Protokoll der Sitzung vom 11.09.2003

(Wolfgang Riemann, CDU: Gucken Sie doch mal in die Anträge der PDS! – Zuruf von Volker Schlotmann, SPD)

So, meine Damen und Herren, ich glaube, der Minister hat doch deutlich gesagt, worum es hier eigentlich geht und was alles getan werden muss. Ich sage es noch einmal, wenn wir die Zahl einmal addieren, das haben Sie wahrscheinlich auch nicht gemacht und nicht gelesen, wenn wir die Zusagen addieren, die wir jetzt schon haben, dann kompensieren sie eigentlich jetzt schon in voller Höhe den Wegfall des Bundesprogramms. Was wollen wir denn noch? Wir wollen noch mehr, und da bin ich sicherlich einig mit Ihnen, dass das alles nicht ausreicht. Wir

sollten irgendwann auch einmal dazu kommen, das ist eben auch beim Aufbau unseres Landes wichtig, dass wir auch unsere Kultureinrichtungen und nachgeordneten Einrichtungen irgendwann mehr zur Selbstständigkeit anhalten. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Danke schön, Herr Lohse.

Es liegen weiter keine Wortmeldungen vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 4/730. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenprobe. – Danke. Stimmenthaltungen? – Danke. Damit ist der Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 4/730 mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der PDS, bei einer Stimmenthaltung der Fraktion der PDS sowie bei Zustimmung der Fraktion der CDU und einer Zustimmung der Fraktion der PDS abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 22: Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Ausbildungsplatzsituation im Pflegebereich nach dem In-Kraft-Treten des Bundes-Altenpflegegesetzes, Drucksache 4/732.

Antrag der Fraktion der CDU: Ausbildungsplatzsituation im Pflegebereich nach dem In-Kraft-Treten des Bundes-Altenpflegegesetzes – Drucksache 4/732 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Schubert von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Seit geraumer Zeit beschäftigen sich Politiker und Medien mit der Lehrstellensituation in Mecklenburg-Vorpommern. Der Bundeswirtschaftsminister weilte am vergangenen Samstag in Rostock und warb gemeinsam mit dem Ministerpräsidenten des Landes um Ausbildungsplätze. Derzeit suchen noch circa 6.000 Schulabgänger in MecklenburgVorpommern eine Lehrstelle.

Unser Antrag befasst sich mit der Ausbildungssituation im Pflegebereich nach dem In-Kraft-Treten des Bundesaltenpflegegesetzes und zielt darauf ab, zusätzliche Lehrstellen im Altenpflegebereich zu schaffen. Damit soll die Landesregierung aufgefordert werden, endlich aktiv zu werden und die notwendigen Ausführungsbestimmungen zur Altenpflegeausbildung vorzunehmen. Darüber hinaus ist es die Aufgabe des Landesgesetzgebers, Regelungen sowohl für Altenpflege- als auch für die Altenpflegehelferausbildung zu schaffen. Und eben dies wurde ja bereits am 24.10.2002 durch das Bundesverfassungsgericht entschieden. Leider müssen wir nun immerhin fast elf Monate später feststellen, dass seit dieser Entscheidung die Landesregierung, trotz mehrfacher Aufforderungen von Seiten der CDU-Landtagsfraktion, in diesem Bereich absolut untätig geblieben ist.

Das Bundesaltenpflegegesetz vom 17.11.2000 regelt seit dem 01.08.2003 einheitlich die Ausbildung zur Altenpflegerin und zum Altenpfleger. Zur praktischen Umsetzung dieses Bundesgesetzes auf Landesebene bedarf es jedoch eines Ausführungsgesetzes, das Detailfragen klärt und das beispielsweise eine Regelung der Strukturen und der Finanzierung der schulischen Ausbildung vornimmt.

