Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 16. Sitzung des Landtages. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die vorläufige Tagesordnung der 16., 17. und 18. Sitzung des Landtages liegt Ihnen vor.
Meine Damen und Herren, von der Fraktion der CDU liegt auf Drucksache 4/577 ein Antrag zum Thema „Vorrang für Sicherheitskonzept Ostsee“ vor. Auf Wunsch des Antragstellers soll die Tagesordnung um diesen Antrag erweitert werden. Gemäß Paragraph 74 Ziffer 1 unserer Geschäftsordnung kann diese Vorlage beraten werden, wenn zwei Drittel der Mitglieder des Landtages die Dringlichkeit bejahen. Zugleich muss über die Einreihung in die Tagesordnung beschlossen werden. Wird das Wort zur Begründung der Dringlichkeit gewünscht? – Das ist der Fall. Bitte, Herr Caffier.
... Die Öltransporte von und zu den wichtigsten 8 Ölhäfen der Ostsee betrugen 1995 77,5 Mio. t. Mit dem bereits laufenden und dem geplanten weiteren Ausbau der Ölumschlagskapazität in den östlichen Ostseehäfen werden 137 Mio. t erreicht. Bei der Verwirklichung aller Pläne 177 Mio. t.
Mit der russischen Politik zur Umlenkung des Außenhandels auf die eigenen Seehäfen und dem damit verbundenen Ausbau der Ölhäfen Primorsk und Vysotsk erhöht sich deren Umschlagskapazität bis 2007 auf mindestens 50 Mio. t.
Laut Greenpeace betragen die Öltransporte über Primorsk in 2002 13 Mio. t mit 135 Tankern. Für 2004 werden von Greenpeace 1.000 Tanker mit 90 Mio. t erwartet.
Im Jahre 2002 passierten etwa 63.000 Schiffe die Kadetrinne, davon 8.200 Tanker. Mit jährlich 65.000 Schiffen wird bereits gerechnet. Das sind 178 täglich und 7,5 pro Stunde. Bis 2010 muss mit bis zu 180.000 – 200.000 Schiffsbewegungen gerechnet werden....
Die aktuellen Beispiele des Unterganges des chinesischen Frachters ,Fu Shan Hai‘ vor der Ostseeinsel Bornholm mit 1.600 Tonnen Schweröl im leckgeschlagenen Tank und 60.000 Tonnen Dünger... in undichten Luken an Bord, die ,Prestige‘ vor der spanischen Küste und der ,Acushnet‘ im Kattegat zeigen, dass die Gefahr einer Katastrophe für unsere Küste dramatisch gewachsen ist. Die Verhinderung von Schiffsunfällen mit verheerenden Auswirkungen auf die Region ist für die hier lebenden Menschen, für die Umwelt, für die Fischerei und den Fremdenverkehr von allerhöchster Bedeutung....
Mit der zu erwartenden Entwicklung des Seeverkehrs steigt die Gefahr einer nicht mehr beherrschbaren Umweltkatastrophe....
Es fehlt bis heute ein präventives und an den zukünftigen Gefahrenpotentialen orientiertes verbindliches Sicherheitskonzept Ostsee.
Daher fordert der Landtag die Landesregierung auf, sich gemeinsam mit den anderen norddeutschen Küstenländern unverzüglich für die Umsetzung folgender Hauptforderungen einzusetzen:
1. Der Gesetzgeber hat für den Havariefall die gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen, die ein schnelles Handeln durch das Havariekommando... ermöglicht. Dazu gehört auch die Zuständigkeit im Katastrophenfall auf See gegenüber BGS, Zoll, Bundesmarine, Hafenbehörden und Landräten...
2. Überwachung und Regelung des Schiffsverkehrs in der Kadetrinne und auf dem Tiefwasserweg... sowie weiterführender Transitwege durch die Verkehrszentralen wie bei der Flugsicherung.
3. Durchsetzung einer Lotsenannahmepflicht in der westlichen Ostsee für Schiffe mit Gefahrgutladung, über 50.000 tdw Tragfähigkeit oder einem Tiefgang von über 11 m bei der internationalen Schifffahrtsorganisation IMO.
5. Dynamische Anpassung des ,Sicherheitskonzeptes Ostsee‘ an die Entwicklung des Schiffsverkehrs (z. B. Notschleppkonzept und Bereitschaftsposition, Abwehr von Terrorismusgefahren).
