Und es ist damit ganz klar ein Gesetzentwurf, der damals seitens der SPD und auch der PDS abgelehnt wurde, und es ist ein Gesetz – darüber sprach der Justizminister schon –, das vor dem Bundesverfassungsgericht landete. Hier beispielsweise nur ein Auszug des Bundesverfassungsgerichts zu der vorsorglichen Beweisbeschaffung, also zu der Frage, ob von verurteilten Straftätern diese Genanalyse angefertigt und gespeichert werden darf. Zu dieser Frage sagt das Bundesverfassungsgericht: „Dies verstößt auch nicht gegen das Übermaßverbot. Sie knüpft an eine vorangegangene Verurteilung des Betroffenen wegen einer Straftat von erheblicher Bedeutung an und setzt die auf bestimmte Tatsachen gestützte Prognose voraus, dass gegen ihn künftig weitere Strafverfahren wegen Straftaten von erheblicher Bedeutung zu führen sein werden.“
Das heißt, das Bundesverfassungsgericht hat die Fragen, die hier aufgeworfen sind, schon ganz klar beantwortet, nämlich dass eine Ausweitung dieses Kataloges eben – relativ eindeutig jedenfalls – gegen das Übermaßverbot verstoßen dürfte. Dieser Katalog nach 2 c des DNA-Gesetzes enthält zurzeit 41 Straftaten, Straftatbestände, und das geht von der Bildung terroristischer Vereinigungen über die Entziehung Minderjähriger, besonders schwere Fälle des Diebstahls, Erpressungen bis hin zum räuberischen Angriff auf Kraftfahrer, Vollrausch und Körperverletzungen im Amt – nur einmal so, um die Spannbreite zu nennen der gegenwärtigen Rechtslage, aufgrund derer die genetischen Daten erfasst werden dürfen.
Und welche Situation haben wir denn? Wir haben es doch gehört: Gegenwärtig sind 250.000 Personen erfasst in dieser Datei in Deutschland, 250.000 Personen und 50.000 Spuren. Als Beispiel wird Großbritannien genannt. Ich fand eine Zahl von vor ungefähr fünf Jahren, da waren in dieser Datenbank in Großbritannien sieben Millionen
Datensätze erfasst. Es gibt keine technische Grenze dafür. Diese Möglichkeit besteht und dieses Ziel besteht.
Ich zitiere den „Focus“ vom 08.09.2003: „Den genetischen Fingerabdruck will Sachsens Innenminister Horst Rasch (CDU) künftig allen Tatverdächtigen abnehmen lassen, die erkennungsdienstlich behandelt werden – also auch mutmaßlichen Kleinkriminellen.... Raschs Vorstoß reicht damit weiter als der seines bayerischen Kollegen Günther Beckstein (CSU), der DNA-Tests bisher nur bei Ermittlungen gegen Sexual- und Rauschgiftkriminalität einführen will. Ursprünglich hatte Sachsen sogar geplant, den allgemeinen Gentest ins Landespolizeigesetz zu schreiben. Nach internen Prüfungen rieten die Fachleute allerdings ab: Dies wäre offenbar ,nicht verfassungskonform‘ gewesen.“ Aber wie ist es denn mit der Verfassungskonformität? Auch das wissen Sie und wissen wir besser als sicherlich so mancher, der in der Öffentlichkeit darüber diskutiert.
Selbstverständlich ist es so, dass das Bundesverfassungsgericht nur konkrete Fragen prüft, wenn sie auf dem Tisch liegen. Und selbstverständlich ist es so, dass das Bundesverfassungsgericht natürlich sich nicht aufschwingt und sagt, wenn der Gesetzgeber, wenn der verfassungsändernde Gesetzgeber beispielsweise hier Handlungsbedarf sieht und das alles ordnungsgemäß macht, dann ist es doch nicht unsere Aufgabe, das zu korrigieren.
Nein, das wird er nicht tun. Das heißt ganz klar, der angebliche Schutz oder diese Rückfallversicherung Bundesverfassungsgericht ist eine Rückfallversicherung, die nur so lange wirkt, wie es der Mehrheit in den Parlamenten nicht gelingt, hier auch verfassungsändernde Maßnahmen durchzuführen.
