Protokoll der Sitzung vom 31.03.2004

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen! Meine Herrn Kollegen! Meine Damen und Herren!

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und PDS – Zuruf von Rainer Prachtl, CDU)

Ja, das hatte ich einmal, aber das passiert mir nie wieder. Das kann ich Ihnen versprechen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es sind nur noch wenige Stunden, weniger als elf Stunden, und dann ist es so weit. Genau um null Uhr beginnt das neue Jagdjahr, meine Damen und Herren.

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

Und ich freue mich, Ihnen allen von hier aus mitteilen zu dürfen, meine Damen und Herren, dass tausende Jägerinnen und Jäger – ja, ich hätte jetzt am liebsten ein Horn dabei, das muss ich schon sagen –, die Verbände und auch die Kommunalpolitiker, im übrigen Kommunalpolitiker aller Couleur, es geschafft haben – sie haben es geschafft –, mit dem 1. April 2004 ist die Jagdsteuer abgeschafft.

(Beifall Egbert Liskow, CDU – Holger Friedrich, SPD, und Rainer Prachtl, CDU: Weidmannsheil!)

Meine Damen und Herren, alles, was ich Ihnen eben gesagt habe, stimmt! Wort für Wort! Allerdings nicht für unser Bundesland Mecklenburg-Vorpommern, sondern leider für Sachsen-Anhalt.

Da könnte man die Frage stellen: Wie ist es denn bei uns im Lande? Bei uns im Lande ist es im Moment so, es bleibt auch weiterhin bei Ankündigungen, und zwar Ankündigungen des Herrn Innenministers vor der Presse am 3. Juni 2003, dass mit der aktuell anstehenden Modernisierung des Kommunalabgabengesetzes die Jagdsteuer abgeschafft wird. Und ich betone es noch einmal: Juni 2003! Ganz aktuell waren die Ankündigungen des Herrn Minister Dr. Backhaus und Herrn Professor Methling auf der Delegiertenversammlung des Landesjagdverbandes in meinen Wahlkreis, in Klink, im März dieses Jahres, sich für die Streichung der Steueroption im KAG einzusetzen. Wir begrüßen ja diese Ankündigungen ganz ausdrücklich. Aber, meine Damen und Herren, in Sachsen-Anhalt wird derweil gehandelt. Was gilt also für unser Land? Jagdlich gesehen vielleicht, dass der Hund bellend ankündigt, dass er jagen will, aber zum Schluss ja doch zum Jagen getragen werden muss.

(Beifall Egbert Liskow, CDU – Udo Timm, CDU: Und mit dem Schwanz wedelt.)

Meine Damen und Herren, zum Gesetzentwurf. Meine Fraktion möchte das Kommunalabgabegesetz vom 1. Juni 1993, berichtigt am 4. November 1993, ändern. Wir wollen im Paragraphen 3 Absatz 1 den Satz 2 streichen. Wir wollen den landeseinheitlichen Verzicht auf die Option zur Erhebung der Jagdsteuer. Meine Damen und Herren, wir wollen dies schon seit Jahren.

(Hannelore Monegel, SPD: Warum haben Sie es denn eingeführt 1993?)

Ja, gut. Wir wollen es vielleicht nicht seit 1993, das ist richtig.

(Heinz Müller, SPD: Aha!)

Aber schon im November 2000 – und das ist auch schon eine Weile her, nämlich immerhin dreieinhalb Jahre, liebe Kollegin –, im November 2000 hat meine Fraktion mit Drucksache 3/1568 den Gesetzentwurf, im Übrigen fast wortgleich, schon einmal eingebracht.

(Hannelore Monegel, SPD: Da waren Sie in der Opposition, da kann man immer gut fordern!)

Da waren wir in der Opposition und wir fordern auch heute wieder.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Andreas Bluhm, PDS: Zum Glück immer noch in der Opposition.)

Und in der Opposition zu fordern, ist Sache der Opposition. Und wir tun das gerne. Wissen Sie, was das Tolle ist?

(Beifall Rainer Prachtl, CDU – Heinz Müller, SPD: Vor allem für das, was man vorher nicht gemacht hat.)

Das war 1993 und die CDU-Fraktion nimmt für sich in Anspruch dazuzulernen. Ich bin schon sehr gespannt, meine Damen und Herren, ob Ihnen das heute auch gelingt.

(Beifall Egbert Liskow, CDU, und Rainer Prachtl, CDU)

Eines ist mit Sicherheit klar, ich hatte es eben schon gesagt, eines scheint sich doch wohl verändert zu haben. Einige Minister, sowohl von SPD als auch von PDS, haben das mittlerweile eindeutig gefordert.

Aber zurück. Im November 2000 hat meine Fraktion den Gesetzentwurf schon einmal eingebracht. Und, Herr Müller, vom „Sommerlochthema“ war seinerzeit die Rede.

(Gabriele Schulz, PDS: Von Sommerlochthema war die Rede. Richtig, ich habe den auch gelesen.)

Ich habe es einmal nachgelesen. Und dem Gesetzentwurf war, wie so vielen Entwürfen oder auch Anträgen meiner Fraktion, immer das gleiche Schicksal beschieden – Ablehnung, in diesem Falle Ablehnung der Überweisung in Erster Lesung.

Meine Damen und Herrn, heute wie damals galt, dass die 10.000 Jäger unseres Landes einen hervorragenden Beitrag für den Arten- und Naturschutz, die Landschaftspflege und – freiwillig übrigens – für die Beseitigung von rund 8.000 Stück Unfallwild leisten.

