Protokoll der Sitzung vom 24.06.2004

Das ist das Problem. Wenn wir nämlich darüber nachdenken und diskutieren, wie wir eine wirklich wirtschaftliche und kulturelle Filmförderung in Mecklenburg-Vorpommern neu ordnen wollen, dann müssen wir auch diese Fragen mit den Betroffenen diskutieren. Deswegen greift auch Ihr Antrag, so, wie er uns hier heute vorliegt, zu kurz.

(Beifall Dr. Martina Bunge, PDS, und Karsten Neumann, PDS – Zuruf von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU)

Es geht tatsächlich an dieser Stelle um eine Schwerpunktsetzung, die ja im Grunde genommen auch so im Koalitionsvertrag als Aufgabenstellung bereits enthalten ist. Wir sind in der Mitte der Legislaturperiode und ich habe in Vorbereitung auf diese Debatte

(Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Oh!)

heute noch einmal mit Vertretern der Landesrundfunkzentrale und auch des Norddeutschen Rundfunks gesprochen, wo es tatsächlich darum geht, die Frage der zukünftigen Gestaltung von Filmförderung wirtschaftlich wie kulturell mit den Beteiligten zu diskutieren und ein Konzept vorzulegen.

(Zuruf von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU)

Das, was das Filmzentrum vorgelegt hat, ist zwar ein Ansatz, aber da, denke ich, gibt es noch Diskussionsbedarf. Das, was Sie in Ihrem Antrag vorschlagen, ist in der Frage, die die Punkte 1 und 2 betrifft, natürlich finanzrelevant. Von daher fehlt im Grunde genommen die Untersetzung dessen, was Sie in den Punkten 1 und 2 fordern.

(Beifall Dr. Martina Bunge, PDS, und Karsten Neumann, PDS – Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Nein, wir haben uns festgelegt. Wir haben Schwer- punktsetzung gesagt. Wir haben das gefordert.)

Danke, Herr Bluhm.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Friese von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieses ist ein guter Tag für die Filmförderung in Mecklenburg-Vorpommern. Alle drei Fraktionen – soweit ich das gesehen habe – sagen, wir brauchen diese Filmförderung, und die zuständigen Ministerien sagen das Gleiche. Woran es mangelt, das ist etwas anderes. Wir können uns nämlich nicht darüber einigen, welches Konzept wir nehmen, um die Filmförderung zu institutionalisieren.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Das ist richtig.)

Kollege Bluhm hat darauf hingewiesen, welche Modelle es gibt. Ich kann Ihnen sagen, die Koalition wird das, was sie in der Koalitionsvereinbarung gefordert hat, umsetzen. Wir werden die kulturelle und die wirtschaftli

che Filmförderung zusammenführen, denn genau das ist die Aufgabe, vor der wir stehen.

Um welche Einrichtungen geht es denn? Worüber reden wir eigentlich, wenn wir über Filmförderung in diesem Lande reden? Es ist zum einen die kulturelle Filmförderung – der Kultusminister hat ausgeführt, was darunter zu verstehen ist, und wir wissen das ja auch – und zum anderen kommt die wirtschaftliche Filmförderung dazu, die bei uns teilweise funktioniert. Sie funktioniert in der Form, dass Film- und Fernsehproduzenten, wenn sie in diesem Lande produzieren, durchaus auch Landesunterstützung erfahren. Allerdings noch nicht aus dem Topf des Wirtschaftsministeriums, weil dem Wirtschaftsminister durch die Haushaltsgestaltung des Landtages eine solche Förderung bisher verwehrt wurde.

Zur Filmkultur in diesem Lande gehören die verschiedenen Filmkommissionen und ganz wichtig das LocationService-Büro, das sich durchaus verdient gemacht hat, die berufliche Bildung sowie die Hochschulbildung auf dem Gebiet von Film und Medien sowie die Kooperation unserer filmkulturell interessierten Institutionen mit den Filmförderungsinstitutionen anderer Länder. Dazu gehören auch die Filmarchive und die Festivals, von denen wir ja immer alle so entzückt sind, wenn sie denn so gut laufen. Aber die Filmfestivals, zuletzt das Neubrandenburger, die Abgeordneten haben uns ja auch deutlich signalisiert, in welch einer schwierigen Situation sie sich befinden. Die Lösung kann, glaube ich, nur sein, dass wir kulturelle und wirtschaftliche Filmförderung nun endlich zusammenführen. Und dass auch eine wirtschaftliche Filmförderung durchaus Sinn macht, das lassen Sie mich bitte an einem Beispiel verdeutlichen:

