Protokoll der Sitzung vom 03.03.2004

Vielen Dank, Frau Schulz.

Wir kommen zur Abstimmung.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Was ist denn das?! – Harry Glawe, CDU: Die PDS macht Selbstbefassung.)

Wer dem Antrag auf Absetzung des Tagesordnungspunktes 3, wie von der CDU-Fraktion beantragt, zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist dem Antrag der Fraktion der CDU auf Absetzung des Tagesordnungspunktes 3 von der Tagesordnung nicht entsprochen worden mit den Stimmen von SPD und PDS gegen die Stimmen der CDU-Fraktion bei zwei Enthaltungen aus der SPD-Fraktion.

Meine Damen und Herren, von der Fraktion der CDU liegt Ihnen auf Drucksache 4/1086 ein Antrag zum Thema „Anpassung und Verlängerung der Fischereipachtverträge für stehende Gewässer an Binnenfischereiunternehmen“ vor. Auf Wunsch der Antragsteller soll die Tagesordnung um diesen Antrag erweitert werden. Gemäß Paragraph 74 Ziffer 1 unserer Geschäftsordnung kann diese Vorlage beraten werden, wenn zwei Drittel der Mitglieder des Landtages die Dringlichkeit bejahen. Zugleich muss die Einreihung in die Tagesordnung beschlossen werden.

Wird das Wort zur Begründung noch einmal gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Gibt es den Wunsch auf Gegenrede? – Das haben wir, glaube ich, auch schon erledigt. Es gibt keinen Wunsch mehr.

Wer stimmt der Erweiterung der Tagesordnung um diese Vorlage zu? – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Erweiterung der Tagesordnung um diese Drucksache nicht stattgegeben worden. Die erforderliche Zweidrittelmehrheit dafür ist nicht erreicht worden. SPD und PDS haben dagegengestimmt, die CDU dafür und eine Stimmenthaltung gab es aus der Fraktion der PDS.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich rufe jetzt auf den Tagesordnungspunkt 1 unserer heutigen Sitzung: Aktuelle Stunde. Die Fraktion der PDS hat gemäß unserer Geschäftsordnung eine Aktuelle Stunde zum Thema „Das Bodenreformurteil des EuGH – Auswirkungen für Mecklenburg-Vorpommern“ beantragt.

Aktuelle Stunde Das Bodenreformurteil des EuGH – Auswirkungen für Mecklenburg-Vorpommern

Das Wort hat zunächst der Abgeordnete Herr Ritter von der PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Lieber Kollege Caffier, ich freue mich zunächst, dass Sie einen so guten Lehrer hatten wie meinen Parlamentarischen Geschäftsführer in den letzten Legislaturperioden, Herrn Dr. Schoenenburg.

(Zurufe von Lorenz Caffier, CDU, und Harry Glawe, CDU)

Und zum anderen haben Sie natürlich Recht, das Thema der Aktuellen Stunde müsste exakt lauten, ich zitiere jetzt einmal aus einem Presseartikel der letzten Tage: „Das Bodenreformerbenurteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EuGH)“.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Falsch. Das war falsch. – Dr. Armin Jäger, CDU: Das war falsch.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich zitierte wortwörtlich aus der Presse. Das können Sie gerne bewerten, wie Sie möchten, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Heiterkeit und Unruhe bei Abgeordneten der CDU – Eckhardt Rehberg, CDU: O Freunde, Freunde!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer sich die Landtagsdokumente einmal seit 1990 ansieht, der wird feststellen, dass es kaum ein Thema gibt, das hier so viel behandelt worden ist wie das Thema Bodenreform.

(Harry Glawe, CDU: Immerhin, Sie schreiben aus der Presse ab!)

Immer wieder waren es aktuelle Anlässe und fast immer waren es Angriffe auf die Bodenreform, die hier behandelt wurden. Und immer wieder, meine sehr verehrten Damen und Herren, liest man auch in den Protokollen seit 1990 die gleichen Argumente, da liest man zum Beispiel vom kommunistischen Ungemach im Zusammenhang mit der Bodenreform.

Wir wissen aber alle, dass die Realitäten anders sind. Ich verweise auf die Verfassung des Landes Hessen, die im Dezember 1946 mit großer Mehrheit durch einen Volksentscheid angenommen wurde. Dort heißt es im Artikel 42: „Nach Maßgabe besonderer Gesetze ist der Großgrundbesitz, der nach geschichtlicher Erfahrung die Gefahr politischen Mißbrauchs oder der Begünstigung militaristischer Bestrebungen in sich birgt, im Rahmen einer Bodenreform einzuziehen.“

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das zweite Argument, was man immer wieder liest in den Debatten seit 1990, ist, dass meiner Partei das Recht aberkannt wird, sich zu dieser Problematik überhaupt zu äußern, wir, die Rächer der Enterbten, wie es in den letzten Tagen wieder zu lesen war.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Ich sage Ihnen: Wer sich mit uns und unserer Vergangenheit auseinander setzen will, der ist herzlich eingeladen, denn die PDS setzt sich schon sehr lange mit ihrer Vergangenheit auseinander.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Zuruf von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU)

Und vielleicht hilft ja auch hier, Herr Dr. Jäger, ein Blick ins Plenarprotokoll vom 30.08.1995. Die PDS hat am 30.08.1995 aus Anlass des 50. Jahrestages der Bodenreform eine Aktuelle Stunde beantragt und der damalige PDS-Landesvorsitzende Helmut Holter sagte in dieser Debatte, ich zitiere: „Die PDS setzt sich für eine differenzierte Beurteilung dieses historischen Prozesses auf dem Lande ein. Weder Glorifizierung noch Verketzerung können Indikatoren der historischen Bewertung sein.“ Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir brauchen keine Demokratielehren und auch keine Belehrungen,

egal von wem sie auch in der Vergangenheit auch immer ausgesprochen worden sind.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Aha!)

