Protokoll der Sitzung vom 27.08.2003

Für unbefriedigend halte ich aber die Beseitigung aller ertragsunabhängigen Elemente. Hier gefällt mir das Modell der kommunalen Spitzenverbände besser, weil es zur Verstetigung der Steuereinnahmen für die Kommunen beiträgt.

(Beifall Ute Schildt, SPD, Volker Schlotmann, SPD, und Angelika Gramkow, PDS)

Allerdings müsste es zum Schutz unserer kleinen und mittleren Unternehmen noch um zusätzliche Freibeträge ergänzt werden. Auch darüber wird noch zu sprechen sein.

(Beifall Siegfried Friese, SPD, und Angelika Gramkow, PDS)

Meine Damen und Herren, das ist in groben Zügen das Reformpaket der Bundesregierung. Ich wäre bereit, auf dieser Grundlage in die Diskussion mit dem Bund über die Ausgestaltung seines Reformwerkes einzutreten. Es muss insbesondere die Unwucht bei Be- und Entlastung der neuen Länder beseitigt werden. Jetzt kommt es darauf an, gemeinsam eine faire Lösung für alle zu finden. Gesprächsverweigerungen führen uns nur in die gegenseitige Blockade. Deshalb mein Appell: Verzichten wir darauf, den anhaltenden Reformstau in unerträglicher

Weise weiter aufzubauen! Lassen Sie uns auf der Grundlage der Regierungsvorschläge um die besten Einzellösungen und ein stimmiges Gesamtpaket streiten! Das wird die Aufgabe der nächsten Wochen sein.

Heute geht es um den Kernhaushalt und seine Überweisung in die Ausschüsse. Mit diesem Haushalt können wir uns durchaus sehen lassen, weil wir trotz aller Restriktionen wichtige Schwerpunkte gesetzt haben wie zum Beispiel im Hochschulbau, im Straßenbau, beim Kindertagesförderungsgesetz, bei der Umstellung der Pflege von Objekt- auf Subjektförderung, bei der Anpassung der Lehrerzahlen an die veränderte Schülerprognose, bei der Umsetzung des Ganztagsschulprogramms, bei der weiteren Verbesserung des Klimaschutzes und bei der Erhöhung der pauschalen Krankenhausförderung, um nur einige Punkte zu nennen. Und, meine Damen und Herren, deshalb lohnt es sich, diesen Haushalt rechtzeitig zu verabschieden. Das sollte unser aller Interesse sein.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Andreas Bluhm, PDS)

Ich will nicht verschweigen, dass wir aufgrund der Abläufe im Bundestag und im Bundesrat noch eine schwierige Terminenge haben werden. Das darf uns aber nicht hindern, jetzt die Aufgaben zu erledigen, die hier im Land anstehen. Deshalb bitte ich Sie heute um Überweisung des Haushaltsplanentwurfes 2004/2005 an die Ausschüsse.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Vielen Dank, Frau Ministerin.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 360 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch dazu, dann ist das so beschlossen.

Um das Wort gebeten hat der Ministerpräsident Herr Dr. Ringstorff.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es stimmt, das ist ein schwieriger Haushalt in einer schwierigen Zeit, schwierig, weil wir bei seiner Aufstellung mit besonderen Unwägbarkeiten umgehen müssen. Zum einen wissen wir nicht genau, welche Einnahmen uns in den nächsten Jahren zur Verfügung stehen. Zur Zeit der Haushaltsaufstellung sind erhebliche Steuermindereinnahmen zu beklagen. So weit wie möglich sind sie im vorliegenden Entwurf bereits berücksichtigt. Zum anderen kennen wir aber auch die zusätzlichen Belastungen nicht genau, die auf uns zukommen könnten, denn mit der Agenda 2010, dem Hartz-Konzept, der Gemeindefinanzreform und der Steuerreform hat der Bund ein umfängliches Reformpaket zur Ankurbelung der Wirtschaft, zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und der Reform der sozialen Sicherungssysteme auf den Tisch gelegt. Das nützt auch unserem Land, wenn wir auch noch Nachbesserungsbedarf sehen. Welche finanziellen Auswirkungen sich daraus aber für uns ergeben, wird sich erst in den nächsten Monaten konkretisieren lassen.

