- und Ersatzinvestitionen nur unter größten Schwierigkeiten aufbringen.
Die Arbeitslosigkeit ist hier schon fast wieder so hoch wie zu Beginn der neunziger Jahre. Wir haben schon gehört, dass sich die zahlreichen ABM und SAM, die früher einen Teil der Arbeitslosenproblematik verdeckt haben, nicht unbegrenzt aufrechterhalten lassen. Dadurch werden in den besonders strukturschwachen Regionen, zum Beispiel in Teilen Vorpommerns, die Schwierigkeiten auf ein kaum noch erträgliches Maß verschärft. Die Ursachen für diese Situation kann man nicht einer politischen Gruppierung allein anlasten. Wesentliche Ursachen sind in der Zeit bis 1998 gesetzt worden, als die CDU – sowohl im Bund als auch hier im Land – den Regierungschef stellte.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Gabriele Schulz, PDS – Wolfgang Riemann, CDU: Ich weiß das.)
Genauso richtig ist aber auch, dass die heutige Bundesregierung und die derzeitige Landesregierung ihren Teil der Verantwortung zu tragen und auch zu übernehmen haben. Der Bürger interessiert sich wenig für Schuldzuweisungen
Wir müssen mit unserer langfristig angelegten Infrastrukturpolitik die Grundlagen dafür schaffen, dass die Wirtschaft wachsen und Arbeitsplätze zur Verfügung stellen kann. Nur auf diese Weise können wir die Arbeitslosigkeit abbauen und die Abwanderung stoppen. Wir unternehmen zudem alles, um die Rahmenbedingungen für schulische und universitäre Bildung und Ausbildung zu verbessern. Qualifizierte Bildung ist unsere wichtigste Zukunftsressource. Wenn wir nicht in Bildung investieren, veruntreuen wir unsere Zukunft.
Damit ist im Kern der Gestaltungsauftrag an die Politik in unserem Land beschrieben. Gleichzeitig müssen wir weiterhin dafür Sorge tragen, dass die stark angestiegenen Haushaltsdefizite schrittweise zurückgeführt und die Nettokreditaufnahme wieder auf ein vernünftiges Maß, das heißt, in diesem Jahrzehnt noch auf null reduziert wird. Mit anderen Worten, wir halten an unserem Konsolidierungskurs fest. Wir werden zum einen unsere Konsolidierungspolitik auch unter den erschwerten Bedingungen fortsetzen und zum anderen unsere Kräfte bündeln und sie gezielt dort einsetzen, wo es um die Zukunft unseres Landes geht. Konsolidieren auf der einen Seite und investieren auf der anderen Seite, das ist für mich kein Gegensatz, sondern Handlungsmaxime für verantwortliche Politik, auch im Interesse der kommenden Generationen. Was das konkret bedeutet, will ich Ihnen an einigen Beispielen erläutern:
Der Staat kann nicht selbst als Wirtschaftsbetrieb auftreten. Diese Lektion haben die Menschen in Ostdeutschland schmerzhaft gelernt. Wichtigste staatliche Aufgabe ist – gerade in Ostdeutschland –, eine geeignete Infrastruktur zu schaffen, die eine attraktive Lebensgrundlage für unsere Einwohner bereitstellt und für unsere Unternehmen optimale Arbeitsgrundlagen schafft. Auf diesem Wege sind wir schon ein gutes Stück vorangekommen. Die Autobahnen werden im Jahre 2005 zum größten Teil fertig sein. Die großen Durchgangsstraßen sind saniert und zu einem guten Teil mit Ortsumgehungen versehen. Das übrige Straßennetz, insbesondere bei den Landesund Kreisstraßen, bedarf allerdings noch erheblicher Investitionen.
Auch auf den anderen Feldern der Infrastruktur ist viel geschehen. Mecklenburg-Vorpommern hat von 1991 bis 2002 rund 16 Milliarden Euro in die Infrastruktur investiert. Das ist auch sichtbar. Unser Land ist mit Hochschulen, Forschungseinrichtungen und mit Ausbildungsstätten für den Nachwuchs gut ausgestattet. Die Ver- und Entsorgungsanlagen sind weit gehend auf einem modernen
Stand. Unsere Krankenhäuser können sich ebenso wie die Alten- und Pflegeheime sehen lassen und sind kein Vergleich mehr zu dem Stand, den wir 1989/1990 hatten. Die Häfen sind moderne Wirtschaftsfaktoren und unsere Landwirtschaft ist europaweit konkurrenzfähig. Der Tourismus ist nicht zuletzt Dank moderner Infrastruktur ein prosperierender Wirtschaftszweig.
Für den Zeitraum bis 2020 sind mit dem Solidarpakt II die finanziellen Voraussetzungen dafür geschaffen worden, dass wir unsere Infrastruktur auf Westniveau anheben können. Insgesamt müssen wir noch einmal circa 15 bis 17 Milliarden Euro in die Entwicklung unseres Landes investieren. Schon bis 2010 werden wir in wesentlichen Infrastrukturbereichen das Niveau der Westländer erreicht haben. Unsere Aufgabe wird es sein, die Zuweisung auch zweckentsprechend zu verwenden und nicht in konsumtiven Ausgaben versickern zu lassen.
Neben den Investitionen in die Infrastruktur werden wir auch die Maßnahmen für die betriebliche Unternehmensförderung weiter auf einem hohen Niveau halten. Wir werden hier weiterhin die Mittel, die uns der Bund und die Europäische Union zur Verfügung stellen, trotz knapper Landesmittel kofinanzieren. Damit erhöhen wir den Kapitalstock und die Investitionsfähigkeit unserer Unternehmen. Allmählich beginnt dies, sich im Bereich der gewerblichen Wirtschaft als Erfolg niederzuschlagen. Der Wirtschaftsminister wird – gemeinsam mit mir – ein neues Konzept zur Unternehmensfinanzierung vorlegen. Damit werden wir darauf reagieren, dass unsere Unternehmen in wachsendem Maße Schwierigkeiten haben, Bankkredite oder Beteiligungskapital zu erhalten.
Einer der Schwerpunkte dieses Konzeptes wird die Mobilisierung von privatem Beteiligungskapital sein, das dazu beitragen soll, die Bilanzstruktur unserer Unternehmen zu verbessern und sie dadurch für die Kreditinstitute wieder attraktiver zu machen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS – Rudolf Borchert, SPD: Sehr gut.)
Neben einer ausreichenden Infrastruktur sowie einer direkten Investitionsförderung beziehungsweise Hilfen zur Unternehmensfinanzierung kommt es aber auch darauf an, unser Bild nach außen zu verbessern. Lothar Wilken, Geschäftsführer der Vereinigung der Unternehmensverbände, sieht das so, ich zitiere: „Wir haben sehr gute Gewerbegebiete, qualifizierte Facharbeiter und gute Bedingungen für zusätzlich nötige Qualifizierung sowie interessante Förder- und Lohnbedingungen.“ Und er fügt hinzu: „Das muss verkündet werden!“