Siegfried Friese

Sitzungen

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Tagesordnungspunkte 2 bis 5 betreffen diesmal alle Beschlussempfehlungen des Innenausschusses. Nach zwölf Jahren Ausschussvorsitz bin ich also jetzt gleich bei vier Tagesordnungspunkten hintereinander der erste Redner. Schenken Sie mir Ihr geneigtes Ohr!
Zum Tagesordnungspunkt „Anpassung des Landesrechts an das Lebenspartnerschaftsgesetz“: Das Gesetz hatte eine besondere Eigenschaft, es wuchs im parlamentarischen Verfahren, und zwar ganz außerordentlich. In der Ersten Lesung hatte es noch 16 Artikel, jetzt sind es
schon 30. Und der Ausschuss war sich sicher, damit ist noch lange nicht jeder Anpassungsbedarf gedeckt.
In den Beratungen des Innenausschusses gab es Bedenken, ob diese Erweiterung zulässig sei. Wir alle kennen das Thema „Gebot der Zweiten Lesung, Verbot der Bepackung“. Aber die Ausschussmehrheit ist zu der Auffassung gekommen, dass die vorgesehenen Änderungen durchaus in einem unmittelbaren Sachzusammenhang mit der Ursprungsvorlage stehen, und in diesem Rahmen darf der Ausschuss Veränderungen am Gesetzentwurf vornehmen, was er auch getan hat. Eine Überweisung an den Ausschuss soll die Beratung und Verbesserung einer Vorlage zum Gegenstand haben. Die Fraktion der CDU hat sich allerdings wegen grundsätzlicher Bedenken gegen das Verfahren im Ausschuss der Stimme enthalten.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie im Namen des Innenausschusses, stimmen Sie der Beschlussempfehlung und damit einem weiteren Schritt bei der Gleichstellung von Lebenspartnerschaften mit Ehen zu. Aber es werden noch einige weitere Schritte folgen müssen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf zur Änderung des Landesmeldegesetzes beinhaltet im Wesentlichen die Anpassung an das geänderte Rahmenrecht des Bundes sowie Regelungen von elektronischen Meldevorgängen und Meldeauskünften. Wir haben im Ausschuss selbst festgestellt, dass das eigentlich zu wenig ist. Das Bundesrecht hindert uns aber an einer weiteren Vereinfachung insbesondere für das Beherbergungsgewerbe. Deshalb sieht unsere Beschlussempfehlung auch eine Entschließung vor, in der die Landesregierung aufgefordert wird, sich für eine Lockerung des Rahmenrechtes des Bundes einzusetzen. Außerdem soll das Innenministerium die Kostenverordnung anpassen, damit auf das automatisierte Verfahren angemessene Gebühren erhoben werden können.
Der Innenausschuss empfiehlt dem Plenum des Landtages die Annahme der Beschlussempfehlung zum Gesetzentwurf in der geänderten Fassung und bittet um Zustimmung zu der vorgelegten Entschließung. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ihnen liegt die Beschlussempfehlung des Innenausschusses zu den beiden Entwürfen für ein Viertes Gesetz zur Änderung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes vor. Der eine Gesetzentwurf stammt aus der Feder der Koalitionsfraktionen von SPD und Linkspartei.PDS und der andere aus der Fraktion der CDU.
Der Ausschuss empfiehlt die Annahme des Gesetzentwurfes der Fraktionen von SPD und Linkspartei.PDS. Dieser wurde durch die Beschlüsse des Ausschusses an die neueste Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes angepasst. Dieser Gesetzentwurf sieht vor allem erweiterte Polizeibefugnisse bei der Video-, Ton- und Telekommunikationsüberwachung vor. Weiterhin eröffnet er den Weg, von möglicherweise infizierten Personen bei Verdacht der Ansteckung anderer Personen Blutproben zu entnehmen. Der Ausschuss hat sich der schwierigen Aufgabe gestellt, zwischen Sicherheitsbedürfnissen einerseits und Freiheitsrechten andererseits abzuwägen. Das Ergebnis liegt Ihnen vor. Ich bitte Sie, Einzelheiten in dem Bericht zur Beschlussempfehlung nachzulesen.
Im Ausschuss hat die Fraktion der CDU an ihrem eigenen Gesetzentwurf festgehalten und sich deshalb zu dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen enthalten. Der Gesetzentwurf der Fraktion der CDU, der eine Erweiterung der Rasterfahndung und der verdachtsunabhängigen Identitätsfeststellung beinhaltete, ist vom Ausschuss mehrheitlich gegen die Stimmen der Fraktion der CDU abgelehnt worden. Die Fraktion der CDU hat eingeräumt, dass wegen des aktuellen Urteils des Bundesverfassungsgerichtes zur Rasterfahndung Änderungen an ihrem Gesetzentwurf erforderlich sein könnten, und sich diesbezüglich Anträge für die heutige Plenarsitzung vorbehalten.
Ich bitte Sie als Ausschussvorsitzender um Zustimmung zur Beschlussempfehlung des Innenausschusses für eine Änderung dieses Gesetzes, wie es der Ausschuss mehrheitlich beschlossen hat. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Gesetz ist in der öffentlichen Diskussion in ganz Deutschland und so auch in Mecklenburg-Vorpommern nicht unumstritten. Natürlich ist es auch nicht unumstritten im Innenausschuss bei den Beratungen gewesen. Wir haben aber feststellen müssen, dass auch der Landkreistag und der Städte- und Gemeindetag unseres Landes hierzu eine durchaus distanzierte Haltung in den Anhörungen des Innenausschusses deutlich gemacht haben.
Im Ausschuss ist darüber diskutiert worden, ob dieses Gesetz nicht zu einer neuen Bürokratie führt, die Verwaltung mit neuen Verfahren belastet, statt die Verwaltung zu vereinfachen. Natürlich ist es zusätzliche Arbeit, wenn man auch noch Auskunftsersuchen erledigen muss. Und oft werden Verwaltungen auch erst prüfen müssen, was darf ich dem Bürger geben und was muss ich ihm vorenthalten. Wenn dann noch über den Auskunftsanspruch gestritten wird, kann durchaus leicht eine zusätzliche Belastung entstehen, die unsere Behörden leisten müssen. Außerdem wird unsere öffentliche Verwaltung ohnehin schon genügend kontrolliert. Das wird vorgetragen durch Aufsichtsbehörden, durch den Landesrechnungshof und natürlich auch durch den Landtag. Brauchen wir da zusätzliche Rechte für den einzelnen Bürger, selbst nachzuschauen, warum das Gewerbegebiet zum Beispiel am westlichen Stadtrand und nicht am östlichen geplant wurde? Warum wendet sich der Bürger nicht an die Landtagsabgeordneten, seinen Bürgermeister und auch an die örtliche Zeitung, die ihm ja alle als Informationsauskunftsbehörden offen stehen?
Der Ausschuss geht in seiner Mehrheit davon aus, dass neben diesen Möglichkeiten ein unmittelbares voraussetzungsloses Akteneinsichtsrecht für alle Bürger notwendig ist. Es ist allerdings eine Befristung bis zum 30. Juni des Jahres 2011 vorgesehen. Die Einzelheiten dazu können Sie in der Beschlussempfehlung und im Bericht nachlesen.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, der Beschlussempfehlung des Innenausschusses zu folgen und dem Informationsfreiheitsgesetz in der vom Ausschuss vorgesehenen Fassung zuzustimmen. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Jetzt nicht als Ausschussvorsitzender, sondern als Sprecher der SPD-Fraktion für dieses Gesetz und daher etwas subjektiver gefärbt.
Meine Damen und Herren! Ich möchte drei Aspekte in den Mittelpunkt meiner Ausführungen rücken, dabei aber betonen, dass die grundsätzliche Haltung der SPD-Fraktion zu diesem Gesetzentwurf bereits durch den Minister vorgetragen wurde. Es wird Sie nicht verwundern, dass die SPD-Fraktion natürlich die Argumentation unseres Ministers mitträgt.
Für mich ist das Informationsfreiheitsgesetz nicht einfach ein Gesetz wie viele andere, sondern schon ein besonderes Gesetz. Es ist für mich ein Beispiel dafür, wofür wir 1989 auf die Straße gegangen sind und worin sich unsere Gesellschaft von der Gesellschaft der DDR unterscheidet. Informationsfreiheit war 1989 der Inbegriff alles dessen, was staatliche Verwaltung glaubte verfolgen zu müssen. Informationen sind ein Machtfaktor für den, der über sie verfügt. Zum Thema Freiheit und den Umgang mit Freiheit durch die DDR-Führung muss ich nichts weiter sagen. Dieses Gesetz steht in der Tradition der Anfangsjahre oder der Jahre nach 1989.
Öffentliche Verwaltung ist kein Selbstzweck. Mir hat sehr gefallen, wie im vergangenen Jahr zum 100. Geburtstag von Einstein über dem Bundeskanzleramt die große Überschrift lautete: „Der Staat ist für die Bürger da.“ Das
ist ein Satz, den man gerade Politikern, aber auch den Bürgern nicht oft genug sagen kann. Ich glaube, sie machen noch viel zu wenig Gebrauch davon, dass der Staat für sie da ist und dass sie einen Rechtsanspruch gegenüber dem Staat haben auf Auskunft.
Ein zweiter Aspekt. Dieses Gesetz ist von seiner Ausgangsidee her nicht für die Wirtschaft gemacht. Das muss man klar erkennen und die Wirtschaft hat dieses auch deutlich formuliert. Ich will einige Argumente dazu sagen und will mich dabei auf eine Untersuchung der Bertelsmann-Stiftung stützen, die im Jahre 2004 international nachgeschaut hat, und nicht nur geschaut hat, sondern geforscht hat natürlich, wie sich Informationsfreiheitsgesetze international auswirken. Die Bertelsmann-Stiftung kommt dabei im Wesentlichen zu folgenden Gesichtspunkten:
Erstens. Nicht alles, was von der Wirtschaft und von den Unternehmen als schützenswerte Geheimnisse der Unternehmen angesehen und als solche bezeichnet wird, sind solche schützenswerten Geheimnisse. Die Bertelsmann-Stiftung weist darauf hin, dass gerade eine Vielfalt von Informationen über die öffentliche Verwaltung ein wesentlicher Faktor ist, der die Unternehmen stärkt, und sie weist darauf hin, dass Unternehmen bereits Zweige einrichten, die ganz genau untersuchen, in welchem Staat welche Informationen frei zugänglich sind und wie öffentliche Verwaltung in demokratisch verfassten Ländern funktioniert.
Zweitens. Die Bertelsmann-Stiftung kommt zu dem Ergebnis, die größten Nutznießer von Informationsfreiheitsgesetzen sind weniger die Bürger, sondern sind Unternehmen in ihrem Auftrag unternehmerisch und weltweit tätig zu werden. Ich halte dieses für ein bemerkenswertes Ergebnis. Wir haben als Sozialdemokraten natürlich auch die Einwände der Unternehmen gehört, aber wir haben uns in diesem Fall stärker an die Autorität der Bertelsmann-Stiftung gehalten.
Ein dritter Aspekt. Wer war bisher berufen, öffentliche Missstände aufzudecken? Von Natur aus natürlich die Staatsanwälte, aber neben den Staatsanwälten die Leitungen von Behörden und Unternehmen, die Bürger und es war und ist die Presse. Sie hat ein Auskunftsrecht gegenüber den Behörden.
