Meine Damen und Herren, der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage – und ich betone noch mal, eben auch der Sonntag – bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt. So will es das Grundgesetz und so will es die Landesverfassung. Wir stehen eigentlich gemeinsam in besonderer Verantwortung,
die christlichen Werte unserer Gesellschaft, die eine jahrhundertealte Tradition, Herr Müller, besitzen, zu bewahren.
Wir können ja beide dann doch noch zu Spielbanken reden und können genau den Vorschlag machen. Sie haben heute mal ganz eben so einen Vorschlag hervorgezaubert, dass wir den Karfreitag als Änderungsantrag noch hinzufügen. Vielleicht nehmen wir jetzt auch den Sonntag in dem Bereich heraus, gut.
(Angelika Gramkow, PDS: Aber doch nur, Herr Ringguth, weil er uns durchgerutscht ist. – Gabriele Schulz, PDS: Seien Sie mal nicht so!)
Meine Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf wird all diesem nicht gerecht. Meine Fraktion lehnt ihn daher geschlossen ab. Und auch der Änderungsantrag auf Drucksache 4/1266 vom heutigen Tage vermag nichts wirklich Wesentliches daran zu ändern, weil er der beständigen Aushöhlung des Sonntagsschutzes nichts, aber auch nichts entgegensetzt. Und er wird von uns als nicht weitgehend genug abgelehnt, meine Damen und Herren.
Abschließend beantrage ich – und das wird Sie nicht verwundern – im Namen meiner Fraktion namentliche Abstimmung. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem die Fraktionen der PDS und SPD vor einem Dreivierteljahr, konkret am 10. September 2003, einen Gesetzentwurf zur Änderung des Feiertagsgesetzes zur Ersten Lesung eingebracht haben, sollte es uns heute gelingen, die nahezu einer NeverEnding-Story gleichende Videothekenproblematik zu einem guten Ende zu bringen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin weder Prophet noch Wetterfrosch, glaube aber, dass die vorliegende Gesetzesänderung einen kleinen Beitrag zur Bereicherung der beginnenden Urlaubssaison leisten kann, auch weil der kalendarische Sommeranfang eher durchwachsen war.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Vorsitzende des Innenausschusses hat das Beratungsverfahren vorgestellt. Der Innenausschuss hat sich nach durchgeführter Anhörung mehrheitlich für die Änderung des Sonnund Feiertagsgesetzes zugunsten der Videotheken in unserem Land ausgesprochen. Weiter hat sich der Ausschuss ebenfalls mehrheitlich darauf geeinigt, der Empfehlung des Wirtschaftsausschusses zu folgen und in das Gesetz eine Öffnung zugunsten von Münz- und Selbstbedienungswaschanlagen aufzunehmen. Das ist im Übrigen ein normales parlamentarisches Verfahren, dass federführende Ausschüsse auch im Laufe des Verfahrens Empfehlungen von mitberatenden Ausschüssen aufnehmen. Damit, mit dieser Änderung, soll praktischen Bedürfnissen entsprochen werden, die es im Land nun mal gibt, und eine unterschiedliche Behandlung von Betreibern von Waschanlagen für Kraftfahrzeuge einerseits und Münzwaschsalons für Wäsche andererseits beendet werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dies alles wurde im Ausschuss ausführlich diskutiert und im Rahmen einer Anhörung vertieft. Erwartungsgemäß – und das, denke ich, hat uns alle nicht überrascht – gab es Pro und Kontra und es war allen Beteiligten klar, dass es nicht allen recht getan werden kann. Die Koalitionsfraktionen versuchen auch daher mit dem vorliegenden Änderungsantrag, den vor allem von den Vertretern der Kirchen unseres Landes vorgetragenen Bedenken entgegenzukommen und gleichzeitig die begründeten Interessen der Nutzer und Betreiber von Videotheken nicht zu vernachlässigen. Das Ergebnis – auch das ist uns allen klar – kann nur ein Kompromiss sein.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich erspare es mir und Ihnen, an dieser Stelle noch einmal eine Rückschau auf zurückliegende Gesetzesnovellen zum Sonnund Feiertagsgesetz in unserem Lande vorzunehmen, obwohl dabei, das hat Herr Ringguth in der Beschäftigung mit diesem Gesetz selbst gemerkt, Interessantes herauskommen würde, wer wann welche Gesetzesänderung mit welchem Inhalt beantragt hat.
Und zum Schluss, meine sehr verehrten Damen und Herren, im nächsten Tagesordnungspunkt befassen wir uns in der Tat mit den Spielbanken in unserem Land. In
der Anhörung im Innenausschuss habe ich die Frage nach deren Öffnungszeiten gestellt. Die Antwort der Betreiber der Spielbanken: Sieben Tage lang die Woche, rund um die Uhr, also auch am Sonntag. Anstoß hat niemand daran genommen in der Ausschusssitzung,
weder Herr Ringguth noch die CDU-Fraktion. Und weil das so ist, bitte ich Sie um Zustimmung zum vorliegenden Gesetzentwurf und auch zum vorliegenden Änderungsantrag. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Da die Mehrheit nicht immer Garant für die Richtigkeit einer vertretenen Meinung ist,
ist es meine Aufgabe, auch im Namen einiger Fraktionskollegen, eine Minderheitenmeinung vorzutragen. Ich möchte mich dabei auf drei Kernprobleme beschränken, zum einen auf das Wertebewusstsein.