6. Berücksichtigung des Schiffsverkehrs bei der Genehmigung von Offshore-Windparks (z. B. durch ausrei- chende Sicherheitsabstände zu den Schifffahrtswe- gen; Ausdehnung der Raumordnung der Küstenländer auf das Küstenmeer entsprechend Top 3.3 der UMK- Nord vom 04.12.2002).
7. Für havarierte Schiffe ist eine ausreichende Anzahl geeigneter Nothäfen und Notliegeplätze bereitzustellen. In diesen Nothäfen und Notliegeplätzen müssen die Voraussetzungen zur Bekämpfung der Havarie geschaffen sein. Bei Ausweisung von Nothäfen und Notliegeplätzen ist sicherzustellen, dass eine Berücksichtigung der Interessen der Menschen und der Umwelt gewährleistet ist.
9. Förderung der Zusammenarbeit zwischen der EU und den Ostseeanrainerstaaten zur Verbesserung der Schiffssicherheit (z. B. Überwachung der Klassifika- tionsgesellschaften, internationale Terrorismusabwehr, Einlaufverbote, Schiffsfestigkeitsuntersuchungen im Rahmen der Hafenstaatenkontrollen).
... Das Havariekommando in Cuxhaven ist ein erster Schritt.... Die von See her zu erwartenden Gefahren werden von Tag zu Tag größer. Mehr Schiffe, größere Schiffe, Offshore-Windparks als Schifffahrtshindernisse, aber auch mögliche terroristische Angriffe gefährden die Ostsee. Dies erfordert die Bündelung aller Kräfte. Die Schaffung einer nationalen Küstenwache mit allen Kompetenzen aus einer Hand ist die Voraussetzung für ein zukunftsfähiges Sicherheitskonzept Ostsee und die Vorstufe für eine europäische Küstenwache.
... Deutschland muss endlich mit nationalen Maßnahmen die Grundlage dafür schaffen, dass es für die Ostsee zu einer radargesteuerten, flächendeckenden, länderübergreifenden Überwachung des Seeverkehrs kommt, wie sie im internationalen Flugverkehr üblich ist und erfolgreich praktiziert wird. Mit dem Bau des Yachthafens Warnemünde wird der Bau eines neuen Antennenträgers erforderlich. Dieser neue Turm sollte nicht auf der Warnemünder Mole, sondern im Bereich Darßer Ort aufgestellt werden. Damit ist
sichergestellt, dass der ganze Bereich der Kadetrinne einschließlich weiterführender Transitwege durch die Verkehrszentrale Warnemünde überwacht werden kann.
... Deutschland muss unverzüglich mit den anderen Ostseeanrainerstaaten für eine Lotsenpflicht in der Kadetrinne sorgen und gleichzeitig Druck auf Russland ausüben.
Für die Zeit bis zur Einführung einer Lotsenpflicht ist die Begleitung von Gefahrgutschiffen, Schiffen über 50.000 tdw oder mit einem Tiefgang ab 11 m als Sofortlösung durchzusetzen. Danach ist die Begleitung dieser Schiffe in angemessener, der jeweiligen Bedrohungslage angepassten Form, fortzusetzen. Dazu gehört auch eine seepolizeiliche Stärkung der Region Darßer Ort bis Dornbusch mit der Stationierung von Küstenschutzstreifenbooten der Wasserschutzpolizei im Nothafen Darßer Ort.
... Moderne und zukunftsfähige Notschleppkonzepte werden auf hohe Schwerwettergeschwindigkeit und Schleppleistung sowie hohe Feuerlöschleistung, Gasschutz und Technik für Großschadensereignisse Wert legen müssen.... Zur Verminderung der Hilfszeit... sollte zukünftig ein starker Schlepper im Nothafen Darßer Ort, nahe der Kadetrinne stationiert werden. Zur dynamischen Anpassung des Sicherheitskonzeptes Ostsee gehört auch die Abwehr von Terrorangriffen für die Seeschifffahrt. Dazu muss auch der Erhalt einer ,Kernschnellbootflotille‘ von 2 - 4 Einheiten in Warnemünde durchgesetzt werden.
... Offshore-Windanlagen sind aus der Sicht der Schiffssicherheit zusätzliche Gefährdungspotentiale. Der Sicherheitsabstand zu den Schifffahrtswegen wurde vom BSH intern mit 2 sm + 500 m festgeschrieben. Diese Sicherheitszone genügt nicht. Der Abstand zwischen Schifffahrtsstraße und OffshoreWindpark kann realistisch wie folgt ermittelt werden:
Abstand in sm = Warnzeit + Hilfszeit + Eingreifszeit + Stoppzeit x der Driftgeschwindigkeit des Havaristen....