Wir in Mecklenburg-Vorpommern wissen, Reformen sind notwendig. Sicherlich wird es noch Änderungen geben müssen, nicht nur aus der Sicht Mecklenburg-Vorpommerns, auch aus der Sicht anderer Länder. Und wir wissen auch, die Reformvorhaben des Bundes müssen

noch durch den Bundesrat. Wir aber können mit der Verabschiedung unseres Landeshaushalts nicht warten, da bin ich einer Meinung mit Frau Keler. Wir können nicht warten, bis all diese Hürden genommen sind. Wir können nicht warten, bis die Machtfrage zwischen Frau Merkel und den Herren Koch und Stoiber entschieden ist. Zurzeit, meine Damen und Herren, geht es bei der CDU weniger um die Sache als vielmehr um Taktik und Kalkül.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Deshalb, meine Damen und Herren, wird sich auch vor der Wahl in Bayern nichts Wesentliches bewegen.

(Harry Glawe, CDU: Schön ablenken, Herr Ministerpräsident, ne?!)

Wir in Mecklenburg-Vorpommern aber müssen jetzt handeln, um dringende Investitionen und ein Höchstmaß an Planungssicherheit für die Kommunen zu schaffen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Dazu sind wir durch die Landesverfassung verpflichtet. In Artikel 61 Absatz 2 heißt es dazu klar und deutlich, ich zitiere: „Der Haushaltsplan wird vor Beginn des Haushaltsjahres durch ein Gesetz festgestellt.“ Ohne Haushalt darf die Landesregierung nur gesetzlichen oder rechtlichen Verpflichtungen nachkommen. Wir aber wollen mehr, denn wir wollen neue Investitionen tätigen. Wir müssen jetzt handeln, um unser Land weiter voranzubringen, und das tun wir, meine Damen und Herren von der Opposition.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Wolfgang Riemann, CDU: Noch mehr Arbeitslose.)

Nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens zu den Reformgesetzen wird der Doppelhaushalt dann die Anpassungen erfahren, die notwendig sind.

Meine Damen und Herren, mit dem vorliegenden Entwurf präsentiert die Landesregierung einen sorgfältig ausverhandelten und unter den gegebenen Umständen solide finanzierten Haushalt. An dem Ziel, die Nettoneuverschuldung bis Ende des Jahrzehnts auf null zu senken, halten wir weiterhin fest.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das erzählen Sie jedes Jahr.)

Wir sind uns bewusst, aufgrund der aktuellen Steuerentwicklung wird dies nur unter erheblichen Anstrengungen möglich sein. Maxime unseres Handelns muss aber ein verfassungsgemäßer Haushalt sein. Wir wollen auch morgen noch politische Gestaltungsmöglichkeiten haben und zukünftigen Generationen Chancen offen halten und dafür arbeiten wir.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Deshalb ist auch die Umsetzung von Reformen dringend notwendig. Doch sollten Maßnahmen aus den Reformvorschlägen der Bundesregierung zu einer deutlichen Verschlechterung der finanziellen Ausstattung vor allem der ostdeutschen Länder führen, können wir das natürlich nicht hinnehmen. Insbesondere die Gemeindefinanzreform bedarf aus unserer Sicht noch deutlicher Korrekturen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Angelika Gramkow, PDS)

Die Finanzministerin hat schon darauf hingewiesen, zur Finanzierung der im Rahmen der Gemeindefinanzreform vorgesehenen Zusammenlegung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe sollen die Länder Umsatzsteuerpunkte an den Bund abgeben, obwohl nicht die Länder, sondern die Kommunen entlastet werden. Und hinzu kommt, auch darauf wurde schon hingewiesen, dass die ostdeutschen Länder durch ihre unterdurchschnittliche Zahl von Sozialhilfeempfängern nur entsprechend gering entlastet werden und durch die Abgabe von Umsatzsteuerpunkten überdurchschnittlich belastet würden. Insgesamt würden Land und Kommunen bei dieser Operation einen Negativsaldo in Millionenhöhe zu verzeichnen haben und das ist nicht hinnehmbar.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Auch bei der Gewerbesteuerreform würden den Ländern zusätzliche Steuermindereinnahmen durch die Erhöhung des Umsatzsteueranteils der Kommunen entstehen. Diese wären zusammen mit den Belastungen aus der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe im Landeshaushalt nicht aufzufangen. Das Vorhaben des Bundes, die dritte Stufe der Steuerreform vorzuziehen, begrüße ich aus Landessicht. Voraussetzung dafür aber ist eine solide Gegenfinanzierung und eine konsequente Umsetzung der Maßnahmen zur Haushaltsstabilisierung.

