Protokoll der Sitzung vom 13.10.2004

Deshalb ist unsere Alternative längerer gemeinsamer Unterricht, beginnend mit Bildung und Erziehung im Kindertagesstättenbereich, Ausbau der Ganztagsschuleinrichtungen und – so höre ich, auch Sie setzen sich dafür ein – dass in der Grundschule möglichst mit der ersten Fremdsprache in der ersten Klasse begonnen werden soll. Toll, wir hatten es sogar mal im Kindergarten. Computer in der Schule finde ich super. Das Multimediaprogramm der Landesregierung – finanziert über die letzten fünf Jahre mit 25 Millionen Euro aus dem Zukunftsprogramm – dürfte dann doch endlich mal Ihren Beifall finden.

(Beifall Dr. Martina Bunge, PDS, und Gabriele Schulz, PDS)

Sie sagen, man sollte die duale Ausbildung im Berufsausbildungssystem erhalten. Ja, richtig. Sie sagen Nein zur Ausbildungsplatzabgabe oder -umlage. Aber wie sollen wir dann dafür sorgen, dass die Unternehmen sich an der Finanzierung von Ausbildung junger Leute, die sie auch brauchen, um ihr Unternehmen weiterführen zu können, beteiligen?

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Eckhardt Rehberg, CDU: Das machen sie doch schon, Frau Gramkow!)

Bei der Hochschule sind wir uns offensichtlich einig, dass es um weitere Autonomie

(Eckhardt Rehberg, CDU: Wer bezahlt die denn?)

und Selbständigkeit an den Hochschulen geht. Nach Ihrer Ansicht sollen sie unternehmerisch geführt werden, aber all das geht nur bei der Einführung von Studienbeiträgen. Sie nennen es nicht Studiengebühren, sondern Studienbeiträge. Sie sind auf anderthalb Seiten beschrieben und gelten als Allheilmittel dafür, dass Qualität an den Hochschulen gewährleistet werden kann. Wir sagen: Wer allein in der privaten Finanzierung das Allheilmittel sucht, der sagt Nein zur Chancengleichheit für Kinder und Jugendliche im Bildungssystem im Bereich der Hochschulbildung,

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

denn es wäre doch spannend, darüber nachzudenken, dass Bildung wohl eine Kernaufgabe des Staates sein sollte, hier in Mecklenburg-Vorpommern und in der Bundesrepublik Deutschland. Müsste man dann nicht beim Steuersystem wenigstens darüber nachdenken, dass Ihr Modell – und Sie beschreiben es, niedriger, einfacher, gerechter – den Anforderungen des Staates, dass die finanziellen Mittel und damit Steuereinnahmen dazu dienen müssten, auch in Chancengleichheit im Bildungssystem letztendlich zu investieren und den Zugang zu Bildung unabhängig vom Geldbeutel der Familie, aus der ich komme, zu realisieren? Und deshalb kann doch ein Steuersystem nicht niedriger, einfacher und gerechter sein, sondern es sollte ein Steuersystem sein, das nach der individuellen Leistungsfähigkeit besteuert. Individuell sozial und gerecht bedeutet auch, dass hohe Einkommen einen höheren Beitrag zur Finanzierung der Gesellschaft über das Steuersystem leisten müssen, damit der Staat in der Lage ist, Bildung gerecht zu finanzieren.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Lassen Sie mich noch eine Bemerkung machen unter dem Aspekt, sozial ist, was Beschäftigung schafft. Das ist Ihr Ansatz. Und wenn man nicht genauer hinschaut, könnte man ja sagen: Mensch, christliche Werte bei der CDU.

(Volker Schlotmann, SPD: Nee, Ludwig Erhard.)

Darunter finden Sie aber differenzierte Lohnstrukturen, notwendige Lohnspreizung nach oben für Eliten, aber auch nach unten für Ungebildete, Kündigungsschutz beschäftigungsfreundlich umgestalten, Jugendarbeitsschutzgesetz abschaffen, Tarifverfassungsgesetz, Betriebsverfassungsgesetz weiter umgestalten, Niedriglohnsektor beleben. Ja, es ist der Generalangriff auf Rechte der Arbeiter und Angestellten und der Gewerkschaften in diesem Lande, die sie sich hart erkämpft haben.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Ist das eine Alternative für Gesamtdeutschland, obwohl wir doch in Ostdeutschland die Situation haben, dass vieles von dem, was Sie hier einfordern, bei uns gängige Praxis ist und wir trotzdem hohe Arbeitslosenzahlen haben?