... Notliegeplätze und Nothäfen sind mittlerweile in der Ostsee bekannt. Die Vereinbarungen sind noch nicht unterzeichnet bzw. ratifiziert. Was fehlt, ist das präventive Vorhalten der Technik in den Nothäfen sowie die Lagerung von zukünftigen Ölbekämpfungsmitteln, die see- und landseitig erreichbar sein müssen....
... Der immer stärker werdende Schiffs- und Fährverkehr erfordert eine Stärkung der Wasserschutzpolizei mit Schwerpunkt in den Häfen Rostock und Sassnitz-Mukran.
... Vor dem Hintergrund der ,Prestige‘-Katastrophe, die aufgrund des Alters des Schiffes und seiner Stabilität auch in der Ostsee hätte passieren können, und dem Untergang des chinesischen Frachters ,Fu Shan Hai‘ sollte Deutschland als Anlieger der Kadetrinne zu einer dringlichen Ostsee-Sicherheitskonferenz alle Anrainer-Staaten einladen, um einen gemeinsamen Sicherheitskatalog zu entwickeln, der auf IMO-Ebene schnell umzusetzen ist.“
Meine Damen und Herren, da wir täglich der Gefährdung der Ostsee ausgesetzt sind, ist die Dringlichkeit eines solchen Antrages auch begründet. Und deswegen bitten wir die Fraktionen um Aufnahme des Antrages in die Tagesordnung. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Trotz der ausführlichen Einbringung und der Begründung der Dringlichkeit möchte ich im Namen der Koalitionsfraktionen die Dringlichkeit des Antrages ablehnen. Dafür gibt es mehrere Punkte zur Begründung:
Keiner der hier aufgezählten und von Herrn Caffier vorgelesenen Punkte kann nach einer Beschlussfassung des Landtages sofort umgesetzt werden.
Zum Zweiten befinden sich viele der aufgezählten Punkte bereits in der Umsetzung und eine Beschlussfassung würde ihre Umsetzung nicht unbedingt sofort beschleunigen.
Und zum Dritten haben wir uns über verschiedene Punkte des Antrages hier schon verständigt, haben dazu eine Meinung gefunden und uns dazu positioniert.
Deshalb lehnen die Koalitionsfraktionen die Dringlichkeit des Antrages ab, obwohl wir natürlich an dem Thema sehr gerne zusammen weiterarbeiten möchten.
Ich lasse jetzt abstimmen. Wer stimmt der Erweiterung der Tagesordnung um diese Vorlage zu, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenprobe. – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Erweiterung der Tagesordnung abgelehnt durch die Fraktionen der SPD und PDS bei Zustimmung der Fraktion der CDU.
Meine Damen und Herren, bevor wir in die Tagesordnung eintreten, gestatten Sie mir noch einige Hinweise. Wie im Ältestenrat vereinbart, wird – sofern zeitliche Reserven vorhanden sind – heute der Tagesordnungspunkt 25 vom Ende der Tagesordnung am Donnerstag vorgezogen. Die Fraktionen haben sich zwischenzeitlich darauf verständigt, die ursprünglich für Freitag vorgesehenen Tagesordnungspunkte 26 bis 28 bereits am Donnerstag zu behandeln. Sie werden nach dem Tagesordnungspunkt 24 in die Tagesordnung der morgigen Sitzung eingereiht. Damit entfällt die für Freitag vorgesehene 18. Sitzung.
Gibt es weitere Änderungen oder Ergänzungen zur Tagesordnung? – Das ist nicht der Fall. Damit gilt die Tagesordnung der 16. und 17. Sitzung des Landtages gemäß Paragraph 73 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung als festgestellt.
Meine Damen und Herren, ich darf ganz herzlich eine Delegation von Abgeordneten des Sejmik der Woiwodschaft Westpommern unter der Leitung des Vizevorsitzenden des Sejmik Herrn Zygmunt Dziewguc´ begrüßen.
Die Delegation hat auf der Besuchertribüne Platz genommen. Ich freue mich sehr, dass Sie da sind und somit die begonnenen Kontakte zwischen dem Landtag und dem Sejmik weiter vertiefen. Ich wünsche Ihnen einen