Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 26. Sitzung des Landtages. Die Sitzung ist eröffnet. Die Tagesordnung der heutigen Sitzung liegt Ihnen vor. Wir setzen die Beratungen vereinbarungsgemäß fort.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 14: Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Zahlungsmoral in Mecklenburg-Vorpommern, auf Drucksache 4/166, hierzu die Beschlussempfehlung und den Bericht des Rechtsund Europaausschusses auf Drucksache 4/922.
Das Wort zur Berichterstattung hat der Vorsitzende des Rechts- und Europaausschusses der Abgeordnete Herr Krumbholz.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ihnen liegen auf Drucksache 4/922 die Beschlussempfehlung und der Bericht des Rechts- und Europaausschusses zur Zahlungsmoral in Mecklenburg-Vorpommern vor.
Ich möchte Ihnen kurz den Gang des Beratungsverfahrens im Ausschuss und die dort getroffenen Beratungsergebnisse vorstellen. Das jetzige Jahr ist von verschiedenen Ausschüssen unseres Landtages genutzt worden, dieses für Mecklenburg-Vorpommern sehr wichtige Thema zu beraten. Der Landtag hatte nämlich am 30. Januar dieses Jahres den von der CDU-Fraktion gestellten Antrag federführend dem Rechts- und Europaausschuss sowie mitberatend dem Finanz- und Wirtschaftsausschuss überwiesen. Sowohl der Wirtschaftsausschuss als auch der Rechts- und Europaausschuss haben in der Folge verschiedene Sitzungen gebraucht, um den Antragsinhalt, ich sage mal vorsichtig, in den Griff zu kriegen. Dabei wurde zunächst im April zwischen diesen beiden Ausschüssen eine umfangreiche Anhörung durchgeführt, zu der eine große Zahl von Sachverständigen eingeladen waren. Einige Sachverständige wurden auch nur schriftlich angehört. Alle Sachverständigenäußerungen wurden im Ausschuss ausgewertet. Wenn Sie sich die Beschlussempfehlung näher angeschaut haben, und das setze ich voraus, werden Sie auch dort die wesentlichen Äußerungen dieser Sachverständigen wiederfinden. Im Mai ist dann von Seiten des Finanzausschusses eine Stellungnahme erarbeitet worden und im August erhielt unser Ausschuss die umfangreiche Stellungnahme des Wirtschaftsausschusses.
Bei den weiteren Beratungen hat der Rechts- und Europaausschuss auch die Stellungnahme des Wirtschaftsausschusses zugrunde gelegt, um seine Beschlussempfehlung zu erarbeiten. Dabei wurde zunächst der Hinweis vom Wirtschaftsausschuss aufgegriffen, die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand in Mecklenburg-Vorpommern für das Zahlungsverhalten hervorzuheben. Die öffentliche Hand hat ein vorbildliches Zahlungsverhalten, gemessen am gesamtgesellschaftlichen Zahlungsverhalten, und da ist es schon mehr als bedauerlich, wenn dieses wirklich gute Zahlungsverhalten durch Einzelfälle in Misskredit gerät, ich sage nur als Stichwort IGA Rostock.
Wir haben als Ausschuss die Empfehlung des Wirtschaftsausschusses aufgenommen, den Selbstverwaltungseinrichtungen der Wirtschaft das Bemühen anzuerkennen, auf die Verbesserung des Zahlungsverhaltens ihrer Mitgliedsunternehmen hinzuwirken. Des Weiteren sehen die Beschlüsse vor, die steuerpolitische Bundesratsinitiative zum Erlass eines Gesetzes zur Ausweitung der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten bei der Umsatzsteuer mit dem Ziel zu unterstützen, es Unternehmen bis zu einem Jahresumsatz von 2,5 Millionen Euro zu ermöglichen, die Umsatzsteuer nach den vereinnahmten Entgelten und damit erst bei tatsächlichem Zahlungseingang zu berechnen.
Während der Ausschussberatungen ist vor dem Hintergrund der parallel laufenden Haushaltsberatungen auch eine intensive Beratung mit dem Justizminister zu diesem Antrag erfolgt. Dabei waren sich alle Akteure einig, dass trotz angespannter Haushaltslage die Funktionsfähigkeit der Gerichte Priorität haben muss. Es muss alles dafür getan werden, um die Dauer von Gerichtsverfahren zu beschleunigen und darauf hinzuwirken, dass schnell erlangte Titel vollstreckt werden können. Vor zwei Wochen hat der Justizminister im Ausschuss sehr ausführlich und detailliert über den Abbau von Gerichtsverfahren gesprochen und erkennen lassen, dass er diesem Problem die höchste Priorität einräumt. Wenn es unter Punkt 2 der Beschlussempfehlung heißt, dass auch weiterhin auf eine Beschleunigung von Gerichtsverfahren und Vollstreckungsmaßnahmen hinzuwirken ist, dann soll dies keine Floskel sein, sondern als weitere Ermutigung des Landtages verstanden werden, in diesem Bemühen nicht nachzulassen.
