Stunde. Zunächst einmal will ich sagen, dass ich meiner Fraktion sehr dankbar bin, dass wir dieses Thema hier für die Aktuelle Stunde gesetzt haben, weil ich glaube, das dies unbestritten ein ganz brandaktuelles Thema ist, und meine Vorredner, denke ich, haben darauf auch schon hingewiesen. Aber ich möchte auch sagen, dass ich so ein bisschen die Wortwahl dieses Themas bedauere, denn Auswirkungen auf Mecklenburg-Vorpommern im Zusammenhang mit der EU-Osterweiterung, das erscheint mir doch so ein bisschen, na ja, sagen wir mal, negativ besetzt zu sein.
Ich glaube, dass es nicht nur Auswirkungen gibt, sondern dass es auch eine ganze Menge Chancen gibt, und darum gestatten Sie mir, dass ich auch in meinem Redebeitrag die eine oder andere Chance noch einmal nenne.
Nun kann man natürlich sagen, diese unglückliche Wortwahl kann auch damit zusammenhängen, dass man – im Moment zumindest – den Eindruck hat, dass Presse und Rundfunk häufig die EU-Osterweiterung eher negativ diskutieren, dass sehr häufig bestimmte Vorurteile und bestimmte Ängste in den Vordergrund gerückt werden und man damit, denke ich, auch nicht gerade dem ganzen Prozess einen guten Gefallen tut. Aber so ist das Leben und insofern ist vielleicht auch diese Wortwahl hier zustande gekommen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist einfach so – auch darauf haben meine Vorredner schon hingewiesen – wir müssen diese Ängste sehr ernst nehmen. Es ist einfach so, dass immer wieder darauf hingewiesen wird, dass man befürchtet, dass billige Arbeitskräfte zu uns ins Land kommen, dass Unternehmen darüber nachdenken, unser Land zu verlassen, und so weiter. All das ist, denke ich, nicht von der Hand zu weisen. Aber es gibt auch andere Beispiele, insbesondere Wirtschaftswissenschaftler oder eben auch Erfahrungen aus der Vergangenheit, wie zum Beispiel Frankreich. Als 1986 Spanien und Portugal der EU beigetreten sind, hatte man auch in Frankreich befürchtet, dass eine Masseneinwanderung erfolgt und dass billige Arbeitskräfte nach Frankreich drängen. Genau das Gegenteil war der Fall. Man hat damals diese Entwicklung damit begründet, dass man gesagt hat – auch darauf haben meine Vorredner hingewiesen –, es hängt auch damit zusammen, wenn der Beitritt erfolgt, geht man davon aus, dass der Wohlstand in dem Land sich erhöht und dass die Menschen davon ausgehen, in ihrer Heimat Arbeit zu finden. Und mein Eindruck ist, dass das auch in dem jetzigen Prozess durchaus so sein kann.
Dennoch, meine sehr verehrten Damen und Herren, werden Arbeitskräfte zu uns kommen. Auch meine Vorredner haben darauf schon hingewiesen. Es sind ja auch schon etliche da. Trotz Übergangsregelung et cetera wird es so sein. Aber auch hier hat die EU eine Studie erarbeitet und aus dieser Studie geht hervor, dass in den nächsten fünf Jahren pro Jahr maximal 200.000 Arbeitskräfte nach Westeuropa ziehen werden. Das ist entsprechend der Studie ausgerechnet ein Prozent der gesamten arbeitsfähigen Bevölkerung. Ich glaube, dass das nicht so sehr viel sein wird und durchaus durch unsere Länder zu kompensieren ist.
Zum Thema „Abwanderung von Unternehmen“, denke ich, ist es völlig klar, dass dieses immer wieder aufgewor
fen wird. Es gibt dort sicherlich nicht nur niedrige Lohnnebenkosten, das ist, meine ich, die eine Seite der Medaille, sondern es gibt auch die Rückseite der Medaille. Und wer am Sonntag Sabine Christiansen gesehen hat, hier hat ein Unternehmer berichtet, was er so mit seinem Unternehmen erlebt hat, als er ins Ausland gegangen ist. Er ist jetzt wieder auf dem Weg zurück. Das ist wie gesagt die Kehrseite der Medaille und insofern, glaube ich, sollten wir sehr gelassen sein und schauen, wie sich die Dinge entwickeln. Aber wir sollten als Politik auch immer wieder auf die Chancen hinweisen, auch das haben meine Vorredner ja noch mal betont. Ich glaube, dass wir insbesondere hier in unserem Parlament und mit unserem Ausschuss, mit dem Rechts- und Europaausschuss richtig gute vorbildliche Arbeit leisten.
(Heiterkeit bei Heinz Müller, SPD – Wolfgang Riemann, CDU: Beweih- räucherung hilft uns nicht weiter.)