Herr Ringguth, und jetzt möchte ich auf Sie zurückkommen, der Sie auf das Landespressegesetz verwiesen haben mit der Möglichkeit von Journalisten, sich Informationen zu besorgen. Aber wie schreibt der Deutsche Journalistenverband in seinem Publikationsorgan für Mecklenburg-Vorpommern vom 5. Januar 2006 zum Informationsfreiheitsgesetz: „Nach dem Landespressegesetz ist es der Behörde überlassen, wie sie ihre Auskunftspflicht erfüllt. Als Journalist muss man sich im Regelfall mit der Auskunft der Pressestelle zufriedengeben. Hier“, so der Deutsche Journalistenverband, „schafft das Informationsfreiheitsgesetz bessere Arbeitsbedingungen für Journalisten.“
Meine Damen und Herren, wir reden über Informationsfreiheit, die ein Zugewinn in unserem öffentlichen Leben sein wird. Wenn ich mir die Presse unseres Landes ansehe, und als medienpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion hatte ich dazu häufig Gelegenheit und habe das auch mit großem Interesse getan, mache ich mir Sorgen um die
Informationsfreiheit, soweit sie praktisch in unserem Lande durch unsere Presse ausgeübt wird. Lassen Sie mich dafür folgende Gründe nennen: In unserem Lande wird zwischen den Herausgebern von Presse und den Journalisten heftig darüber gestritten, wer der Träger von Pressefreiheit ist. Die Herausgeber und Eigentümer der Presseorgane berufen sich darauf und haben dieses in Anhörungen vor der SPD-Fraktion und der PDS-Fraktion in der vorigen Legislaturperiode sehr deutlich gesagt, dass sie allein Träger der Pressefreiheit sind.
Kollege Ankermann, das war in der vorigen Legislaturperiode und das waren Abstimmungen innerhalb unserer Fraktionen. Also Sie haben da nichts versäumt.
Ich wiederhole: Die Unternehmer und Herausgeber von Presseorganen kämpfen um den Standpunkt, dass sie allein Träger der Pressefreiheit sind. Journalisten sind nach Überzeugung der Herausgeber und Eigentümer von Presseorganen dieses nicht. Ich halte das für nicht vereinbar mit unserem Grundgesetz und es ist auch nicht mit unserem Landespressegesetz vereinbar, denn in diesem haben wir festgeschrieben, dass die Presse eine herausragende Rolle spielen muss bei der Bewahrung der Demokratie in unserem Lande. Die Presse hat laut Landespressegesetz die Pflicht, aufklärerisch zu wirken und zum Wohle des Gemeinwesens beizutragen.
Wenn Journalisten nur als Angestellte von Zeitungen gesehen werden, was sie arbeitsrechtlich natürlich sind, dagegen gibt es gar nichts zu sagen, aber wenn sich ihre Tätigkeit darauf beschränkt und sie nicht einen vom Grundgesetz vorgegebenen Auftrag haben, zur Pressefreiheit und zur Aufklärung von Missverständnissen, von Missverhältnissen in der Gesellschaft beizutragen, dann sehe ich dieses als eine Fehlentwicklung an. Ich appelliere an Sie, meine Damen und Herren, in der nächsten Legislaturperiode sich dieses Themas noch einmal anzunehmen.
Ich sehe aber auch mit großer Sorge, dass die Informationsfreiheit durch die Presse in unserem Land dadurch gefährdet wird, dass der journalistische Nachwuchs nicht mehr mit der Gründlichkeit ausgebildet wird, wie es dieser schwerwiegende und gewichtige Berufsstand verlangt.
Heute kann Journalist werden, wer möchte, wer schreiben kann, ohne dass er mit den Grundsätzen eines demokratischen Journalisten vertraut ist und sich diesem Kodex verpflichtet fühlt.
Meine Damen und Herren, eine letzte Bemerkung: Ich mache mir große Sorgen um die Informationsfreiheit in unserem Lande, soweit diese durch die „Schweriner Volkszeitung“ wahrgenommen werden muss. Wir haben im Innenausschuss im vergangenen Jahr eine Anhörung mit den Vertretern der Presseorgane in unserem Lande gehabt und dort wurde uns versichert, dass wir uns um die Informationsfreiheit keine Sorgen machen müssen. Und als Beispiel für die Vielfalt von Pressefreiheit in diesem Lande führten die Unternehmer aus, man schaue sich doch nur einmal die Vielzahl von Anzeigenblättern an, auch dieses sei ein Zeichen von Pressefreiheit. Meine Damen und Herren, lassen wir uns mit dieser Auskunft nicht abspeisen!
Wenn es zutrifft, dass die SVZ dabei ist, ihre Zentralredaktion in Schwerin zu schließen, daraus nur noch eine Lokalredaktion zu machen und die Berichterstattung über das gesellschaftliche Leben und das politische Leben in diesem Lande aus der Zentralredaktion in Schleswig-Holstein kommt, dann sehe ich dieses als eine Fehlentwicklung des Pressewesens in unserem Lande an.
Ich darf im Ergebnis der Anhörung vom vergangenen Jahr als Ausschussvorsitzender und damit für alle drei Fraktionen sprechen und sagen, dass wir diese Sorge den Herausgebern gegenüber fraktionsübergreifend deutlich gemacht haben.
Meine Damen und Herren, ich bitte um Zustimmung zum Gesetzentwurf Informationsfreiheitsgesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern und danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
Herr Ringguth, so richtig weiß ich immer noch nicht, wo die CDU nun eigentlich steht.
Aber ich habe erste Anzeichen wahrgenommen, dass Sie sich dem Gesetz mehr zuwenden, als es in der Vergangenheit der Fall war. Das ist ja kein schlechter Weg. Schauen Sie, unser Innenminister hat auch einen Weg zurücklegen müssen und die Fraktionen von SPD und
PDS waren stark genug, um hier einen Gesetzentwurf vorzulegen, der wirklich qualitativ gut ist.
Meine Damen und Herren, dieses ist ein neues Gesetz, ein neues Gesetz für unser Land. Und wenn man den Spruch von Albert Einstein wahr machen will, der Staat ist für die Bürger da und nicht umgekehrt – Sie erinnern sich, das war das große Plakat, das am Bundeskanzleramt h i n g –, dann muss man sich die Frage stellen, ist denn unsere Verwaltungspraxis heute wirklich so, dass der Staat für die Bürger da ist.
Ich konnte mit dem CDU-Abgeordneten aus meinem Wahlkreis über lange Jahre in einer Auseinandersetzung eines Investors mit der Verwaltung Erfahrungen sammeln, die mir die Augen geöffnet haben. Der Kollege ist nicht da, aber nach dieser Erfahrung sage ich, Herr Ringguth, es genügt nicht, wenn wir einen Rechtsstaat haben, der rechtsstaatlich verfasst ist und über Gesetze verfügt, denn die, die diese Gesetze ausführen, sind Menschen und wir wissen, wie anfällig der Mensch ist und wie leicht Fehler unterlaufen können. Dieses Gesetz nimmt für sich in Anspruch, hier eingreifen zu können und Kontrolle zu bringen, die über andere staatliche Kontrolle nicht gegeben ist.
Meine Damen und Herren, wenn man mit dem Grundsatz „Mehr Demokratie wagen“ Ernst machen will – und wir Sozialdemokraten wollen dieses und der Koalitionspartner will dieses auch –, so ist dieses eine beständige Aufgabe, die sich durch alles politische Handeln hindurch ziehen muss. Wir wollen mehr Demokratie wagen und stehen deshalb zu diesem Gesetz.
Der durch die Bundesrepublik Deutschland verabschiedete EU-Verfassungsvertragsentwurf enthält ein Grundrecht auf Informationszugang sowie ein Recht der Bürger auf eine gute Verwaltung. Wir bewegen uns hier also in einem guten Rahmen.
Meine Damen und Herren, die Befürchtung, das Gesetz schaffe mehr Bürokratie, wie ja vorgetragen wird und, wenn ich mich recht entsinne, auch von der CDU-Fraktion vorgetragen wurde, ist genauso unbegründet wie der Vorwurf, viele Kleine Anfragen im Parlament seien ein Mehr an Bürokratie, weil die gesamte Ministerialbürokratie damit mehr belastet wird. Ich teile diese Antwort nicht, aber das könnte man natürlich sehr locker auf Ihren Vorwurf, wir schaffen mehr Bürokratie, antworten.
Den Vorwurf, das Gesetz sei überflüssig, weil es bereits genügend Auskunftsrechte der Bürger gibt, teile ich nicht. Lassen Sie mich dazu zwei Gründe anführen:
In Deutschland und damit auch in Mecklenburg-Vorpommern gibt es für den Einzelnen keinen umfangreichen Auskunftsanspruch gegenüber öffentlichen Stellen, ohne dass der Bürger ein rechtliches Interesse nachweisen muss. Dieses Gesetz beseitigt dieses Defizit, denn der Bürger muss nicht begründen und dann wird entschieden, ob er darf, sondern hat einen Anspruch auf Informationen.
Ein zweiter Grund: Das den Journalisten durch das Landespressegesetz gegebene Informationsrecht reiche aus, so die kritischen Stimmen, denn die Journalisten hätten ja Akteneinsichtsrecht und können in den Amtsstuben nach
fragen. Am Zustandekommen unseres Landespressegesetzes habe ich mitgewirkt. Welche Wirkungen dieses Gesetz hinsichtlich der Auskunftsrechte von Journalisten entfaltet hat, will ich jedoch dem „Netzwerk Recherche“ und einem Journalisten überlassen, der dort geschrieben hat. Der Journalist Rettloff schreibt: „Das Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen ist für Journalisten interessant,“ – er meint damit unser Gesetz – „weil der Auskunftsanspruch nach den Landespressegesetzen es der Behörde überlässt, wie sie die Pflicht erfüllt. Als Journalist muss man sich häufig und in der Regel mit der Auskunft der Pressestelle zufrieden geben.“ So weit dieses Zitat. Und ein anderes Zitat aus dem „Rheinischen Merkur“:
Eine geschätzte Zeitung von uns beiden, Rainer, nicht wahr?
Mal mehr, mal weniger.
Ich zitiere den „Rheinischen Merkur“: „Sobald Privatsphäre, Persönlichkeitsschutz und Geheimhaltung berührt sein könnten, tut sich ein Amt leicht, Auskunftsanträge von Journalisten abzulehnen. Mit beiden Fürsorgepflichten ,von Beamten über ihre Akten macht dieser Gesetzentwurf Schluss‘.“
Dieser Gesetzentwurf wurde von den Fraktionen der PDS und SPD mit fachlicher Beratung durch das Innenministerium erarbeitet. Aber wir konnten uns auf gute Vorarbeiten aus dem In- und aus dem Ausland stützen. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um dafür insbesondere dem Deutschen Journalistenverband, gemeinsam mit ver.di, Transparency International, der Humanistischen Union und dem „Netzwerk Recherche“ herzlichen Dank zu sagen. Ohne ihre Vorarbeit wären wir vielleicht nicht so weit zur Qualifikation dieses Gesetzes gekommen.
Die SPD-Fraktion befürwortet die Überweisung dieses Gesetzentwurfes. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Ankermann, kennen Sie die Presseerklärung des ehemaligen Innenministers dieses Landes vom 21.02.1996?
Ah ja.
Nein. Ich habe hier nur die Gelegenheit, Fragen zu stellen.
Es gab vor zehn Jahren die Auseinandersetzung zwischen dem Innenminister und unserer Fraktion über die Sinnhaftigkeit von Winterreifen oder Ganzjahresreifen. Da gab es einen Dissens.
Im Verlaufe dieser Auseinandersetzung blieb der Innenminister bei seiner Haltung, dass Winterreifen nicht notwendig seien für die Polizei, Ganzjahresreifen täten das auch.
Zur gleichen Zeit sind zwei Polizisten tödlich verunglückt, die genauso ausgestattet gefahren sind. Allein auf meine Frage, ob denn der Innenminister jetzt noch bei seiner Haltung bleibe, antwortete damals der Innenminister Herr Geil, ich zitiere: „Wie wenig Pietät muss man eigentlich besitzen, um selbst die Tatsachen, die zum Tod zweier Menschen geführt haben, zu benutzen,“
„nur um daraus politisches Kapital zu schlagen?“ Meine Frage an Sie: Fühlen Sie sich durch diese Worte des damaligen Innenministers heute angesprochen?
Herr Präsident, meine Damen und Herren, stellen Sie Ihre Gespräche ein und schenken Sie mir Ihr geneigtes Ohr!