Ein Abgeordneter dieses Hauses ist unlängst mit der Meinung in die Öffentlichkeit getreten, dass der Sonntag doch im Rahmen des Wertewandels der Gesellschaft ein Tag wie jeder andere Tag ist. Dieser Meinung möchte ich ganz entschieden entgegentreten.
Der Sonntag basiert auf einer zweitausend, dreitausend Jahre alten Tradition. Der 7-Tage-Rhythmus, den wir heute haben, kommt aus vorchristlicher, aus babylonischer Zeit, und die Unterbrechung, der Rhythmus, der den Alltag unterbricht, die Entschleunigung, wie wir heute auch sagen, die Verzögerung, das sind Dinge, die in unserer schnelllebigen Zeit nicht ohne Not aufgegeben werden sollten.
Der Sonntag ist in besonderer Weise dazu gedacht, anderes zu machen als im Rest der Woche. Im Übrigen darf ich an dieser Stelle auch daran erinnern, dass es ja ein Erfolg der Arbeiterbewegung war, dass es einen arbeitsfreien Sonntag einmal gab.
Ich möchte in Anknüpfung an ein neutestamentliches Streitgespräch fragen: Ist der Mensch für den Sabbat, für den Sonntag, da oder der Sonntag für Menschen? Diese Frage müssen wir uns immer wieder stellen und wie ich sie beantworte, das geht ja aus meinem Minderheitenvotum hervor. Der 7-Tage-Rhythmus ist nach meiner Auffassung ein Kernbereich, nicht ein, sondern der Kernbereich des Sonn- und Feiertagsschutzes.
Als zweiter Kreis steht die Verfassungsgemäßheit. Ich möchte an diesem Punkt sehr deutlich machen, dass ich sehe, dass dieses heute zu verabschiedende Gesetz möglicherweise nicht verfassungskonform ist. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat dargelegt, dass die Betreibung von Videotheken einen grundsätzlich werktäglichen Charakter hat, Gewinnabzielung und Ähnliches, und hat die Videothekenöffnung am Sonntag verboten. Grundlage dafür sind das Grundgesetz Artikel 110, auch die Weimarer Reichsverfassung Artikel 139. Hier wird sehr deutlich gemacht, dass es eine kollektive Unterbrechung des Arbeitsrhythmus geben muss. Der Sonntag muss in irgendeiner Form den Rhythmus des Alltages deutlich unterbrechen. Diese Ausführung zu den Gesetzen erspare ich mir hier. Das ist nachzulesen in einschlägigen Kommentaren. Möglicherweise werden sie im Nachgang zu diesem Gesetz ja auch noch mal an Bedeutung gewinnen. Wir haben darüber hinaus im Lande eine spezifische Regelung. Artikel 9 der Landesverfassung sagt ausdrücklich den Schutz des Sonntages zu. Wenn ich diesen Verfassungsartikel in Verbindung bringe mit Artikel 23 des Staat-Kirche-Vertrages, so ist, weil dort noch einmal ausdrücklich der Sonntagsschutz garantiert wird, natürlich eine Klagemöglichkeit gegeben, die es so in anderen Ländern übrigens nicht gibt. Insofern möchte ich meine Bedenken hier an diesem Punkt zumindest vorgetragen haben.
Ein dritter Themenbereich sind die Kettenreaktionen. Ich befürchte, dass diese Gesetzesänderung weitere Anfragen und Begehrlichkeiten wecken wird. Die IHK hat es bei ihrer Stellungnahme deutlich gemacht. Der Wellnessbereich, Kosmetik, Friseure, Massagen werden auch nachziehen mit ihren Forderungen. Darüber hinaus kann man dann auch fragen, warum denn nicht der Buchhandel und die Musikgeschäfte. Und des Weiteren kann man sagen, da die Familie ja nur am Sonntag zusammen ist, dann können sie ja auch am Sonntag ihr Auto kaufen. Und in diesem Zuge kann man natürlich sagen, dann müssen auch Finanzierungsmöglichkeiten da sein, also die Banken sollten dann gefälligst ebenfalls offen haben.
Und irgendwann kommt es soweit, dass alle diejenigen, für die der Sonntag da ist, arbeiten müssen, unabhängig von der Frage der Werte,
Nichtsdestotrotz ist sich meine Fraktion darüber einig, dass die Werte in diesem Land, auch der Sonn- und Feiertagsschutz, ein hohes Gut sind, und die Diskussion in unserer Fraktion war ausgiebig und hat zu dem Ergebnis geführt, was die Abstimmung deutlich machen wird. Ich kann im Namen meiner Fraktion deutlich machen, dass wir uns im Herbst auf einer Klausurtagung ausgiebig mit dem Thema Werte befassen werden.
Wir werden ausgiebig über das Thema Werte reden. Wir werden dazu die Kirchen, die Gewerkschaften, die Arbeitgeber einladen. Es gibt an manchen Punkten keine einhellige Meinung. Das hat im Übrigen auch das Bun
desverfassungsgericht, was der Kollege Ringguth zitiert hat, deutlich gemacht. Es gibt veränderte, gesellschaftliche Parameter und niemand kann mir sagen, dass es ein ganz klares Nein ohne Aber oder ein ganz klares Ja ohne Aber gibt.
Ich will namens meiner Fraktion deutlich machen, dass wir uns diesem Thema sehr ernsthaft stellen und uns die Entscheidung, die heute zu fällen ist, nicht leicht gemacht haben. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.