Ich glaube, dies parteiübergreifend sagen zu können, auch Ihre Kollegen waren dabei, die mir empfohlen wurden,
Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch darauf wurde bereits hingewiesen, mit der Osterweiterung wird ein neues Wirtschaftsgebiet entstehen. Nach meiner Kenntnis ist es weltweit der zweitgrößte Wirtschaftsraum nach den USA und wir als Mecklenburg-Vorpommern sind mittendrin. Auch darauf wurde hingewiesen. Wir kommen von unserer Randlage sozusagen in das Zentrum und wir sind in gewisser Weise auch ein Bindeglied zu den neuen Mitgliedsstaaten. Und da ist mein Eindruck im Moment, dass es allen noch nicht so richtig klar ist, dass wir jetzt in diese Position kommen. Häufig wird nur über Polen gesprochen, das unmittelbarer Nachbar von uns ist, und über die Kontakte, die wir zu Polen aufgebaut haben. Ich sehe gerade den Kollegen Renz zwar nicht, aber ich will ihm hier einfach noch mal beipflichten. Er hat in der letzten Sitzung über die Verlässlichkeit der deutschpolnischen Zusammenarbeit gesprochen. Hier kann ich ihm einfach nur beipflichten, dass es tatsächlich an dem ist. Aber wir sollten die baltischen Staaten nicht aus den Augen lassen. Auch hier ist ein riesiger Markt für uns. Da heißt es dranzubleiben.
Über das Thema Kooperationsbüro und alles, was damit zusammenhängt, haben meine Vorredner gesprochen. Darum erspare ich mir im Moment erst einmal dazu meinen Kommentar, wobei ich einfach davon ausgehe, es muss eine Lösung geben, die alle zufrieden stellt, weil gerade diese drei baltischen Staaten – wenn man mal betrachtet, dass allein die Aussicht, dass sie Mitglied werden in der EU, seit 1995 dazu geführt hat – ein durchschnittliches Wirtschaftswachstum von sechs Prozent hatten.
Das zeigt, welches Potential sich dort befindet. Und in dem Zusammenhang will ich noch mal darauf hinweisen, dass auch in Polen natürlich in den letzten Jahren fleißig, ich sage jetzt mal, geklotzt wurde. Die Inflationsrate von 15 Prozent ist auf 1 Prozent gesenkt. Also wie gesagt, auch hier ist eine Menge passiert. Und für unsere Unternehmer, denke ich, ist hier ein interessantes Marktpotential entstanden.
Ich glaube aber, auch unsere Unternehmen sind gut beraten, sich hier einzubringen. Es gibt vielfältige Chancen. In dem Zusammenhang muss man sagen, unsere Unternehmen haben insofern klar den Vorteil, dass sie schon EU-Standards und -Normen beherrschen, so dass man durch Kooperation durchaus hier in den neuen Beitrittsländern Chancen hat. Und in dem Zusammenhang gibt es dann immer wieder die Frage: Das bekommen wir ja gar nicht finanziert, gibt es kein Geld dafür? Ich glaube, das ist nicht so, denn die Bundesregierung hat eine Menge Förderprogramme aufgelegt. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau hat ein Mittelstandsprogramm „Ausland“ aufgelegt. Hier gibt es zinsgünstige Kredite, also vielfältige Chancen für unsere Unternehmen. Und wie groß die Chancen sind, zeigt ja auch, dass wir schon jetzt in die acht osteuropäischen Beitrittsländer Waren im Wert von 53 Milliarden Euro exportieren und circa 52 Milliarden wieder zurückimportieren. Das zeigt, wie groß das Handelsvolumen ist. Das Handelsvolumen mit den USA ist hier kaum größer, also wie gesagt, ein riesiger Markt für uns. Wirtschaftswissenschaftler sagen ja voraus, dass allein aufgrund der Erweiterung unser Wirtschaftswachstum um 0,8 Prozent wachsen wird.
Also, meine sehr verehrten Damen und Herren, um noch mal auf den Ausgangspunkt zurückzukommen, ich glaube schon, dass es eine Menge positiver Auswirkungen geben wird im Zusammenhang mit der EU-Osterweiterung. Wir sollten da nicht bange sein.
Dennoch möchte ich auch noch mal zum Abschluss ganz kurz auf das eingehen, was Frau Präsidentin Bretschneider gesagt hat, was auch meine Erfahrungen sind. Was durchaus ein Problem darstellt, ist die Sprachhürde, die Sprachbarriere. Man muss einfach sagen, dass es uns nicht so gut zu Gesicht steht, dass knapp 11 Prozent in unserem Land Polnischkenntnisse haben und in Polen 62 Prozent der Menschen Deutsch sprechen können. Da ist, denke ich, eine Menge Nachholbedarf. Und wenn man sieht, dass im Moment in unseren Schulen nur 0,06 Prozent der Schüler Polnisch lernen, immerhin sind es 0,2 Prozent, die schon Schwedisch lernen, ist da, denke ich mal, noch eine Reserve, und man sollte auch darüber nachdenken, ob man nicht vielleicht Polnisch zum Schulfach machen kann.
Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren, das soll es erst einmal von meiner Seite aus gewesen sein.
Ich glaube, wir werden in Zukunft dieses Thema weiter hier bearbeiten. Mein Eindruck ist, wie gesagt, dass es
nicht wir sind, auf die die größten Auswirkungen zukommen, sondern dass es die Beitrittsländer sind, denn immerhin müssen sie das EU-Recht übernehmen, und das sind nach meinem Kenntnisstand 31 Kapitel mit 80.000 Seiten. Also da haben die Ministeriellen doch eine ganze Menge Arbeit zu leisten. In diesem Sinne glaube ich und bin mir ziemlich sicher, dass es uns gelingen muss, dass es keine Erweiterungsverlierer geben darf. Ich glaube, der europäische Teppich ist ausgerollt und das Abenteuer EU-Osterweiterung kann beginnen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Warum reden wir eigentlich von EUOsterweiterung? Würde man damit Malta und Zypern meinen, würde man damit Ungarn und möglicherweise auch Tschechien meinen, ich glaube, diese Staaten würden diese Begrifflichkeit nicht mittragen.
Und ein Vorwort: Herr Ministerpräsident ist nur dann da, wenn er selbst reden muss, ansonsten scheint ihm das Thema nicht wichtig zu sein.
(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Heike Polzin, SPD: Oh doch! Herr Riemann geht auch zwischendurch nach draußen.)
Sie haben der Fraktion der CDU vorgeworfen, wir würden bei der Verwaltungsreform blockieren. Wir haben eine Reihe von Vorschlägen mit Zusammenlegung von Behörden, nicht nur Ministerien, mit Deregulierung, mit Verwaltungszusammenarbeit mit anderen Ländern unterbreitet. Sie sind samt und sonders abgelehnt worden.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Das ignoriert der Ministerpräsident.)
Und, Herr Ministerpräsident, wer nicht bei sich selber spart, kann von anderen keine Einsparungen verlangen, der ist unglaubwürdig.
Mit der EU-Erweiterung – der „Focus“ titelt dazu – am 1. Mai beginnt das wohl größte Wagnis der Europäischen Union: zehn neue Länder, 75 Millionen neue EU-Bürger und mehr als die Hälfte davon aus Polen.
Was können wir angesichts der Aktualität des Beitrittes zum 1. Mai selber bewegen? Wir können noch nicht einmal in Ahlbeck für ein Europafest die Grenze partiell und zeitlich begrenzt öffnen. Bund und EU-Recht blockieren dieses. Wie sind wir aber vorbereitet? Wie nehmen wir die Menschen, ihre Ängste, ihre Vorbehalte mit? Wie machen wir die Chancen deutlich? 81 Prozent der Bürger befürchten Firmenabwanderungen, 71 Prozent befürchten, dass die Arbeitslosigkeit weiter steigt, 71 Prozent befürchten billige Arbeitskräfte, 66 Prozent befürchten steigende Kriminalität. Und bemerkenswert: 65 Prozent befürchten verstärkte Bürokratie und 64 Prozent das Zahlerland Deutschland.
Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren, diese Zahlen machen deutlich, dass wir die Chancen, die mit der EUErweiterung bestehen, noch nicht deutlich an die Menschen herangebracht haben. Und eine gute Möglichkeit sind Partnergemeinden.
Herr Friese, Sie wissen genauso gut wie ich, die Gemeinde Koserow, der ich vorstehe, hat seit drei Jahren mit Slocieniec eine Partnergemeinde mit 18.000 Einwohnern. Und diese Partnerschaft tut gut.
Sie tut den jungen Leuten gut, die mit der Feuerwehr zu Ausscheiden dorthin hinfahren, vor den Männern erste Plätze belegen – die Jugendfeuerwehr – und stolz wie Bolle zurückkommen.
Sie tut den Menschen in Koserow gut, denn auch die Handwerker knüpfen dort Verbindungen und sicherlich ist die Partnerschaft das, was vor Ort die Menschen mitnimmt.
Wie sind wir vorbereitet bei der Infrastruktur? Eisenbahnverlängerung nach Swinemünde – dazu habe ich heute nichts gehört vom Ministerpräsidenten. Karniner Brücke – dazu kommt nachher noch ein Schaufensterantrag der Koalitionsfraktionen, der unzureichend ist, weil er nicht deutlich genug macht, wann wir sie haben wollen.