Und deshalb sagen wir, wehret den Anfängen oder, besser gesagt, hören wir auf, dieses Thema in den Rauchschwaden politischer Kämpfe zu diskutieren.
Wir wissen doch ganz genau und Sie wissen es, der Justizminister weiß es, in welchem Maße und in welchem Umfang bereits heute dieses Mittel genutzt werden kann für die Zwecke der Strafaufklärung. Sie wissen, dass die Entnahme von Körperzellen anknüpft nicht an den Nachweis einer Straftat, sondern dass es reicht, Beschuldigter einer Straftat zu sein. Sie wissen, dass die Entnahme von Zellen nicht daran geknüpft ist, dass man schon mehrmals rechtskräftig verurteilt sein muss. Nein, auch selbst Nichtbeschuldigten kann man gegen ihren Willen Körperzellen entnehmen zur Feststellung, zum Nachweis, ob bestimmte Spuren von ihnen stammen, ja oder nein. Auch das ist möglich nach der gegenwärtigen durch die CDU eingeführten Rechtslage. Und ich will sie nicht verteidigen, aber ich will ganz klar sagen, wenn die Forderung aufgemacht wird, hier angebliche Lücken oder Unklarheiten beseitigen zu wollen, dann geht es im Kern immer darum, immer ein Stückchen darüber hinauszugehen, immer wieder noch ein Stückchen darüber hinauszugehen. Und das ist es, was wir ganz deutlich ablehnen, wir – und das sage ich für die PDS. Ich sage aber auch, dass
wir nicht so tun sollten, als würde diese Diskussion außer den Stammtischen und die politische Ebene nicht erreichen. Wenn wir die Diskussion unter den Juristen sehen, so erhalten wir dort das Bild, dass die Zustimmung nicht einstimmig ist, dass diejenigen, die dagegen sprechen, genauso gute Argumente vortragen, dass es also letztendlich uns nicht erspart bleibt, hier tatsächlich politische Antworten zu finden,
indem wir eben wie die schleswig-holsteinische Justizministerin beispielsweise ganz klar sagen: Von uns ist es gefordert abzuwägen, abzuwägen und nicht die Augen zu verschließen vor den Folgen unseres Tuns.
Es ist mir völlig klar, es ist mir völlig klar, dass im Einzelfall manche Antworten sehr schnell und logisch sind. Selbstverständlich ist es logisch zu sagen, wenn wir eine schwere Straftat damit verhindern könnten, dass wir die gesamte Bevölkerung genetisch untersuchen lassen und in Datenbanken erfassen. Aber wenn ich mir die Gesellschaft angucke, wie sie dann aussieht, sage ich, diese Gesellschaft möchte ich nicht.
Ich will zum Schluss Herrn Müller-Metz zitieren, Richter am OLG Frankfurt/Main, nur um eine dieser vielen Stimmen zu dieser rechtspolitischen Diskussion zu zitieren: „Einzelfälle wird es indes immer geben. Lückenlose Sicherheit kann der Rechtsstaat seiner Bevölkerung hingegen nie gewähren. Die seit Ende der 90er Jahre zunehmende Tendenz zur Verschärfung der Rechtsfolgen schwerer Straftaten vor allem mit sexuellem Hintergrund soll der Bevölkerung aber gerade suggerieren, es gäbe solchen perfekten Schutz. Statt auf dieser populistischen Welle weiter zu schwimmen, sollten Politik und Gesetzgeber die Justizvollzugsanstalten und die Träger von Führungsaufsicht und Bewährungshilfe endlich mit den Ressourcen ausstatten, die eine Wiedereingliederung“ ermöglichen und neue Straftaten verhindern, weil sie die Ursachen bekämpfen und nicht das Schreckensbild an die Wand malen, wir kriegen euch alle. – Danke schön.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Reinhardt Thomas, CDU: Alles nur für die Täter, richtig!)
