Vielleicht noch etwas, worauf ich auch ein bisschen stolz bin. Die Arbeitsgruppe, die eingesetzt worden ist, tagt unter der Leitung von Mecklenburg-Vorpommern. Uns wird da eine gewisse Führerschaft zuerkannt und ich hoffe, dass die Arbeitsgruppe so etwas hinbekommt, dass wir dann sehr einvernehmlich entsprechende Gesetze hinbekommen. Und dann, denke ich, ist für den Schutz der Bevölkerung ein weiterer und guter Schritt getan. – Vielen Dank.
Erstens. Würden Sie sich mal als Justizminister klar dazu positionieren, welchen Stellenwert die Opfer, insbesondere die Opfer von Sexualstraftaten, in diesem Lande haben sollen?
Sollen sie weiter als Opfer zusehen, wie der Straftäter sich locker zurücklehnen kann, wie wir das in den letzten Jahren gehabt haben, weil wir nämlich immer auf einem Datenschutz bestehen, der aus unserer Sicht überzogen ist?
Zweitens. Würden Sie sich bitte einmal sehr genau zu diesem Antrag positionieren? Sind Sie für DNA als erkennungsdienstliche Maßnahme ohne Richtervorbehalt?
Zu der ersten Frage: Ich halte es für unerträglich, dass wir, wie Sie behauptet haben, Täter so behandeln würden, dass sie weiter Taten begehen können. Gerade bei schwersten Sexualstraftaten sehe ich einen großen Handlungsbedarf. Ich habe mich auch, glaube ich, in der Vergangenheit deutlich genug dazu geäußert. Ich habe zum Beispiel gesagt, dass es Sexualstraftäter gibt, die nicht behandelbar sind, die, wenn nötig, für immer weggesperrt werden müssen. Das halte ich nach wie vor für richtig. Die Koalition hat in ihrer Koalitionsvereinbarung beschlossen und natürlich bekräftigt, dass bei uns die Opfer im Mittelpunkt stehen und dass es nicht darum gehen kann, die Täter zu verhätscheln. Ich glaube auch, dass Ihre Analyse, wenn Sie die letzten Jahre zusammenfassen, so nicht richtig ist, sondern dass wir schon großen Wert auf die Strafverfolgung legen. Das ist der eine Teil.
Der zweite Teil: Ich glaube, es ist deutlich geworden, dass der Antrag, den Sie gestellt haben nachzeichnet, das, was ich in der Öffentlichkeit seit vielen Monaten politisch vertreten habe. Insofern will ich mich von dem Inhalt des Antrages selbstverständlich nicht distanzieren. Die beiden Einschränkungen sind da. Ich möchte mich ungern durch einen Antrag auffordern lassen zu handeln, wenn ich Ihnen darlegen kann, dass ich seit fast einem Jahr da sehr engagiert bei der Arbeit bin. Das ist der eine Teil. Der zweite Teil ist, mein Antrag war, den ich in die Justizministerkonferenz eingebracht habe, den Anwendungsbereich im Rahmen der verfassungsrechtlichen Möglichkeiten zu erweitern. Dieser Teil fehlt bei Ihrem Antrag. Das sind zwei Punkte, die für mich sagen, diesem Antrag stimme ich nicht zu. Ich glaube, ich habe deutlich genug gemacht, dass ich in der Sache kaum Unterschiede sehe.
Herr Minister, das Thema ist ja nicht zum ersten Mal in diesem Landtag und auch nicht zum ersten Mal im Bundesrat. Sie haben ja auch mit ähnlichen Argumenten schon Anträge hier im Landtag abgelehnt. Es handelt sich ja hierbei in der Zielrichtung...
Die Zielrichtung ist vor dem Hintergrund dieser fürchterlichen Sexualstraftaten, wirklich Maßnahmen durchzusetzen, die wirksam sind. Halten Sie diesen Antrag nicht für so eine Maßnahme, für die wir uns langfristig, auch wenn Sie Zeiteinschränkungen machen, wirklich gemeinsam engagieren müssten? Ja oder nein?
Ich will nicht noch einmal auf diese rituelle Ebene zurückkommen, Herr Thomas. Es ist doch völlig klar, ich habe einen Antrag gestellt, von dem ich mir ernsthaft verspreche, dass wir weiterkommen. Und ich würde mich sehr gefreut haben, wenn Sie gesagt hätten, das ist eine tolle Sache. Stellen Sie das noch einmal im Einzelnen dar. Wenn Sie mir sagen, jetzt tu doch endlich was, dann bitte ich um Verständnis dafür, dass ich sage, das tue ich längst.
Herr Minister, wenn es so schwierig ist, eine einzelne Person zu einer DNA-Überprüfung zu gewinnen, wie ist es dann möglich, dass im Landkreis Nordvorpommern jetzt Bereich Altenplen besonders vor wenigen Tagen, ich weiß nicht, ob es schon abgeschlossen ist, eine derart große Überprüfung durchzuführen, die ja den Hintergrund hat, dass dort ein Mädchen ermordet wurde, über zehn Jahre ist es jetzt wohl her, und wie werden jetzt die Leute herangezogen, die nicht mehr da sind, die also weggezogen sind und auch verstorben sind? Wie wird da jetzt verfahren, um das auszuschließen?