Mit dem Justizminister wurde auch der unter Ziffer 3 der Beschlussempfehlung aufgenommene Punkt der Einführung des elektronischen Mahnverfahrens beraten. Der Ausschuss sieht hier in der Einführung des elektronischen Mahnverfahrens weitere Möglichkeiten, effektive Prozesshandlungen durchzuführen. Dazu hat es schon, unter anderem initiiert durch den Kollegen Dr. Born, Gespräche mit der Deutschen Post gegeben. Bislang scheitert aber die Umsetzung und Einführung des elektronischen Mahnverfahrens daran, dass in Mecklenburg-Vorpommern keine Großkunden ansässig sind wie beispielsweise die Firma Otto Versand in Hamburg. Dennoch halten wir die Einführung dieses Mahnverfahrens für erstrebenswert, so dass die Landesregierung mit diesem Beschluss aufgefordert wird, alle Möglichkeiten in Betracht zu ziehen, damit das elektronische Mahnverfahren gegebenenfalls auch in Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern eingeführt werden kann.
Abschließend möchte ich mich bei allen Beteiligten, insbesondere den Mitgliedern des Wirtschafts- und des Finanzausschusses, bedanken, die uns durch ihre mitberatenden Stellungnahmen die Arbeit im Rechts- und Europaausschuss etwas erleichtert haben. Bedanken möchte ich mich insbesondere bei den Anhörpersonen, die uns mit viel Sachverstand ihr Wissen und ihre Hinweise mündlich und schriftlich zur Verfügung gestellt haben. Ebenfalls bedanken möchte ich mich bei der Landtagsverwaltung im Allgemeinen und im Besonderen beim Ausschusssekretariat sowie bei den zuständigen Fachreferenten unserer Fraktion.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich freue mich sehr, dass wir bei diesem wichtigen Thema für unser Land, für unsere Bauwirtschaft und für unsere Handwerker zu einer gemeinsamen Entschließung gekommen sind. Das ist ein gutes Zeichen und ein positives Signal.
Bei dem Thema Zahlungsmoral geht es vor allem um die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für das Bauhandwerk in unserem Land. Es geht um mangelnde Liquidität, verschlechterte Auftragslage, Vergabeprobleme, aber auch um die Notwendigkeit einer Verbesserung des Forderungsmanagements in den einzelnen Firmen. Zahlungsmoral ist nicht in erster Linie ein Justizthema, das ist uns allen klar. Aber selbstverständlich ist auch die Justiz betroffen und sie muss alles tun, damit die Bauhandwerker im Land dann, wenn sie auf gute Leistungen der Justiz angewiesen sind, auch gute Leistungen bekommen, und zwar vor allem möglichst rasch. Dazu unternehmen wir alle Anstrengungen und das werden wir auch weiter tun, so, wie die neu gefasste Nummer 2 der Entschließung dies wünscht und feststellt.
Ich haben Ihnen, meine Damen und Herren, von dieser Stelle aus schon des Öfteren dargelegt, unter welchen Umständen es in der Justiz des Landes zu Problemen gekommen ist, dazu gekommen ist, dass wir in einigen Verfahren an einzelnen Gerichten noch zu lange brauchen. Das hat etwas mit der Aufbausituation der Justiz hier im Lande zu tun. Es hat etwas damit zu tun, dass wir sehr viele junge Richterinnen und Richter haben, die in den letzten Jahren dann des Öfteren Babypausen und Erziehungsjahre gebraucht haben.
Das ist auch für das Land sehr erfreulich, aber es hat dazu geführt, dass über längere Zeit eben nicht 100 Prozent der von uns eingestellten Richterinnen und Richter an Bord waren, sondern zum Teil nur 83 bis 86 Prozent, und das hat natürlich Lücken gerissen. Dem mussten wir uns in der letzten Zeit sehr stark widmen. Die letzten drei Jahre waren davon bestimmt, dass wir ein sehr engagiertes Rückstandsmanagement betrieben haben. Es ist uns auch gelungen, den Besetzungsgrad deutlich zu verbessern, wir liegen jetzt bei 95 bis 97 Prozent.
