Protokoll der Sitzung vom 22.05.2003

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ist ein starker Staat gut für arme Bürger, ist ein reicher Staat gut für arme Bürger oder führt ein reicher Staat nicht eher dazu, dass die Bürger verarmen, dass es eine Abwärtsspirale der Wirtschaft gibt und zu weniger Steuereinnahmen führt? Ich habe hier von den Koalitionsfraktionen nur eine Steuererhöhungsdebatte als Reaktion gehört, wie man Deutschland aus der Misere führen könnte.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Und, Frau Keler, es ist ja sehr schön, dass Sie Beispiele in Deutschland suchen, aber wir sollten über unseren sozialdemokratischen Tellerrand auch einmal hinausschauen. Warum ist es denn so, dass andere Staaten der Europäischen Union ein stärkeres Wirtschaftswachstum, eine geringere Arbeitslosigkeit, bessere Steuereinnahmen haben? Warum ist Deutschland hier Schlusslicht und warum ist Mecklenburg-Vorpommern Schlusslicht?

(Rudolf Borchert, SPD: Ja, weil die Steuer- senkungspolitik wohl nicht funktioniert hat.)

Die Steuersenkungspolitik hat in anderen Staaten funktioniert,

(Rudolf Borchert, SPD: Ja.)

aber in Deutschland geht es nicht, weil Sie der Phantasie anhängen, dass Sie all das, was die Bürger erwirtschaften, dem Staat zuleiten müssen, und weil Sie einen allzuständigen Staat wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Angelika Gramkow, PDS: Die Steuersätze sind in anderen Ländern viel höher als in Deutschland!)

Meine Damen und Herren, Frau Keler, Sie haben am 30. Mai hier in diesem Hause meine Äußerungen als blöd bezeichnet. Das haben Sie tatsächlich getan,

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

aber wir sehen,

(Zurufe von Vincent Kokert, CDU, und Eckhardt Rehberg, CDU)

dass die Äußerungen eben doch nicht so blöd waren, denn die Misere hat sich seitdem nicht verbessert, sie hat sich verschlechtert. Und Sie haben gesagt, die CDU hat keine Sparvorschläge gemacht. Wir haben Ihnen zum Doppelhaushalt, zum Nachtragshaushalt Sparvorschläge in Größenordnungen von über 80 Millionen Euro unterbreitet. Alles war unseriös, Frau Keler. Und wenn ich nachher noch dazu komme, werde ich Ihnen nachweisen, wie Sie unsere Sparvorschläge jetzt nutzen, um den Haushalt zu sanieren,

(Heiterkeit bei Dr. Gerhard Bartels, PDS: Na, dann können wir ja die CDU bitten.)

und das zeugt von wenig Phantasie.

Herr Borchert, Sie haben am 30. Mai 2002 erklärt, Haushaltskonsolidierung ist der einzig richtige Weg, Handlungsspielräume zu schaffen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Wo er Recht hat, hat er Recht.)

Wie sehen denn die Tatsachen aus? 2002 Nettokreditaufnahme geplant mit 332 Millionen – Ist beträgt 532 Millionen, Fehlbetrag aus 2002 283 Millionen, davon müssen wir im Nachtragshaushalt für 2003 120 Millionen unterbringen, 163 Millionen müssen wir 2004 unterbringen.

(Eckhardt Rehberg, CDU: Reine Verschiebung.)

Haushaltsplan 2003, geplante Verschuldung 256 Millionen, im Nachtragshaushalt erhöht um 570 Millionen auf 826 Millionen. Hier haben wir mächtige Spielräume gewonnen, Herr Borchert, für den Haushalt für die künftigen Generationen.

Und, Frau Gramkow, Sie haben hier zumindest 2002 ein realistisches Bild gemalt, während die Finanzministerin noch alles rosarot sah

(Angelika Gramkow, PDS: Das hat sie nicht getan, Herr Riemann!)

und eigentlich nur einen kleinen Betriebsausfall gesehen hat. Doch, sie hat zur Maisteuerschätzung gesagt, ich zitiere: „Es handelt sich im Übrigen um vorgezogene Effekte, die sich später wieder ausgleichen werden.“

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU)

„Weitere Bewirtschaftungsmaßnahmen sind aus heutiger Sicht … nicht erforderlich.“ Frau Keler am 30. Mai.

Und, Frau Gramkow, Sie haben gesagt, Schwerpunkte setzen wir. Wo ist die Bildungsoffensive? Gehen Sie doch mal zu den Studenten nach Greifswald! Haben Sie gestern das „Nordmagazin“ gesehen?