Unser Bundesland hat es im Gegensatz zum Saarland und vielen weiteren Bundesländern bisher leider versäumt, ein solches Gesetz zu schaffen. Somit wurde auch die Chance vertan, der Abwanderung von jungen Menschen aus unserem Land entgegenzuwirken. Auf der einen Seite werben wir mit dem Gesundheitsland Mecklenburg-Vorpommern und auf der anderen Seite vergeben wir die Chance, junge Menschen hier auszubilden, ihnen Perspektiven zu geben und mit sehr gut ausgebildeten Altenpflegerinnen und Altenpflegern bundesweit konkurrenzfähig zu sein.

Vor wenigen Tagen haben Sie, Frau Sozialministerin D r. Linke, in einer Pressemitteilung den Start für die Ausbildung nach dem neuen Bundesaltenpflegegesetz in Mecklenburg-Vorpommern als gelungen erklärt, weil 120 Schülerinnen und Schüler ab 01.09. ihre Ausbildung begonnen haben. Dies ist allerdings nur die halbe Wahrheit. Als gelungen kann ich diesen Start nicht bezeichnen, denn wenn wir im Vergleich zum Vorjahr die Hälfte der Ausbildungsplätze weniger zur Verfügung haben, kann man wirklich nicht erbaut sein über diese Entwicklung. An mangelnder Nachfrage liegt diese Reduzierung allerdings keinesfalls. Ganz im Gegenteil, denn vielmehr ist hierfür das Fehlen des Ausführungsgesetzes verantwortlich. Somit wurden die ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen als Träger der praktischen Ausbildung und die Altenpflegeschulen verunsichert, denn sie hatten keinerlei Planungs- und Rechtssicherheit.

Um einer noch größeren Misere vor In-Kraft-Treten des neuen Gesetzes zu entgehen, ermöglichten viele Ausbildungseinrichtungen insgesamt 60 Schülern den Ausbildungsbeginn bereits vor dem 01.08.2003 nach altem Recht. Das neue Gesetz wurde somit bewusst umgangen und nicht angewendet. Für die Azubis bedeutet dies, dass sie einerseits keinen Anspruch auf Ausbildungsvergütung erlangen und zudem gemäß eines auslaufenden Ausbildungsplanes, einen Beruf erlernen.

Zukunftssicherheit stelle ich mir allerdings anders vor, denn bis heute liegt noch immer kein entsprechendes Ausführungsgesetz vor. Dass dies aber absolut notwendig ist, zeigen zahlreiche Statistiken, in denen es heißt, dass in Deutschland über zwei Millionen Menschen auf Pflege angewiesen sind. Es sind derzeit 125.000 Altenpflegerinnen und Altenpfleger in entsprechenden Einrichtungen tätig und die Nachfrage ist steigend, auch im Hinblick auf die Altenpflegehilfeausbildung.

Sehr geehrte Frau Ministerin, Sie haben zwar eine vorläufige Empfehlung für die praktische Ausbildung zur Altenpflege herausgegeben, doch auch hundert solcher Empfehlungen stellen noch immer kein Gesetz dar. Es ist darüber hinaus auch nur schwer vorstellbar, dass die gemachten Empfehlungen im Rahmen eines Anhörungsverfahrens erarbeitet wurden, und ich bezweifle ebenfalls, dass diese Empfehlungen eine verbindliche Außenwirkung haben.

Frau Ministerin, es mag ja auch eine durchaus positive Überlegung Ihrerseits dahinter stecken, dass Sie ein solches Durchführungsgesetz bisher nicht erarbeiteten, ich denke an den Tagesordnungspunkt Deregulierung. Allerdings nehmen Sie damit auch zahlreichen Schulabgängern der Hauptschulen unseres Landes die Möglichkeit, einen Ausbildungsplatz zum Altenpflegehelfer zu erlangen. Legt man zugrunde, dass im täglichen Ablauf der Altenpflege 50 Prozent Pflegehilfsarbeiten anfallen, so

kann man davon ausgehen, dass mindestens 200 Ausbildungsplätze zum Altenpflegehelfer zur Verfügung stehen sollten.

