davon bin ich überzeugt, denn nichts anderes verbirgt sich wahrscheinlich hinter der Formulierung „konzeptionelle Überlegung“, die Sie im Antrag formuliert haben, werden wir uns sicher noch sehr, sehr oft mit Anträgen zu Förderrichtlinien zu beschäftigen haben und damit immer wieder originäres Regierungshandeln einfordern.
Die Richtung für die Förderrichtlinie, die meines Erachtens auch die richtige ist, hat die heutige Landtagspräsidentin Frau Bretschneider in der vergangenen Wahlperiode in einem der letzten Bildungsausschüsse dem Vernehmen nach bereits formuliert. Sinngemäß mahnte sie nämlich an, nicht mehr, wie es Ihr Antrag suggeriert, sondern eher weniger, dann aber richtig zu fördern. Die Begründung gibt Ihrem Antrag allerdings eine ganz andere Intention.
Der Minister selbst wird natürlich mit Ihrem Antrag auch nicht allzu viel anfangen können, denn er hat ja selber gefragt: In welche Richtung wollen Sie denn? Wenn Sie sagen, eine neue Förderrichtlinie, dann müssen Sie auch sagen, wohin es Ihrer Meinung nach gehen soll.
(Dr. Ulrich Born, CDU: Aber jetzt haben Sie doch gelernt, wie wir Glashäger besser verkaufen können.)
Ich kann keine neue Förderrichtlinie fordern und nicht dazusagen, wo ich am Ziel ankommen möchte, wo es hingehen soll. Damit ist für mich dieser Antrag substanzlos. Wir haben schon viel von Substanzlosigkeit gesprochen und dieser Antrag ist vom Prinzip ein sehr gutes Beispiel dafür. Wir werden diesen Antrag ablehnen. – Danke schön.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der PDS die Abgeordnete Frau Schmidt. Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich sehe es als Miteinbringerin dieses Antrages natürlich ein klein wenig anders als Sie, Frau Fiedler, da Sie ja von Substanzlosigkeit sprachen. Das ist eigentlich ein Widerspruch zu dem, was Sie vorher erkennen ließen, denn Sie sagten, dass, wenn Sie es richtig verstehen, der Inhalt konzeptionelle Überlegungen sind, so, wie er hier gemeint sein könnte. Und zu Ihren Darlegungen, da kann ich Ihnen nur folgen. Genau so, in diesem Sinne war es ja auch gemeint.
(Kerstin Fiedler, CDU: Einfach mehr fordern, das ist aber kein Konzept. – Vizepräsidentin Renate Holznagel übernimmt den Vorsitz.)
Ich denke, und da muss ich leider dem Herrn Minister widersprechen, die Unterschiedlichkeit, die Sie in den Darstellungen getroffen haben,
zum einen die Richtlinie und zum anderen die inhaltliche Diskussion zu dem, was man unter Kultur auch bei uns im Land meinen könnte, verstehen sollte, sehen wir schon als Einheit. Und deshalb auch dieser Antrag.
Wenn wir hier die Abfolge der Diskussion zu dieser Thematik sehen, wie sie Frau Voland ja inhaltlich begon
nen hatte darzustellen, dann ist es ja ein seit Jahren verfolgtes Thema. Die Förderrichtlinie Kultur scheint leider ein Endlosthema zu sein. Erlassen im November 1994 erregt und beschäftigt sie seitdem die Gemüter derer, die jährlich aufs Neue auf Projektförderung durch das Land angewiesen sind. Zahlreich sind die Papiere, auf denen Kulturverbände, -vereine, -initiativen und -gruppen Unzulänglichkeiten der Richtlinie nachwiesen und Vorschläge für Veränderungen begründeten. Selbst ein eigens für die grundlegende Überarbeitung der Richtlinie durch die damalige Kultusministerin Frau Marquardt schon berufene Gremium konnte kein wirkliches Resultat erzielen.
Deshalb wurde im Jahr 2001 wiederholt ein Antrag durch den Landtag verabschiedet, der die Landesregierung aufforderte, eine Förderrichtlinie zu überarbeiten, um insbesondere eine Erweiterung der Fördermöglichkeiten und ein zur Antragstellung zeitnahes Ausreichen der Fördermittel zu erreichen.
(Dr. Ulrich Born, CDU: Und jetzt sind wir zwei Jahre weiter und es ist noch nichts passiert. Geht denn das?)
Im März 2002 wurde durch das Ministerium ein Papier vorgelegt, welches Schwachstellen der bis dahin gültigen Förderrichtlinie benannte. Es enthielt sogar eventuelle Lösungsmöglichkeiten für grundsätzliche Probleme. In der Landtagssitzung im Juni 2002 wurde dann wiederholt, und zwar auch durch unsere Fraktion, eine endgültige Überarbeitung mit strukturell neuen Ansätzen gefordert. Und siehe da, wie heute hier schon dargestellt, am 12. Juli 2002 kommt es zur Veröffentlichung der neuen Richtlinie. Aber was war da neu? Und das ist genau das Problem.
Der Termin für Antragsstellungen wurde für kulturelle Projekte, wie von allen gefordert, auf den November vorgezogen. Und im Einzelplan 07 im Kapitel 0718 wurden die Schwerpunkte für die Bewilligung von Projekten um die besonderen, ich zitiere: „innovativen Projekte“ erweitert, die sich nicht den anderen Schwerpunkten zuordnen lassen. Damit sind die grundsätzlichen Probleme der inhaltlichen Diskussion der Förderrichtlinie aber nicht geklärt, denn diese Änderungen berücksichtigten kaum den seit Jahren beklagten Zustand.
