Meine Damen und Herren, bisher ist die Mindestgarantie für die Kommunen trotz erheblicher Steuerausfälle des Landes in den letzten Jahren aufrechterhalten worden. Damit wurde der Gleichmäßigkeitsgrundsatz faktisch außer Kraft gesetzt. Diese Praxis kann sich das Land aufgrund der dramatischen Steuermindereinnahmen nicht länger leisten. In den nächsten beiden Jahren kommen wir nicht umhin, die Mindestgarantie der Kommunen abzusenken.
Trotz der geplanten Reduzierung steht MecklenburgVorpommern im Vergleich der Länder bei den Leistungen an die Kommunen weiterhin im Spitzenbereich der neuen Länder. Den Kommunen werden nicht nur Mittel gekürzt, sie erhalten auch zusätzliche Mittel, beispielsweise über 90 Millionen Euro im Rahmen des Ganztagsschulprogramms vom Bund. Auch im Rahmen der Gemeindefinanzreform haben sie Entlastungen zu erwarten.
Zurzeit – auch darüber muss geredet werden – müssen unsere Kommunen noch zu viele konsumtive Ausgaben bewältigen und können dadurch zu wenige Investitionen tätigen
und das führt zu gravierenden Wettbewerbsnachteilen des Landes. Ein Grund dafür sind die zu kleinteiligen Strukturen. Die Zahl der Gemeinden in Mecklenburg-Vorpommern ist im Vergleich mit anderen Ländern, auch mit anderen neuen Bundesländern, noch viel zu hoch. Eine tief greifende Verwaltungsreform ist daher dringend notwendig.
Wir wollen die Kosten vor allem für Personal weiter absenken und durch Zusammenschlüsse und verstärkte Zusammenarbeit die Kleinteiligkeit der jetzigen Strukturen überwinden.
Meine Damen und Herren, eine solche Reform ist nicht einfach, denn sie bedarf der Bereitschaft aller Beteiligten. In der vergangenen Woche hat das Kabinett zur Funktionalreform, einem Bestandteil der Verwaltungsreform, neben Deregulierung, E-Government und Gebietsreform einen Zwischenbericht vorgelegt. Dabei geht es darum festzustellen, welche bisher vom Land wahrgenommenen Aufgaben für eine Übertragung an die Kommunen geeignet sind. Wie groß letzten Endes der Umfang der zu übertragenden Aufgaben sein wird, hängt maßgeblich davon ab, ob es gelingt, bei der Zahl der Kreise zu einer grundlegenden Reduzierung zu kommen. Effizienzgewinne müssen der Maßstab bei Aufgabenübertragung sein. Sie sehen also, Funktionalreform und Gebietsreform sind eng miteinander verknüpft. Anfang November wird im Kabinett über beides entschieden. Die Konnexität wird dabei beachtet und über Effizienzgewinne wird noch zu sprechen sein.
Zugleich stehen in der nächsten Zeit Entscheidungen zur Verwaltungsvereinfachung durch Deregulierung und den verstärkten Einsatz von IT-Technik an. Das sind Riesenaufgaben zur Modernisierung des Landes und die Opposition, ich sage das hier, ist herzlich eingeladen, daran konstruktiv mitzuarbeiten und nicht in Verhinderungsstarre zu verfallen.
Meine Damen und Herren, wir sparen, wo wir können, aber wir investieren auch, und zwar nicht wenig. Nur durch Investitionen können Anreize geschaffen werden, so dass neue zusätzliche wettbewerbsfähige Arbeitsplätze bei uns im Land entstehen.
Dabei gibt es im Land Licht und Schatten. Positiv zu verbuchen ist, der Tourismus entwickelt sich aufgrund der in den letzten Jahren getätigten Investitionen hervorragend. Highlights wie die Hansesail und die IGA ziehen Millionen Besucher an. Wir haben inzwischen auch eine beachtliche Zahl erfolgreicher Technologieunternehmen im Land und können auf weitere Investitionen verweisen, wie zum Beispiel von Liebherr im Rostocker Hafen oder im Herbst eröffnet das modernste Fischverarbeitungszentrum Europas auf Rügen.