Die SPD-Fraktion begrüßt diesen Gesetzentwurf aus folgenden Gründen: Stiftungen fördern das bürgerschaftliche Engagement zur Förderung des Gemeinwohls. Sie entlasten die öffentlichen Haushalte von Aufgaben, die sonst möglicherweise ihre wären. Die Stiftungsnovelle leistet einen Beitrag zur Entbürokratisierung des Stift u n g srechts und zur Transparenz und sie schafft einen einheitlichen Rahmen zwischen dem Stiftungsrecht des Bundes und der Länder, was eine schwierige Aufgabe gewesen sein soll, wenn ich mir die Debatte im Bundestag richtig vergegenwärtige.
Meine Damen und Herren, Mecklenburg-Vorpommern hat eine lange Stiftungstradition. Der Minister wies bereits darauf hin, dass die erste Stiftung die Stiftung Hospital Sanctus Spiritus aus Demmin aus dem Jahre 1296 war. Wir haben aus der Zeit vor 1900 in Mecklenburg-Vorpommern 31 Stiftungen, die heute noch bestehen. In den Jahren des 20. Jahrhunderts, also von 1900 bis 2000, sind 47 Stiftungen gegründet worden und nach 2000 48 neue Stiftungen. Herr Ringguth, es trifft auch nicht zu, dass die DDR Stiftungen nur geduldet hat. Es sind in der DDR-Zeit auf dem heutigen Gebiet Mecklenburg-Vorpommerns 4 neue Stiftungen gegründet worden für allgemeine und wohltätige Zwecke. Das möchte ich nicht verschweigen.
Meine Damen und Herren, ich möchte an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen, vor diesem Hause den langjährig bestehenden Stiftungen unseren Respekt auszusprechen. Neben der genannten Stiftung Hospital Sanctus Spiritus aus Demmin sind dieses – ich nenne jetzt die drei ältesten – aus dem Jahre 1455 die Avalipische Vikarie in Grimmen zur Unterstützung Hilfsbedürftiger und aus dem Jahre 1576 die Stiftung „Hospital zum Heiligen Geist“ in Burg Stargard ebenfalls zur Unterstützung Hilfsbedürftiger. Ich glaube, in Ihrer aller Namen zu sprechen, wenn ich allen Stiftungen dieses Landes mit langer Tradition – und diesen dreien stellvertretend – den Dank des Landtages für ihre uneigennützige und sehr hilfreiche Tätigkeit in den
vergangenen Jahren ausspreche und wünsche, dass diese ihre Tätigkeit fortsetzen können.
Meine Damen und Herren, die Novelle des Stiftungsrechtes hat aber natürlich auch etwas mit ganz konkreten materiellen Interessen zu tun. Im Stiftungsrecht offenbart sich nicht nur die edle Seele der Stifter – die vor allen Dingen, das will ich nicht außer Frage stellen. Aber die rotgrüne Bundesregierung hat angefangen, das Stiftungsrecht zu novellieren mit einer Novelle des Einkommenssteuerstiftungsrechtes und hat damit erst einmal die finanziellen Rahmenbedingungen geschaffen, unter denen Stifter die Sinnhaftigkeit einer Stiftung auch für das eigene Portmonee gesehen haben. Wurden im Jahre 1998 beispielsweise im Bundesdurchschnitt noch 505 Stiftungen neu eingerichtet, so waren es nach dieser Novelle im Jahre 2000 allein 681.
Nun möchte ich Ihnen und der Öffentlichkeit nicht vorenthalten, wie man heute stiften kann und welchen Gewinn dieses sowohl für das eigene Portmonee als auch für die Wohltätigkeit haben kann. Für Spenden gilt allgemein: Ausgaben zur Förderung mildtätiger, kirchlicher, religiöser, wissenschaftlicher und der als besonders förderungswürdig anerkannten gemeinnützigen Zwecke können nach Paragraf 10 b des Einkommenssteuergesetzes bis zu einer Höhe von 5 Prozent des steuerpflichtigen Einkommens geltend gemacht werden. Das kann sehr viel Geld sein. Für Unternehmen und Unternehmer sind Beiträge bis zu einer Höhe von 0,2 Prozent der Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter steuerpflichtig absetzbar – auch eine interessante Variante. Für wissenschaftliche, mildtätige und als besonders förderungswürdig anerkannte kulturelle Zwecke erhöht sich der Satz von 5 auf 10 Prozent des Gesamtbetrages der Einkünfte nach dem Einkommenssteuergesetz. Meine Damen und Herren, so viel zu Ihrer Information. Ich weiß, dass Sie alle ein mildtätiges Herz haben und mitunter mit Ihrem Geld auch Gutes tun wollen.
Mecklenburg-Vorpommern ist derzeit bundesweit noch das Schlusslicht unter den Stiftungen. Auf 100.000 Einwohner kommen in Mecklenburg-Vorpommern zurzeit 6 Stiftungen. In anderen Ländern, beispielsweise in Schleswig-Holstein sind es 18, in Bremen 37 und in Hamburg 53 Stiftungen jeweils auf 100.000 Einwohner. Der Minister sprach bereits davon, dass es ein besonderes Merkmal unseres Bundeslandes ist, dass die Bürgerstiftungen zugenommen haben, dass also nicht nur die Leute, die über große Vermögen verfügen, sondern auch viele andere Gutwillige mit kleinen Beiträgen, die sie in Bürgerstiftungen eingeben, Gutes tun können.
Meine Damen und Herren, in Kürze werden Sie, nachdem das Gesetz verabschiedet ist, einen Überblick bekommen, welche Stiftungen es im Lande in welchen Städten gibt und welchen gemeinnützigen Zielen diese dienen. Ich kann nur empfehlen, sich diese Liste anzuschauen, dann weiß jeder, welche Stiftungen in seinem Wahlkreis vorhanden sind. Die SPD-Fraktion begrüßt diesen Gesetzentwurf und wird ihn in den Ausschüssen zügig beraten. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Werte Abgeordnete! Vor Ihnen liegt die Beschlussempfehlung des Innenausschusses zum Sechsten Gesetz zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes. Wie Sie dieser entnehmen können, empfiehlt der Innenausschuss, keine Änderungen am Gesetzentwurf selbst vorzunehmen. Stattdessen legt er einen Entschließungstext zur Abstimmung vor. Mit dieser Entschließung soll erreicht werden, dass der Innenminister des Landes rechtzeitig mit der Überarbeitung und Neustrukturierung des Finanzausgleichsgesetzes beginnt mit dem Ziel, dass das Siebente Änderungsgesetz 2007 vom Landtag verabschiedet werden kann. Ferner soll mit der Entschließung auch erreicht werden, dass den Kommunen des Landes nach der Novellierung des Gesetzes die Finanzmittel künftig im Wege des 2-Quellen-Modells zugewiesen werden. Mit dieser Zielstellung folgt der Innenausschuss einer Empfehlung der kommunalen Landesverbände. Diese hatten in der öffentlichen Anhörung zum Gesetzentwurf am 26. Oktober 2005 wiederholt neben einer grundlegenden Überarbeitung der kommunalen Finanzzuweisungen auch die Umstellung vom bisherigen Verteilungsmaßstab auf das 2-Quellen-Modell empfohlen.
Meine Damen und Herren, dass das Finanzausgleichsgesetz dringend überarbeitet und an die Gegebenheiten im Land angepasst werden muss, stand außer Zweifel und darüber herrschte Einigkeit im Ausschuss. Keine Einigkeit konnte jedoch über die Frage erzielt werden, in welchem Zeitraum eine solche umfassende Neufassung des Gesetzes hinzubekommen wäre. Die Fraktion der CDU hat im Ausschuss die Ansicht vertreten, dass eine Novellierung noch bis zum Ende der Legislaturperiode im Sommer 2006 machbar wäre. Die Koalitionsfraktionen haben dagegen gemeint, dass eine intensive Überarbeitung und fundierte Neufassung mehr Zeit, einen ausführlichen Konsultationsprozess und gegebenenfalls auch wissenschaftlichen Sachverstand benötigen, so dass eine Verabschiedung zum 1. Januar 2008 realisierbar wäre.
Der Ausschuss hat sich einvernehmlich mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen aus SPD und PDS bei einer Enthaltung seitens der Fraktion der CDU und gegen die übrigen Stimmen der Fraktion der CDU für den von den Koalitionsfraktionen vorgeschlagenen Zeitplan einer
Novellierung ausgesprochen. Die von der Fraktion der CDU eingebrachten Anträge zur Änderung des Gesetzentwurfes haben im Ausschuss keine Mehrheit gefunden und sind abgelehnt worden. Von Seiten der Koalitionsfraktionen sind keine Änderungsanträge gestellt worden, so dass der Innenausschuss im Ergebnis mehrheitlich empfiehlt, den Gesetzentwurf unverändert anzunehmen.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, unter Beachtung des Petitums des Innenausschusses der Beschlussempfehlung dieses Ausschusses zu folgen und dem Gesetz zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes sowie der vorgelegten Entschließung zuzustimmen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Rundfunkgesetzgebung der letzten Jahre lässt immer klarer erkennen, dass die Interessen von Rundfunkveranstaltern, Dienstanbietern, Kabelnetzbetrei
bern und nicht zuletzt von den Nutzern dieser Angebote in immer kürzeren Abständen zu einem rechtlichen Ausgleich gebracht werden müssen. Dabei gilt es, einen sachgerechten und fairen Interessenausgleich zu finden.
Wenn Sie sich die Dynamik der Rundfunkgesetzgebung im Bundesvergleich anschauen wollen, dann haben wir seit 1991 mittlerweile den Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag über alle Länder beschlossen und der Neunte ist in Arbeit.
Ja, Kollege Born, beim Schulgesetz ist abzusehen, dass wir zu einem Abschluss kommen beziehungsweise zu einer gewissen Beruhigung.
Meine Damen und Herren, für uns Sozialdemokraten ist in diesem Wandel der Technologie und der dazugehörigen Gesetzgebung ganz wichtig, dass wir den Medienunternehmen, die in unserem Lande sind, rechtlich einwandfreie Rahmenbedingungen geben, die es ihnen ermöglichen, den Medienstandort Mecklenburg-Vorpommern zwischen den beiden Zentren Hamburg und Berlin zu entwickeln.
Die Landesregierung hat nun mit dieser Novelle unseres Landesrundfunkgesetzes ihren Willen unterstrichen, den genannten Medien eine rechtlich verbesserte Basis für ihre Arbeit im Land zu geben. Insbesondere bei den Bestimmungen zur Belegung der Kabelanlage trifft der Gesetzentwurf klare Festlegungen, die ein ordnungspolitisches Gesamtkonzept erkennen lassen. Hier ist den Kabelnetzbetreibern eine Option zur Vergabe der Kabelplätze vorgegeben. Diese orientiert sich an Meinungsvielfalt, Chancengleichheit der Anbieter und am Urheberrecht. Das ist in Ordnung so und sollte auch nicht in Frage gestellt werden. Die Bestimmungen des neu geschaffenen Paragraphen 50 a zu Entgelten und Tarifen werden insbesondere von den lokalen Rundfunkveranstaltern begrüßt. Sie haben ein Recht auf chancengleiche Einspeisung. Wir gehen davon aus, dass die Entgelte und Tarife für die Einspeisung so festgesetzt werden, dass sie von den lokalen Anbietern aufgebracht werden können.
Zu begrüßen ist der klare Auftrag für die Landesanstalt, die auch als Vermittler widerstreitender Interessen künftig auftreten soll. Eine wesentliche Erleichterung ihrer Geschäftstätigkeit schafft der Gesetzentwurf für die bisher so genannten lokalen Rundfunkveranstalter. Diese können bei ihrer Geschäftstätigkeit die lokalen Begrenzungen auf eine Stadt oder einen Landkreis überschreiten und regional also über ein größeres Territorium berichten. Der Ministerpräsident ist auf diesen Punkt bereits eingegangen. Die Landesrundfunkzentrale hat im vergangenen Jahr eine Analyse über die Tätigkeit dieser lokalen Fernsehstationen veröffentlicht und daraus geht ganz eindeutig hervor, dass dieses Fernsehsender sind, die von der Bevölkerung in der Region angenommen werden, dass sie gleichzeitig Arbeitsplätze schaffen, und ich würde mir wünschen, dass wir eine Möglichkeit finden, wie wir diesen im Aufbau begriffenen lokalen Fernsehstationen über den rechtlichen Weg vielleicht auch materiell helfen könnten.