Eine der Zugangsvoraussetzungen zum Altenpfleger ist der Realschulabschluss, was bedeutet, dass Hauptschülern die Möglichkeit verwehrt würde, auf dem Gebiet des Altenpflegedienstes Fuß zu fassen. Was machen Sie aber mit diesen nicht unbeträchtlichen Zahlen von Hauptschülern? Auch sie haben ein Recht auf eine berufliche Perspektive in Mecklenburg-Vorpommern und haben einen Anspruch auf die Erlernung eines Berufes mit Zukunft. Und die Altenpflege hat allein schon aufgrund der demographischen Entwicklung eine sichere Zukunft. Somit bieten sich auch für Jugendliche mit niedrigem Bildungsniveau neue Perspektiven und Chancen in der Altenpflege. Gleichzeitig ist mit der Ausbildung zum Altenpflegehelfer eine Entlastung der Fachkräfte im Bereich der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Vorsorge gewährleistet.

Im Saarland, wo das Durchführungsgesetz bereits seit Oktober 2002 existiert, flossen dazu noch viele weitere Vorteile mit ein. So ist beispielsweise dort geregelt, dass sich das erste Ausbildungsjahr von Altenpflege und Altenpflegehilfe identisch gestaltet, wodurch es den Altenpflegehelfern nach Abschluss ihrer Ausbildung möglich ist, einen nahtlosen Übergang in die Altenpflege zu schaffen. Somit ist es auch Schülern möglich, Zugangsvoraussetzungen für die Altenpflege zu erlangen und sich weiterzuqualifizieren, die sich im Voraus die anspruchsvollere Ausbildung nicht zutrauen beziehungsweise die Voraussetzungen nicht erfüllen.

Sehr geehrte Frau Ministerin, ich stelle mir nun die Frage, warum dieses Durchführungsgesetz noch nicht bei uns im Land eingeführt wurde. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern weniger in der Lage sein sollte, ein solches Gesetz zu entwerfen und in den Landtag einzubringen als andere Bundesländer. Auch an fehlenden Finanzmitteln kann es nicht liegen, denn hierfür bedarf es keines zusätzlichen Geldes, da die Beamten ja bereits in ausreichender Zahl in den Ministerien vorhanden sind.

Oder lag es vielleicht daran, dass das Sozialministerium mit der Novellierung des Landespflegegesetzes und der Novellierung des Kita-Gesetzes schon vollständig ausgelastet ist beziehungsweise war?

Somit liegt das durchaus wichtige und sinnvolle Durchführungsgesetz, das Landesaltenpflegeausbildungsgesetz, noch immer auf Eis. Dies sollte schnellstmöglich geändert werden zum Wohle der ausbildungsplatzsuchenden Jugend als auch der pflegebedürftigen älteren Menschen. Daher kann ich Ihnen, Frau Ministerin, nur nahe legen, die Möglichkeit zu nutzen, sich mit Ihren Ministerkollegen aus den anderen Bundesländern, in denen dieses Gesetz bereits erfolgreich realisiert wurde, auszutauschen. Es besteht dringend Handlungsbedarf.

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie um Zustimmung zur Drucksache 4/723 der CDU-Fraktion und denke, dass wir damit einen Weg zeichnen für Ausbildungsplätze in unserem Land. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Danke schön, Herr Schubert. Ich denke, es handelt sich um die Drucksache 4/732.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Sozialministerin Frau Dr. Linke.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Herr Schubert hat schon einiges gesagt zu dem Altenpflegegesetz. Es ist nach jahrelangem Tauziehen am 1. August dieses Jahres in Kraft getreten. Es ist ein Bundesgesetz. Dieses Gesetz ist ein großer Erfolg und ein Fortschritt für den Beruf der Altenpflegerin und des Altenpflegers. Mit dieser bundeseinheitlichen Ausbildung erhöhen sich durchweg die Attraktivität dieses Berufes und auch seine gesellschaftliche Anerkennung. Das Altenpflegegesetz vereinheitlicht das Berufsbild in Deutschland. Es führt zu mehr Klarheit über die Kompetenzen der Altenpflegerin und des Altenpflegers und es ist damit tatsächlich ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Pflegequalität.

