Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 13: Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Kooperationsbüro des Landes Mecklenburg-Vorpommern für den östlichen Ostseeraum in Tallinn erhalten, auf Drucksache 4/1140.
Antrag der Fraktion der CDU: Kooperationsbüro des Landes Mecklenburg-Vorpommern für den östlichen Ostseeraum in Tallinn erhalten – Drucksache 4/1140 –
Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr D r. Born von der Fraktion der CDU. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muss offen bekennen, ich würde mich freuen, wenn wir über einen solchen Antrag, so, wie er heute dem Landtag vorliegt, nicht debattieren müssten. Und ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, ich hätte es mir auch trotz nicht ganz mangelnder Phantasie nicht vorstellen können, wenn mir jemand Anfang des
Jahres gesagt hätte, dass tatsächlich im Jahre 2004 seitens der Landesregierung beabsichtigt ist, das Kooperationsbüro des Landes Mecklenburg-Vorpommern für den östlichen Ostseeraum in Tallinn zu schließen. Ich glaube, wenn mir das einer prophezeit hätte, hätte ich gesagt, das ist eine so böswillige Unterstellung gegenüber dieser Landesregierung, dass ich das schlicht nicht glaube.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist richtig, im Jahre 1991 wurde der Antrag von den damaligen Koalitionsfraktionen CDU und F.D.P. hier im Landtag eingebracht, ein Verbindungsbüro in Tallinn zu eröffnen. Und zwar gab es damals sehr weitsichtige Abgeordnete – übrigens in allen Fraktionen des Hohen Hauses –, die gesagt haben, es ist so eine einmalige Chance, die sich mit der sich abzeichnenden europäischen Einigung ergibt, dass es geradezu unsere Pflicht als Landtag von MecklenburgVorpommern ist, diese Chance mit beiden Händen zu ergreifen und alles daranzusetzen, um Entwicklungsmöglichkeiten für unser Land zu nutzen und andererseits auch ein deutliches Signal zu senden gerade an die baltischen Republiken, die in einer ganz besonderen Weise die damalige historische Situation nicht nur genutzt, sondern mitgestaltet haben. Es ist geradezu auch eine Verpflichtung für uns, diesen baltischen Staaten zu signalisieren, dass wir an ihrer sich abzeichnenden Unabhängigkeit interessiert sind, dass wir sie unterstützen und dass sie auch auf unsere Solidarität rechnen können.
Ich habe noch einmal nachgelesen, was von verschiedenen Vertretern in der damaligen Debatte geäußert wurde. Ein ehemaliger Kollege, den ich ganz besonders hoch schätze – ich habe das hier auch öffentlich erklärt, als er seine letzte Landtagssitzung für seine Fraktion bestritten hat, ich sage ausdrücklich, dass ich diese Wertschätzung gerne hier noch einmal wiederhole, aber an diesem einen Punkt hat er sich damals grundlegend geirrt –, hat damals gesagt: „In bezug auf die Kostenfrage haben wir die Befürchtung, daß hier lediglich Versorgungsposten geschaffen werden, und das kann nicht im Interesse unseres Landes sein.“
„Und welche Qualifikationen sollen denn die Stelleninhaber besitzen? Nehmen wir einen Wirtschaftler, der nebenher ein wenig Kultur betreut, oder sollen wir einen in kulturellen Angelegenheiten Versierten nehmen, der dann nebenher noch wirtschaftliche Kontakte knüpft? Beides zusammen läßt sich wohl schlecht unter einen Hut bringen.“ Und dann hat er weiter gesagt: „Bei lockeren Kontaktgesprächen in den Landesbüros wird dann das eine oder andere Täßchen Kaffee ausgeschüttet, und auf diese Art schaffen wir uns die teuersten Kaffeestuben des Landes, … Dadurch wird es höchstens besser! Wir sollten uns darüber auch klar sein, es wird nicht bei der geplanten Minimalbesetzung bleiben. Der Chef braucht ein Dienstfahrzeug und der passende Chauffeur wird gleich mit angestellt. Neue Tätigkeitsfelder werden ausgedacht, und dafür wird dann wiederum Personal eingestellt und so weiter. Das ist der Lauf der Dinge.“ So weit unser damaliger Kollege Claus Gerloff. Ich glaube, er würde heute, ohne auch nur einen Augenblick zu zögern, sofort hier auch öffentlich einräumen, dass er sich in der damaligen Situation grundlegend geirrt hat. Wie gesagt, ansonsten habe ich in vielen Punkten hier immer wieder mit ihm über
eingestimmt. Aber die Arbeit unseres Büros in Tallinn hat bewiesen, dass es eine sehr weise Entscheidung des Landtages war, damals dieses Büro einzurichten
und Mecklenburg-Vorpommern zu Recht mit großem Abstand das erste Bundesland war, das einen solchen Schritt gegangen ist.
