Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Die Gemeinden haben im Rahmen der Selbstverwaltung in ihrem Gebiet die Bevölkerung und die gewerblichen und sonstigen Einrichtungen ausreichend mit Trink- und Brauchwasser zu versorgen, soweit diese Verpflichtung nicht auf andere Körperschaften des öffentlichen Rechts übertragen wurde...“
So lautet der Paragraph 43 des Landeswassergesetzes in Mecklenburg-Vorpommern. Demnach ist die Wasserversorgung eine kommunale Aufgabe, und zwar eine Selbstverwaltungsaufgabe, zu der die Gemeinden verpflichtet sind.
Ich bin kein Jurist, aber ich weiß aus meiner kommunalen Praxis sehr wohl, dass die Gemeinden bei pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben entscheiden können, wie – ich betone, wie –
Vor dem Hintergrund dieser Gestaltungsfreiheit der Gemeinden kann die Wasserversorgung in öffentlichrechtlicher Organisationsform, in gemischt öffentlich-privatwirtschaftlicher – zum Beispiel Public Private Partnership – oder in einer ausschließlich privatrechtlichen Form betrieben werden. Dies entscheidet die demokratisch gewählte Kommunalvertretung. Und entsprechend vielfältig ist das Bild in Mecklenburg-Vorpommern. Hier reichen die Unternehmensformen der Wasserversorgung von A wie Aktiengesellschaften mit 100 Prozent privatem Kapital bis Z wie Zweckverbände, dem Zusammenschluss von Gemeinden zur Erledigung einer Aufgabe.
Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund ist die Zielsetzung Ihres Antrages, Erhalt der Wasserversorgung als ausschließlich hoheitliche Aufgabe in kommunaler Wahrnehmung, unklar. Soll alles so bleiben, wie es ist, getreu der Mecklenburgischen Landesverfassung:
„Allens bliwwt bin ollen.“, oder soll die Wasserversorgung eine hoheitliche Aufgabe werden? Dann müsste sie durch einen Hoheitsträger ausgeführt werden. Soll also das System der Wasserversorgung verändert werden? Wollen Sie, dass die Aufgabe ausschließlich von den Kommunen selbst erledigt wird, ohne private Beteiligung? Der Minister hat eben gesagt, dass dies nicht so ist, und wir haben ihm da ausdrücklich beigepflichtet.
Meine Damen und Herren, wenn also das Erstere gemeint ist, können wir dem Antrag zu Ziffer 1 als CDUFraktion zustimmen, und zwar ohne jeden Vorbehalt. Allerdings sollte der Text entsprechend klargestellt werden in: „Die Landesregierung wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass die Wasserversorgung als Kernbereich der Öffentlichen Daseinsfürsorge weiterhin in kommunaler Trägerschaft verbleibt.“ Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag vor. Es geht also in unserem Antrag zu Punkt 1 nur um die Formulierung „hoheitlich“, denn dies ist keine hoheitliche Aufgabe. Allerdings halte ich den Antrag zu Punkt 1 in dieser Form eigentlich für überflüssig. Ich kenne niemanden in Mecklenburg-Vorpommern, der derzeit die Aufgaben der öffentlichen Wasserversorgung in Frage stellt.
Ja, Herr Dankert, das ist so. Das ist einfach so. Deswegen einfach nur zur Klarstellung, hoheitliche Aufgabe raus, ansonsten ein Ja der CDU zu Punkt 1.
Also warum eigentlich ein derartiger Antrag? Soll hier über Liberalisierungsbestrebungen in der EU oder über Bestrebungen außerhalb der EU diskutiert werden? Ehrlich gesagt, ich verstehe mich als Mecklenburg-Vorpommerscher Landtagsabgeordneter und nicht als EU-Politiker, deshalb nur ganz kurz: Wenn wir über die Liberalisierungsbestrebungen innerhalb der EU reden wollen, ist Ihr Antrag zu kurz gesprungen.