Nach den bisherigen Ausbildungsregelungen, die wir in Mecklenburg-Vorpommern hatten, erfolgte die Ausbildung zu diesem Beruf in den ersten zwei Jahren schulisch und die Altenpflegeschülerinnen und Altenpflegeschüler erhielten dann im dritten Ausbildungsjahr – aber lediglich im dritten Ausbildungsjahr – eine Ausbildungsvergütung. Das neue Gesetz schreibt nunmehr zwingend den Abschluss eines Ausbildungsvertrages und damit die Zahlung einer Ausbildungsvergütung vor. Damit wird die Ausbildung in der Altenpflege anderen beruflichen Ausbildungen gleichgestellt und somit gleichsam attraktiver. Langfristig, und das muss man einfach jetzt bedenken, langfristig wird man also nur so eine ausreichende Zahl von Bewerberinnen und Bewerbern für diesen anspruchsvollen Beruf gewinnen und dem wachsenden Bedarf an Fachkräften in der Altenpflege gerecht werden können, denn die Verträge werden mit den Trägern, also mit den Ausbildungsstätten abgeschlossen.

(Harry Glawe, CDU: Richtig.)

Mit der bundesrechtlichen …

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Das ist aber etwas Neues, Herr Glawe.

Mit der bundesrechtlichen Regelung ist der Altenpflegeberuf den Gesundheitsfachberufen zugeordnet worden. Damit ist ein wichtiger erster Schritt zum Zusammenführen der Pflegeberufe getan worden.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Einrichtungen können jetzt als Träger der praktischen Ausbildung den Bedarf an Ausbildung für ihre eigenen Einrichtungen selbst festlegen, die geeigneten Bewerber auswählen und entsprechend Ausbildungsverträge abschließen.

Am 1. September hat das neue Ausbildungsjahr begonnen und in der Altenpflege erstmalig nach dem neuen Altenpflegegesetz. Trotz der kurzen Umstellungsphase und der neuen Finanzierungsbedingungen, die uns durch Bundesrecht vorgegeben sind, ist der Start der Ausbildung nach dem neuen Altenpflegegesetz, wie ich auch in meiner Pressemitteilung mitgeteilt habe, außerordentlich gut gelungen. Eine telefonische Umfrage bei den Schulen hat ergeben, dass nach dem neuen Gesetz 120 Schüle

rinnen und Schüler einen Ausbildungsvertrag von den Einrichtungen der Altenhilfe erhalten haben

(Beifall Angelika Gramkow, PDS – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

und nun, …

Nein, Herr Glawe, schön ruhig, ich rede noch weiter.

… und nun an den Altenpflegeschulen nach den neuen Ausbildungsrichtlinien lernen. Weitere 60 Schülerinnen und Schüler haben ihre Ausbildung unmittelbar vor dem 1. August noch nach dem alten Recht begonnen. Die muss man also zu diesen 120 dazuzählen.

(Harry Glawe, CDU: Ja, aber die kriegen doch weiter nichts.)

180 Auszubildende im Beruf der Altenpfleger,

(Harry Glawe, CDU: Das ist doch ein Kassentrick!)

ich denke, das ist eine sehr gute Leistung für unsere Altenpflegeeinrichtungen, wenn man bedenkt, dass derzeit in der Altenhilfe etwa 1.500 Altenpflegerinnen und Altenpfleger tätig sind und insgesamt im zweiten und dritten Lehrjahr 500 Schülerinnen und Schüler sich nach den alten Regeln in der Ausbildung befinden.

(Harry Glawe, CDU: Ja, die sind ja noch da.)

Die Einrichtungen der Altenpflege erbringen damit eine gute Ausbildungsleistung. Ich möchte ausdrücklich von dieser Stelle allen Einrichtungen für ihren Beitrag zur Ausbildung herzlich danken.