Protokoll der Sitzung vom 11.09.2003

Aber es ist ja nicht nur die Unwahrheit, wenn Sie sagen, dass die Schiffssicherheit gefährdet ist und keiner darauf achtet. Es wird alles exakt untersucht und wenn es hier eine Gefährdung gibt, dann gibt es keine Offshoreanlagen.

(Beate Schlupp, CDU: Und wie wirtschaftlich ist das?)

Und wenn sie dem Tourismus schaden, dann gibt es keine Offshoreanlagen, das ist alles Gegenstand des Verfahrens.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS – Zurufe von Egbert Liskow, CDU, und Wolfgang Riemann, CDU)

Aber das, was ich absolut unmöglich finde, ist, dass die CDU jetzt in den Küstenorten – das geht von Kühlungsborn über den Darß bis Usedom – auch noch versucht, unsere Gäste, unsere Touristen mit in ihre Kampagne einzubeziehen,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Beate Mahr, SPD: Jawohl!)

dass man unsere Gäste instrumentalisiert und vor den politischen Karren spannt.

(Holger Friedrich, SPD: Ja, genau.)

Ich finde das ungehörig, ich finde das schädlich für das Land und ich finde das auch politisch unmöglich!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von Lorenz Caffier, CDU, und Wolfgang Riemann, CDU)

Meine Damen und Herren, wir mögen uns ja unterscheiden, aber das sagen wir offen und ehrlich: Wir sind für die Windenergie!

(Wolfgang Riemann, CDU: Und was sagt der Tourismusverband?)

Wir sind dafür, dass Windenergieanlagen hier im Land produziert werden!

(Zuruf von Gesine Skrzepski, CDU)

Sie sind dagegen. Sagen Sie das dann auch, aber bitte nicht immer drum herumreden und mit verdeckten Karten spielen. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Vielen Dank, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Thomas von der CDU-Fraktion.

Darauf muss ich erst einmal einen Schluck trinken.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Heinz Müller, SPD: Reines Wasser?!)

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Herr Minister, es geht erstens um die Seeanlagenverordnung. Zweitens geht es dabei natürlich auch um eine Energiediskussion. Und drittens geht es um die Interessen der Küstenbewohner in diesem Land,

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Egbert Liskow, CDU: Ja, genau.)

die vertreten wir hier auch, und da können wir unterschiedliche Positionen haben. Ich möchte versuchen, das nüchtern und sachlich zu machen, aber, ich denke – Technologiefeindlichkeit, am 04.09. steht dazu etwas in der „Wirtschaftswoche“ –, wir sollten mal wieder auf die Erde zurückkommen.

(Wolfgang Riemann, CDU: Aber da fehlt der wissenschaftliche Sachverstand. – Hans-Heinrich Jarchow, SPD: Bei Ihnen? – Wolfgang Riemann, CDU: Nein, beim Vorredner.)

Im Antrag vom 11. April vorigen Jahres haben meine Kollegen Gesine Skrzepski, Martin Brick und ich den Landtag gebeten zu beschließen, Zitat: „Die Landesregierung wird aufgefordert, bis zum 30. Mai 2002 darüber zu berichten, welche Maßnahmen sie ergreift, um die Sicherheit des Schiffsverkehrs auf der Ostsee und den Schutz der Küstenregion vor Umweltkatastrophen, die störungsfreie Entwicklung des naturverbundenen Tourismus und

des Fischereiwesens in der Seeanlagenverordnung festzuschreiben.“ Und darum geht es im Kern. Was an diesem Antrag so schlimm war, dass er quer durch alle Parteien von der überwiegenden Mehrheit abgewiesen wurde, wissen wir nicht. Diese Frage wird aber im Bericht vom 16. Juni „Offshorewindenergienutzung Mecklenburg-Vorpommern“ nach über einem Jahr beantwortet. Ich gehe anschließend noch kurz darauf ein.

Schon am 1. August des vorigen Jahres ist auf Initiative von Gesine Skrzepski die Saßnitzer Erklärung zu Offshoreanlagen im Kurhotel Saßnitz verabschiedet worden, weil wir wussten, hier sollen Offshoreanlagen mit brachialer Gewalt über die Köpfe der Küstenbewohner hinweg durchgepeitscht werden.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Egbert Liskow, CDU: Genau. – Wolfgang Riemann, CDU: So ist es.)

Unser Ziel war, ist und bleibt es, Sicherheiten einzubauen, damit die Menschen an unserer Küste heute und noch in 50 Jahren damit leben können. Bis zu der von Wolfgang Clement – und ich sage, Gott sei Dank – losgetretenen und längst überfälligen Grundsatzdiskussion wollten uns die von der Windkraft völlig abgedrehten Grünen, vor allem auch mit dieser Lobby hier im Landtag, nicht nur ein Milliardengrab schaufeln, sondern eine in Jahrhunderten geschaffene Kulturlandschaft auf See und an Land förmlich verwüsten.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Egbert Liskow, CDU: Genau. – Dr. Gerhard Bartels, PDS: Haben Sie es nicht eine Nummer größer?)

Warum streiten eigentlich in Berlin zwei Minister über die hohen Subventionskosten für Windenergie? Während in ganz Deutschland von Subventionsabbau gesprochen wird, hat die Bundesregierung still und heimlich ein neues Milliardengrab geschaufelt. Jürgen Trittins hochgepriesene Windenergie entwickelt sich nach Ansicht von Wolfgang Clement zur Abzocke, weil der durch Windenergie erzeugte Strom mehr Subventionen verschlingt als die Steinkohle.