Ein anderer Kollege, den ich durchaus nicht so sehr in seinen sonstigen politischen Auffassungen geschätzt habe, hat hier im Landtag gesagt: „Ich kann sagen, daß wir den Standpunkt der SPD hier nicht vertreten wollen, sondern meinen, daß es schon nützlich ist, Landesbüros des Landes in den betreffenden Ländern zu haben. Und ich glaube, es ist vor allen Dingen deshalb nützlich, weil solche Büros natürlich eine ganze Menge tun können für Handel und Wandel, für Beziehungen, für Kontakte, für Kultur und so weiter. Aber nur, wenn es gut gemacht wird!“ „Ich meine“, sagte er dann an anderer Stelle weiter, „hier ist es sicher angebracht, das eine zu tun und das andere nicht zu lassen. Selbstverständlich sollten die Industrie- und Handelskammern dort ihre Vertretungen haben. Selbstverständlich sollte das Goetheinstitut dort hinkommen. Aber ich glaube, im Interesse des Landes ist, daß ein von diesem Parlament natürlich auch kontrolliertes Büro hier seine Niederlassung hat. Und die beste Kontrolle wäre, wenn die Abgeordneten dieses Parlaments häufig dort erscheinen, häufig dort tätig werden und feststellen, was dort wirklich gemacht wird.“ So weit unser frühere Kollege Dr. Schoenenburg von der PDS-Fraktion.
Es ist geradezu ein Stück aus dem Tollhaus, dass wir genau in dem Jahr, in dem die baltischen Republiken der Europäischen Union beitreten und sich hier unglaubliche Möglichkeiten für unsere Wirtschaft ergeben, aber auch für die kulturellen Beziehungen zwischen unserem Land Mecklenburg-Vorpommern, dessen Selbständigkeit, wie wir eben ja vernommen haben, alle hier im Haus erhalten wollen, und diesen Republiken, dass wir in einer solchen Situation die Entscheidung der Landesregierung vernehmen müssen, dass ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt ein solches Verbindungsbüro geschlossen werden soll.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Michael Ankermann, CDU: Jawohl. – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)
wie hier in diesem Punkt mit dem gesamten Parlament seitens der Landesregierung umgesprungen worden ist.
In diesem Punkt, Herr Minister – ich bin sonst sehr zurückhaltend mit solchen Wertungen –, unterscheide ich
mich nicht von meinen Kollegen aus den Fraktionen. Wenn knapp einen Monat nach Verabschiedung des Haushalts, nachdem in den zuständigen Ausschüssen ausdrücklich, auch auf Nachfrage aller Kollegen seitens der Landesregierung bestätigt wird, dass dieses Büro lediglich umgestaltet werden soll, um die Arbeit zu optimieren, und nicht mit einer Silbe auch nur eine Überlegung erwähnt wurde, hier etwas in der Richtung zu verändern, dass das Verbindungsbüro geschlossen werden soll, und wenn dann einen Monat später das Parlament durch einen Zufall, durch einen Hinweis, durch eine Indiskretion erfährt, jawohl, wir haben uns das anders überlegt, ihr habt den Haushalt zwar beschlossen, aber jetzt machen wir das Büro dicht, dann kann ich nur sagen: Das ist eine Dreistigkeit, so kann man mit einem frei gewählten Parlament nicht umgehen!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das zeigt eben auch, wie verfehlt diese Beschlussfassung über den Landeshaushalt war, es der Regierung zu ermöglichen, unter dem Vorwand „globale Minderausgabe“ eine so gravierende Fehlentscheidung zu treffen. Und es komme hier keiner mit dem Kostenargument, man kann nicht rein haushalterisch das Problem so anpacken, dass man schlicht fragt, wie viel Euro kostet uns das denn im Jahre 2004/2005, ganz abgesehen davon, dass die eineinhalb – in Anführungsstrichen – Mitarbeiter ja wohl nicht aus dem Landesdienst entlassen werden. Man sollte sich dann auch einmal fragen, welchen unglaublichen Nutzen man mittelfristig erreichen kann,
Also hier, verehrter Herr Minister, muss ich bei aller mir ansonsten durchaus sympathischen Zurückhaltung sehr deutlich sagen: Dies ist eine Fehlentscheidung, die beabsichtigt ist, deshalb der Antrag, die Regierung dazu zu bringen, noch einmal in aller Ruhe mit den zuständigen Ausschüssen über die weitere Zukunft des Kooperationsbüros zu beraten. Und ich sage Ihnen unsere volle Unterstützung zu, wenn es darum geht, in diesem Fall hier Schaden vom Land abzuwenden und eine sich abzeichnende Fehlentscheidung zu korrigieren. Dann ist auf keinen Fall etwa Häme angesagt, sondern dann stehe ich überhaupt nicht an, der Regierung hier nicht öffentlich zu bescheinigen, dass sie sich tatsächlich von Argumenten, die ja von allen Seiten vorgebracht worden sind, hat umstimmen lassen und dass das eine sehr vernünftige Vorgehensweise für eine Landesregierung ist. Aber bis dahin müssen wir noch einen Weg zurücklegen, deshalb ist der Antrag heute erforderlich.