Ich habe im Rechtsausschuss – das ist eben schon angesprochen worden – vor zwei Wochen im Einzelnen dargestellt, was wir beim Rückstandsmanagement machen. Wir haben da große Fortschritte erzielt, wir haben in den Problembereichen die Rückstände um 25, 35, 40 Prozent abgebaut. Da sind wir auf gutem Wege und werden weitere Fortschritte erzielen. Das war nur möglich – und das möchte ich auch hier einmal deutlich erwähnen –, dieser besondere Abbau, weil viele Richte
rinnen und Richter sehr engagiert in den letzten drei Jahren gearbeitet haben, auch häufig über das Soll hinaus höhere Belastungen getragen haben als in anderen Bundesländern. Dafür möchte ich ihnen ausdrücklich danken.
Das hat zu sehr guten Arbeitsergebnissen an den Landgerichten geführt. Die Amtsgerichte, die zum Teil Richter abgegeben haben, damit am Landgericht diese Erfolge erzielt werden konnten, waren natürlich besonders belastet, und das hat dazu geführt, dass in den letzten zwei Jahren die Amtsrichterinnen und Amtsrichter des Landes im Ranking in der Bundesrepublik Deutschland an der Spitze bei den Erledigungen gestanden haben. Das, finde ich, ist ein sehr gutes Ergebnis, auch dazu noch mal herzlichen Dank.
Uns ist klar, dass natürlich mit einem Urteil die Dinge nicht abgeschlossen sind. Die Handwerker müssen vollstrecken können und deshalb müssen wir auch die Probleme im Bereich der Gerichtsvollzieher in den Griff bekommen. Da gibt es – das kennen Sie alle, ich habe das hier schon häufiger gesagt, auch im Rechtsausschuss – einfach Probleme, was die Ausbildung angeht, so dass wir zum Teil nur 86 Männer und Frauen bei der Arbeit hatten, obwohl wir knapp über 100 Planstellen haben. Da ist es uns in den letzten Jahren gelungen, die Zahl auf jetzt deutlich über 100 zu steigern und wir werden auch noch ein deutlicheres Controlling einführen, damit das, wo vielleicht aus persönlichen Gründen das eine oder andere noch nicht so läuft, wie wir uns das wünschen, besser werden kann.
Meine Damen und Herren, insgesamt können wir da ein sehr gutes Fazit ziehen. Aber wir müssen ganz klar sagen, damit wir weiter so gut sind und hoffentlich noch besser werden, müssen wir auch zukünftig alle Möglichkeiten der Effektivierung nutzen. Und ich sage deshalb ganz deutlich, ich bin offen für alle nötigen Reformen, Herr Born, um Justiz moderner, leistungsfähiger und bürgerfreundlicher zu machen. Dazu werden wir gemeinsam sicherlich in den nächsten Jahren den einen oder anderen kleineren Reformschritt gehen, sicherlich im Einvernehmen. Aber ich meine, dass wir uns auch darüber klar sein müssen, dass diese einzelnen Reformschritte sich einpassen müssen in ein größeres Konzept. Und deshalb nehme ich aktiv an der bundesweiten Diskussion darüber teil, dass wir in den nächsten Jahren eine große, eine umfassende Justizreform brauchen. Ich will das hier im Einzelnen nicht darstellen, nur zwei Stichworte:
Wir müssen darüber nachdenken, die Justiz auf ihr Kerngeschäft Rechtsprechung zu konzentrieren, und wir müssen sie in diesem Bereich des Kerngeschäftes organisatorisch straffen. Auch dazu stehen wir im Rechtsausschuss in einem Dialog und Gedankenaustausch. Wir sind da auf einem guten Weg und insgesamt möchte ich mich von dieser Stelle einmal ausdrücklich für die sehr gute konstruktive Zusammenarbeit im Rechtsausschuss bedanken. Die Arbeit ist deutlich ganz ausschließlich an der Sache orientiert. Das finde ich sehr gut, herzlichen Dank.
Zur Modernisierung der Justiz gehört selbstverständlich auch die Ausstattung mit modernster Technik. Da haben wir in den letzten Jahren große Anstrengungen unternommen. Alle Arbeitsplätze in der Justiz sind miteinander vernetzt. Als Nächstes wird das elektronische Grundbuch in einem Pilotprojekt in Wismar in Arbeit gehen, so dass wir demnächst insgesamt umstellen können. Auch da werden wir den Rechtsausschuss einladen, sich zu überzeugen, wie gut wir da sind.
Ein anderes Thema, Herr Glawe, das Sie vielleicht auch interessieren könnte, ist das elektronische Mahnverfahren. Ich sehe, es interessiert Sie doch nicht, Herr Glawe.