(Beifall Karsten Neumann, PDS)

Rückgang der Beschäftigungsverhältnisse, zu wenig Arbeit für junge ausgebildete, dynamische Kräfte – wo ist denn das Allheilmittel geblieben? Wir sagen, die Flexibilität in diesem Bereich ist gegeben. Und wir sagen auch, Lohndumping und Lohnspirale nach unten können nicht die Alternative sein. Lassen Sie uns über einen Mindestlohn gegen Lohndumping diskutieren in Deutschland,

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

mindestens auf der Höhe von 68 Prozent des nationalen Durchschnitts! Warum soll das in Deutschland nicht gehen, wenn 19 Länder in der europäischen Gesellschaft, die wir hier haben, Mindestlohnregelungen genau für den Abwärtstrend im Sozialbereich anwenden? Warum eigentlich in Deutschland nicht?

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS und Rudolf Borchert, SPD)

Und ich möchte eine weitere Bemerkung machen zu der Feststellung, sozial ist, was Beschäftigung schafft. Da halten Sie voran die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Und Sie sagen gleichzeitig über eine halbe Seite: Eigentlich schafft das ja keinen Arbeitsplatz und wir müssten die Anreize zum Zuverdienst erhöhen. Das steht nicht genau drin, aber vielleicht sind das die Beschäftigungsverhältnisse von 1,50 Euro, 2 Euro oder 2,50 Euro. Und dann müsse man die Anrechnung nach unten vornehmen,

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

damit dadurch ein Anreiz besteht, in Arbeit zu kommen.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Ich sage es hier ganz klar und wir bleiben bei unserer Kritik: Wer meint, Hartz IV schafft einen Arbeitsplatz, ist auf dem Holzwege. Dazu ist es auch gar nicht gemacht worden.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Gemacht worden ist es dazu, dass auf Kosten der Betroffenen eingespart wird. Und Sie geben es ja auch noch zu. Sie verweisen darauf, dass Sie Ihre Kopfpauschale,

(Torsten Renz, CDU: Prämienmodell, Frau Gramkow!)

die Sie dem solidarisch finanzierten Gesundheitswesen entgegensetzen,

(Torsten Renz, CDU: Ich weiß nicht, wo Sie den anderen Begriff herhaben.)

oder Ihr Prämienmodell, Herr Renz,

(Torsten Renz, CDU: Regelmodell.)

steuerfinanzieren bei denjenigen,

(Zuruf von Volker Schlotmann, SPD)

die sich nämlich die Kopfpauschale oder das Prämienmodell nicht leisten können.

(Harry Glawe, CDU: Umsatzprämie heißt das.)

Und wissen Sie auch, woher? Lesen Sie mal nach in Ihrem Konzept!

(Unruhe bei Torsten Renz, CDU)

Sie finanzieren die Steuerfinanzierung für Ihre Prämie aus den Einsparungen der Menschen, die betroffen sind, aus der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe. Und das ist das wahre Gesicht von CDU und CSU in der Bundesrepublik Deutschland!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Zuruf von Harry Glawe, CDU – Heiterkeit bei Vincent Kokert, CDU)

Und ich meine ganz klar, da ist es doch einfach, den Bürgerinnen und Bürgern zu sagen:

(Unruhe bei Harry Glawe, CDU)

Dieses einfache Modell ist gerecht und wer es nicht kann, bei dem machen wir es aus Steuergeldern. Ich hätte nie erwartet, dass so ein Vorschlag tatsächlich aus Ihren Reihen kommt. Warum nicht die solidarische Finanzierung beibehalten? Warum so ein Prä für Privatversicherungen? Warum ein Abkoppeln der Gesundheitskosten von den Kosten der Arbeitgeber? Und zwar einfach in dem Maße, in dem Sie die Bruttolöhne erhöhen und die Verantwortung einseitig bei den Arbeitern und Angestellten lassen. Das ist doch die Katze im Sack, die die Bürgerinnen und Bürger kaufen sollen. Nein, es soll bei einer solidarischen Bürgerversicherung in der Bundesrepublik Deutschland bleiben. Lassen Sie uns darüber diskutieren, dass wir die Arbeitgeberanteile abkoppeln von den Lohnkosten.

(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU)

Aber warum eigentlich nicht ankoppeln an Wertschöpfung, damit diejenigen, die hohe arbeitsintensive Leistungen haben, nicht so hoch belastet werden wie die,

(Zuruf von Eckhardt Rehberg, CDU)

die hohe Wertschöpfung haben, indem sie wenig Beschäftigung realisieren? Das ist die Alternative für Deutschland und nicht die, die Sie uns hier präsentieren.

Aber es war wirklich spannend. Als ich auf den letzten Seiten unter Technologieentwicklung das Prä las, endlich den Transrapid nun in Deutschland fahren zu lassen,

(Heiterkeit bei Rudolf Borchert, SPD, und Peter Ritter, PDS)