Protokoll der Sitzung vom 12.05.2004

Hier geben Sie den großen Verwaltungsreformer. Gucken Sie mal in das Wahlprogramm, das Sie selbst geschrieben haben! Darin steht ein tolles Beispiel. Wenn ich nämlich in der Peene einen Bootssteg bauen will, dann brauche ich soundso viele Genehmigungen beim Kreis

(Eckhardt Rehberg, CDU: Ach, acht Genehmi- gungen bei fünf Behörden! Ich helfe Ihnen gern.)

und beim Staatlichen Amt für Umwelt und Natur.

(Eckhardt Rehberg, CDU: Zitieren Sie vernünftig!)

Wunderbar, das Beispiel ist Klasse.

(Zuruf von Rainer Prachtl, CDU)

Und Sie sagen dem Wähler, der Sie wählen soll,

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

und Sie sagen den Interessenverbänden auf der Landesebene, wir ändern das, wir schaffen das ab.

(Eckhardt Rehberg, CDU, und Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Natürlich.)

Und jedem, der zu Hause diese Bürokratien sitzen hat,

(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU: Natürlich, kein Problem.)

sagen Sie, wir verewigen diese Bürokratien

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

und wir bauen gar nichts ab.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS – Heiterkeit bei Eckhardt Rehberg, CDU – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Die Unterschriften, die Sie damit sammeln, müssen, welch ein Zufall, bis zum 2. Juni beim Kreisvorsitzenden der CDU,

(Unruhe bei Abgeordneten der CDU – Glocke der Vizepräsidentin)

nein, beim Ortsvorsitzenden der CDU sein. Was Sie hier machen, ist Wahlkampf in einer Manier, die ich wirklich für schmutzig halte.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Torsten Koplin, PDS – Rainer Prachtl, CDU: Sie regen sich richtig auf hier. – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Herr Müller, haben Sie jetzt schon Angst vor den Wahlergebnissen oder … ? – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU – Dr. Till Backhaus, SPD: Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht.)

Mein lieber Kollege Ringguth, Wahlergebnisse macht der Wähler und als Demokrat muss ich sie akzeptieren. Aber das, was eine Partei dieses Hauses macht, das ist etwas, was mir große Sorgen macht, weil diese Partei den Anspruch hat, in diesem Land Verantwortung auszuüben, Macht auszuüben. Und das hielte ich für das Problem. Dieses Verhalten, hier zu predigen, wir reduzieren Bürokratie, und dort, wo Bürokratie ist, zu sagen, das bleibt alles so, wie es ist,

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Wo steht das ge- schrieben? – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

dazu kann ich Ihnen nur sagen, ich halte ein solches Verhalten für hemmungslos, denn es zielt hemmungslos nur auf den populistischen Wahlerfolg ab. Ich halte es für verantwortungslos, denn es ist verantwortungslos, das, was man selbst im Land für richtig erkennt und propagiert, unten selber zu untergraben.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das stimmt doch gar nicht!)

Am Ende ist dieses Verhalten gewissenlos und dieses politische Kalkül ist skrupellos. Und ich hoffe sehr, dass es nicht aufgeht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Danke, Herr Müller.

Ich bitte aber, mit dem unparlamentarischen Wort „Lüge“ etwas sensibler umzugehen.

(Lorenz Caffier, CDU: Das gibt es nicht.)

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Schulz von der Fraktion der PDS.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Nachdem die Landesregierung vor rund 16 Monaten Eckpunkte zur öffentlichen Verwaltung beschlossen hat,

(Wolfgang Riemann, CDU: Lange ist es her!)

liegt uns heute ein Antrag der Fraktionen der SPD und PDS mit dem Titel „Grundkonzeption einer umfassenden Verwaltungsmodernisierung und Funktionalreform“ vor. Beide Papiere können eine gemeinsame Handschrift beziehungsweise Zielrichtung nicht leugnen und wollen dies wohl auch nicht.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ah ja!)

Aber, meine Damen und Herren, beide Papiere sind keinesfalls identisch. Und damit meine ich nicht allein, dass der vorliegenden Grundkonzeption der Hochglanzeinband fehlt und bei den Eckpunkten vielleicht der Glanz schon etwas angekratzt ist.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist doch aber kein Wunder.)

Darüber kann man aber hinwegsehen. Nein, meine Damen und Herren, mit dem vorliegenden Antrag sollen die notwendigen Entscheidungen dorthin gegeben werden, wo sie hingehören, wo sie getroffen und auch verantwortet werden müssen, nämlich in unserem Landtag.

(Eckhardt Rehberg, CDU: Ach ja?)

Das ist ausdrücklich zu begrüßen!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Heiterkeit bei Eckhardt Rehberg, CDU: Bitte? Oh, Frau Schulz!)

Meine Damen und Herren, wenn der Innenminister bereits im Vorfeld des Eckpunktebeschlusses – Sie können sich alle gut erinnern, es war im Oktober 2002 – öffentlich das Ziel von vier Regionalkreisen verkündete, war dies auch rechtlich gesehen Leichtsinn.

(Eckhardt Rehberg, CDU: Das ist immer noch Leichtsinn! Das ist immer noch rechtlicher Leichtsinn!)

Das bezweifelt heute wohl niemand mehr. Auch politisch wurde damit erheblicher Flurschaden angerichtet.

(Beifall Lorenz Caffier, CDU, und Dr. Armin Jäger, CDU)

Meine Damen und Herren, wenn aber heute in der vorliegenden Grundkonzeption immer noch davon gesprochen wird, die vorhandenen Planungsregionen zu Regionalkreisen zu machen, dann ist das nicht mehr allein Leichtsinn.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU und Dr. Gerhard Bartels, PDS – Harry Glawe, CDU: Vorsatz! – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Wer sich die öffentlichen Debatten und vor allem die Arbeit und Ergebnisse sowie die Diskussionen im Sonderausschuss des Landtages zur Verwaltungsreform,

(Harry Glawe, CDU: Vorsatz!)

die das ganze letzte Jahr geführt wurden, entsprechend vor Augen führt, der wird das starre Festhalten an diesem einmal verkündeten Ziel insgesamt als Fahrlässigkeit bezeichnen müssen.