Protokoll der Sitzung vom 13.05.2004

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Voland von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Gäste!

„Also lautet ein Beschluß: Daß der Mensch was lernen muß. – – Nicht allein das A-B-C Bringt den Menschen in die Höh’; Nicht allein in Schreiben, Lesen Übt sich ein vernünftig Wesen, Nicht allein in Rechnungssachen Soll der Mensch sich Mühe machen;“

(Heiterkeit bei Dr. Ulrich Born, CDU, und Rainer Prachtl, CDU)

„Sondern auch der Weisheit Lehren, Muß man mit Vergnügen hören. – Daß dies mit Verstand geschah, War Herr Lehrer Lämpel da. – – Max und Moritz, diese beiden, Mochten ihn darum nicht leiden; Denn wer böse Streiche macht, Gibt nicht auf den Lehrer acht. -“

Also, ich möchte Ihnen jetzt nicht alle Streiche von Max und Moritz vorlesen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und PDS – Ministerin Sigrid Keler: Schade! – Torsten Koplin, PDS: Machen wir doch mal weiter! – Wolf-Dieter Ringguth, CDU, und Dr. Martina Bunge, PDS: Sehr schön.)

Ich denke, Sie wissen auch am Ende, was damit geschieht.

Ich wollte einfach damit kundtun, und wenn wir Sokrates vor 2.000 Jahren und den Herrn Busch gehört haben, der nicht ganz so alt gewesen ist, und wir das Problem jetzt wieder auf die Tagesordnung bringen, heißt das, jede unserer Generationen hat sich mit diesem Problem beschäftigen müssen und das ist auch richtig. Aber unser Problem heute ist so akut geworden, dass wir darüber nachdenken müssen, wie kriegen wir das besser in den Griff.

Die Problematik, dass Kultur bei uns nicht ganz unter den Tisch fällt, auch wenn die Kürzungen über eine Million sind, hilft hier auch im Parlament, vielleicht einige Dinge zu beflügeln.

Also wir haben gesagt, es ist schon immer ein Problem gewesen und es wird wahrscheinlich auch immer ein Problem bleiben. Nur, wir müssen versuchen, dieses Problem in richtige Bahnen zu lenken. Ich denke, jeder erinnert sich an seine Kindheit, jeder hat Streiche gemacht, und so genau haben viele das mit dem Lehrer auch nicht genommen. Aber irgendwo wussten wir, wo die Grenzen waren.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD, und Harry Glawe, CDU: Richtig.)

Wir, und darauf möchte ich besonders aufmerksam machen, haben hier ganz speziell von der Stärkung der Lehrer gesprochen. Aber ein Kind ist nicht nur in der

Schule, ein Kind bewegt sich auch den Tag über in seiner Umwelt. Und diese Umwelt besteht auch aus Eltern, diese Umwelt besteht auch aus Freunden und vielen anderen Dingen.

(Beifall Harry Glawe, CDU: Richtig.)

Wir haben ja den Ansatz, diesen Beschluss auch in den Sozialausschuss zu schieben. Warum tun wir das eigentlich?

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Warum sollen sich Soziale mit der Problematik von Erziehungsschwierigkeiten eigentlich befassen? Es ist hier deutlich gesagt worden, dass Kinder von Anfang an versuchen, Grenzen auszutesten. Und, das wissen Sie vielleicht ganz genau, wenn ich meinem Enkelsohn, der jetzt zwei Jahre alt ist, sage, du, so weit, aber nicht weiter, dann funktioniert das. Wenn er das mit seiner Mutter macht,

(Zurufe von Harry Glawe, CDU, und Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

schmeißt er sich erst einmal auf den Fußboden und probiert es aus, ob die dann vielleicht sagen würde, nein, und nicht weiter. Daran sehen Sie, dass ein Kind von Anfang an versucht, seine Welt zu begreifen. Und zu dem Begreifen gehört auch dazu, sich auszutesten und so lange zu testen, bis denn der- oder diejenige sagen: Also, halt, hier ist ein Rahmen, hier geht es nicht weiter!

Zu diesem Austesten und Rahmensetzen, da in unserer Kultur auch bestimmte Dinge vorhanden sind, dazu muss ich sagen, und das ist hier auch schon deutlich angesprochen worden, manchmal versuchen auch Landtagsabgeordnete meiner Meinung nach, sich weiterhin hier im Parlament auszutesten,

(Torsten Koplin, PDS: Die schmeißen sich aber nicht auf die Erde. – Heiterkeit bei Heinz Müller, SPD)

was nicht unbedingt eine Vorbildfunktion für unsere Gäste ist, die uns vielleicht ganz genau beobachten.

Ich habe natürlich gestern im Parlament auch erlebt, dass von den Besuchern dahinten, die sich aus jungen und älteren Leuten zusammensetzten, die älteren Leute sehr aufmerksam zugehört haben, aber junge Leute durchaus sich gegeneinander auf dem Schoß lagen und sich sehr gelangweilt unsere Reden anhören mussten. Das mag jetzt an den Reden liegen, aber es beweist auch so ein bisschen unsere Problematik, wo müssen wir ansetzen, dass unsere Kinder wieder diese Grenzen kennen lernen.

Da wir gesagt haben, ein Kind testet seine Grenzen aus und testet von Anfang an aus, seit es geboren worden ist, deswegen ist es wichtig, dass wir im Kita-Gesetz bestimmte Erziehungsmaßnahmen und Bildungsmaßnahmen in den Vordergrund geschoben haben.