Frau Präsidentin! Mehr sehr geehrten Damen und Herren! Für die Polemik war, so haben wir uns einmal verständigt, unser Koalitionspartner zuständig. Ich möchte mich jetzt mit der Sache auseinander setzen, mit dem Antrag.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Peter Ritter, PDS: Diese Bemerkung können Sie sich ersparen, Herr Krumbholz, dafür sind Sie immer selbst zuständig. Das ist öffentlich, damit Sie keine falschen Vorstellungen haben! – Glocke der Vizepräsidentin)
Die DNA-Analyse – und da sind wir uns einig – ist eine der besten und erfolgreichsten Instrumente bei der Verbrechensbekämpfung.
Kein anderes Beweismittel hat die Möglichkeit zur Aufklärung von Straftaten so massiv revolutioniert. Es ist wirklich erstaunlich – und das haben wir, der Rechtsausschuss, uns ja angeschaut in Rostock –, welche kriminalistischen Möglichkeiten der Fortschritt der Gentechnologie bietet. An nahezu jedem Tatort hinterlassen Täter so genannte genetische Fingerabdrücke, die ihnen immer häufiger zum Verhängnis werden. Jahrzehnte zurückliegende Verbrechen, die als unlösbar galten, werden nun aufgeklärt. Es scheint fast, als wäre in der Strafverfolgung bald nichts mehr unmöglich, denn die heute schon vorhandenen Möglichkeiten werden bei weitem noch nicht ausgenutzt.
Bei dem Einsatz der DNA-Analyse zum Zwecke der Strafverfolgung handelt es sich um ein relativ neues Instrument, mit dessen Hilfe schon in kurzer Zeit beachtliche Erfolge erzielt werden können. Es ist deshalb verständlich und legitim, über einen weiteren Einsatz nachzudenken. Das Datenschutzrecht steht dem prinzipiell nicht entgegen, zumal die Ermittlung der Wahrheit im Strafprozess auch mit datenschutzrechtlichen Zielsetzungen kongruent ist. Dabei sind allerdings die verfassungsrechtlichen Vorgaben, insbesondere das Verhältnismäßigkeitsprinzip, nicht außer Acht zu lassen. Der Antrag der CDU geht auf verfassungsrechtliche Fragen leider nicht ein. Diese müssen aber gestellt und beantwortet werden, bevor derart weitgehende Gesetzesänderungen ernsthaft in Betracht gezogen werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Beschlussvorschlag enthält zwei Punkte. Punkt a) fordert, ich zitiere, „die Anwendbarkeit der DNA-Analyse wird auf alle Straftaten erweitert“. Derzeit ist die Rechtslage geregelt im Paragraphen 81 g Strafprozessordnung. Darin steht, dass nur von denjenigen, die verdächtigt werden, Straftaten von erheblicher Bedeutung, insbesondere Verbrechen, Vergehen gegen die sexuelle Selbstbestimmung, gefährliche Körperverletzung, Diebstahl im besonders schweren Fall und Erpressung, begangen zu haben, eine DNA-Analyse derzeit zu nehmen, möglich ist. Kollege Neumann hat es gesagt. Dann gibt es noch diesen Katalog direkt, wo die Straftaten im Einzelnen aufgeführt sind, 41 an der Zahl.
Die CDU möchte jetzt hier, dass dieses bei allen Straftaten möglich ist. Ich frage mich allerdings, ob die Durchführung der DNA-Analyse bei allen Straftaten wirklich sachdienlich ist. Was ist mit Straftatbeständen wie Wahlfälschung, Vortäuschung einer Straftat, Meineid, Verletzung der Unterhaltspflicht, Doppelehe, Strafvereitelung, Geldwäsche, Betrug, Untreue, Jagdwilderei, Trunkenheit im Verkehr, Bestechung, Steuerhinterziehung, Kennzeichenmissbrauch? Das sind alles Straftatbestände. Was ist mit der Verwirklichung von Straftatbeständen nach dem Wertpapierhandelsgesetz, Straftatbeständen nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, Straftatbeständen nach dem Aktiengesetz? Ich höre jetzt auf. Es gibt noch mehr davon.
Bei allem Verständnis für eine verbesserte Aufklärung, das in unserer Verfassung verankerte Menschenbild geht zu Recht nicht davon aus, dass jeder kleine Ladendieb und jedes eine Untreue begehende Vorstandsmitglied eines Konzerns ein potentieller Erpresser, Vergewaltiger oder Mörder ist, den der Staat fürsorglich überwachen
und für den Fall des Falles weitergehende Beweismittel vorhalten muss, um Verzögerungen bei der Fahndung oder Aufklärung auszuschließen. Deshalb gilt in unserem Land immer noch die Unschuldsvermutung.