So eine Maßnahme, wie sie jetzt durchgeführt wird, zeigt sehr deutlich die Schwächen des bisherigen Systems. Alles, was da passiert, passiert auf freiwilliger Basis und es passiert ja erst lange danach. Nehmen Sie Fälle, wo wir Serientäter haben und wo es mit jedem Fall dringlicher wird und es dann der Polizei gelingt, die Bevölkerung zu überzeugen, wenn es um kleine Dörfer geht, dass alle männlichen Einwohner einen Test auf freiwilliger Basis machen lassen. Das Ganze dauert. Das Ganze braucht sehr viel Überzeugungskraft. Und deshalb meine ich, dass es sinnvoll wäre, dass wir schon bei einer ersten Tat sagen könnten, dies ist der Täter, denn das würde zuverlässig weitere Taten verhindern. Die Rechtsgrundlage fehlt jetzt für solche weitgehenden Aktionen, sondern sie ist nur aufgrund des Drucks der öffentlichen Meinung möglich. Und deshalb ist das auf Fälle beschränkt, die besonders schlimm sind, denn nur dann kann man das durchführen, nur dann macht die Bevölkerung auch freiwillig mit. Insofern ist das sicherlich das letzte Mittel. Ich begrüße das sehr, dass viele Menschen das mitmachen. Es ist eine gute Sache, wenn das freiwillig passiert, nur ist es nicht das Effektivste. Viel effektiver ist, wenn wir dieses Mittel leichter anwenden können.
Ich bleibe gerne noch ein bisschen hier. Ihnen ist ja bewusst, dass mir das Thema sehr am Herzen liegt. Deshalb nehme ich jede Gelegenheit wahr. Was war der Rest der Frage?
Der Rest der Frage war: Wie geht man jetzt mit denjenigen Personen um, die nicht mehr dort sind, die eben verstorben beziehungsweise weggezogen sind? Die können ja jetzt nicht mehr mit einbezogen werden.
Die, die weggezogen sind, werden versucht einzubeziehen. Aber das zeigt ja auch deutlich, welch ein Riesenaufwand nötig ist, um da zur Aufklärung zu kommen.
Sehr geehrter Herr Justizminister! Zu Ihrer letzten Bemerkung, die freudige Zurkenntnisnahme, es gäbe keine Fragen mehr: Sie wissen selbst, dass dem nicht so ist. Ich denke, es tun sich eine ganze Reihe von schwerwiegenden Fragen in dem Zusammenhang auf, die hier im Rahmen der Debatte im Landtag nicht zu beantworten sein werden, die auch – und das möchte ich hinzufügen – nicht durch ein Gericht zu beantworten sein werden, auch nicht durch ein Bundesverfassungsgericht zu beantworten sein werden, denn wir politisch Verantwortlichen, wir werden diese Fragen zu beantworten haben, nämlich genau die, die der Kollege Ankermann, der jetzt gar nicht mehr da ist –
(Dr. Ulrich Born, CDU: Doch, doch, der hört zu. Der kommt dann sofort wieder. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Zuruf von Torsten Koplin, PDS)
ach so –, gestellt hat. Er sagte, der Antrag der CDU gehe darauf hinaus, die Strafprozessordnung einer modernen Gesellschaft anzupassen. Und genau das ist die Frage: Wie sieht diese moderne Gesellschaft aus? Wie soll denn die moderne Gesellschaft aussehen, wie soll die Gesellschaft aussehen, in der wir, ich, meine Kinder, meine Enkel aufwachsen?
Natürlich ist es nicht so, wie der Kollege Ankermann versuchte zu vermitteln, dass die Bevölkerung so denkt – die Bevölkerung in Anführungsstrichen –, als sei es der logische Schritt, über ein Neugeborenen-Screening jeden Neugeborenen zu analysieren, die Gendaten zu erfassen und damit bei jeder Gelegenheit den Zugriff auf potentielle Täter zu haben –, in Verbindung mit dem deutschen Melderecht, denke ich, ein durchaus praktikabler, praktisch möglicher, technisch möglicher Weg. Es ist auch gewünscht vom Justizminister, das haben wir hier gehört. Und wer bei der Ausschusssitzung in Rostock mit dabei war, hat vielleicht bemerkt, dass auf meine Frage an den dort leitenden Professor, der uns die Genanalyse dargestellt hat, seine Augen aufgeleuchtet haben: Ja, Herr Neumann, genau das ist es, was wir spätestens in 20 Jahren auch haben werden. Ich sage ganz klar: Ich will es nicht heute, ich will es nicht morgen, ich will es nicht in 10 oder 20 Jahren.
Und, Herr Kollege Ankermann, Sie vermitteln das Bild der verstaubten StPO von 1877, ohne zu erwähnen, dass genau diese Rechtsgrundlagen, über die wir hier heute reden und die Sie verschärfen wollen, eingeführt worden sind mit einem Gesetz des Bundesgesetzgebers aus der 13. Legislaturperiode.
Und es ist damit ganz klar ein Gesetzentwurf, der damals seitens der SPD und auch der PDS abgelehnt wurde, und es ist ein Gesetz – darüber sprach der Justizminister schon –, das vor dem Bundesverfassungsgericht landete. Hier beispielsweise nur ein Auszug des Bundesverfassungsgerichts zu der vorsorglichen Beweisbeschaffung, also zu der Frage, ob von verurteilten Straftätern diese Genanalyse angefertigt und gespeichert werden darf. Zu dieser Frage sagt das Bundesverfassungsgericht: „Dies verstößt auch nicht gegen das Übermaßverbot. Sie knüpft an eine vorangegangene Verurteilung des Betroffenen wegen einer Straftat von erheblicher Bedeutung an und setzt die auf bestimmte Tatsachen gestützte Prognose voraus, dass gegen ihn künftig weitere Strafverfahren wegen Straftaten von erheblicher Bedeutung zu führen sein werden.“