dass wir über diesen notwendigen zweiten Nachtrag hinweg den Blick auf die Zukunft 2004/2005 richten. Und so haben wir, meine Kolleginnen und Kollegen, in einem umfangreichen Papier Stellung genommen zu einer Vielzahl von Vorschlägen. Das mögen Sie als Ladenhüter abtun, aber die Tatsache, dass Sie die Frage der Kabinettsreform jetzt selber aufgreifen, beweist, dass es gar kein Ladenhüter sein kann.
Wir glauben, und das hatte ich eben gesagt, dass Funktional- und Verwaltungsreform tatsächlich mit Leben erfüllt werden müssen, dass wir freiwillige Landesleistungen streichen müssen, dass wir tatsächlich auf eine vollständige Drittmittelbindung verzichten müssen, dass wir Förderprogramme straffen und zum Teil auch aufgeben müssen. Und so haben wir eine Vielzahl von Einzelvorschlägen.
Meine Damen und Herren, ich werde mir zwei Tage vor Weihnachten nicht mehr die Mühe machen, Ihnen im Detail zu erzählen, was wir vorhaben.
Ich erlaube mir, der Frau Finanzministerin ein Exemplar unserer Vorschläge zur Verfügung zu stellen,
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Heinz Müller, SPD: Die Rede hatte einen Vorteil: Sie war kurz. – Zurufe von Rudolf Borchert, SPD, und Heike Polzin, SPD)
Es hat jetzt das Wort die Vorsitzende der Fraktion der PDS Frau Gramkow. Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mecklenburg-Vorpommern wird mit dem vorliegenden Nachtragshaushalt des Jahres 2003 eine Neuverschuldung von 1 Milliarde und 51 Millionen Euro erreichen. Und diese Neuverschuldung war nur im Jahr 1994 höher. Das bedeutet:
1. Wir haben seit drei Jahren dramatische Einnahmeausfälle. Das Einnahmeniveau hat das Jahr 1995 erreicht.
5. Wir haben – Zitat – eine ernsthafte „Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts“, zumindest aber eine „schwerwiegende Störung oder unmittelbare Bedrohung der Wirtschafts- und Beschäftigungsentwicklung des Landes.“, so sinngemäß Artikel 65 Absatz 2 der Landesverfassung von MecklenburgVorpommern.
7. Deshalb ist der Konsolidierungskurs der rot-roten Koalition in Mecklenburg-Vorpommern vorerst gestoppt.
Ursächlich dafür sind gesamtwirtschaftliche Entwicklungen in Deutschland und Europa, natürlich insbesondere steuerpolitische Maßnahmen. Und einen Fehler, Herr Rehberg, gesteht man ein, man macht ihn aber kein zweites Mal.
Die Länder und Kommunen sind in hohem Maße abhängig von diesen bundespolitischen Entscheidungen und natürlich auch unser Land. Die bundespolitische Antwort lautet, hoch gelobt auch in diesem Haus: Deutschland bewegt sich. Ich frage Sie, meine Damen und Herren: Wohin? Ja, das so genannte Reformpaket der Agenda 2010 belastet die Länderhaushalte weniger als geplant. Welch großartiger Erfolg angesichts dessen, dass MecklenburgVorpommern zwar einen verfassungskonformen Haushalt nach Artikel 65 Absatz 2, aber keinen verfassungsgemäßen Haushalt für 2003 und 2004 vorlegen kann! Es lässt sich eben nicht beschönigen. Und nach den Berechnungen ist es auch nachzuweisen, im Saldo wird es keine spürbaren Entlastungen geben, insbesondere nicht für Ostdeutschland. Nach 13 Jahren deutscher Einheit hat es den Anschein, als haben die Regierenden den Osten längst aufgegeben.
Auch der Kompromiss ist wohl kein Angebot für Ostdeutschland. Er ist eher eine glatte Ohrfeige. Und dabei übersehen wir nicht, dass die Bürgerinnen und Bürger ab kommendem Jahr weniger Steuern zu entrichten haben. Wir übersehen aber auch nicht, dass das Prinzip „linke Tasche, rechte Tasche“ funktioniert, denn insbesondere für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen wird wenig im Portemonnaie übrig bleiben. Durch höhere Zuzahlungen im Gesundheitswesen, höhere Abgaben und Gebühren wird ihnen das Geld doch wieder aus der Tasche gezogen. Darüber hinaus werden die Pendlerinnen und Pendler gerade auch in unserem Bundesland von den Kürzungen Betroffene sein. Und die Rechnungen des Steuerzahlerbundes, wonach es letztlich ein Nullsummenspiel ist, treffen doch den Nagel auf den Kopf.