Im Münsterland ist beispielsweise untersucht worden, welchen Effekt die Einrichtung eines Locationbüros ausgelöst hat. Dort kam man zu dem Ergebnis, dass durch die Einrichtung dieses Locationbüros die Einkommen in der Region im ersten Jahr um 427.000 Euro gestiegen sind, das war 2000, und im Jahr 2001 um 750.000 Euro gestiegen sind, und zwar vor allem durch Hotelkosten beziehungsweise Hoteleinnahmen, Catering und auch Komparsenlösungen. Die wirtschaftliche Filmförderung wäre also für unser Land – und das Münsterland unterscheidet sich ja von der Struktur her darin, dass es kein traditionelles Filmland ist, nicht so sehr von unserem – durchaus eine Chance. Und wir Sozialdemokraten plädieren dafür.

Wir sind in die Situation gekommen, dass wir im Augenblick nicht das nötige Geld haben, um wirtschaftliche und kulturelle Filmförderung zusammenzuführen. Hier sind wir aber mit den anderen Ländern in der gleichen Situation.

Frau Fiedler-Wilhelm, Sie schütteln den Kopf. Schauen Sie nach Hamburg, dort ist die kulturelle Filmförderung um 50 Prozent abgesenkt worden! Herr Dr. Born wird nachher noch einige Beispiele nennen. Ich denke, er wird dann einige positive Beispiele aus den süddeutschen Ländern nennen.

(Zuruf von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU)

Wir haben in allen Ländern die gleiche Situation. Der Haushalt zwingt, auch in der Filmförderung zu sparen. Wie hat es doch der verdienstvolle Präsident des Landesrechnungshofes hier in Mecklenburg-Vorpommern gesagt? Leere Kassen machen erfinderisch! Lassen Sie uns den Versuch unternehmen, erfinderisch zu sein!

(Zuruf von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU)

Ich denke, Frau Fiedler-Wilhelm, hier greift Ihr Antrag, indem Sie sagen, die kulturelle Filmförderung in eine wirtschaftliche Filmförderung zu überführen, auch zu kurz. So einfach geht das nicht. Ich glaube, wir müssen das Modell für Mecklenburg-Vorpommern finden und dabei müssen wir nicht immer nur auf den Landehaushalt schauen. Der Landeshaushalt ist begrenzt, das wissen wir alle. Es gibt aber Filmfördermöglichkeiten in den deutschen Bundesländern, wo es gelungen ist, die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten als Finanzierungsquellen zu erschließen, wo es gelungen ist, auch die privaten Rundfunkanstalten dazu zu gewinnen. Es gibt in diesem Lande natürlich auch eine Landesrundfunkzentrale, der wir per Gesetz gewisse Aufgaben im Bereich bildungspolitischer Maßnahmen übertragen haben.

Ich glaube, die Aufgabe wird es sein, dass wir uns dafür einsetzen, ein intelligentes Modell für Mecklenburg-Vorpommern zu entwickeln, und wir auch den Wirtschaftsminister dazu bewegen können – einen Titel haben wir ihm ja bereits in den Haushalt eingestellt, leider haben wir ihn noch nicht gefüllt, Herr Minister, ich hoffe, das wird uns noch gelingen –, dort Mittel einzustellen. Wenn wir ihm dies genehmigen, werden wir eine ganze Reihe von Quellen haben, aus denen sich die Filmförderung künftig speisen kann.

Meine Damen und Herren, ich habe mir einmal aufschreiben und zusammentragen lassen lassen, welche verschiedenen Gedanken es zur Filmförderung gibt und was eigentlich Filmförderung in Mecklenburg-Vorpommern sein könnte. Gestatten Sie, dass ich Ihnen das einmal vortrage, weil das meiner Meinung nach in so konzentrierter Form ein Gewinn für unsere Debatte ist. Wie auch in den anderen Bundesländern soll die künftige Filmförderung über eine GmbH organisiert werden. Ich persönlich stehe diesem Gedanken sehr nahe. Gesellschafter dieser GmbH könnten das Land Mecklenburg-Vorpommern, der MV Film e.V., der NDR, das ZDF und andere private Sender sein. Möglich ist die Beteiligung der Städte Wismar und Schwerin, die bereits ihr Interesse bekundet haben, die ja auch von der kulturellen Filmförderung, wie wir sie bisher hatten, in nicht geringem Maße profitiert haben.