Wir sind heute wieder beim Thema Bodenreform und wieder gibt es einen aktuellen Anlass, nämlich das Bodenreformurteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und natürlich die Reaktion der Bundesregierung auf diese Rechtsprechung. Das Urteil, das konnte in den letzten Tagen jeder nachlesen, hat verschiedene Reaktionen in der Öffentlichkeit hervorgerufen und auch verschiedene Begehrlichkeiten. Aus Sicht der Bodenreformerben und aus Sicht der Kläger ist dieses Urteil ein großer Sieg. Die PDS-Fraktion des Landtages gratuliert den Klägern zu diesem Erfolg und die PDS-Fraktion des Landtages Mecklenburg-Vorpommern dankt dem Verein zur Verteidigung der Bodenreform für sein Wirken in den letzten Jahren. Wir werden dem Verein weitere Unterstützung geben.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, was nicht unsere Unterstützung finden kann, das ist die Haltung der Bundesregierung zu dieser Problematik. Dass die rotgrüne Bundesregierung in Revision geht und sich somit schützend vor die Kohl-Regierung stellt, die dieses Unrecht, was erfolgreich beklagt wurde, zu verantworten hat, das ist für uns nun wirklich nicht nachvollziehbar. Und genauso wenig, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist für uns die Haltung der hiesigen CDU in der aktuellen Debatte nachvollziehbar.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ah ja! Und der SPD?)

Als Schlag ins Gesicht von Tausenden Bürgern bezeichnet die von mir sonst sehr geschätzte Frau Kollegin Holznagel die Revisionsabsichten der Bundesregierung. Ich sage Ihnen, liebe Frau Holznagel: Das 1992 von der Kohl-Regierung vorgelegte und verabschiedete Gesetz, das war ein Schlag ins Gesicht Tausender Menschen in diesem Land.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Mein sehr verehrter Herr Kollege Rehberg, wenn Sie meiner Partei die Regierungsfähigkeit absprechen, dann sage ich Ihnen anhand dieses Beispiels, dieses Zitats Ihrer Kollegin: Halten Sie inne, bewerten Sie Ihre eigene Oppositionsfähigkeit und Sie werden merken, dass Sie es immer noch nicht beherrschen!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Dr. Armin Jäger, CDU: Toll!)

Dicke Backen machen alleine, das reicht eben nicht aus, um Oppositionspartei zu sein, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, das haben wir bei den kommunalen Finanzen gemerkt.)

Die PDS in Mecklenburg-Vorpommern und die PDSFraktion hier im Landtag ist nicht für Schnellschüsse und Aktionismus im Zusammenhang mit dem Urteil. Wir sind aber gegen Abwiegeln und wir sind gegen Abwarten in dieser Frage. Wir sind dagegen, dass das Problem mit der Klage in der nächsten Instanz auf die lange Bank geschoben wird.

Wir möchten hier an dieser Stelle auch klarstellen, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass es anders,

als es Frau Bundesjustizministerin festgestellt hat, aus Mecklenburg-Vorpommern keine Zustimmung zum Einlegen von Rechtsmitteln gegeben hat. Was wir nun wirklich nicht brauchen, das ist der lange Ritt nach Straßburg, um ein richtiges Urteil dann wieder umstoßen zu wollen. Wir brauchen und wir fordern vielmehr ein Rückabwicklungsund Entschädigungsgesetz. Hier sehen wir die Landesregierung gegenüber dem Bund wirklich in der Pflicht.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

Und zum Schluss, meine sehr verehrten Damen und Herren, stellen wir uns einmal vor, wir hätten eine CDUgeführte Bundesregierung – ich füge ein, die Wählerinnen und die Wähler sollten uns davor bewahren –, stellen wir es uns wirklich einen Moment vor, wir hätten eine CDUgeführte Bundesregierung:

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, gut. – Gesine Skrzepski, CDU: Das wäre schön.)

Wie anders – ja, es wäre aus Ihrer Sicht schön –, aber wie anders wären denn die Reaktionen, Frau Skrzepski, in diesem Hause von CDU und SPD?

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Die CDU würde befürworten, dass die Bundesregierung Revision einlegt, und die SPD würde Beifall klatschen zum Urteil. Nur die Haltung der PDS, meine sehr verehrten Damen und Herren, wäre die gleiche, die sie seit 14 Jahren ist, die lautet nämlich: Hände weg von der Bodenreform! – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Vielen Dank, Herr Ritter.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete der SPD-Fraktion Frau Kühnel.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Nun bin ich aber gespannt!)