Die Befristung der Veranstaltungen und Zulassung vom lokalen Rundfunk bis zum 31.12.2010 wurde aufgehoben.
Für den, der jetzt also einen Rundfunksender in unserem Lande anmeldet, der privat betrieben werden soll, gibt es keine zeitliche Befristung. Wir hoffen, dass auch diese Bestimmung den lokalen Rundfunkveranstaltern neue Luft zum Atmen gibt.
Die SPD-Fraktion bittet um die Überweisung dieses Gesetzentwurfes in die Ausschüsse. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Innenausschuss hat sich im Laufe der Beratungen für einige Veränderungen an dem Gesetzentwurf ausgesprochen. Insgesamt sind die Empfehlungen zu den einzelnen Vorschriften in überwiegendem Maße einstimmig getroffen worden. Lediglich bei drei Punkten gab es im Ausschuss größeren Erörterungsbedarf. Auf diese Punkte möchte ich kurz eingehen.
Meine Damen und Herren, Sie sehen, wenn man hier vorn steht, hat man die Aufmerksamkeit des gesamten Hohen Hauses, und ich bedanke mich dafür.
Die Fraktion der CDU hatte sich – anders, als es der Gesetzentwurf vorsieht – für die Wiedereinführung und ausdrückliche Regelung der Institution des unabhängigen Untersuchungsführers ausgesprochen, einmal aus Gründen der Deregulierung und der Entlastung der Gerichte von unnötigen Prozessen, zum anderen aus Gründen der Rechtsschutzgarantie im nichtförmlichen Verfahren. Herr Dr. Jäger wird sicher noch einmal ausführlich zu diesem Änderungswunsch seiner Fraktion Stellung nehmen.
Der Ausschuss hat sich intensiv mit diesem Änderungsantrag befasst und ist letztlich einvernehmlich bei teilweiser Stimmenthaltung auf Seiten der Fraktion der CDU zu dem Schluss gekommen, keine Änderung im Paragraphen 23 vorzunehmen. Dem Landtag solle jedoch die Verabschiedung einer Entschließung empfohlen werden, mit der ausdrücklich auf die Unabhängigkeit des Untersuchungsführers hingewiesen werde. Diese Entschließung ist in der Beschlussfassung ausgewiesen.
Ein weiterer Punkt, der ausführliche Beratungen im Innenausschuss erforderte, war die Frage, ob und inwie
weit die neuen Befugnisse des Dienstvorgesetzten nach Paragraph 35 zu weit gehen würden. Die Fraktion der CDU hatte sich hier für die Beibehaltung der bisherigen Regelung ausgesprochen, weil sie befürchtete, dass das Land anderenfalls mit den Regelungen des Gesetzentwurfes hinter die rechtsstaatliche Garantie zurücktrete. Auch hierzu wird Dr. Jäger, wie ich annehme, sprechen. Die Mehrheit der Abgeordneten im Ausschuss hat sich letztlich gegen die Beibehaltung der gegenwärtigen Regelungen für eine unveränderte Annahme des Paragraphen 35 des Gesetzentwurfes ausgesprochen.
Einigkeit bestand im Ausschuss – und dies ist der dritte Punkt, den ich Ihnen vortragen möchte – bei der Feststellung, dass für Beamte der Gemeinden, Ämter, Landkreise und Zweckverbände besondere Regelungen erforderlich sind, die den Eigenheiten der Kommunalverwaltung, beispielsweise die Ehrenamtlichkeit einiger Tätigkeiten, Rechnung tragen. Der Ausschuss hat daher einstimmig entsprechende Änderungen in Paragraph 85 vorgenommen.
Um meinen beiden nachfolgenden Rednern nicht weiter vorzugreifen, möchte ich die Berichterstattung an dieser Stelle beenden. Ich darf Sie bitten, der im Innenausschuss mehrheitlich beschlossenen Empfehlung zu folgen und den Gesetzentwurf in der geänderten Fassung sowie die einvernehmlich beschlossene Entschließung in Punkt 2 der Beschlussempfehlung anzunehmen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Diese Berichterstattung ist notwendig, denn im Vergleich zu manch anderen Gesetzen zum Norddeutschen Rundfunk, mit denen sich der Landtag und zuvor der Innenausschuss befasst haben, hat es sich der Innenausschuss diesmal nicht so einfach machen können. Der Schwerpunkt der Diskussion im Ausschuss lag dabei aber weniger beim eigentlichen Gesetzentwurf als vielmehr bei den Protokollerklärungen, die dem Gesetzentwurf beigefügt sind.
Wie schon in der Ersten Lesung haben sich auch in der Ausschussberatung alle drei Fraktionen gegen eine Ver
kleinerung und Veränderung der Zusammensetzung des Rundfunkrates ausgesprochen.
Eine solche Verkleinerung oder Veränderung wird in der Protokollerklärung Nummer 1 angekündigt. Wegen der Verbindung zwischen dem Gesetzentwurf und den Protokollerklärungen ist es im Ausschuss als problematisch angesehen worden, die Protokollerklärung Nummer 1 einfach abzulehnen, ohne dadurch den NDR-Staatsvertrag in Gänze in Gefahr zu bringen, denn das wollte keine Fraktion.
Von der Fraktion der CDU waren Bedenken erhoben worden, dass sich das Land durch die Zustimmung des Landtages zu dem Gesetzentwurf und damit auch zu den anliegenden Protokollerklärungen gegenüber den anderen Vertragspartnern binden könnte, was die weiteren Verhandlungen zu den Protokollerklärungen angeht, und das, obwohl der Landtag wie bereits angekündigt einer Verkleinerung oder Veränderung dieses Gremiums ablehnend gegenüberstehe. Vor diesem Hintergrund solle der Landtag, auch wenn er dem Gesetzentwurf letztlich seine Zustimmung gebe, in irgendeiner Weise nach außen hin seine Position zur Protokollerklärung Nummer 1 deutlich machen. Die Fraktion der CDU hat daher Wert auf die Feststellung gelegt, dass sie bei der gesonderten Abstimmung im Innenausschuss über die Protokollerklärung der Nummer 1 die Zustimmung versagt habe.
Um den Staatsvertrag aber nicht zu gefährden und den anderen Ländern keinen Anlass zu dessen Kündigung zu geben, hat sich der Innenausschuss einstimmig dafür ausgesprochen, dem Landtag die Annahme des unveränderten Gesetzentwurfes zu empfehlen.
Meine Damen und Herren, in diesem Sinne werbe ich für eine Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf und bitte Sie, der im Innenausschuss einstimmig beschlossenen Empfehlung zu folgen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Innenausschuss hat heute eines der wichtigsten Gesetze in diesem Land verabschiedet. Das ist für Sie alle insofern wichtig, weil die Qualität dieses Gesetzes über die Durchführung der nächsten Wahlen entscheiden kann und damit auch darüber, wer von Ihnen, meine Damen und Herren, sich hier wiederfindet oder nicht. Insofern war sich der Innenausschuss durchaus der Bedeutung dieses Gesetzentwurfes bewusst. Er hat diskutiert, es gab keine Gegenanträge und im Ergebnis hat der Innenausschuss sich einstimmig darauf verständigt, diesem Gesetzentwurf der Landesregierung zuzustimmen. Wir führen dieses auch darauf zurück, dass das Innenministerium im Vorfeld der Herausgabe dieses Gesetzes mit den möglichen Betroffenen intensive Gespräche geführt hat.
Der Innenausschuss empfiehlt Ihnen also die Annahme dieses Gesetzentwurfes. – Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zum dritten Mal in kurzer Zeit beschäftigt sich der Landtag mit dem NDR-Staatsvertrag. Ich glaube, das Ergebnis, das die vier Staatskanzleien vorgelegt haben, kann sich sehen lassen. Die SPD-Fraktion sagt ausdrücklich, wir begrüßen dieses Ergebnis und wünschen seine unveränderte Verabschiedung.
Es ist gelungen, den Norddeutschen Rundfunk als 4-Länder-Anstalt zu erhalten. Dieses ist ein hohes Gut heutzutage, denn es stärkt den Medienstandort Norddeutschland. Es ist mit diesem Vertragsentwurf gelungen, die Staatsferne im NDR zu sichern. Politische Parteien, aber auch andere Interessenvertreter sind immer wieder bestrebt, Einfluss auf die Medien zu gewinnen. Ich hatte den Eindruck, dass dieser Versuch am Beginn der Verhandlungen auch von einer Seite unternommen worden ist. Ich freue mich, dass die Staatskanzleien insgesamt davon Abstand genommen haben. Herr Rehberg hat es ausgeführt, im Verwaltungsrat werden künftig keine Vertreter der Staatskanzleien stimmberechtigt sitzen.
Ich freue mich auch, dass wir vielleicht zu einer neuen Form der Regionalisierung kommen werden. Ich glaube, jedes Land ist daran interessiert, dass aus seinem Land und über sein Land so viel wie möglich berücksichtigt wird. Ich plädiere aber erneut dafür, dass wir, wenn wir über dieses Thema der Regionalisierung sprechen, politisch den Ansatz „Stärkung des Medienstandortes Norddeutschland“ wählen sollten. Es macht keinen Sinn, neben den starken Medienzentren München, NordrheinWestfalen und Berlin/Babelsberg den vierten starken Medienstandort in Norddeutschland dadurch zu schwächen, dass man anfängt, einzelne Teile aus der Verantwortung und der Struktur dieses Gesamtmedienunternehmens herauszunehmen. Deshalb sage ich: Regionalisierung jawohl, es muss uns aber allen darum gehen, dass Hamburg als der Medienstandort Norddeutschlands erhalten bleibt. Wenn Hamburg geschwächt wird, ist der gesamte Medienstandort Norddeutschland geschwächt. Daran kann niemandem gelegen sein.
In den Protokollerklärungen zum Staatsvertrag ist angesprochen, dass die Aufsichtsgremien, das heißt, der Rundfunkrat, reduziert werden sollen. Ich teile die Meinung des Fraktionsvorsitzenden der CDU, dass wir in Mecklenburg-Vorpommern damit nicht einverstanden sind. Eine Verkleinerung bedeutet einmal die zahlenmäßige Reduzierung unseres Anteils an dem Gesamtgremium und es wird eine heftige Diskussion darüber ausbrechen, welche jetzigen Vertretungen gesellschaftlich relevanter Gruppen aus dem bestehenden Rundfunkrat ausscheiden sollen. Ich wünsche nicht, dass diese Frage zugespitzt wird, ich plädiere dafür, den Rundfunkrat in seiner jetzigen zahlenmäßigen Zusammensetzung zu erhalten. Aber wenn diese Frage zugespitzt wird, müssen wir uns darüber unterhalten, dass nicht nur Vertreter gesellschaftlich relevanter Gruppen das Aufsichtsgremium verlassen, sondern natürlich auch Vertreter der Parteien. So fair müssten wir den anderen gesellschaftlichen Gruppen gegenüber sein. Das ist die Grundposition der SPD-Fraktion und etwas Ähnliches habe ich vor einigen Jahren auch aus der CDU-Fraktion vom Kollegen Prachtl gehört, der sich dafür aussprach, die Politiker ganz aus den Aufsichtsgremien der Rundfunkanstalten herauszunehmen. So weit würde ich dann doch nicht gehen.
Die EU-Regelungen machen meiner Meinung nach nur Sinn, wenn sie im gesamten Rundfunkstaatsvertrag ein
heitlich geregelt werden. Die Anregung, hier für den Norddeutschen Rundfunk Einzelregelungen vorzuschlagen, lehnen wir ab und sie findet im Staatsvertrag auch keine Berücksichtigung.