Nicht jede straffällig gewordene Person darf für ihr künftiges Leben dem Generalverdacht unterworfen werden, dass sie wieder Straftaten begehen werde. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 18.01.2001 – es wurden schon mehrere Entscheidungen hier genannt, ich nenne die vom 18.01.2001 – festgestellt, dass die Speicherung der DNA, ein Beziehungsmuster eines Täters, der eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat, verfassungskonform ist. Das Bundesverfassungsgericht hat in einer Entscheidung auch den unbestimmten Rechtsbegriff „Straftat von erheblicher Bedeutung“ des Paragraphen 81 g Strafprozessordnung näher definiert. Ich zitiere: „Nach überwiegender Auffassung muss eine Straftat von erheblicher Bedeutung mindestens dem Bereich der mittleren Kriminalität zuzurechnen sein, den Rechtsfrieden empfindlich stören und dazu geeignet sein, das Gefühl der Rechtssicherheit der Bevölkerung erheblich zu beeinträchtigen.“ So weit das Bundesverfassungsgericht.
Es wäre demnach – und jetzt kommen wir wieder auf den Antrag zurück –, ich denke mal, unüberlegt, vielleicht sogar unseriös, den Paragraphen 81 g dahin gehend zu ändern, dass nun jede Straftat mit der DNA-Speicherung verbunden ist. Die bestehenden hohen verfassungsrechtlichen Hürden können nur wohl überlegt abgesenkt oder ganz beseitigt werden. Nichtsdestotrotz hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass es Fälle gibt, in denen die Anlassstraftat noch nicht von erheblicher Bedeutung ist, etwa bei exhibitionistischen Straftätern. Daher kann es durchaus sinnvoll sein, den Anwendungsbereich so zu erweitern, dass auch bei nicht so erheblichen Anlassstraftaten eine DNA-Analyse stattfinden kann. An dieser Seite könnte man die Latte durchaus niedriger anlegen.
Wie muss eine Anlassstraftat aussehen? Bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung ist sicherlich zu fragen, ob man nicht jede Straftat aus dieser Deliktgruppe, egal, wie schwerwiegend sie in der Systematik eingeordnet wird, zur Anlasstat machen sollte. In diesem Bereich eine Ausweitung vorzunehmen ist sicher sinnvoll. Ich denke aber, dass die Arbeitsgruppe in der Justizministerkonferenz sich dieser Einzelfragen auch annehmen wird. Punkt 2 des Antrages der Opposition lautet, das ist der Teil b), „auf das Erfordernis der Anordnung durch einen Richter wird verzichtet.“ Was den Richtervorbehalt anbelangt, so müsste in der Tat geprüft werden, ob nicht über die bisherigen Grenzen hinaus, ein breiterer Anwendungsbereich zugelassen werden kann und muss. Ich will ein Beispiel nennen, bei dem ich Zweifel daran habe, ob die aktuelle Rechtslage den Anforderungen genügt. Das Gesetz fordert den Richtervorbehalt auch für die Aufnahme von Tatortspuren, wenn der Täter unbekannt ist. An dieser Stelle ist der Richtervorbehalt ein sinnentleertes Verfahrenserfordernis. An anderen Stellen macht er durchaus seinen guten Sinn.
Der für mich wichtigste Punkt ist: Wer beurteilt die Persönlichkeit des Betroffenen hinsichtlich der Prognose künftiger Straftaten? Ob hier eine richterliche Anordnung entbehrlich ist, bedarf zumindest einer vertieften verfassungsrechtlichen Betrachtung. Abgesehen davon frage
ich mich, warum die informationelle Selbstbestimmung beim Fingerabdruck, beim Lichtbild, beim Bluttest nicht tangiert wird, aber bei der DNA-Analyse eingeschränkt sein solle.