Die Aufgaben einer GmbH wären vielfältig und reichen von der Führung des Locationbüros über wirtschaftliche Filmförderung bis hin zur Nachwuchsförderung. Das Ziel ist immer eine Einbeziehung dieses Bereiches in die vom Land gewollte Tourismusförderung sowie die Investitionsförderung, in die die Ansiedlung von Produktionsfirmen und anderen dem Film zugehörigen Firmen gehören. Die Finanzierung erfolgt über die Bündelung von vorhandenen Mitteln und die Einwerbung neuer Mittel. Die Vergabe erfolgt dann möglicherweise in Zusammenarbeit mit einer Bank, der Nord/LB beispielsweise. Die angestrebten Effekte reichen von Unternehmensansiedlungen, Arbeitsplatzschaffung bis hin zur Imagestärkung des Landes Mecklenburg-Vorpommern.

Ich danke der CDU-Fraktion, dass sie das Thema noch einmal aufgegriffen hat. Ich muss Ihnen aber sagen, Ihr Antrag greift zu kurz, weil Sie die wirtschaftliche Filmförderung voranstellen und die kulturelle dort integrieren wollen. Ich glaube, wir brauchen ein intellektuelles …

(Zuruf von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU)

Frau Fiedler-Wilhelm, der ist ja in Ordnung Ihr Antrag. Aber wir müssen neu darüber nachdenken, denn so, wie er jetzt vorliegt, greift er noch zu kurz. Er kann so unsere Zustimmung nicht finden. Ich sage Ihnen aber mit großem Ernst, dass das, was SPD und PDS zu diesem Punkt in die Koalitionsvereinbarung geschrieben haben, vor Ablauf dieser Legislaturperiode Wirklichkeit werden wird. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall Detlef Müller, SPD, Thomas Schwarz, SPD, und Andreas Bluhm, PDS)

Danke schön, Herr Friese.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Dr. Born von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach einer so exzellenten Einbringungsrede, wie wir sie von meiner Kollegin Frau Fiedler-Wilhelm gehört haben, und den doch sehr detailreichen Ausführungen der Kollegen Bluhm und Friese ist es sicherlich nicht einfach, wenn man aus wirtschaftspolitischer Sicht hier noch etwas hinzufügen soll. Und gleichwohl muss dies deshalb sein, weil wir sehr deutlich vernommen haben, dass die kulturelle Filmförderung eben nicht ausreicht. Die Situation ist insofern sehr dramatisch, Kollege Friese, da mittlerweile schon sieben Mitarbeiter gekündigt worden sind.

(Vizepräsident Andreas Bluhm übernimmt den Vorsitz.)

Deshalb können wir uns nicht mehr beliebig viel Zeit nehmen, da sind wir uns einig,

(Beifall Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU, und Rainer Prachtl, CDU)

aber es besteht dringender Handlungsbedarf.

In einem Artikel der „Schweriner Volkszeitung“ vom 18. Mai 2004 wurde der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur dieses Landes folgendermaßen zitiert. Ich zitiere mit Genehmigung der Präsidentin: „Ich kann mir auch nach 13 Jahre währenden heftigen Bemühungen des Landes nicht vorstellen, dass wir auf Schlag ein Filmland werden.“

(Heiterkeit und Zuruf von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU)

Und der Minister weiter: „Wir brauchen erst einmal einen dicken Fisch an der Angel, d. h. eine Produktionsfirma, die hier einen Film macht, um wirtschaftliche Filmförderung an einem Pilotbeispiel überzeugend und effizient durchzuführen und nicht nur auf der theoretischen Ebene zu erörtern.“

Sehr geehrter Herr Minister, so sehr wir ja sonst Ihre Bemühungen schätzen, muss ich Ihnen aber ehrlich sagen, Sie scheinen mir hier doch etwas zu kurz gegriffen zu haben. Wenn ich dabei die Mitteldeutsche Medienförderung sehe, die Filmworld Berlin-Brandenburg, die Filmstiftung Nordrhein-Westfalen und die Baden-Württembergische Medien- und Filmgesellschaft, dann, sehr geehrter Minister, haben sich die heftigen Bemühungen des Landes Mecklenburg-Vorpommern lediglich auf das Unterzeichnen von Förderbescheiden begrenzt, aber nicht auf das Bemühen gerichtet, die Filmförderung qualitativ weiterzuentwickeln. Die genannten Beispiele aus anderen Bundesländern zeigen eine andere Dimension von wirt

schaftlicher Filmförderung und dem heftigen Bemühen anderer Landesregierungen, die sich im Ergebnis als durchaus erfolgreich erwiesen haben.

(Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Aber nicht nur monitär.)

Herr Minister, eine Filmproduktion kommt eben nicht von alleine nach Mecklenburg-Vorpommern. Es hängt doch gerade von den politischen Rahmen- und Förderbedingungen ab, ob sich eine Filmproduktion in unserem Land ereignet oder nicht.

(Beifall Rainer Prachtl, CDU)

Und das haben Frau Fiedler-Wilhelm, Herr Bluhm und Herr Friese hier auch noch einmal unterstrichen. Es gibt bisher Filmproduktionen in Mecklenburg-Vorpommern, die nutzen vortrefflich unsere einzigartigen Filmlandschaften im Land. Ein nächster Polizeiruf wird in Schwerin von August bis Oktober abgedreht, produziert von einer Münchener Produktionsfirma. Das Geld geht nach Bayern und nicht nach Mecklenburg-Vorpommern. Das sind die Probleme, denen wir uns stellen müssen.

Das eine Beispiel zeigt, Mecklenburg-Vorpommern ist bereits Filmland. Das Drehbuch zum internationalen Bestseller „Good Bye, Lenin!“ – Frau Kollegin Fiedler-Wilhelm hat darauf hingewiesen – lag in der Drehbuchwerkstatt in Wismar und gefördert wurde es vom Land NordrheinWestfalen.

Die dortige Filmstiftung ist ausgestattet mit 36 Million e n Euro. Seit Gründung der Filmstiftung NordrheinWestfalen wurden Filme im Gesamtumfang von 300 Millionen Euro gefördert, der wirtschaftliche Effekt für Nordrhein-Westfalen lag dabei bei 500 Millionen Euro, denn Nordrhein-Westfalen hat für die Förderung die Bedingung aufgestellt, dass jeder Euro, der gefördert wird, 1,50 Euro nach Nordrhein-Westfalen bringen muss. In NordrheinWestfalen kommt es dann nicht vor, dass eine Münchener Produktionsfirma einen Fernsehfilm abdreht. Eine Bemerkung am Rande: Die kulturelle Filmförderung in Nordrhein-Westfalen hat lediglich einen Umfang von 970.000 Euro. Das sind die entscheidenden Unterschiede, wenn es um das heftige Bemühen geht.

Noch ein anderes Beispiel: 1998 hätte durchaus die Möglichkeit bestanden, dass sich Mecklenburg-Vorpommern an der Mitteldeutschen Medienförderung der Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen beteiligt. Das Land hätte die Möglichkeit nutzen können, sich bei der Filmworld von Berlin-Brandenburg zu engagieren. Es ist wie in vielen anderen Bereichen und einmal mehr hat unser Land hier die Chance nicht genutzt, strategische Allianzen mit anderen Bundesländern einzugehen. Die Mitteldeutsche Medienförderung ist in der Zwischenzeit die viertgrößte Fördereinrichtung in diesem Segment. Eine strategische Allianz mit den genannten Ländern hätte den Film in Mecklenburg-Vorpommern schon längst als Wirtschaftsfaktor etablieren können, die Zahlen aus Nordrhein-Westfalen zeigen es. Andere Bundesländer ziehen nach.

Die Medien- und Filmgesellschaft von Baden-Württemberg hat ein Volumen von 11 Millionen Euro zur Verfügung, der Hessen-Invest-Filmförderfonds hat einen Umfang von 32 Millionen Euro plus einer Filmförderung des Landes mit einem Basisetat von 2,1 Millionen Euro. Diese Länder haben den Film als Marketinginstrument für ihr Bundesland erkannt und nutzen es sehr aggressiv. Der

zuständige Minister in Mecklenburg-Vorpommern verweist aber stattdessen auf ein Pilotprojekt.