Meine Damen und Herren, Sie alle haben Schreiben des Behinderten- und Gehörlosenverbandes unseres Landes erreicht, der sich dafür einsetzt, dass das barrierefreie Fernsehen, so heißt es, ausgebaut wird, das heißt, dass die Gebärdensprache im Fernsehen Berücksichtigung findet. Die Ministerpräsidenten haben dieses Problem angesprochen und den NDR gebeten, Vorschläge zu unterbreiten, wie dieses gemacht wird. Dieses ist, so der Intendant des NDR, nur zu machen, mit einem erheblichen materiellen Aufwand. Wir werden sehen, wie der NDR dieses lösen kann. Ich kann Ihnen sagen, das Problem ist erkannt. Die Ministerpräsidenten haben den NDR gebeten, hierfür Überlegungen vorzuschlagen. Ich denke, das ist auf einem guten Weg.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend als Politiker, der zehn Jahre im Rundfunkrat des NDR mitarbeitet, Folgendes sagen: Ich konnte beobachten, dass der NDR aus den politischen Querelen, die alle vier Jahre über Norddeutschland hinwegziehen, seit 1992 herausgehalten worden ist. Es gibt keine Besetzung von Funktionen, keine Überlegungen zur Programmgestaltung, keine Gesetze, keine Überlegung zur Organisation des NDR, die von parteipolitischen Erwägungen beeinflusst sind.
Dem NDR ist es gelungen, heute parteifern sein Geschäft zu führen, wie man es führt, wenn man ein Unternehmen erfolgreich führen will. Dieses kann man nur nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten und in diesem Falle, wenn man sich dem Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verpflichtet fühlt. Ich darf deshalb sagen, es ist ein Verdienst vor allem des Intendanten des NDR, den NDR aus den politischen Streitereien der Zeit herausgehalten zu haben.
Ich erinnere mich noch sehr genau, Herr Rehberg, als 1992 zu klären war, wo geht Mecklenburg-Vorpommern hin, nach Berlin/Brandenburg, eine eigene Anstalt oder zum NDR, da waren die Differenzen in diesem Hause erheblich. Jeder hatte natürlich seine Argumente. Wenn ich Ihre Rede heute gehört habe, sehe ich, dass es in der Rundfunkfrage, in der Haltung zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Norddeutschland zwischen den Parteien in diesem Lande keine gravierenden Unterschiede gibt. Ich begrüße dieses ausdrücklich als eine Stärkung des Norddeutschen Rundfunks, als eine Stärkung von Parteienferne des Norddeutschen Rundfunks und als eine Stärkung des Medienstandortes Norddeutschland insgesamt. In diesem Sinne werden wir im zuständigen Ausschuss – im Innenausschuss – den NDR-Staatsvertrag zügig beraten, damit die Fristen, die der Ministerpräsident genannt hat, eingehalten werden können. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In Abstimmung mit den Fraktionen der CDU und der PDS habe ich die Aufgabe, den genannten Antrag einzubringen:
„Die Landesregierung wird“ mit diesem Antrag „aufgefordert, in den von Niedersachsen begonnenen Verhandlungen zur Novellierung des NDR-Staatsvertrages dafür einzutreten, dass
1. der Norddeutsche Rundfunk als Vier-Länderanstalt erhalten bleibt,
2. die Staatsferne des NDR weiterhin gesichert ist,
3. die Gremien in ihrer Zusammensetzung bestehen bleiben und
4. europarechtliche Vorgaben für alle Rundfunkanstalten einheitlich umgesetzt werden.“
Die Fraktionen dieses Landtages haben sich darauf verständigt, diesen Antrag gemeinsam einzubringen, was hiermit geschehen ist. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist ermutigend zu sehen, dass der Landtag bereit und in der Lage ist, zu wichtigen Dingen gemeinsam zu handeln.
Der Landtag stellt mit diesem gemeinsamen Antrag fest, dass der NDR ihm wichtig ist und dass er natürlich bereit ist, auch diese Wichtigkeit durch sein gesetzgeberisches Handeln zu verteidigen. Ich begrüße das sehr und ich weiß auch, die Haltung der CDU in dieser Frage zu würdigen, denn immerhin war es ja der Ministerpräsident des Landes Niedersachsen, der diesen Anstoß gegeben hat. Wenn die CDU-Fraktion in diesem Landtag auch sagt, wir sind dafür, dass der NDR als 4-Länder-Anstalt erhalten bleibt und dass wir die Staatsferne des NDR weiter verteidigen, so ist dieses ein wichtiges politisches Signal. Ich bin gewiss, dass der Ministerpräsident unseres Landes sich bei seinen Verhandlungen mit den drei anderen Ministerpräsidenten auf das Votum des Landtages gestützt hat und es ihm geholfen hat, das Ergebnis zu erzielen, das er uns in einer ersten Fassung hier kurz vorgestellt hat, das die Fraktionen des Landtages aber noch nicht kennen.
Ich möchte an dieser Stelle aber ebenfalls ausdrücklich sagen, dass zu diesem Gesetzentwurf auch Bemühungen gesellschaftlich relevanter Gruppen außerhalb des Landtages beigetragen haben, und ich bedanke mich ganz ausdrücklich dafür.
Für mich sind vier Punkte wichtig, die diesen Antrag unterstützen:
Zunächst geht es um die Sicherung des Medienstandortes Norddeutschland. Wir haben in Deutschland heute vier Medienstandorte, nämlich Nordrhein-Westfalen, München und damit Bayern, Berlin-Brandenburg, hier vor allen Dingen die Medienstadt Babelsberg, und eben den Norddeutschen Rundfunk. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass wir als einzelne Länder, so groß Niedersachsen auch sein mag, aber auch das Land SchleswigHolstein, das Land Hamburg für sich alleine und natürlich das Land Mecklenburg-Vorpommern alleine, keine Chancen haben, in diesem Mediengerangel wirksam zu werden. Insofern, wenn wir den NDR als 4-Länder-Anstalt erhalten, sichern wir den Medienstandort Norddeutschland. Das ist ganz wichtig. Es macht keinen Sinn, den Medienstandort Niedersachsen nach vorne zu bringen oder einen anderen Medienstandort. Norddeutschland hat nur eine Chance, medienwirtschaftlich wahrgenommen zu werden, wenn es den Medienstandort Norddeutschland stärkt. Das beinhaltet natürlich, dass man den Medienstandort Hamburg stärkt. In Hamburg stehen die Studios, Hamburg ist die Medienzentrale. Wir sollten bei aller Beachtung der regionalen Interessen darauf hinwirken, dass Hamburg gestärkt bleibt. Alles andere ist kontraproduktiv und führt uns nicht weiter.
Ein zweiter Gesichtspunkt ist die Sicherung der rechtlichen Grundlagen des NDR. Das ist das Kernproblem gewesen, das zur Novellierung geführt hat. Ich bin froh, dass es nicht gelungen ist, politische Vertreter der Staatskanzleien mit Sitz und Stimme in den Verwaltungsrat zu entsenden. Wenn dieses passiert wäre, wäre die Staatsferne des NDR gefährdet, zumal die Staatskanzleien das Recht haben sollten, diese Vertreter zu bestimmen und abzuberufen. Ich kann davor nur warnen. Und wenn, wie der Ministerpräsident ausgeführt hat, es ein Verhandlungsergebnis ist, dass diese Vertreter der Staatskanzleien zu den Sitzungen des Verwaltungsrates Zugang haben und dort gehört werden, mehr aber auch nicht, dann ist dieses ein Ergebnis, über das ich sehr froh bin.
Die europarechtlichen Regelungen, die wir übernehmen, können wir nur im Verbund mit allen anderen Staatsvertragsländern übernehmen, das heißt mit allen Teilnehmern oder juristischen Subjekten, die den Staatsvertrag aller 16 Länder beschließen. Es macht keinen Sinn, wenn der Norddeutsche Rundfunk, die vier Vertragsländer des Nordverbundes, hier eigene europarechtliche Regelungen in ihre Verträge einbringen. Davor kann nur gewarnt werden.
Meine Damen und Herren, der NDR ist ein Zeichen gelungener norddeutscher Kooperation. Das trifft sowohl für den programmlichen Auftrag als auch für die organisationsrechtlichen Regelungen zu, die man gefunden hat. In programmlicher Hinsicht sind alle vier Länder gleichberechtigt. Wir begrüßen das sehr. Von der Organisationsstruktur her ist der NDR in allen vier Vertragsländern gleichmäßig vertreten und wir haben mit den Landesrundfunkräten Organe geschaffen, die die regionale Identität wahren.
Den Vorschlag beziehungsweise die Protokollnotiz, zu schauen, ob denn die Rundfunkräte in ihrer zahlenmäßigen Zusammensetzung verändert werden müssen, muss man sehr genau betrachten. Ich finde, der Vorschlag ist abzulehnen. Es macht keinen Sinn, in einer Zeit, in der immer mehr Pluralität gefragt ist, in der immer mehr Gruppen das gesellschaftliche Bild vervollkommnen, anzufangen, gewisse Gruppen aus der Verantwortung für den Rundfunkrat des NDR herauszunehmen. Gleichzeitig, so der niedersächsische Vorschlag, wenn ich richtig informiert bin, sollen aber die Parteienvertreter voll dabeibleiben. Dieses macht keinen Sinn. Ich spreche mich also klar dafür aus, dass die jetzt im Rundfunkrat des NDR vertretenen gesellschaftlich relevanten Gruppen erhalten bleiben und wir uns nicht an eine Streichliste machen. Aber dieses ist ein Punkt, den werden wir Parlamentarier dann einzubringen haben. Ich werde mich dafür einsetzen.
Ich danke dem Ministerpräsidenten ganz herzlich, dass er es geschafft hat, die Fahne Mecklenburg-Vorpommerns hochzuhalten und dem Willen, den der Landtag bekundet hat, Ausdruck zu geben. Ich weiß, es war ein schweres Verhandeln. Wir sind noch nicht am Ende, aber das, was der Ministerpräsident mit seinen Kollegen aus den anderen Vertragsländern vorgelegt hat, ist nach dem, was der Vizepräsident hier ausgeführt hat, vorzeigbar und ich freue mich auf die parlamentarische Beratung hier im Landtag. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dem Innenausschuss sind im vergangenen Jahr, zuletzt im September 2004, insgesamt drei Gesetzentwürfe und ein Antrag zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes zur federführenden Beratung überwiesen worden. Dieses waren zwei Gesetzentwürfe und ein Antrag der Fraktion der CDU sowie ein Gesetzentwurf der Landesregierung. Im Anschluss daran hat der Innenausschuss im November 2004 eine umfangreiche öffentliche Anhörung durchgeführt, an der neben den kommunalen Landesverbänden und dem Landesrechnungshof 15 weitere Verbände, Vereinigungen, Arbeitsgemeinschaften, Wasserzweckverbände, ein Vertreter der Hochschule Wismar und ein Richter vom Oberverwaltungsgericht Greifswald sowie eine Bürgerinitiative teilgenommen haben.
Unserer Beschlussempfehlung haben Sie zum einen die vom Innenausschuss vorgenommenen Änderungen am Gesetzentwurf entnehmen können. Zum anderen dürfte Ihnen aufgefallen sein, dass die Änderungen im Ausschuss – bis auf eine Ausnahme – alle einstimmig ergangen sind. Diese eine Änderung betraf die Frage der Verpflichtung oder der Wahlfreiheit bei der Erhebung von
Herstellungsbeiträgen im neuen Paragraphen 9 des Kommunalabgabengesetzes. Die Fraktion der CDU hatte mit ihrem Gesetzentwurf – wie der Gesetzentwurf der Landesregierung auch – an dieser Stelle die Einführung einer Kann-Regelung vorgeschlagen, also ein Ermessen für den jeweiligen Satzungsgeber.