(Karsten Neumann, PDS: Mehr, als die Atomenergie jemals verschlungen hat.)

Herr Clement zu den fast 15.000 Windrädern, Zitat: „Wir bauen mittlerweile dort, wo es gar keinen Wind gibt.“

Der Brandenburger Umweltminister Wolfgang Birthler plädiert dafür, Zitat: „Alle Windkraftanlagen wieder umzulegen.“ Seine Begründung ist: „Sie verschandeln die Landschaft, fressen Milliarden Subventionen, Arbeitsplätze entstehen kaum, der Strom wird teurer.“ Sind das denn alles Leute, die überhaupt keine Ahnung haben?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Jürgen Trittin verweist nun aufgeschreckt auf den jüngsten Subventionsbericht der Bundesregierung, in dem seiner Meinung nach nur 122 Milliarden Euro jährlich für erneuerbare Energien ausgewiesen sind. Die wahren Kosten aber verschweigt er, denn die werden über die Steckdose abgezapft. Per EEG werden die Stromkonzerne verpflichtet, Windstrom zu überhöhten Preisen abzunehmen. Mit dem grünen Windkrafttraum entsteht zurzeit noch ein Mehrfacheffekt. Auf Kosten der Allgemeinheit erzielen die Kapitalanleger Traumrenditen. Die Stromkunden werden aber mit 14,4 Milliarden Euro jährlich abgezockt.

Am Strome hängt, zum Geldstrome drängt doch alles. Das ist die Kurzformel. Der Geldstrom für die Windräder ist aus unserer Sicht rausgeworfenes Geld. Wir müssen darüber reden, ob das sinnvoll ist. Wir können über einen Energiemix reden, aber das ist zu einseitig.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Egbert Liskow, CDU: Genau.)

Hat sich eigentlich ein politischer Windkraftlobbyist Gedanken darüber gemacht, warum wir in Deutschland nicht diesen Blackout fürchten müssen wie in den USA? Das müssen wir trotz Jürgen Trittin nicht fürchten, weil ihm die deutsche Energiewirtschaft eben nicht so folgte und sich jetzt mit Wolfgang Clement verbündet.

Zur Erinnerung: Kaum waren die Grünen an der Macht, da begann die Exekution der Atomkraft. Die Begründung für das Aus des Atomstroms lautete: Die Stromindustrie produziere weit über den Bedarf, Sicherheit geht vor Überproduktion. Jetzt aber, da Trittin für den Ausbau der Windenergie die höhere Grundlast vorhalten muss, damit es nicht zum Super-GAU kommt, argumentiert er mit jenen Atomreserven, die für die Grünen gerade noch überflüssig waren. Der Jahrhundertsommer hat den Grünen die Grenzen gezeigt. Kein Wind, dafür aber mehr Energiebedarf durch Kühlung. Und ich würde einigen Damen und Herren diese Kühlung auch wünschen bei diesem Thema.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Jetzt will Trittin die Mittel auf Offshoreanlagen verlagern.

(Peter Ritter, PDS: Ich sehe nur einen, der sich heiß redet, und das ist Herr Thomas.)

Das ist die Flucht nach vorn, weil die Windenergiepolitik grundsätzlich gescheitert ist. Der Wirtschaftsminister hat erkannt, dass mit erneuerbaren Energien noch kein Staat zu machen ist, über die Zukunft reden wir später. Und er hat erkannt, dass staatliche Abgaben bereits heute jede Stromrechnung um 60 Prozent verteuern. Vor allem hat er erkannt, dass Wirtschaft und Industrie nicht auf eine Windenergie bauen können, die so unsicher ist, dass für die Grundauslastung 80 Prozent Ersatzkapazität vorgehalten werden muss.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Es ist eine Illusion, in 50 Jahren 50 Prozent der Stromerzeugung in Deutschland mit erneuerbaren Energien abzudecken. Das ist zehnmal mehr als heute. Hinzu kommt der Zeit- und Kostenfaktor. 30 bis 40 Milliarden Euro müssen demnächst allein dafür eingesetzt werden, um die geplanten Stilllegungen der Atommeiler und der veralteten Kohlekraftwerke zu finanzieren. Das ist doch der helle Wahnsinn! Es sind mehr als Zweifel anzumelden, ob der per Gesetz im April 2002 festgeschriebene Ausstieg aus der Kernkraft noch Bestand haben kann. Wir reden nicht nur von Kernkraft, wir reden immer noch von dem Energiemix.

Der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie und Kanzlerfreund Hubertus Schmoldt kritisierte vorige Woche, Zitat: „Die von Trittin geplante Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energie ist illusionär.“ Deutschland kann es sich seiner Meinung nach nicht leisten, bis 2021 aus der kostengünstigeren Energieform auszusteigen, während weltweit weiter Kernkraftwerke gebaut werden. Schmoldt weiter, Zitat: „Man muss in der Technologie verbleiben.“ Dies sei eine Frage der Techno

logie, der Sicherheit, meint Schmoldt, und fügt abschließend hinzu: „Unsere Kernkraftwerke sind da nicht die schlechtesten.“ Recht hat er. Unsere Kernkraftwerke hatten und haben den höchsten Sicherheitsstandard in der Welt.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Egbert Liskow, CDU: Genau.)

Das ist ein Exportschlager für mehr Sicherheit für die Bruchreaktoren dort im Osten, denn Sie importieren nämlich mit Ihrer Windpolitik den Atomstrom aus dem Osten.