(Zuruf von Michael Ankermann, CDU)

Denn wir können hier nicht von Bildung reden und uns ist plötzlich bei PISA aufgefallen,

(Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Sie haben doch dagegen gestimmt! – Harry Glawe, CDU: Was haben Sie denn davor gemacht?! Was haben Sie denn davor gemacht?!)

dass unsere Kinder einige Dinge nicht können. Ja, warum können sie sie denn nicht?

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Weil sie einfach nicht zuhören können, weil die Wahrnehmung nicht ausgebildet worden ist. Wenn ich mit meinen Kindern nicht rede und sie alleine lasse, sie vor einen Fernseher oder einen Computer setze,

(Michael Ankermann, CDU: Ja.)

dann werden sie sich mit diesen technischen Sachen beschäftigen, die ja nicht schlecht sind.

(Michael Ankermann, CDU: Aber die Videotheken müssen am Sonntag geöffnet sein. – Zuruf von Peter Ritter, PDS)

Da muss man vielleicht als Eltern Einfluss darauf haben, was sich die Kinder aus dieser Videothek holen.

(Zuruf von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU – Peter Ritter, PDS: Aber die Spielbanken sind am Sonntag geöffnet.)

Dass unsere Kinder lernen müssen zuzuhören, denn nur wenn sie dieses gelernt haben, und das kann man von Anfang an mit unseren Kindern machen, ob es Musik ist, ob es Märchen sind und viele andere Dinge, nur dann sind sie in der Lage, auch hinterher in einer Unterrichtsstunde aufmerksam dem Unterricht zu folgen und das aufzunehmen, was da drinsteht.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr richtig.)

Viele unserer Kinder haben nicht unbedingt Schwierigkeiten in der Mathematik, aber wenn die Mathematik verkleidet ist in eine Aufgabe, fällt es ihnen schon schwer, diese Aufgabe richtig zu lesen und dann die mathematischen Probleme daraus zu erkennen und sie auch zu lösen.

Deswegen denken Sie bitte daran, dass das Kind nicht nur in der Schule groß wird, dass das Kind in seiner Umwelt groß wird und dass auch hier das Problem der Umwelt mit in den Vordergrund geschoben werden muss. Und, Frau Polzin hat es schon gesagt, wir werden wahrscheinlich bei unseren Diskussionen auf viele Probleme stoßen, die wir hier in diesem Antrag noch gar nicht formuliert haben. Denn wir müssen auch sehen, dass wir die Kinder im Bereich des Nachmittags oder in der Vorschule in dem Bereich der rechtlichen Funktion von Jugendhilfe haben und in dem anderen Bereich in der rechtlichen Funktion von Kultus- und Bildungsministerium.

Und da muss ich ganz ehrlich sagen, man sollte mal versuchen, das deckungsgleich zu machen. Da denke ich nur an ein paar Beispiele, die nicht funktionieren. Es war eine Schule in Rostock, wo sich die Schüler gesagt haben, wir wollen was für unseren Schulhof tun, wir möchten ein Basketballnetz haben.

(Zuruf von Norbert Baunach, SPD)

Wir haben damals dafür gestimmt, dass dieses Basketballnetz angeschafft werden konnte. Ja, am Nachmittag musste dieses Netz aber wieder abgenommen werden von diesem Schulhof, weil ja das aus dem Bildungsministerium mit Fördergeldern für die Umgestaltung des Schulhofes genommen worden ist. Solche Dinge sind sehr gravierend und darüber sollte man mal nachdenken, ob man nicht Überlegungen macht, dass das Kind den ganzen Tag über die entsprechende Förderung bekommt und

dass diese Dinge nicht in verschiedenen Ministerien sehr unterschiedlich behandelt werden.

Wir haben hier schon darüber diskutiert, dass viele Puzzlesteine dazugehören, um für ein Kind die entsprechenden erzieherischen Möglichkeiten auch anwenden zu lassen, aber dieses Puzzle muss irgendwo stimmen. Das muss ein Bild ergeben, das muss ein sehr schönes Bild ergeben, denn nur dann gelingt es auch, mit unseren Kindern in einer vernünftigen Form Bildungs- und Erziehungsmaßnahmen durchzuführen. Und dann sollten wir versuchen, dieses Kind zu begleiten. Da sollte, da ich ja nicht auf Max und Moritz zurückkommen möchte, auch die Kultur einen Teil in dieser Umwelt dazu beitragen. Ich erinnere nur daran, wenn man dann freiwillige Leistungen aus dem Kulturbereich streicht, ist es auch sehr schwierig, Kindern viele Dinge beizubringen, die am Nachmittag sinnvoll sind. – Danke.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke, Frau Voland.

Ich schließe die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Antrag der Fraktionen der SPD und PDS auf Drucksache 4/1182 zur federführenden Beratung an den Bildungsausschuss sowie zur Mitberatung an den Sozialausschuss zu überweisen. Im Rahmen der Debatte ist weiterhin beantragt worden, den Antrag zur weiteren Mitberatung an den Rechts- und Europaausschuss sowie an den Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer diesem Überweisungsvorschlag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. –

(Torsten Renz, CDU: Herr Friese, das war schon eine Ja-Meldung. – Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Ich denke, ihr wolltet das hier umsetzen?!)

Aufgrund einer Information, die ich habe, sollte über die Überweisungsvorschläge getrennt abgestimmt werden. Wir beantragen als Regierungsfraktion, den Antrag in den Bildungsausschuss federführend und mitberatend nur in den Sozialausschuss zu überweisen. Das andere hat die CDU beantragt. Ich bitte also um getrennte Abstimmung.