(Beifall Egbert Liskow, CDU: Jawohl!)

Und damals wie heute gilt, dass die Jagdsteuer nie einen wirklich nennenswerten Beitrag, wirklich nie einen nennenswerten Beitrag zur Deckung der Kreisaufgaben hätte leisten können. Wir sind uns sicherlich sogar fraktionsübergreifend einig, dass die gewaltigen Finanzprobleme der Landkreise in unserem Land niemals durch eine kommunale Aufwandssteuer auch nur irgendwie minimiert werden könnten, sondern, wenn überhaupt, durch eine Beteiligung an einer wirklichen Wachstumssteuer.

Auch zum damals noch stark diskutierten Verhältnis, nämlich dem Verhältnis zwischen Steueraufwand auf der einen Seite und dem Ertrag, gibt es heute sicher kaum noch Dissens. Das kann ich mir jedenfalls nicht vorstellen, denn es sind immerhin dreieinhalb Jahre vergangen. Und der Hinweis des Innenministers in der Debatte im November 2000, dass die Neigung von Steuerzahlern, Steuern zu zahlen, sehr gering war, heute wie damals, war schon damals eigentlich wenig hilfreich. Was also …

(Minister Dr. Gottfried Timm: Aber nicht falsch.)

Nicht falsch, aber wenig hilfreich, Herr Minister.

Was, meine Damen und Herren, hat sich denn seit der Ablehnung unseres Gesetzantrages im November 2000 im Lande in Bezug auf die Jagdsteuerproblematik eigentlich geändert? Zunächst einmal hat sich die Anzahl der

Landkreise, die noch Jagdsteuer erheben, reduziert, damals, 2000, waren es noch vier. Heute, das wissen wir alle, ist es noch ein Landkreis, der dies tut. Und das hat im Übrigen auch mit der Erkenntnis zu tun, dass die Ausgaben für bisher freiwillige Leistungen steigen und die Höhe der möglichen Steuereinnahmen mittlerweile längst überschreiten.

In meinem Landkreis, dem Landkreis Müritz, bedeutet das zum Beispiel, dass einer durchschnittlich möglichen Jagdsteuereinnahme bei uns im Landkreis Müritz von ungefähr 33.500 Euro per anno freiwillige und kostenlose Jägerleistungen von circa 370.000 Euro – das muss man einmal vergleichen – gegenüberstehen. Und das ist der Durchschnitt der letzten vier Jahre. In einem solchen Verhältnis steht das. Und alleine die Unfallwildentsorgung, das sind bei uns im Landkreis, auch im Durchschnitt der letzten vier Jahre, 583 Stück totes Wild auf der Straße. Wenn man die mit …

(Heinz Müller, SPD: Ja, wenn ihr immer so rast. – Heiterkeit bei Angelika Gramkow, PDS – Zuruf von Andreas Bluhm, PDS)

Ja, ja, ich glaube nicht nur bei uns wird so gerast, das ist landeseinheitlich wohl gleich. Leider. Und das Wild bleibt im wahren Wortsinne auf der Strecke.

(Zuruf von Andreas Bluhm, PDS)

Wenn man dann 55 Euro ansetzt, dann sind das ungefähr 32.000 Euro. Damit wäre es bei uns im Landkreis so, dass allein diese Unfallwildentsorgung die Steuereinnahmen im Grunde schon wieder auffressen würde.

(Andreas Bluhm, PDS: Deshalb die Frage, warum der Landkreis Demmin damit nicht plus macht.)

Na ja, auf den Landkreis Demmin, glaube ich, kommen wir nachher noch zu sprechen.

(Andreas Bluhm, PDS: Ja.)

Spätestens wenn Frau Holznagel hier vorne steht, dann kommen wir ganz sicher auf den Landkreis Demmin zu sprechen. Ich will das jetzt lieber Frau Holznagel überlassen.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Das glaube ich, dass Sie das lieber machen.)

Herr Bluhm, legen Sie nachher bei Frau Holznagel noch mal richtig los.

Es gibt sicherlich noch ein Argument, das man einfach noch erwähnen sollte, nämlich die unentgeltliche Biotopund Landschaftspflege und vor allem die Müllentsorgung. Das ist auch nicht nur in einem Landkreis Müritz, der ein Tourismuslandkreis ist, ein Argument, das Kommunalpolitiker schon sehr interessant finden.

Aber, meine Damen und Herren, bei der Frage, was sich denn seit der Ablehnung unseres Gesetzentwurfes im Jahr 2000 bis heute in Bezug auf die Steuererhebungsoption im Paragraphen 3 Absatz 1 Satz 2 KAG maßgeblich verändert habe, muss nun von einem Thema die Rede sein, das jeden Kommunalen bei uns im Lande außerordentlich bedrückt, nämlich von der desaströsen, wirklich desatrösen Finanzlage der Landkreise.

(Reinhard Dankert, SPD: Nicht nur der Landkreise.)

Sind Sie nicht der Meinung?

(Präsidentin Sylvia Bretschneider übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren, im Jahr 2000 gab es bei uns im Land drei Landkreise, die einen unausgeglichenen Haushalt hatten. Seitdem, und das muss ich Ihnen so sagen, meine Damen und Herren, hat dieses Land den Gleichmäßigkeitsgrundsatz und die Mindestfinanzgarantie und nun mittlerweile auch noch die Abschaffung der Mindestfinanzgarantie über sich ergehen lassen müssen. Und heute, Frau Fraktionsvorsitzende – gestern stand es in der Zeitung –, können eben nur noch zwei von zwölf Landkreisen