Ich will aber noch auf einen weiteren Aspekt hinweisen. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn wir diese von der Landesregierung beabsichtigte Schließung des Kooperationsbüros nicht rückgängig machen sollten, wäre das auch eine schallende Ohrfeige für die baltischen Republiken, für Estland, für Lettland und für Litauen.
und wir ihnen auch deutlich unsere Sympathie bekunden, denn natürlich sind diese Beziehungen wechselseitige Beziehungen. Der Nutzen für unser Land ist ein sehr, sehr großer, weil sich hier neue Chancen für unsere Unternehmen ergeben. Alle Unternehmen, die mit dem Kooperationsbüro zu tun hatten, bescheinigen, dass dieses Büro bisher sehr, sehr wertvolle Arbeit geleistet hat und dass es gerade für die Anbahnung von Kontakten von außerordentlicher Bedeutung ist. Aber die genannten Republiken müssten den Eindruck haben – und es kann nicht hier um eine Ersatzlösung gehen, ob das nun eine Bank ist, die das finanziert, oder eine IHK oder wer auch immer, dazu habe ich ja eben den früheren Kollegen Dr. Schoenenburg zitiert, der das richtig gesagt hat, das ist ein fundamentaler Unterschied, ob es das Land macht – und wir müssten gegenüber diesen Staaten rechtfertigen, warum wir ihnen gerade in dem Jahr, wo sie der Europäischen Union, dem größten Zusammenschluss freiheitlicher Staaten in Europa, beitreten, die kalte Schulter zeigen und sagen: Das ist uns alles nicht so wichtig, wir legen keinen Wert mehr auf ganz besondere Beziehungen zu euch.
Ich appelliere zunächst einmal an das Hohe Haus, dass wir gemeinsam darauf hinwirken, dass auf hohem Niveau die Arbeit des Kooperationsbüros des Landes Mecklenburg-Vorpommern für den östlichen Ostseeraum in Tallinn fortgeführt werden kann, und bitte die Kolleginnen und Kollegen, insbesondere der Koalitionsfraktionen, die ja in den Ausschüssen hier mit uns sehr massiv schon vorstellig geworden sind, auch weiterhin ihre besonderen Möglichkeiten zu nutzen, ihre besonderen Kontakte zur Landesregierung zu nutzen, um darauf hinzuwirken, dass der beabsichtigte Beschluss, dass die beabsichtigte Schließung rückgängig gemacht wird, so dass wir dann am Ende des Jahres 2004 feststellen können, dass wir nicht nur unsere Chancen ergriffen haben, die sich durch die EU-Erweiterung ergeben, sondern dass wir eine gute Arbeit, die von allen Fraktionen des Hauses seit der Gründung des Kontaktbüros in Tallinn geleistet und unterstützt worden ist, fortsetzen können, und zwar auf hohem Niveau fortsetzen können. Deshalb bitte ich Sie, unserem Antrag zuzustimmen. – Vielen Dank.
Im Ältestenrat ist eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 45 Minuten vereinbart worden. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Als Erster hat der Ministerpräsident des Landes Mecklenburg-Vorpommern Herr Dr. Ringstorff um das Wort gebeten. Bitte schön, Herr Ministerpräsident.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Der vorliegende Antrag zielt auf den Erhalt unseres Kooperationsbüros in Tallinn. Das Büro hat in den vergangenen Jahren gute Arbeit geleistet,
viele Projekte auf den Weg gebracht und begleitet, es hat Wege geebnet und Türen geöffnet. Ich spreche
sicherlich im Namen aller Mitglieder des Hohen Hauses, wenn ich an dieser Stelle den jetzigen und den ehemaligen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Büros in Tallinn herzlich danke.
Das Land Mecklenburg-Vorpommern hatte sich 1991 aus guten Gründen für den Aufbau eines Büros in den baltischen Ländern entschieden. Seitdem ist viel geschehen. Das Land verfügt jetzt über vielfältige Kontakte in die drei baltischen Staaten auf der nationalen Ebene, ebenso wie auf der regionalen und auf der lokalen Ebene. Vor kurzem ist in den baltischen Ländern die baltische Außenhandelskammer gegründet worden. Unternehmen des Landes sind in den baltischen Ländern tätig. Unsere Landesbank ist mit eigenen Tochtergesellschaften in Lettland, Litauen und einer Repräsentanz in Estland vertreten. Inzwischen gibt es zwischen den Ministerien in den baltischen Staaten und unseren Ministerien zahlreiche direkte Arbeitskontakte. Industrie- und Handelskammern, kommunale Verbände, kurzum eine große Zahl von Institutionen und Vereinen hat die vergangenen Jahre – auch unter tatkräftiger Mitwirkung unseres Büros – dazu genutzt, Verbindungen in die baltischen Länder aufzubauen und gemeinsame Projekte durchzuführen.
Das seinerzeit bei der Gründung angestrebte Ziel der Vertiefung der Beziehungen zu den baltischen Staaten wurde erreicht, der Aufbau von engen Handels- und Kulturbeziehungen ist gelungen und darauf können wir stolz sein.