(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU: Wir haben gerade darüber diskutiert, dass wir schon sehr lange darüber reden.)
(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU: Sie haben davon schon ‘98 geredet. Da haben wir gedacht, Sie machen das in zwei Jahren, aber ist ja in Ordnung.)
Am elektronischen Grundbuch wird in vielen Ländern sehr engagiert gearbeitet. Einige Länder, die bisher gesagt haben, sie seien da weiter als wir, fragen jetzt bei uns an und sagen, das System, was ihr da entwickelt und was demnächst in Serie geht, ist so interessant, daran wollen wir partizipieren.
Herr Glawe, um da ernsthaft mitzureden, müsste man ein bisschen was davon verstehen. Nur zu lachen bringt da gar nichts, das tut mir Leid.
Das elektronische Mahnverfahren ist hier angesprochen worden unter Nummer 3 der Entschließung. Dazu müsste ich noch eins sagen, wir sind uns einig im Rechtsausschuss, dieses elektronische Mahnverfahren lohnt nicht, wenn wir das im Land allein betreiben. Wir haben etwa 50.000 Mahnverfahren im Jahr. Das beschäftigt nicht einmal vollständig einen Rechtspfleger. Das umzustellen lohnt sich nicht, da sind wir uns einig. Deshalb haben wir gesagt, das geht nur, wenn wir das mit einem anderen Land zusammen machen, und auch nur, wenn wir dann einen Partner wirklich finden und eine Vertragsgestaltung hinbekommen, die das wirtschaftlich macht. Deshalb bitte ich um Verständnis. Alle Fraktionen haben das im Rechtsausschuss so verstanden, dass wir uns bei der Entschließung einig sind. Das ist kein Auftrag an die Regierung im engeren Sinne, sondern das ist ein Auftrag, das genauso zu machen, wenn es wirtschaftlich geht.
Lassen Sie mich bitte noch einen letzten Punkt ansprechen. Seit Jahren geht es uns, Herr Dr. Jäger, im Interesse der Handwerker auch um mögliche Verbesserungen des Bundesrechts. Das Gesetz zur Beschleunigung fälli
ger Zahlungen hat nicht das gebracht, was wir uns erwünscht haben, sondern da wollen wir sicherlich nachsteuern, da brauchen wir auch gute Ideen. Der Finanzausschuss hat dazu in seiner Vorarbeit für die heutige Entschließung einen entsprechenden Punkt angesprochen und gesagt, wir wollen da eine Bundesratsinitiative starten. Dieser Punkt wird vom Finanzausschuss nicht mehr verfolgt und ganz sicher auch deshalb, weil die Bund-Länder-Arbeitsgruppe zu diesem Thema, zu der wir aus Mecklenburg-Vorpommern ganz kräftig beigetragen haben, erhebliche Fortschritte gemacht hat, so dass wir kurz davor stehen, dass in absehbarer Zeit ein Gesetzesentwurf vorgelegt wird.
Ich will nur ganz schlagwortartig einmal sagen, was wir darin regeln werden. Die Abschlagszahlungen werden wir auch im bürgerlichen Recht dem angleichen, was im Paragraphen 16 VOB ist, nämlich, dass gesetzlich vorgeschrieben – das ist sehr wichtig – die Möglichkeit besteht, zweimal Abschlagszahlungen zu verlangen. Wenn es nur die vertragliche Möglichkeit gibt, solche Abschlagszahlungen festzuschreiben, das wissen wir alle, sind unsere Firmen hier im Land einfach nicht stark genug, sich als Partner bei Vertragsverhandlungen durchzusetzen. Deshalb müssen wir das gesetzlich flankieren. Eine sehr gute Sache, die da ins Gesetz kommen wird.
Bei den Subunternehmern – das ist eines der Hauptprobleme hier im Land, dass die Generalunternehmer die Subunternehmer doch nicht so behandeln, wie wir uns das wünschen – wird es eine sehr weitreichende Informationspflicht geben, damit klar ist, wenn der Generalunternehmer sein Geld bekommt, müssen die Subunternehmer das wissen, damit sie zugreifen können. Bei der Sicherung der Forderungen werden wir die Handwerkerrechte ausweiten, die darin bestehen, dass man eine Bürgschaft für die Zahlung verlangen kann oder einen Auftrag stoppt. Und das werden wir so ausweiten, dass man das auch noch nach der Abnahme verlangen kann, denn da sind ja häufig bei uns im Land die Probleme, wenn die Abnahme da ist,
aber dann die Zahlung nicht erfolgt, dass man da keine Zwischenmöglichkeiten hat. Das werden wir ausstellen.