Die mehr als vier Millionen Arbeitslosen in der Bundesrepublik Deutschland haben gar nichts von dem Kompromiss. Im Gegenteil, sie sind das letzte Glied in der Kette und damit diejenigen, die die Zeche bezahlen. Die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe auf Sozialhilfeniveau, die Verschärfung der Zumutbarkeitsre
geln für Langzeitarbeitslose und die Aufhebung des Kündigungsschutzes für Beschäftige in Betrieben mit unter zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – diese Maßnahmen lehnen wir konsequent ab.
Damit wird nicht ein existenzsichernder Arbeitsplatz geschaffen, sondern lediglich der Druck auf Arbeitslose, auf Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhöht. RotGrün und Schwarz-Gelb gehen beim Kündigungsschutz bis nach Kohl zurück und lassen 5,3 Millionen Menschen im Regen stehen. Die soziale Abwärtsspirale wird weiter beschleunigt. Deutschland bewegt sich, wir sagen, ins sozialpolitische Abseits!
Für einen mehr als zweifelhaften Konjunkturimpuls wird soziale Ungerechtigkeit in Kauf genommen. Ich frage Sie: Wohin ist Deutschland geraten? Die PDS kann und wird diesen Weg nicht mit verantworten.
Sie ist in meinen Augen gescheitert – keine Umwandlung in eine Gemeindewirtschaftssteuer, die die Freiberufler einbezogen hätte und eine verstärkte Hinzurechnung von Zins-, Miet- und Leasingzahlungen vorgesehen hat, kein Sofortprogramm zur Entwicklung der kommunalen Infrastruktur, wie es doch auch die CDU/CSU stadtein, stadtaus, landab, landauf gefordert hatte. Und das ist alleine Schuld von CDU und CSU!
Stattdessen bleibt eine Absenkung der Gewerbesteuerumlage. Die vorangegangene Erhöhung war zur Finanzierung der Steuerreform im Jahr 2000 veranlagt worden. Diese Veränderung bedeutet etwa 2,5 Milliarden Euro insgesamt mehr für die Kommunen. Aber davon wird gerade bei den ostdeutschen Kommunen wenig ankommen. Das Gewerbesteueraufkommen im Osten beträgt doch lediglich 30 Prozent des Westniveaus. Die Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern werden im Jahr 2004 eine Entlastung von 23 Millionen Euro haben.
Die PDS, auch die Landtagsfraktion der PDS hier in Mecklenburg-Vorpommern, hat seit langem die Rücknahme der Gewerbesteuerumlageerhöhung gefordert. Uns ging und geht es um eine schnelle Verbesserung der Haushaltslage der Kommunen. Dennoch ist die günstigere Gewerbesteuerumlage kein Ersatz – und ich sage es hier klar – für weitgehend dringende erforderliche Reformen.
Eine wirkliche Gemeindefinanzreform steht noch aus und wir werden sie auch weiterhin vehement einfordern.
Jetzt, meine Damen und Herren, heißt das geflügelte Wort Steuervereinfachung. Der große Kanzler bietet der CDU/CSU Gespräche an.
Er meint aber Steuervereinfachung ohne weitere Steuerreduzierung. Die CDU/CSU meint radikale Steuerverein
fachung mit Steuerentlastung. Und ich habe gehört, 10 Milliarden Euro. Nach dem Theater der letzten Wochen einigen wir uns doch auf die Hälfte. Fakt ist: Eine Entlastung für Mecklenburg-Vorpommern und unsere gemeinsam e Politik wird es nicht geben. Wesentliche steuerpolitische Forderungen, die die Einnahmesituation der Länder und Kommunen verbessern, wie die Wiedererhebung der Vermögensteuer, eine konsequentere Form der Erbschaftsteuer, eine gerechtere Unternehmensbesteuerung und eine wirkliche Gemeindefinanzreform, sind leider gegenwärtig nicht mehrheitsfähig in der Bundesrepublik Deutschland.