Auch der Ausbau der Infrastruktur kommt weiter voran. Demnächst wird beispielsweise der Warnowtunnel eröffnet. Und auch die nationale Entscheidung für den Segel
standort Rostock als Bewerber für die Olympischen Spiele 2012 ist ein großer Erfolg für uns und zeigt, man traut uns etwas zu.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS – Zurufe von Dr. Armin Jäger, CDU, und Reinhardt Thomas, CDU)
Auf der Schattenseite ist zu verbuchen, dass die Arbeitslosigkeit im Sommer 2003 alarmierend hoch ist. Zuwächse in einzelnen Bereichen werden durch den weiter anhaltenden Abbau im Baubereich, bei ABM und SAM und im öffentlichen Dienst vollständig aufgefressen. Dazu kommt die gesamtwirtschaftlich schwierige Situation, deren Auswirkungen auch die Volkswirtschaft in den neuen Bundesländern und in Mecklenburg-Vorpommern deutlich zu spüren bekommt.
Meine Damen und Herren, um den notwendigen Strukturwandel unseres Landes weiter voranzutreiben, setzen wir auch in Zeiten extrem knapper Kassen mit diesem Doppelhaushalt klare inhaltliche Akzente in Zukunftsbereichen unseres Landes. Wir konnten diesmal die Investitionen nicht völlig von den Einsparungen ausnehmen, doch liegen bei uns die Investitionsleistungen pro Kopf immer noch etwa dreimal so hoch wie in den Westländern.
Trotz der unvermeidbaren Kürzungen ist es uns aber gelungen, wichtige Bereiche unangetastet zu lassen, auf die ich hier noch einmal verweisen möchte. So konnten unter anderem die Straßenbaumaßnahmen, die Investitionsfördermaßnahmen in die gewerbliche Wirtschaft und in die wirtschaftliche Infrastruktur auf unverändert hohem Niveau gehalten werden. Weitere Schwerpunkte werden gesetzt bei den Schulen, den Hochschulen und der Kinderbetreuung.
Optimal ausgebildete Arbeitskräfte sind eine Investition in den Standort Mecklenburg-Vorpommern und da kann man gar nicht früh genug beginnen.
Meine Damen und Herren, nicht nur Mecklenburg-Vorpommern erneuert sich. Ganz Deutschland ist zurzeit im Umbruch. Dass das auch dringend notwendig ist, bezweifelt wohl keiner.
Schon 1989 hätte genutzt werden müssen, um einen Erneuerungsprozess ganz Deutschlands einzuleiten, schrieb kürzlich Altbundeskanzler Schmidt in der Wochenzeitung „Die Zeit“. Ich glaube, Recht hat er. Stattdessen wurden reformbedürftige Weststrukturen auch auf die neuen Bundesländer übertragen.
Das Ergebnis sehen wir heute: Deutschland blockiert sich selbst. Wachstumskräfte werden nicht freigesetzt. Ein gewachsenes Kartell von Verbänden und Lobbyisten versucht, jede Reform zu verhindern.
Dazu kommen wissenschaftliche und politische Scheingefechte, die so lange geführt werden, bis die Bürger vollends verwirrt sind.
In einer solchen Situation, Herr Glawe, braucht Politik Mut, den Mut, sich auch gegen Widerstände durchzusetzen,
den Mut, sich unbeliebt zu machen bei Lobbyisten, wenn es die Situation im Interesse unseres Landes erfordert.
Gerhard Schröder hat mit der Agenda 2010 diesen Mut bewiesen. Sie ist der Beginn, verkrustete Besitzstände und Strukturen aufzubrechen. Sie ist notwendig, um Deutschland voranzubringen.
(Torsten Renz, CDU: Die PDS organisiert Demonstrationen gegen die Agenda 2010. – Angelika Gramkow, PDS: Das ist auch richtig so.)
Machen Sie mit, meine Damen und Herren von der CDU, Sie sind hier angesprochen! Der Reformstau in Deutschland ist vor allem auch Ihr Stau.