Diese Frage „Beitragsrecht“ oder „Beitragspflicht“ ist lange und sehr sachlich im Ausschuss diskutiert worden. Wie im Ausschuss gab es auch unter den Sachverständigen verschiedene Meinungen. Der Städte- und Gemeindetag hatte sich positiv zu der geplanten Kann-Regelung und damit für die Möglichkeit der Entscheidungsträger ausgesprochen, selbst zu entscheiden, ob sie ihre Einrichtungen nur aus Gebühren oder aus Gebühren und Beiträgen finanzieren. Der Landkreistag hatte die KannRegelung abgelehnt. Beide Landesverbände hatten dann aber während der Anhörung als denkbare Kompromisslösung die Einführung einer Soll-Regelung angeregt. Der Landesrechnungshof hatte die im Gesetzentwurf vorgesehene Aufhebung der Beitragspflicht ebenfalls positiv bewertet, jedoch hierbei eine Einschränkung gemacht. So sei dieser Verzicht in der Regel nur in Städten wegen ihrer verdichteten Bebauung sinnvoll. Im ländlichen Raum dürfte dagegen der Verzicht auf die Beitragserhebung zu ökonomisch und sozial nicht mehr verträglichen Gebühren führen. Die Mehrheit der Abgeordneten hat sich am Ende für die Soll-Regelung bei der Beitragserhebung im Kommunalabgabengesetz ausgesprochen.
Meine Damen und Herren, da der Wasser- und Abwasserbereich einschließlich der Gestaltung der Kosten einen großen Teil der Regelungen des Kommunalabgabengesetzes einnimmt, hat der Ausschuss im Januar dieses Jahres noch eine öffentliche Anhörung – dieses Mal zu dem Bericht des Landesrechnungshofes zur Abwassersituation im Land – durchgeführt. Mit seiner Anregung, gegebenenfalls einen Rückbau nicht ausgelasteter Kläranlagen in Erwägung zu ziehen, um langfristig Kosteneinsparungen zu erzielen, hat der Landesrechnungshof hohe Wellen in der öffentlichen Diskussion verursacht. In der Anhörung hat der Landesrechnungshof seine wohl in der Presse falsch verstandene Empfehlung konkretisiert. Danach sei sein Vorschlag nur auf solche Kläranlagen bezogen, die im Einzelfall stark und dauerhaft unter 50 Prozent ausgelastet seien. Hier müsse im Falle anstehender Neuinvestitionen genau geprüft werden, ob es nicht wirtschaftlicher sei, einen Teil der Anlagen zurückzubauen, so der Landesrechnungshof.
Im Laufe der Beratungen im Ausschuss hat die Fraktion der CDU ihren Antrag und ihren zweiten Gesetzentwurf zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes wegen Erledigung zurückgezogen. Den Gesetzentwurf der Fraktion der CDU, die Wahlfreiheit bei der Erhebung von Herstellungsbeiträgen betreffend, hat der Ausschuss nach der mehrheitlichen Zustimmung für die Soll-Regelung mehrheitlich abgelehnt.
Meine Damen und Herren, am Schluss der gesamten Beratungen möchte ich noch die gute Zusammenarbeit aller Fraktionen im Ausschuss betonen, für die ich mich an dieser Stelle ausdrücklich bedanke. Ich bitte Sie, der im Innenausschuss einvernehmlich beschlossenen Empfehlung zu folgen und den Gesetzentwurf in der geänderten Fassung anzunehmen. Um Missverständnissen vorzubeugen: Einvernehmen heißt parlamentarisch nicht einstimmig, sondern die Mehrheit bei Enthaltung der Minderheit. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Schönen Dank, Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Innenausschuss hat sich gestern mit dem vorgelegten Gesetzentwurf befasst und empfiehlt die Annahme einschließlich einer Änderung, die wir vorgenommen haben. In Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 wird die Angabe „21. Februar 2005“ durch die Angabe „25. Februar 2005“ ersetzt. Die Beschlussfassung erfolgte einstimmig. Der Innenausschuss empfiehlt die Annahme der Beschlussempfehlung. – Schönen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich stelle fest, dass alle Fraktionen in diesem
Landtag sich klar zum NDR bekennen. Ich begrüße das außerordentlich, denn es ist ein wichtiges Unterpfand dafür, dass unsere Staatskanzlei sich jetzt in den anstehenden Verhandlungen auf dieses Votum berufen kann. Wir alle drei wollen den NDR und ich begrüße das außerordentlich.
Herr Rehberg wirft nun dem Ministerpräsidenten einige Dinge vor. Ich nehme an, der Ministerpräsident kann sich alleine dazu äußern. Herr Rehberg, ich möchte nur so viel sagen: Wenn der Ministerpräsident die Vorschläge, die Herr Wulff unterbreitet hat, nicht entkräftet hätte oder ihnen widersprochen hätte, dann wäre dieses ein Verzicht auf die Wahrung und Verteidigung demokratischer staatsferner Grundpositionen, die wir seit 1990 in diesem Lande haben. Es war geradezu die Verpflichtung des Ministerpräsidenten, den Angriffen des Ministerpräsidenten von Niedersachsen zu widersprechen. Worum geht es bei diesen Vorwürfen?
Die niedersächsische Staatskanzlei hat Vorschläge unterbreitet, dass die Aufsichtsgremien des NDR künftig anders zu besetzen seien. Der Verwaltungsrat sei nicht mehr staatsfern von Vertretern gesellschaftlicher Gruppen zu wählen, die wiederum durch die Landesparlamente gewählt werden, sondern durch Vertreter der Staatskanzleien. Von zwölf Mitgliedern des Verwaltungsrates sollten sechs von den Landesregierungen der vier Länder geschickt werden.
Ich frage Sie, Herr Rehberg, ist das nicht Staatsfunk, wie wir ihn nicht haben wollen? Ist das nicht Eingriff der Regierungen in die Rundfunkfreiheit unserer Länder? Da muss der Ministerpräsident widersprechen, eine andere Wahl hat er gar nicht. Herr Wulff schlägt vor, die Aufsicht über den Rundfunk insgesamt über seine Finanzen zu verstärken, durch die Regierungen natürlich. Das widerspricht dem Prinzip der Staatsferne. Wir haben Aufsichtsgremien über den Rundfunk, das sind der Rundfunkrat mit 58 Mitgliedern, der Verwaltungsrat und es sind seit 2002 auch die so genannten Berichte, die die Rundfunkanstalten an die Parlamente geben, die allen Parlamenten in diesem Lande vorgelegt werden und wo die Rundfunkanstalten dazu Auskunft geben müssen. Das will Herr Wulff ändern.
Ich sage Ihnen ganz eindeutig, das, was Herr Wulff dort vorgeschlagen hat, ist der Versuch, massiv mit staatlichen Mitteln und mit staatlicher Macht in den Rundfunk einzugreifen. Ich kann dem Präsidenten der Vereinigung der Unternehmensverbände aus unserem Lande Herrn Hering nur zustimmen, der geschrieben hat: „Wir können die Attacken des niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff gegen die NDR-Strukturen nicht verstehen. Auch die Drohung, bei Nichterfüllung aller Forderungen den NDR zu verlassen, erstaunt uns.“ Und in der gleichen Richtung hat sich die Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein geäußert, und zwar meiner Meinung nach völlig zu Recht. Ich kann Herrn Plog, dem Intendanten des NDR, nur zustimmen, wenn er sagt, der NDR steht nicht in der Tradition von Staatsrundfunk, er steht in der Tradition der BBC. Und das ist eine gute Position.
Ein letztes Wort zur Frage der Vergrößerung und der Verkleinerung der Gremien. Herr Wulff möchte, dass die Aufsichtsgremien über den NDR, den Rundfunkrat, ver
kleinert werden. Darüber kann man sicherlich streiten. Man muss aber wissen, in dem Maße, wie man diesen Rundfunkrat verkleinert, schließt man gesellschaftlich relevante Gruppen in diesem Lande von dieser Aufsicht aus. Das war bis 1990 der Fall. Es war der damalige Ministerpräsident des Landes Niedersachsen, Gerhard Schröder, der dafür gesorgt hat, dass diese Gremien vergrößert werden, um so genannten gesellschaftlich relevanten Gruppen die Möglichkeit zu geben, an der Kontrolle des Rundfunks teilzunehmen. Ich habe darüber auch noch keine abschließende Meinung. Und wenn man sagt, verkleinern, verschlanken, dann sind das natürlich Worte, die in unsere Reformdebatten immer hineinpassen. Nur man muss wissen, wenn man den Rundfunkrat verkleinert, nimmt man einer Reihe von gesellschaftlich relevanten Gruppen die Gelegenheit, daran teilzunehmen.
Ein letztes Wort. Herr Rehberg, Sie sprachen davon, dass ich beim NDR war und mit Herrn Schneider über einen Vorfall gesprochen habe. Das trifft zu, daraus habe ich auch nie einen Hehl gemacht. Das war auch richtig so, denn in jener Zeit wurde heftig die Debatte darum geführt, Stasimitarbeiter oder nicht.
Ich erhielt einen Anruf von einem Herrn aus meinem Wahlkreis, der meinte, er würde durch die Berichterstattung erheblich in seinem persönlichen Ansehen geschädigt, da der NDR beabsichtige, etwas zu senden. Er wisse jetzt schon, dieses würde ihn in seiner Integrität erheblich beschädigen. Er fragte, ob ich ihm als Rundfunkratsmitglied und als Landtagsabgeordneter aus seinem Wahlkreis dabei helfen kann. Ich habe gesagt, ich will es versuchen. Ich bin daraufhin zum NDR gefahren und habe mit Herrn Schneider darüber gesprochen. Ich habe ihm gesagt: Schauen Sie doch einmal nach, die Vorwürfe gibt es! Ich wäre sehr daran interessiert, dass diesem Mann recht geschieht und das Ansehen seiner Person nicht beschädigt wird. Das war der Vorgang und dazu stehe ich. Die Rundfunkratsmitglieder sind aufgerufen, den NDR in seiner Programmtätigkeit zu beraten. Dieses habe ich gemacht und dieses muss...
Ja, natürlich, dann schauen Sie sich den Staatsvertrag an, da steht das so drin!
Meine Damen und Herren, ich freue mich und komme zum Ausgangspunkt zurück.
Ich gebe der Hoffnung Ausdruck, dass die jetzt anstehenden Verhandlungen in Ruhe geführt werden und wir zu einem Ergebnis kommen. Es erstaunt mich schon sehr, Herr Rehberg, wenn ich das einmal sagen darf, wenn aus der Staatskanzlei des Landes Niedersachsen in diesen Tagen, in denen Herrn Wulff der Wind so mächtig ins Gesicht weht, plötzlich eine Mitteilung kommt, die behauptet, dieser Vorschlag, die Gremien nicht mit Landesvertretern zu besetzen, sei nicht der Vorschlag des Ministerpräsidenten. Dieses sei der Vorschlag eines Referenten aus der Staatskanzlei, und zwar des Rundfunkreferenten. Das ist ein Rückzug ersten Grades und es zeigt etwas von der Statur des Ministerpräsidenten, der mit sehr viel Brachial
gewalt vorgeht und nachher die politische Verantwortung für seine Absichten, die er bekundet hat, einem Beamten in seiner Staatskanzlei zuschiebt. Dieses, meine Damen und Herren, wirft kein gutes Licht auf den Ministerpräsidenten des Landes Niedersachsen. Ich bin froh, dass unser Ministerpräsident so eine klare Position in der Angelegenheit, Angriff auf die Staatsfreiheit des NDR, bezogen hat. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als Vorsitzender des Innenausschusses möchte ich Ihnen kurz über die Beratungen zu diesem Gesetzentwurf berichten. Von den Möglichkeiten des Standardöffnungsgesetzes ist bislang nur wenig Gebrauch gemacht worden, dennoch hatte sich der Innenausschuss einstimmig zeitlich noch vor diesem Gesetzentwurf für eine Fortgeltung des Standardöffnungsgesetzes über das Jahr 2004 hinaus ausgesprochen. Gerade vor dem Hintergrund der Deregulierungsbestrebungen ist es im Ausschuss als sinnvoll erachtet worden, den Kommunen mit diesem Gesetz weiterhin die Gelegenheit zur Standardbefreiung zu geben. Der im Gesetzentwurf enthaltenen Erweiterung des Berichtszeitraumes durch die Landesregierung ist ebenfalls eine Erörterung im Innenausschuss vorausgegangen. Auch hier hatten sich alle Abgeordneten für eine Erweiterung des Zeitraumes, in dem die Landesregierung dem Landtag berichten soll, ausgesprochen.