Über all das wird im Rahmen der anstehenden Gesetzgebungsvorhaben zu reden sein. Ich bin wirklich gespannt, meine Damen und Herren, ob die CDU im Sinne der Zukunft Deutschlands hier konstruktiv mitarbeitet oder sich verweigert.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Wolfgang Riemann, CDU: Wie Lafontaine kann sie das garantiert nicht machen.)

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt zeichnet sich leider eine für den deutschen Föderalismus inzwischen charakteristische Blockade ab.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

Das ist verfassungsrechtlich bedenklich und es zeigt, wir brauchen auch hier, auf dem Feld der Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung, dringend Reformen, damit die Bundesregierung das tun kann, wofür sie gewählt wurde, nämlich politische Entscheidungen zu treffen, und nicht durch den Bundesrat abgebremst werden kann.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Wollen Sie den Bundesrat abschaffen? – Beate Schlupp, CDU: Dann müssen sie aber auch vernünftig sein.)

Nein, aber jedem das, was ihm zukommt. Und Sie wissen selbst, Herr Jäger, dass wir so viele Tatbestände haben, die miteinander verflochten sind. Bund- und Länderebene haben Mischkompetenzen, so dass hier eine Entflechtung nötig ist, und das ist auch die Auffassung meiner Kollegen von der CDU-Seite.

Um einen verfassungsgemäßen Haushalt verabschieden zu können, meine Damen und Herren, müssen wir nicht nur unzumutbare finanzielle Lastenverschiebungen aus der anstehenden Reformgesetzgebung des Bundes abwehren, wir müssen auch den Menschen im Land ehrlich sagen: Nicht alles, was wünschenswert ist, ist auch finanzierbar. Wir müssen sparen und zugleich in Zukunftsbereiche des Landes weiter investieren, um strukturelle Nachholbedarfe des Landes abzubauen. Zu tief in die

Investitionen des Landes hineinzuschneiden hieße, dem Land Zukunfts- und Entwicklungschancen zu nehmen, und genau das müssen und werden wir vermeiden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Um das Ziel eines verfassungsgemäßen Haushaltes zu erreichen, kommen wir wie alle Länder nicht umhin, auch den Kommunen und den Beamten des Landes Solidarität abzufordern und sie an den Einsparungen zu beteiligen. Den Beamten soll das Urlaubsgeld komplett gestrichen und das Weihnachtsgeld gekürzt werden. Selbstverständlich gilt das auch für den Ministerpräsidenten, die Minister und Staatssekretäre. Die Minister und Staatssekretäre werden bei den Lohnanpassungen behandelt wie alle anderen Beamten auch. Der Ministerpräsident – Frau Ministerin Keler hat schon darauf hingewiesen – nimmt 2003 und 2004 nicht an der Erhöhung der allgemeinen Bezüge teil.

(Torsten Renz, CDU: Der Arme!)

Das alles wussten Sie, Herr Riemann, und trotzdem behaupten Sie etwas anderes.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Die Falschmeldung der Presse haben Sie bewusst herbeigeführt. Das ist schäbig und für meine Begriffe ein mieser Stil. Sie schüren Vorbehalte gegen die Politik, die letzten Endes auch einmal auf Sie selbst zurückfallen können.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Angelika Gramkow, PDS)

Meine Damen und Herren, auch im Tarifbereich des öffentlichen Dienstes werden Kürzungen angestrebt. Das alles ist schmerzlich, aber unter den gegebenen Umständen nicht zu vermeiden.

Meine Damen und Herren, bisher ist die Mindestgarantie für die Kommunen trotz erheblicher Steuerausfälle des Landes in den letzten Jahren aufrechterhalten worden. Damit wurde der Gleichmäßigkeitsgrundsatz faktisch außer Kraft gesetzt. Diese Praxis kann sich das Land aufgrund der dramatischen Steuermindereinnahmen nicht länger leisten. In den nächsten beiden Jahren kommen wir nicht umhin, die Mindestgarantie der Kommunen abzusenken.