Protokoll der Sitzung vom 22.05.2003

gerade in der jetzigen, in der äußerst schwierigen, äußerst kritischen Situation genau ein Rettungsanker für unsere Kommunen ist.

(Harry Glawe, CDU: Den kriegen Sie gar nicht mehr angehoben.)

Und ich glaube, nein, ich bin sicher, unsere Kommunen sind sehr, sehr froh, dass wir diese Mindestgarantie haben und sie eben nicht mit in diesen Strudel hineingeraten,

(Egbert Liskow, CDU: Gehen Sie mal vor Ort!)

und deswegen ist diese Mindestgarantie sehr gut und sehr vernünftig.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Sie wissen, dass uns 160 Millionen fehlen?!)

Und wenn hier, meine Damen und Herren, die Finanzministerin darauf hinweist, dass diese Mindestgarantie auf die Dauer auch ein kritischer Punkt ist, dann kann ich dazu sagen, die Finanzministerin hat ihre Aufgabe und ihre Funktion, und dann werden wir miteinander reden müssen, wie wir das gestalten. Aber im Moment – und der Entwurf einer Novelle für das Finanzausgleichsgesetz geht ja auch in diese Richtung – bleiben wir bei dieser Mindestgarantie und das ist sehr gut.

Aber lassen Sie mich, meine Damen und Herren, noch einen Coniunctivus Irrealis bauen. Und da möchte ich auf Sie, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der CDU, gerne mal ein bisschen näher eingehen. Sie reden hier nämlich nach der Parole des französischen Moralisten La Bruyère, der einmal gesagt hat: „Am sichersten macht man Karriere, wenn man jedem überzeugend den Eindruck vermittelt, es sei für ihn nützlich, einem zu helfen.“ Und genauso reden Sie jedem nach dem Mund und versprechen genau immer das, was diejenigen hören wollen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Sie wissen, dass das nicht stimmt. – Torsten Renz, CDU: So haben Sie Ihre Wahl gewonnen. – Heiter- keit bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Zurufe von Wolfgang Riemann, CDU, und Gabriele Schulz, PDS)

Wenn Ihre Partei im Land und bundesweit von einer Staatsquote von 40 Prozent spricht, dann frage ich Sie,

was heißt denn eigentlich Staatsquote? Staatsquote heißt doch die Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden sowie den Sozialversicherungen. Und die haben im Moment einen Anteil am Bruttoinlandsprodukt von 48 Prozent. Wenn wir dies absenken auf 40 Prozent, dann ist das ein Sechstel weniger.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Und wer glaubt, dass man eine solche Operation vornehmen – das müssten ja selbst Sie verstehen, Herr Renz – und dabei die kommunalen Haushalte ungeschoren lassen könnte, der sagt den Leuten doch die Unwahrheit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Ulrich Born, CDU: Ja, sagen Sie das doch mal einem Clement!)

Wer eine solche Politik betreibt …

(Unruhe bei Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Sagen Sie das mal dem Bundeswirtschaftsminister! – Zurufe von Harry Glawe, CDU, und Dr. Armin Jäger, CDU)

Getroffene Hunde bellen.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Was sagt denn der Bundeswirtschaftsminister dazu?)

Wer eine solche Politik betreibt, kann nicht gleichzeitig sagen,

(Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)

wir erhöhen die zur Verfügung stehende Masse für die Kommunen,

(Zuruf von Rudolf Borchert, SPD)

sondern er muss den Leuten bitte schön die Wahrheit sagen, dass dieses eine Politik ist, die die Möglichkeit aller öffentlichen Haushalte einschränkt.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Wer sich hier hinstellt und sagt – und das haben wir ja vor wenigen Wochen erst gehabt –, wir brauchen 100 Millionen mehr für die Kommunen, wir als CDU schaffen das und wir schaffen das mal eben mit so ein paar kleineren Einsparungen und stellen den Kommunen 100 Millionen mehr zur Verfügung, dann aber gleichzeitig sagt, dass er eine Staatsquote auf 40 Prozent absenken will, der muss hier eigentlich mal klar Farbe bekennen, welche Politik er macht, und er darf nicht jedem das versprechen, was der gerade hören will, denn genau das tun Sie, meine Damen und Herren.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Zuruf von Gabriele Schulz, PDS)

Und noch eins zu Ihrem konkreten Verhalten: Wir haben schon über das Verhalten der CDU im Bundesrat zum Thema Steuervergünstigungsabbaugesetz gesprochen – hören Sie sich bitte einmal an – und das müsste doch gerade für die Kommunalpolitiker in der CDU etwas sein, was eigentlich zu ihrem täglichen Geschäft gehört –, was die amtierende Präsidentin des Deutschen Städtetages Frau Roth aus Frankfurt am Main, bekanntlich Mitglied Ihrer Partei, zu Ihrem Verhalten sagt! Sie sagt ganz klipp und klar und die Frau hat Recht: Das Verhalten der CDU im Bundesrat hat den Kommunen in Deutschland massiv geschadet.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Und genau das ist es.

(Harry Glawe, CDU: Ihre Steuergesetzge- bung hat den Gemeinden und den Städten geschadet. Das wissen Sie ganz genau.)

Herr Glawe, lieber Kollege Glawe, von dem ich weiß, dass er in seiner Partei ja auch in der kommunalpolitischen Vereinigung eine Funktion hat, so wie ich bei meiner sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik,

(Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)

wir sollten die Worte unserer Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker –

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

und ich schätze Frau Roth sehr, auch wenn sie das falsche Parteibuch hat –

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)

ein wenig ernster nehmen und wir sollten mit den kommunalen Finanznöten vielleicht ein bisschen seriöser umgehen, als Ihre Bemerkungen es hier deutlich machen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Wer am letzten Sonntag Frau Roth in der Runde bei Frau Christiansen gesehen hat, der weiß, wovon ich rede. Hier hat die CDU eine Chance gehabt, ihren Worten auch Taten folgen zu lassen, und sie hat genau das Gegenteil gemacht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Und deswegen, Herr Rehberg, Ihre Worte vom Sparwillen der CDU hier im Land, die Botschaft höre ich wohl, …

(Harry Glawe, CDU: Allein mir fehlt der Glaube. – Heiterkeit bei Gabriele Schulz, PDS: Oh, richtig.)

Oh, literarische Kenntnisse sind vorhanden.

Wenn ich dann auf der anderen Seite sehe, dass immer dann, wenn es opportun ist, und immer dann, wenn man glaubt, in der Öffentlichkeit damit punkten zu können, Sie sehr großzügig sind mit dem Geldausgeben,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Wo denn? Nennen Sie doch mal ein paar Beispiele!)

dann kann ich an diesen Sparwillen nicht glauben.

Wenn Sie ein Beispiel hören wollen: Wer 100 Millionen, wie Herr Ringguth es gesagt hat, für die Kommunen mehr geben will,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja natürlich.)

der kann zwar hoffen, dass er damit bei den Kommunalpolitikern punktet, aber wer keinerlei Ansatz hat,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Doch, einen Ansatz haben wir, den haben wir.)

wie er diese 100 Millionen überhaupt zusammenkriegen soll, der macht sich auf Dauer selbst unglaubwürdig. Und wenn Sie das tun, könnte ich ja damit noch leben,