So ist es nun nicht verwunderlich, dass die Beratungen dieses Gesetzentwurfes ebenfalls in Einstimmigkeit abgeschlossen worden sind, schließlich beruhte der Gesetzentwurf auf den Ergebnissen der Beratungen im Innenausschuss.
Der Innenausschuss hat es aber nicht nur bei den vom Gesetzentwurf vorgeschlagenen Änderungen des Standardöffnungsgesetzes belassen. Alle drei Fraktionen waren sich einig, aus Gründen der Deregulierung noch zwei weitere Änderungen im Gesetz, und zwar in den Paragraphen 1 und 2 vorzunehmen, um so die Arbeit auf kommunaler Ebene zu erleichtern. Ich möchte jedoch auf diese Änderungen nicht weiter eingehen, um den nachfolgenden Rednern aus den Fraktionen die Gelegenheit zu geben, sie zu begründen und vorzutragen. Betonen möchte ich aber, dass die Änderungen als auch eine kleine grammatikalische Berichtigung in Paragraph 2 auf interfraktionelle Änderungsanträge hin erfolgten. In allen Punkten der Änderungen des Gesetzes bestand im Ausschuss Einstimmigkeit, so dass auch die Empfehlung des Innenausschusses an den Landtag einstimmig erfolgte.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf Sie bitten, der im Innenausschuss einstimmig beschlossenen Empfehlung zu folgen und den Gesetzentwurf in der geänderten Fassung anzunehmen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
Frau Präsidentin kann ich davon ausgehen, dass wir die beiden Tagesordnungspunkte jetzt in einer verbundenen Aussprache abhandeln?
Wenn Sie gestatten, würde ich erst etwas zum Rundfunkänderungsstaatsvertrag sagen und danach zum Antrag der CDU-Fraktion.
Schönen Dank.
Herr Rehberg, in der heutigen Aktuellen Stunde haben Sie das Problem angesprochen, dass die Parlamente bei der Erarbeitung von Rundfunkänderungsstaatsverträgen außen vor sind. Das sehen wir alle auch so. Das bedauern wir auch. Ich sehe aber keine Möglichkeit, wie man dieses ändern will. Wenn man ein Gesetz von diesem Umfang novellieren muss, kann man nicht alle Parlamente in Deutschland daran beteiligen. Hier muss ein anderer Weg gefunden werden. Ich glaube, dass der Weg, dass die Staatskanzleien diesen vorverhandeln und die Ministerpräsidenten ihn unterzeichnen und dann den Parlamenten zur Kenntnis geben, ein gangbarer Weg ist, der aber natürlich die Parlamente nicht so mitspielen lässt, wie es eigentlich erforderlich wäre.
Aber, Herr Rehberg, ich sage Ihnen auch, die Parlamente haben durchaus die Möglichkeit, den Ministerprä
sidenten oder den Chef der Staatskanzlei in die Ausschüsse zu bitten und danach zu fragen, wie weit der Stand der Bearbeitung dieser Verträge ist. Dieses haben wir in den Jahren der 1. Legislaturperiode sehr wohl so gemacht. Ich erinnere mich noch daran, als Herr Seite in den Innenausschuss kam und uns darüber informiert hat. Also ganz so ohnmächtig sind die Parlamente nicht.
Nun zum Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Meine Damen und Herren, das Radio und das Fernsehen sind begehrte Objekte in jeder modernen Gesellschaft, und zwar aus zwei Gründen: Zum einen sind sie Wirtschaftsgut, mit dem man gutes Geld verdienen kann, und zum anderen wissen aber auch Politiker und die Medienleute, dass man mit den Medienprodukten Einfluss auf das Denken und Fühlen von Millionen Menschen ausüben kann, und damit sind sie für Meinungsbildungsprozesse in jeder Gesellschaft sehr wichtig. Dieses wissen auch deutsche Medienunternehmen und deutsche Politiker. Und von diesem Konflikt war auch die Debatte um die Veränderung oder die Novellierung des Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrages gekennzeichnet. Die Ministerpräsidenten Stoiber, Milbradt und Steinbrück haben ja Vorschläge gemacht, die dann die Ministerpräsidenten und die Öffentlichkeit sehr beschäftigt haben.
Ich bin sehr froh darüber, dass diese Vorschläge nicht umgesetzt worden sind. Gleichwohl verkenne ich nicht, dass einige ihrer Vorschläge natürlich auch Berücksichtigung gefunden haben. Das Kernproblem – und darüber wird zu sprechen sein – war der Ansatz dieser drei von mir genannten Ministerpräsidenten, nämlich die Gebührendebatte, also die Frage, welche neuen Gelder die Rundfunkanstalten bekommen, mit der Frage zu verbinden, welche Strukturveränderungen denn in den Rundfunkanstalten vorgenommen werden müssen. Ich habe dazu hier bereits gesprochen. Ich wiederhole für die SPD-Fraktion noch einmal, der Ministerpräsident hat dieses dankenswerterweise ja auch unterstrichen: Eine Verknüpfung bei der Strukturdebatte und Gebührenerhöhungsdebatte ist verfassungswidrig und wurde deshalb von uns nicht angenommen.
Ich möchte auf Einzelheiten des Rundfunkänderungsstaatsvertrages nicht eingehen. Der Ministerpräsident hat dazu sehr ausführlich Stellung genommen und für die SPD-Fraktion darf ich erklären, dass wir die Position, die der Ministerpräsident in allen Punkten vorgetragen hat, einschließlich der Position zu den Vorschlägen des Herrn Wulff, unterstützen und mittragen.
Ich will mich aber auf eine Frage konzentrieren, die uns auch im Ausschuss noch beschäftigen wird. Das ist nämlich die Frage der Festsetzung der neuen Rundfunkgebühren. Die ARD-Anstalten hatten der KEF eine Bedarfserhöhung von 2,8 Euro gemeldet. Die KEF ist dann bei 1,07 ihrer Empfehlung gegangen und die Ministerpräsidenten haben entschieden, dass die Gebühr für Rundfunk künftig um 0,88 Euro erhöht wird. Dieses ist ein Verfahren, das so bisher nicht üblich und auch nicht gängig war, denn per Staatsvertrag wurde die unabhängige Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs, die KEF, gegründet, genau mit dem Auftrag, staatsfern zu bestimmen, wie viel Geld denn die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben sollen, und diesen Empfehlungen sind in der Regel die Landesparlamente dann auch gefolgt. In diesem Falle sind sie nicht gefolgt. Die Ministerpräsidenten haben in ihrem Rundfunkänderungsstaatsvertrag dafür eine Reihe von Gründen angegeben, die man so akzep
tieren kann. Gleichzeitig wollen wir aber auch im Ausschuss prüfen, inwieweit nicht doch eine Verletzung vorliegt, nämlich eine Verletzung des so genannten KEF-Verfahrens, denn das hat eine europaweite Dimension. Die Festlegung der KEF schützt uns in der Europäischen Union davor, dass diese Rundfunkgebühren als Beihilfen angesehen werden, und wenn nicht mehr anerkannt wird, dass die KEF die Entscheidung fällt, inwieweit die Rundfunkgebühren angemessen sind oder nicht, besteht die Gefahr, dass wir uns von Brüssel den Vorwurf gefallen lassen müssen, hier Beihilfen gewährt zu haben. Und dieses ist ein Vorwurf, der auf gar keinen Fall in der Diskussion bleiben konnte und dem wir auch widersprechen sollten.
Meine Damen und Herren, ich werde als Ausschussvorsitzender den geschätzten Justizminister bitten, dass er uns dabei Hilfestellung geben kann, wie denn dieses zu würdigen sei. Er ist leider gerade nicht da, aber ich glaube, wir sollten hier eine Argumentation, auch eine saubere Regelung finden, die wir dann gemeinsam, wenn wir diesen Rundfunkänderungsstaatsvertrag verabschieden, auch nach außen tragen können.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch ein Wort zum Thema Standortpolitik und Medienpolitik sagen. Das weiß inzwischen jeder in der Bundesrepublik Deutschland, dass die großen Fernsehmedienunternehmen in München und in Köln sitzen, und es ist deshalb nicht verwunderlich, dass die Ministerpräsidenten dieser beiden Länder, flankiert durch den Ministerpräsidenten von Sachsen, Vorschläge unterbreitet haben, die in der Endkonsequenz darauf abzielen, dass der öffentlichrechtliche Rundfunk geschwächt wird und die privaten Medienunternehmen gestärkt werden.
Wir Norddeutschen haben den Norddeutschen Rundfunk und ich bin der Meinung, wir sollten auch etwas tun, damit das Medienunternehmen in unserer Region, nämlich der Norddeutsche Rundfunk als das größte Medienunternehmen, alle Möglichkeiten hat, sich zu entfalten und zu wachsen. Es sollte für die Öffentlichkeit selbstverständlich sein, dieses Unternehmen, das nicht nur bundes- und europaweit über Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern berichtet, zu stärken. Ich werbe dafür. Wir sollten auch alle Möglichkeiten nutzen, dass dieses, unser Medienunternehmen, sich technisch und organisatorisch den Herausforderungen des Marktes und den Ansprüchen seiner Zuschauer widmen und diesen gerecht werden kann.
Das sieht der niedersächsische Ministerpräsident Herr Wulff offensichtlich anders. Neben der hohen Professionalität der Programme des NDR, von denen in erstaunlicher Weise in diesen Tagen eine private Radiostation unseres Landes Programmeinfälle zur Weihnachtszeit fast 1:1 übernimmt und in seinem Programm verkauft, neben diesen meist anspruchsvollen Programmen ist der NDR ein potentieller und gern gesehener Förderer von Kultur und Kunst in unserem Lande. Allein mit den so genannten Rücklaufgeldern aus dem 2-Prozent-Gebührenanteil unterstützt der NDR in unserem Land in diesem Jahr das Musikleben mit 700.000 Euro, die Filmförderung mit 500.000 Euro. Der NDR ist fast der alleinige Abnehmer der Produkte, die die Filmproduzenten in unserem Lande herstellen. Es gibt keinen anderen Abnehmer. Die Privaten haben sich hier völlig zurückgezogen.
Ein anderer Aspekt: DVB-T, das antennenbasierte Fernsehen, ist eine in Norddeutschland entwickelte tech
nologische Innovation, die zeigt, dass der Norden als Wissenschafts-, Technologie- und Wirtschaftsstandort nicht unterschätzt werden darf. Ausgehend von der Technischen Universität Braunschweig ist eine Technologie entwickelt worden, die es ermöglicht, die Terrestrik, das Antennenfernsehen, als dritten Übertragungsweg neben Kabel und Satellit nicht nur am Leben zu erhalten, sondern auch ihr eine neue Perspektive zu geben. Und wenn jetzt bundesweit DVB-T eingeführt wird, dann ist dieses zu einem großen Teil dem Engagement des NDR zu verdanken, der dieses finanziell, organisatorisch und logistisch enorm gefördert hat.
Weiterhin sind die Parlamentarier der norddeutschen Länder dabei, gemeinsam dafür zu werben, durch Veranstaltungen den Medienstandort Norddeutschland zu stärken. Der NDR und Radio Bremen suchen ständig nach Möglichkeiten, durch Kooperation zu einer neuen Stärkung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bei uns zu kommen.
In diese Aufbruchstimmung für den Rundfunk, für die Rundfunkpraxis und die Rundfunkpolitik stürmt unerschrocken Herr Wulff aus Hannover. Man könnte sagen, „er klagt wieder“, und seinen Vorstoß zur Kündigung des NDR-Staatsvertrages damit zu den Akten legen, wenn die Sache nicht so ernst wäre und Herr Wulff nicht Ministerpräsident eines großen norddeutschen Landes wäre. Seine Sicht auf die Gremienarbeit des NDR ist schlicht von Unkenntnis getragen und zu den Onlineaktivitäten und -diensten hat der Achte Rundfunkänderungsstaatsvertrag klare Regelungen geschaffen.