Die EU-Kommission hat am 21. Mai des Jahres ein Grünbuch zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse veröffentlicht. Zu den Dienstleistungen von allgemeinem öffentlichen Interesse gehören auch kommunale Leistungen, die in Deutschland als Daseinsfürsorge bezeichnet werden. Neben der Wasserversorgung sind dies die Abfallwirtschaft, der Öffentliche Personennahverkehr und vieles andere mehr. Das Grünbuch enthält eine Liste von 30 Fragen, die bis zum 15. September 2003 europaweit diskutiert werden sollen. Vom Verlauf und den Ergebnissen dieser Debatte will die EU-Kommission allerdings abhängig machen, wie sie diesen Bereich europarechtlich regeln will.
Dabei befinden wir uns tatsächlich im Spannungsfeld zwischen europäischem Wettbewerb und kommunaler Selbstverwaltung in der Daseinsfürsorge. Diese Debatte muss auch geführt werden,
aber doch in erster Linie im Bundestag und auch nicht nur bezogen auf die Wasserversorgung. Wenn wir aber als Landtag von Mecklenburg-Vorpommern der Landesregierung ein Votum für den Bundesrat mitgeben wollen, dann
schlage ich in Anbetracht des komplexen Themas eine Befassung der Ausschüsse vor, die allerdings nicht auf das alleinige Thema des Antrages, die Wasserversorgung, beschränkt sein sollte. Aufgrund einer Anhörung von verschiedenen Experten könnte dann eine fundierte Handlungsempfehlung für die Landesregierung beschlossen werden.
Dasselbe gilt für den Fall, dass die Landesregierung sich in die außereuropäischen Verhandlungen einmischen möchte. Die Verhandlungen über das Internationale Dienstleistungsabkommen – GATS –, welche im Januar 2005 abgeschlossen sein sollen, lassen bisher aber keine Befürchtungen zu, dass die nationalen Gesetzgebungskompetenzen eingeschränkt werden sollen.
Das heißt also, die gesetzliche Regelung der Bundesrepublik Deutschland, dass Wasserversorgung eine kommunale Aufgabe der Daseinsfürsorge ist, ist durch GATS nicht in Gefahr.
Der letzte Stand dazu ist im Übrigen der der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit im Bundestag und da ist noch mal ganz deutlich klar gestellt worden, dass es eine EU-Forderung gibt, die Daseinsfürsorge nicht in die GATS-Verhandlungen aufzunehmen.
Vorbeugen ist im Zweifel besser als hintenüberfallen. Deswegen reden wir heute. Und wir haben schon gesagt, dass wir zu Punkt 1 die gleiche Auffassung haben.
Aber auch hier, meine Damen und Herren, bringt eine Anhörung sicherlich weitere Erkenntnisse, über die wir derzeit noch gar nicht verfügen.
Meine Damen und Herren, um auf den Boden der Tatsachen in Mecklenburg-Vorpommern zurückzukommen, wichtig ist der CDU in diesem Bereich, dass die Wasserversorgungsunternehmen, in welcher Rechtsform auch immer, leistungsfähig und effizient arbeiten. Da wollen wir als CDU nichts anderes, als es eben der Minister formuliert hat.
Wir befürworten den Wettbewerb zwischen privaten und öffentlichen Versorgungsunternehmen. Wir wollen, dass die Kommunen sich den besten Anbieter für die Erfüllung ihrer Aufgaben aussuchen können.
Die Anforderungen an Qualität, Umweltschutz, Preise, Versorgungssicherheit, langfristigen Erhalt und Verbesserung der Infrastruktur werden in Mecklenburg-Vorpommern von der überwiegenden Mehrheit der für die Trinkwasserversorgung verantwortlichen Unternehmen durchaus sehr gut erfüllt. Die Sicherstellung von Standards und die weitere Verbesserung der erreichten Standards ist notwendig, insofern gebe ich Ihrem Antrag zu Ziffer 2
Auch nach der Übertragung einer Aufgabe an private Dritte bleibt die Verantwortung bei den Kommunen. Die Versorgungssicherheit, die Wasserqualität und der Umweltschutz sind daher auch bei Inanspruchnahme von Diensten Dritter letztlich immer durch die Kommunen sichergestellt.
Warum vertrauen wir dann den Gestaltungs- und Kontrollkräften der Kommunen bei der Regelung der öffentlichen Wasserversorgung nicht, im Jahre 13 nach der Wende, meine Damen und Herren? Mehr Vertrauen in die kommunale Selbstverwaltung, auch in unserem Land, meine Damen und Herren!