(Angelika Gramkow, PDS: Ja.)

Da brauchen wir eine Bildungsoffensive, da stärken wir die Hochschulen.

(Angelika Gramkow, PDS: Der Hochschul- bereich bekommt 1,5 Prozent mehr. Wir haben nicht gespart im Hochschulbereich.)

Sie haben jedem Jugendlichen eine Ausbildungsplatzgarantie versprochen. Wie sah es denn 2002 aus? Wie sieht es 2003 aus? Und, Frau Gramkow, wo ist denn die Ostkomponente von Hartz?

(Beifall und Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU)

Herr Holter hat sie versprochen. Es ist nichts gekommen.

(Angelika Gramkow, PDS: Ja, vielleicht ist er auch für die Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung zuständig oder was?!)

Und ich darf wiederum Herrn Borchert zitieren, der am 30. Mai 2002 sagte, „dass derzeit, das heißt im Ergebnis der Maisteuerschätzung, keine Notwendigkeit für einen Nachtragshaushalt gesehen wird. Wir vertrauen darauf, dass die Landesregierung die Steuermindereinnahmen in Höhe von 115 Millionen Euro … auffängt.“ 483 waren es zum Jahresende und für 2003 sind es 666 Millionen Euro.

(Zuruf von Rudolf Borchert, SPD)

Sie können weiter vertrauen, Herr Borchert, Sie können Ihre Rede jedes Jahr auf dieselbe Weise halten, Sie werden damit nichts für dieses Land erreichen, weil eben keine Schwerpunkte gesetzt werden. Und, Herr Ministerpräsident, Platt schnacken allein reicht nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Frau Keler erklärte noch am 30.05.2002: „Das Steueraufkommen bei der Umsatzsteuer im Land ist um 7,3 Prozent gegenüber dem … Zeitraum des Vorjahres gestiegen.“ Wie sahen die Ist-Zahlen aus? 2002 geplant Umsatzsteuer 2,5 Milliarden, Ist 2 Milliarden. Weniger ist bei dieser Landesregierung immer mehr. Wir hatten damals die Umsatzsteuer in Frage gestellt. Frau Keler hat gesagt, das ist alles nicht so. Wir stellen heute die Lohnsteuerentwicklung in Frage. Frau Keler sagt, das ist alles nicht so. Herr Borchert hat ja schon ein bisschen abgemindert,

(Heiterkeit bei Eckhardt Rehberg, CDU)

bei der Lohnsteuer könnte es doch noch zu Ausfällen kommen. Hier wird dieses Parlament, hier wird dieses Land verschaukelt und es werden keine Prioritäten gesetzt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Und, Frau Keler, Sie hätten heute erklären sollen: Stimmt es, dass wir für einen Barwert von 50 Millionen Euro 180 Millionen Landesvermögen verkaufen? Stimmt diese Aussage, die der Staatssekretär gegenüber der „Bild-Zeitung“ in dieser Woche geäußert hat? Stimmt es, dass wir 180 Millionen Euro Landesvermögen verschleudern, um 50 Millionen Haushaltsausgleich hinzukriegen? Das ist keine solide Haushaltspolitik. Das hätten Sie diesem Landtag heute schon erklären müssen.

(Eckhardt Rehberg, CDU: Da wurde hämisch gegrinst. Nicht mehr und nicht weniger!)

Und, Frau Gramkow, Sie haben so schön von gewerkschaftlicher Partnerschaft gesprochen. Zählt da die GdP nicht dazu?

(Angelika Gramkow, PDS: Doch, gerade die GdP! – Zuruf von Eckhardt Rehberg, CDU)

Ist die Streichung des Weihnachtsgeldes und des Urlaubsgeldes mit der GdP abgestimmt?

(Angelika Gramkow, PDS: Das kann sie doch gar nicht. Das Parlament muss das doch beschließen. Die Regierung kann das gar nicht beschließen.)

Und, Frau Finanzministerin, Sie haben in Ihrer Pressemitteilung vom 20.05. ausgeführt, die tariflich vereinbarten Einmalzahlungen wird es nicht geben. Wollen Sie aus dem Tarifvertrag aussteigen?

(Eckhardt Rehberg, CDU: Vor einem halben Jahr hat sich das anders angehört.)

Wollen Sie aus der TdL aussteigen? Vor wenigen Monaten haben Sie gesagt, das wollen wir auf Garantie nicht.

(Angelika Gramkow, PDS: Richtig, wir wollen nicht ausscheiden.)