Die Landesrechnungshöfe, denen Herr Wulff im NDR mehr Prüfrechte einräumen möchte, haben im vergangenen Jahr sehr genau alle vier NDR-Funkhäuser unter die Lupe genommen. Die dritten Fernsehprogramme, die Herr Wulff beschneiden möchte, sind die erfolgreichsten Programme in der gesamten ARD. Der Kulturauftrag des NDR soll ausgeweitet werden, fordert Herr Wulff, möglicherweise, damit das Land Niedersachsen an seinem Kulturhaushalt weiter sparen kann. Die privaten Fernsehveranstalter lassen grüßen. Der NDR soll mehr Regionalfußball verbreiten in seinen dritten Programmen
und die große Liga anderen überlassen.
Was will Herr Wulff? Meine Damen und Herren, die Aufsichtsgremien des NDR möchte Herr Wulff so verändern, dass sie ihm zu Diensten sind. Mit dem Mediengesetz von Niedersachsen hat er einen ersten Versuch gemacht und dieser erste Versuch ist nicht sehr rühmlich. Die Vorschläge machen deutlich, Herrn Wulff geht es nicht um Einsparungen beim NDR, sondern um konkreten Einfluss auf die Programmgestaltung. Das ist verfassungswidrig. Die Wulff-Vorschläge verletzen Artikel 5 des Grundgesetzes und die gesamte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes, wie sie in dessen Rundfunkurteilen dokumentiert ist.
Herr Rehberg, ich appelliere an Sie, Sie waren 1991 maßgeblich daran beteiligt, als der NDR-Rundfunkstaatsvertrag ausgehandelt wurde mit allen Neuerungen, die es zur damaligen Zeit gegeben hat, einschließlich der Zusammensetzung der Gremien, achten Sie darauf, dass hier nicht etwas zerschlagen wird, was so leicht nicht wieder in der jetzigen Qualität herzustellen ist! Und ich sage Ihnen, wenn es zu einer neuen Zusammensetzung der
Gremien kommen wird, wird Mecklenburg-Vorpommern das erste Land sein, das darunter zu leiden hat. Wir sollten gemeinsam interessiert sein, dass Mecklenburg-Vorpommern mit seinen Gremien stark in den NDR-Organen vertreten ist.
Zum Antrag der CDU-Fraktion: Sie haben Recht, tatsächlich gibt es ab dem 01.01.2005 aufgrund der Neuregelung im Bundesrecht Empfänger von Sozialhilfe, die nicht ausdrücklich in der Rundfunkgebührenbefreiungsverordnung Mecklenburg-Vorpommern genannt sind. Eine Anpassung der Rundfunkgebührenbefreiungsverordnung ist dennoch entbehrlich, da nach Paragraph 7 Absatz 7 all diejenigen befreit werden, die unterhalb des eineinhalbfachen Sozialhilfesatzes liegen. Darunter fallen auch die im CDU-Antrag genannten Leistungsempfänger. Der Fortbestand der Befreiungsverordnung bis zum InKraft-Treten des Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrages ist, so die Auskunft der Landesregierung, sichergestellt.
Darüber hinaus wurde das Problem von unserem Land und von den anderen Ländern schon in dem Moment erkannt, als absehbar war, dass der Achte Rundfunkänderungsstaatsvertrag nicht zum 01.01.2005, wie ursprünglich geplant, in Kraft treten wird. Es wurden und werden Gespräche mit den Rundfunkanstalten geführt, die sicherstellen, dass niemand, der sozial bedürftig ist, durch die zeitlich versetzte Gesetzesveränderung benachteiligt wird. Konkret der NDR ist hierzu schon seit Wochen mit den zuständigen Sozialbehörden im Gespräch und klärt die konkreten Fragen. Alle Staatsvertragsländer haben sich darauf verständigt, dass eine Anpassung der Rundfunkbefreiungsverordnung entbehrlich ist. Wir lehnen deshalb den Antrag der CDU-Fraktion ab. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Herr Rehberg, zwei notwendige Vorbemerkungen an Ihre Adresse: Den 17. Juni 1953, das heißt den 40. Jahrestag, haben die Sozialdemokraten mit großem Respekt und öffentlich bedacht. Ein Bild ging durch alle großen Zeitungen. Auf denen waren der Bundespräsident Herr Rau, der Präsident des Bundestages Herr Thierse und der Bundeskanzler Herr Schröder zu sehen, wie sie am Mahnmal für die Opfer des 17. Juni Kränze niedergelegt haben.
Damit haben Sozialdemokraten dieses Tages in Ehren gedacht.
Eine zweite Vorbemerkung. Natürlich gab es in der DDR Nazis, nur der Unterschied zur alten Bundesrepublik ist doch der, dass diese Nazis keine staatstragende Rolle spielen konnten.
Das war doch wohl in den alten Bundesländern anders. Was sollte man denn mit diesen tausenden ehemaligen Nazis machen? Sollte man sie erschießen?
Das kann doch wohl nicht sein! Schauen Sie sich an, wie Adenauer mit den ehemaligen Nazis umgegangen ist!
Das Problem liegt doch ganz woanders.
Meine Damen und Herren, Sie entschuldigen diese Vorbemerkung. Ich komme zu meiner Rede.
Der Landtag wird heute beschließen, diesen Jahrestag in angemessener Weise zu begehen. Ich frage mich: Welches ist denn die angemessene Weise, in der wir diesen Tag begehen wollen? Die bisherigen Reden haben mir gezeigt, dass wir ganz unterschiedlich darangehen. Wollen wir den 8. Mai 2005 mit den Ritualen der DDR und damit verbundenen ideologischen Eingrenzungen fortsetzen, ebenso wie mit den Untersicherheiten diesem historischen Datum gegenüber in Westdeutschland? Der Antrag soll bei der jungen Generation das Bewusstsein für Ursachen, Geschichte und Folgen des Krieges schärfen. Jawohl, das wollen wir. Aber sind wir uns hier, die zweite und dritte Nachkriegsgeneration, denn einig in der Bewertung der Ursachen und Folgen? Ich glaube, nein. Deshalb ist die Debatte, die wir unter uns zunächst führen wollen, so unwahrscheinlich wichtig. Die Vorbereitung auf den 8. Mai nächsten Jahres sollte deshalb genutzt werden, bisherige Sichtweisen in Ostdeutschland wie in Westdeutschland zu prüfen und notwendige Neubewertungen
vorzunehmen beziehungsweise als zu lösende Fragen in die öffentliche Debatte zu bringen. Jeder Versuch, jede Form des Verharmlosens, des Relativierens, des Gegeneinanderaufrechnens, des Umdrehens von Ursachen und Wirkung wird diesem Tag nicht gerecht.
Eine große Rede aus deutscher Sicht hat der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker am 8. Mai 1985 vor dem Bundestag und dem Bundesrat gehalten. Ich halte diese Rede für wichtig und möchte deshalb die wichtigsten Sätze noch mal ins Bewusstsein bringen, Herr Präsident, wenn ich zitieren darf.
Richard von Weizsäcker sagte Kernsätze wie: „Der 8. Mai ist für uns Deutsche kein Tag zum Feiern.... Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung.“ Allein dieses hat große Wellen in der alten Bundesrepublik geschlagen. „Wir gedenken insbesondere der sechs Millionen Juden, die... ermordet wurden. Wir gedenken aller Völker, die im Krieg gelitten haben, vor allem der unsäglich vielen Bürger der Sowjetunion und der Polen, die ihr Leben verloren haben.... Als Deutsche ehren wir das Andenken der Opfer des deutschen Widerstandes, des bürgerlichen, des militärischen und glaubensbegründeten, des Widerstandes in der Arbeiterschaft und bei Gewerkschaften, des Widerstandes der Kommunisten.... Den vielleicht größten Teil dessen,“ – so Richard von Weizsäcker weiter – „was den Menschen aufgeladen war, haben die Frauen der Völker getragen.“ Und weiter der Bundespräsident: „Das geheime Zusatzprotokoll“ zum deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt vom 23.08.1939 „regelte die bevorstehende Aufteilung Polens.... Die Sowjetunion nahm den Krieg anderer Völker in Kauf, um sich am Ertrag zu beteiligen.“ Und ein letzter Satz von Herrn Weizsäcker: „Heimatliebe eines Vertriebenen ist kein Revanchismus.“
Mit dieser Rede hat Weizsäcker nicht nur Zustimmung gefunden. Das vereinte Deutschland hat sich aber heute über alle demokratischen Parteien hinweg darauf verständigt, dass diese Rede Aufarbeitung von Geschichte und Wegmarke zugleich ist. Ich werbe dafür, dass diese klaren Worte in Zukunft von allen politischen Lagern als zum geistigen Grundbestand des 8. Mai gehörend anerkannt werden. Diese Übereinstimmung hindert uns ja nicht daran, dass geschichtliche Ereignisse immer von Erfahrungen und persönlichen Prägungen aus betrachtet und bewertet werden. Das wird auch in Bezug auf den 8. Mai 2005 nicht anders sein. Eine vergleichbare partei- und meinungsübergreifende Rede aus der Sicht der DDR und ihr Verständnis des 8. Mai hat es nicht gegeben.
Die Erfahrungen der Menschen im geteilten Deutschland mit dem 8. Mai waren sehr unterschiedlich. Westdeutsche verbanden mit dem 8. Mai 1945 zwiespältige Gefühle. Für die meisten war er der Tag, an dem der Krieg aufhörte und endlich der Frieden Einzug hielt. Darüber waren alle glücklich. Der 8. Mai war auch der Tag, an dem das NS-Schreckensregime sein Ende fand. Als Tag der Befreiung wurde er jedoch nicht von allen empfunden. Wer seine Heimat in Hinterpommern, Ostpreußen oder Schlesien verloren hatte, empfand dieses nicht als Befreiung, sondern als schmerzlichen Verlust.
Das Gefühl, verloren zu haben, war aber auch in Westdeutschland ausgeprägt. Der 8. Mai wurde in der alten Bundesrepublik, soweit ich das beurteilen kann, eher als Tag der größten Niederlage Deutschlands, als Tag der bedingungslosen Kapitulation, als Tag des vollständigen
Verlustes der deutschen Souveränität gesehen. Der 8. Mai war für viele Westdeutsche auch deshalb kein Tag der Befreiung, weil das Land an diesem Tag vollständig von fremden Truppen besetzt war. Im Osten standen die Sowjets, vor denen man Angst hatte und über die allerlei Berichte über tatsächliche oder vermeintliche Gräuel umgingen. Im Westen standen die Engländer und USAmerikaner, die zwar als zivilisiert galten, aber dennoch eher Besatzer als Befreier waren. Als Befreier galten auch nicht die Franzosen, die zwar weniger als die Sowjets gefürchtet waren, aber deshalb noch lange nicht geschätzt wurden.
An den 8. Mai wollte man in Zeiten des Wirtschaftswunders nur noch ungern erinnert werden. Wer dieses Tages gedachte, tat dies mit dem Gefühl der Trauer und des Unwohlseins, nicht aber in dem Bewusstsein, damals die Freiheit gewonnen zu haben. Die 68er sprengten diese Betrachtungsweise und fragten schonungslos nach der Schuld der Väter und den Versäumnissen staatlicher Aufarbeitung faschistischer Zeit.
Im Unterschied zu dieser breit gefächerten Empfindungsweise des 8. Mai in Westdeutschland war der Tag der Befreiung, wie er offiziell hieß, in der DDR in seiner politischen Bedeutung vom Staat klar und eng definiert und wurde in pathetischen Ritualen gefeiert. Die Sowjetunion war Befreier, die Rote Armee die Heldenarmee. Den Alliierten kam bestenfalls eine Statistenrolle zu, aber – auch das muss man sehen – Verursacher der Verbrechen waren nicht zuerst die Deutschen, sondern war der Hitlerfaschismus. Und die DDR in ihrem Selbstverständnis als antifaschistischer Staat gehörte bald mit zu den Bezwingern des Faschismus. Der enge Kreis war geschlossen und man konnte in der DDR den Tag der Befreiung mitfeiern. Einige Verfolgte zu Recht, aber die Mehrheit des Volkes in der DDR gehörte nicht dazu.