Ich persönlich halte den Richtervorbehalt für erforderlich mit der Einschränkung, die ich eben schon genannt habe. Aus Verfahren vereinfachender Sicht könnte man natürlich darüber nachdenken, ob der Satz 2 aus dem Paragraphen 81 f Strafprozessordnung wirklich notwendig ist. Der Satz 2 heißt: „In der schriftlichen Anordnung ist der mit der Untersuchung zu beauftragende Sachverständige zu bestimmen.“ Das ist verfahrenshemmend in der Praxis, weil der Richter sich auf einen Sachverständigen festlegt. Er weiß zu diesem Zeitpunkt nicht, wie die Arbeitsbelastung dieses Sachverständigen ist. Wenn der wirklich, zu Deutsch gesagt, bis an die Decke zu ist mit Arbeit, dann dauert es Monate, bis er diesen Fall abarbeiten kann. Also auch die Ordnungsbehörde könnte den Sachverständigen bestimmen.
Meine Damen und Herren, was den Datenschutz anbelangt – das klang hier auch an, der Minister ist auch darauf eingegangen –, so wird heutzutage eine Fülle von Dingen erhoben und veröffentlicht, wobei ich mich immer fragen muss: Ist das eigentlich richtig? Und das greift manchmal sehr viel tiefer in das informationelle Selbstbestimmungsrecht ein als die Identifikation über eine DNAAnalyse. Man kann manchmal durchaus den Eindruck gewinnen, der Wirtschaft, die über uns Menschen als Konsumenten alles wissen will, ist zur Optimierung des zielgerichteten Absatzes ihrer Produkte alles erlaubt, dem Rechtsstaat dagegen werden in der Kriminalitätsbekämpfung – nicht zu Unrecht – Grundrechte entgegengehalten.
Die Menschen geben so viele Daten von sich preis. Oft sind sie sich dessen gar nicht bewusst oder denken überhaupt nicht an die Zusammenführung solcher Einzelinformationen. Ich nenne die Stichworte gläserner Verbraucher, Kaufverhalten per Internet, Konsumentenprofil, Handel mit Adressen, spezifische wohngegendabhängige Angebote, zielgerichtete persönliche Anschreiben von Gesellschaften, deren Namen man zum Teil noch nie gehört hat. Ich denke, jeder von uns hat diese Briefe schon bekommen und alles gewissermaßen ohne Richtervorbehalt.
Das heißt, es muss sicherlich auch öffentlich intensiver diskutiert werden, was informationelle Selbstbestimmung heutzutage, in einer Zeit der elektronischen Datenerhebung und -verarbeitung und in einer Zeit, in der wir unbestritten sehr viel Datenmissbrauch verzeichnen, eigentlich bedeutet. Die Justizministerkonferenz hat beschlossen – darauf ist der Minister eingegangen –, die Anwendungsmöglichkeiten der DNA-Analyse unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Vorgaben zu prüfen. Lassen Sie uns die Ergebnisse der von der Justizministerkonferenz eingesetzten Arbeitsgruppe abwarten.
Die Möglichkeiten, die sich für die Strafverfolgungsbehörde aus der Gentechnologie ergeben, sind in der Tat verlockend. Es gibt wenige Straftaten, die sich nicht unter günstigen Umständen mit Hilfe der DNA-Analyse aufklären ließen. Gerade aber diese nahezu unendlichen
Möglichkeiten sollten uns davor warnen, kriminalistischen Phantasien zu verfallen. Ein Beschuldigter – ein Status, den wir alle ungewollt erreichen können – hat auch als potentieller Täter Anspruch auf die volle Achtung seiner Persönlichkeitsrechte.
In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch einmal die Unschuldsvermutung betonen, die in solchen Debatten sehr gerne vergessen wird. Die grundlegende Bewertung unseres Rechtsstaates sehen wir durch die von Ihnen geforderte pauschale Ausweitung der DNAAnalyse und die undifferenzierte Abschaffung aller Sicherungen gefährdet. Aus diesem Grunde werden wir den Antrag ablehnen. Wir sind, muss ich dazusagen, in der Tat nicht weit auseinander, aber verfassungsrechtliche Grundsätze sind nun einmal zu beachten und die sind hier in dem vorliegenden Antrag nicht ausreichend berücksichtigt worden. – Danke.