1. die ausschließliche Möglichkeit der Projektförderung, wo selbst nach Kirchstein „Leitfaden – Das Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen in Mecklenburg-Vorpommern“ ebenso institutionelle Förderung als Zuwendungsart benannt wird, aus der sich herausgewunden w i r d
3. bei den Zuwendungsvoraussetzungen, wo die Betonung immer noch auf Projekte von insbesonders landesweiter Bedeutung liegt
5. die vorwiegende Anwendung der Drittelfinanzierung und das Festhalten an einer Mindestsumme für zuwendungsfähige Ausgaben
6. dass der Anteil der Personal- und Sachkosten an den förderfähigen Gesamtausgaben auch dann überwiegen muss, wenn momentan Investitionen getätigt werden müssen
Es geht also nicht nur um das Ausreichen von Finanzen an sich, die durch eine solche Richtlinie gestellt werden sollen, sondern es geht um inhaltliche Punkte,
das gemeinsam zwischen Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur und Wirtschaftsministerium zum Beispiel zu entwickeln wäre und dieser komplizierten Situation Rechnung trägt. Dass mit dieser Zielrichtung unbedingt Handlungsbedarf besteht, betone ich auch nochmals, und zwar mit Blick auf das Vorhaben der Bundesregierung, das Programm „Kultur in den neuen Ländern“ und das „Dach und Fach“-Programm zum Jahresende einzustellen. Sicher hat auch deshalb die Staatsministerin Frau Weiss im Zusammenhang mit dem Urteil des OVG Berlin zum Vermögen der Ostberliner Außenhandelsfirma Novum vorgeschlagen, das Vermögen von etwa 25,5 Millionen Euro zur Weiterentwicklung der kulturellen Infrastruktur in den ostdeutschen Ländern einzusetzen. Eine Stiftung soll dafür gegründet werden und diese Idee begrüßt die PDS-Fraktion ausdrücklich, denn die Situation in der Kultur und auch um die Kultur im engeren und weiteren Sinne ist dramatisch.
Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, erklärte am 26. September in Berlin zu den Ergebnissen der Sprecherratssitzung: „Die Kulturhaushalte der Kommunen und Länder stehen vor dem Kollaps. Uns erreichen immer dramatischere Berichte über die Situation von Bibliotheken, Musikschulen, Museen, Jugendkunstschulen, Theatern und Opernhäusern. Alle Verantwortlichen besonders die Kommunen, die Länder und der Bund aber auch wir Kulturverbände, müssen jetzt alle Anstrengungen unternehmen, um zu verhindern, dass die kulturelle Infrastruktur einen irreparablen Schaden nimmt. Wir laden die Kommunen, die Länder und den Bund ein, mit uns gemeinsam darüber nachzudenken, wie die kulturelle Grundversorgung besonders in den Städten und Gemeinden aufrecht erhalten werden kann.“ In diesen gemeinsam notwendigen Denkprozess gehört auch die Erarbeitung einer sinnvollen Förderrichtlinie, die wir hier wiederholt einfordern.
Kultur, wie das immer mehr unter Verweis auf freiwillige Leistungen geschieht, unter Legitimationsdruck zu stellen, verkehrt ihren lebensnotwendigen Charakter und verkennt, dass sie ein Lebensmittel ist. Kultur ist, wie Professor Wernicke auf der Landeskulturkonferenz in Parchim
richtig betonte, ein Schlüsselelement der Landesentwicklung und dem muss sich auch die Kulturförderung stellen. Dabei darf sie nicht mehr als alleinige oder vorwiegende Aufgabe des Ministeriums, das auch die Bezeichnung Kultur in seinem Namen trägt, angesehen und gehandhabt werden, sondern durch alle gemeinsam. Sie ist eine Querschnittsaufgabe, zu deren Gelingen alle Ressorts gefordert sind. Jedes Ressort muss endlich seinen Anteil erkennen und tatsächlich zu leisten bereit sein. Als Untermauerungsbaustein für diese Auffassung möchte ich mich noch einmal auf den Deutschen Kulturrat beziehen. Dieser hat in seiner Positionierung zum Grünbuch der Europäischen Kommission formuliert: „Schutz der kulturellen Vielfalt muss im Vordergrund der Überlegungen stehen!“
Unter anderem wurde dabei folgende Argumentation dargestellt: „Die Wahrung der kulturellen Vielfalt ist nicht nur ein wesentlicher Bestandteil der Verfassungen der Bundesländer, sondern auch als Ziel der Europäischen Union in Artikel 3 des Verfassungsvertrags verankert. Im Sinne der sowohl in Deutschland als auch in Europa geforderten Kulturverträglichkeit aller Politikbereiche muss auch die Diskussion um Dienstleistungen von allgemeinem Interesse in diesem Lichte geführt werden. … Die Überschneidung zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Dienstleistungen im Kulturbereich erschwert eine klare Abgrenzung der Sektoren und deren jeweilige Behandlung.“
„Die Entwicklung der öffentlichen Finanzen hat in den vergangenen Jahren in vielen Fällen dazu geführt, dass Kultureinrichtungen dazu angehalten wurden, privatwirtschaftliche Rechtsformen anzunehmen und wirtschaftlich tätig zu werden. Erlöse aus dieser wirtschaftlichen Aktivität dienen jedoch fast ausschließlich dazu, den laufenden Betrieb und die Erbringung der eigentlichen kulturellen Dienstleistung sicherzustellen.“
Von einer neuen Förderrichtlinie Kultur erwarten wir, dass sie auch dieser ressortübergreifenden Aufgabe gerecht wird, dass sie die Spielräume für Kunst und für Kultur erweitert, statt sie auf so genannte Effizienz und Sparnotwendigkeiten einzuengen.
Es geht hier nicht um eine finanztechnische Positionierung, sondern um politische Schwerpunktsetzung des kulturellen Lebens in unserem Lande. – Herzlichen Dank.